Willkommen auf unserer Reise

Aktueller Aufenthaltsort: Deutschland, Zuhause

Die Reise beginnt...

NRW, Moers
01.03.2023

Nach langer Planung und Vorbereitung ist es nun so weit: wir starten endlich unser Abenteuer! Und euch nehmen wir jeden Tag ein Stückchen mit.

Nach einer schönen Abschiedsfeier von Freunden und Familie geht es am Mittwoch endlich los.

 

 

 

 

Um 8 Uhr morgens werden die abends vorgepackten Taschen verstaut, die Anhänger angekoppelt, und nach einem letzten Überraschungsbesuch unserer Familien heißt es für uns: Adieu!

Über Felder, Radwege und Städte bahnen wir uns Kilometer um Kilometer unseren Weg, und das erste Ziel hat es auch schon ganz schön in sich - über Düsseldorf und Köln geht es bis in das 100 Km entfernte Bonn, wo uns eine nette Dame, die auf unser Vorhaben aufmerksam wird, kurzerhand zum Kaffee einläd. Viele Grüße!

Im Hotel angekommen fallen wir uns völlig erschöpft in die Arme und sind richtig stolz auf uns. Zum Glück reicht die Kraft gerade noch, um eine große Pizza zu essen, bevor wir in die Federn fallen. Mal schauen was uns Morgen erwartet...

(Man darf nicht vergessen, dass unsere Anhänger jeweils mit ca 30 Kg beladen sind - eine Auflistung unseres Equipments folgt in Kürze).

Von Bonn nach Rhens

NRW, Bonn
02.03.2023

7 Uhr, der Wecker klingelt...

...und wir machen das einzig Richtige: wir bleiben liegen.
Denn uns rennt nichts weg, wir haben keine Termine oder Verpflichtung, sondern genießen unsere Freiheit - und nach einem Tag wie gestern ist das mit dem Aufstehen auch so eine Sache.

Doch letztendlich treibt uns die Freude auf Neues nach draußen, und so starten wir, nach einem ausgiebigen Warm-up, unseren Tag. Uns geht es nach der Anstrengung gestern überraschend gut, und so nutzen wir die Euphorie, um los zu legen.

Noch schnell in den nächsten Supermarkt um alles Nötige für heute zu organisieren, und dann gehts auch schon los nach Rhens.





 

Für heute sind es "nur" 80 Km, aber auch die haben es in sich. Das Wetter ist auf unserer Seite: Blauer Himmel, Sonnenschein und keine einzige Wolke. Was für ein super Start für diese Reise! 

Der Weg führt uns entlang des Rheins, immer wieder durch schöne kleine Ortschaften, Promenaden-Cafes und Parks, wo Lucy sich austoben kann und die ein oder andere neue Freundschaft schließt.

 

 

 

 

 

Die letzten 10 Kilometer verlangen uns nochmal alles ab, doch wir beißen uns durch und geben nicht auf, bis wir an unserem heutigen Ziel angekommen sind. Jetzt befinden wir uns ein Stückchen hinter Koblenz, lassen den Abend auf der Dachterasse ausklingen und erinnern uns gemeinsam an diesen tollen Tag. Bis morgen!

An jeder Ecke eine Burg

Rheinland-Pfalz, 
Appenheim 03.03.2023

Wir starten den Tag bei "gemütlichen" 2°C und folgen dem Rhein für die nächsten 67 Km. Die Strapazen der letzten 2 Tage gehen auch an uns nicht spurlos vorbei - immer wieder pushen wir uns gegenseitig voran, wenn der jeweils andere einen kleinen Motivationsschub nötig hat.

Nach den ersten 20 Kilometern gibt es Frühstück, und Lucy wird in ihren warmen Wintermantel gepackt, damit sie nicht friert. 

Uns fällt auf, dass wir an einer Menge historischer Burgen und Schlösser vorbei kommen. Kein Wunder: nirgendwo auf der Welt gibt es auf einer Strecke soviele Burgen wie entlang des (Mittelrheintals). Und da der Himmel langsam aufklart, können wir die alten Gemäuer in all ihrer Pracht bewundern.

Abends, mit brennenden Schenkeln und einem leichten Sonnenbrand auf der Nase, kommen wir im schönen Appenheim an, wo wir erstmal eine kleine Überraschung erleben - unser gebuchtes Zimmer ist noch belegt...

Kurzerhand organisiert der Vermieter uns im Obergschoss ein neues Zimmer und kommt Abends mit einer Flasche Riesling zur Wiedergutmachung vorbei. Wie nett! Prost!

"I Believe I Can Fly"

Rheinland-Pfalz, Ludwigshafen
04.03.2023

Guten Morgen!

Mit guter Laune und frischen Crossaints auf der Hand fahren wir unserem heutigem Ziel entgegen - nicht wissend, das dieser Tag ein paar unangenehme Überraschungen für uns bereit hält...

Doch der Reihe nach:

Um die Vorräte für den Tag aufzufüllen, geht Celine einkaufen und ich passe auf Lucy und die Fahrräder auf. Als ich mich zu Lucy drehe, durchzieht ein stechender Schmerz meinen kompletten Rücken, und ich spüre, wie sich ein Wirbel verschiebt. Super.

Nach ein paar erfolglosen Einrenkversuchen beschließen wir, erstmal weiter zu fahren. 

Das Fahren klappt auch besser als erwartet - bis Lucy die tolle Idee hat, vor mein Fahrrad zu laufen. Bergab und mit ordentlich Tempo drück ich auf die Bremse bis zum Äußersten, doch 30 Kilo Gepäck hinter mir sagen "Nein!"

"I believe i can fly" kommt mir noch kurz in den Sinn, bevor ich mich, leicht wie eine Feder, vom Sattel erhebe und Richtung Himmel fliege... 

...und während ich noch denke: "♪♪ und dann die Hände zum Himmel.. ♫" 

...lande ich unsanft im Acker. Schon nach wenigen Sekunden höre ich eine sabbernde, schwanzwedelnde Hündin, die begeistert um mich herumspringt und anscheinend alles für ein lustiges Spiel hält...!

Ich stehe auf, und nach einem kurzen Checkup meinerselbst erkenne ich, dass der Wirbel wieder in Position ist. Glück im Unglück!

Leicht lädiert geht es weiter. Wir finden ein schönes Fleckchen, wo wir Lucy richtig auspowern können, und die letzten 10 Km geht es dann nur noch durch die Stadt. Die heutige Unterkunft, sagen wir mal, erfüllt Ihren Zweck, und wir sind heilfroh, angekommen zu sein.

Morgen wollen wir relativ früh weiterfahren, darum sagen wir nun: Gute Nacht!

Danke!

Baden-Württemberg, Zeutern 05.03.2023

Die heutige Tour war zwar vergleichsweise klein, dafür haben wir ein neues Bundesland erreicht: Baden-Württemberg!

Nach einer großen Lauf- und Spielrunde für Lucy, sind wir heute in einem gemütlichen Zimmer bei einer Privatperson untergekommen. Hier besprechen wir die weitere Reise, ruhen uns aus und arbeiten an unserem Blog. Außerdem haben wir das Introvideo für Youtube endlich fertig - Werft doch mal einen Blick drauf!

Alles in allem war heute ein sehr erfolgreicher Tag.

Wir bekommen aktuell viel Zuspruch von euch, auch über die Kontaktfunktion dieser Homepage, und dafür wollen wir an dieser Stelle mal recht herzlich Danke sagen.

Es ist unglaublich schön und motivierend, dass uns Freunde, Bekannte und selbst Menschen, die wir nicht mal kennen, auf dieser Reise begleiten, uns Glück und Erfolg wünschen, unsere Abenteuer im Blog verfolgen - und dadurch selber ein Teil des Abenteuers werden.

Schön, dass Ihr dabei seid!

Schnee, Schmerz und blanke Nerven

Baden-Württemberg,
Stuttgart 06.03.2023
 

Der heutige Tag verläuft etwas anders als die vorherigen. Weniger schönes Wetter, weniger warm und weniger freundlich. Und wisst ihr was? Das ist auch vollkommen in Ordnung. 

Wir schreiben in diesem Blog von unseren Erlebnissen, Erfahrungen und was diese Reise mit uns macht. Und dazu gehören auch miese Laune, Streit und blanke Nerven!

1°, die ersten Schneeflocken machen sich auf unseren Anhängern breit, während wir die Unterkunft verlassen, alles zusammenpacken und losfahren. 

Die Motivation lässt heute auf sich warten. Die Finger tun weh, die Schenkel brennen bei jeder noch so kleinen Anfahrt und die gesamte Stimmung gleicht sich mit der Außentemperatur.

Die ersten 2 Kilometer geht es überwiegend schiebend voran, steile und vereiste Feldwege kosten viel Kraft. Jede Möglichkeit, sich rollen zu lassen, wird gnadenlos genutzt um die Beine zu entlasten, auf das der Schmerz nachlässt. Wir sind erschöpft, gereizt und massiv angespannt. Die letzten Tage haben Körper und Geist viel abverlangt - und dies spiegelt sich auch in unserer Laune wider, welche sich mit jedem Meter, den es bergauf geht, mehr und mehr verfinstert.

Als ich kurz anhalte, um einen Krampf zu lösen, passiert es: RUMMS! Celine, selbst kurzzeitig abgelenkt, fährt mir in den Anhänger. Das ist der Tropfen, der mein inneres Fass entgültig zum Überlaufen bringt; wütend und ohne nachzudenken schleudere ich ihr ein lautes, ärgerliches "Willst du mich jetzt eigentlich TOTAL VERARSCHEN?!" entgegen.

Stille. Um uns herum wird es sehr ruhig, und während ich noch in Celines verdutztes Gesicht blicke, merke ich, da ist noch Dampf im Kessel und er will raus.

"Dein Bike hat schon einen Motor! Du musst nur noch GERADEAUS GUCKEN!"

Erneute Stille. Ich nutze den Moment, um aus dieser völlig angespannten Situation zu fahren, und schwing mich wieder auf mein Rad.

Wir fahren 300 Meter weiter um Pause zu machen, und sprechen eine Stunde kein Wort miteinander. Wir haben noch 43 Km vor uns, es geht immer wieder bergauf und Besserung ist erstmal nicht in Sicht. Doch die Anspannung legt sich zügig, denn wir brauchen unsere Kraft für die Straße. Letztendlich kommen wir erschöpft und sichtlich kaputt am heutigen Ziel an - und liegen uns lange in den Armen.

Natürlich kann auf einer so harten, uns alles abverlangenden Reise nicht immer Sonnenschein und gute Stimmung herrschen. Anspannung und Reibungen gehören dazu und bleiben nicht aus. Doch wir kennen uns lange und gut genug, um damit umgehen zu können, und dem anderen in Stresssituationen den Raum zu geben, den er braucht.

Morgen ist ein neuer Tag - an dem wir schon wieder über die ganze Sache lachen können!

Gute Nacht, ihr Lieben!

 

 

 

 

 

Von früh bis Spät

Baden-Württemberg,
Laichingen 07.03.2023

Gut gelaunt und bereit für den Tag verlassen wir unsere Unterkunft, doch schon nach der ersten Kurve wird uns bewusst, der Tag wird es heute in sich haben. Entlang der Hauptverkehrsstraßen in Zuffenhausen mit etwa 7% Steigung, strampeln wir uns den Berg hinauf. Doch schon nach wenigen Metern wird unsere Antrengung belohnt. Wir landen in einem Rosensteinpark im Englischen Stil, in dem Lucy sich ausgiebig wälzen und austoben kann. Entlang des Neckars beobachten wir, wie die Großstadt langsam zum Leben erwacht. 

Nach weiteren 22 Km sieht man immer weniger vom Großsstadtgetümmel und immer mehr Natur, in der es sich lohnt, auch mal unsere Drohne fliegen zu lassen. Dünger liegt in der Luft und unsere Nasenspitzen frieren zu. Ab hier zieht sich sich die Strecke von Dorf zu Dorf und wir müssen überwiegend -natürlich- bergauf. Da ahnten wir noch nicht, was bergauf WIRKLICH bedeutet... 

Wir hatten ca 55 Km geschafft, bevor es RICHTIG los ging. Zu diesem Zeitpunkt sahen wir uns jeden Augenblick in ein leckeres Sandwich beißen und danach gemütlich einschlafen. Aber wie vieles im Leben war auch dies nur eine Wunschvorstellung und so wurde die Strecke Meter für Meter immer steiler und kraftraubender. 

Wir kämpfen uns von Serpentinen über kleine Notfallbuchten zur nächsten Steigung. Für die nächsten 5 Km brauchen wir mehr als 2 Stunden. Immer wieder müssen wir absteigen und schieben, weil die Oberschenkel der Anstrengung nicht mehr gewachsen sind. Teilweise müssen wir 2 Minuten stehen bleiben, nur um 15 Meter voran zukommen. Nach fast 60 gefahrenen Km kommen wir durch das letzte Dorf. Fast geschafft... aber halt auch nur fast.

Eine weitere Steigung vom selben Kaliber steht uns nochmal bevor. Der Gedanke einfach stehenzubleiben und umzufallen wird immer attraktiver, doch aufgeben ist keine Option! Mit aller Kraft fokussieren wir uns auf die 11% Steigung und ziehen die Sache durch.

Inzwischen ist es 19:00 Uhr, eine Anzeige, die auf einer Sparkasse im Ortseingang befestigt ist, zeigt -4° an. Nach wenigen Metern verlassen wir den Ort und fahren bei Mondschein auf die Felder zu. Der kalte Wind peitscht uns jetzt ungebremst ins Gesicht, und Malte entschließt sich, noch eine Jacke anzuziehen. Noch ca 30 Minuten Fahrt vor uns, und wir merken, wie sich Geist und Körper trennen. "Zuhause kannst du heulen, jetzt wird gefahren!" sagen wir uns und kommen fast wie in Trance nach über 10 Stunden Fahrt am Hotel an.

Die Handgriffe und Abläufe werden mit jedem Tag besser, und so haben wir vom Check-in bis ins Zimmer nur ca. 10 Minuten gebraucht. "Wollen Sie Frühstück?" fragt uns die überaus freundliche Hoteldame an der Rezeption, und noch bevor sie den Satz richtig zu Ende sprechen kann, ertönt aus einem Nebenflur "Auf jeden Fall!"

Wir bringen unsere Klamotten aufs Zimmer und schließen noch schnell alles Notwenige zum laden an. Zum Schreiben reicht die Kraft heute einfach nicht mehr. Die letzten halbwegs klaren Minuten nutzen wir, um für Morgen eine Unterkunft zu finden, doch Fehlanzeige. Ich schau zu Malte und frage, wie weit wir Morgen fahren wollen, doch es ertönt nur ein lautes Schnarchen von links.

...Ich denke, das klären wir dann lieber morgen nach dem Frühstück. 

Stay or go?

Bayern,
Senden 08.03.2023

"Hast du noch Bock ?"

"Na klar!"

"Sehr gut, ich auch nicht."

"Was?"

"Was?"

 

Der gestrige Tag hat uns sehr deutlich vor Augen geführt, was uns in den nächsten Wochen erwartet.

Aber wir sind bei Weitem nicht so erschöpft wie die Tage zuvor. Dennoch stellen wir uns die Frage: Sollen wir noch einen Tag zur Erholung bleiben und einfach mal nichts tun?

Nach kurzem hin und her beschließen wir dann doch noch, für heute Abend eine neue Unterkunft zu suchen, und frühstücken erstmal. Dadurch, dass wir aktuell jeden Tag zwischen 2500 und 3500 Kalorien verbrennen, darf es auch mal etwas mehr sein. 

Als wir gerade losfahren wollen, kommen wir ins Gespräch mit dem Hotelier. Ein smarter Typ, der mit Anfang 30 seinen Traum wahr macht und ein Hotel leitet. Wir sind sofort auf einer Wellenlänge, sprechen viel über unsere Reise und erfahren, dass auch er schon das ein oder andere Abenteuer hinter sich hat. An dieser Stelle, viele liebe Grüße ans Roomingtons in Laichingen!

Wir fahren los. Im Vergleich zu gestern geht es überwiegend... bergab! Die angesetzten 40 Km haben wir trotz massivem Gegenwind schnell zusammen, und so können wir uns ab 15 Uhr komplett entspannen und Kraft für morgen tanken... denn die werden wir brauchen.

Trotz aller Anstrengungen genießen wir diese Zeit sehr und freuen uns auf die nächsten Tage!

Galerie

Die Zugspitze ist zum greifen nah

Bayern, Bad Grönenbach 09.03.2023

Unsere Reise hält viele kleine Freuden für uns bereit, zum Beispiel dann, wenn wir während der Fahrt auf unser Vorhaben angesprochen werden. So wie heute - eine nette, ältere Dame ist so interessiert an uns, dass sie uns ein Stück begleitet.

Trotz vieler Sonnenstunden müssen wir über den ganzen Tag hinweg gegen sehr starken Wind aus Südwesten ankämpfen, was unglaublich kraftraubend ist.

Zum Glück jedoch sind die Steigungen heute verhältnismäßig moderat, so dass wir recht zügig vorankommen.

So geht es entlang der Iller bis ins Unterallgäu, wo wir an vielen malerischen kleinen Dörfern vorbeifahren und die Ruhe der Natur genießen... bis wir dann ab Memmingen schon die ersten weißen Bergspitzen erkennen können.

Um es kurz zu machen: Die heutige Unterkunft übertrifft all unsere Erwartungen.

Eine sehr herzliche Vermieterin begrüßt uns mit den Worten: "Willkommen im Allgäuer Tor!", und erklärt uns, dass dies der Ort sei, von dem man die Berge das erste Mal in ihrer vollen Pracht sehen kann.

Die Unterkunft liegt inmitten eines Waldstücks, mit nichts um uns herum außer einer gigantischen Aussicht auf die Allgäuer Hochalpen mit Blick auf die höchsten Hauptgipfel wie z.B die Zugspitze vom Höfats mit 2259m und dem Hohen Ifen mit 2229m.

 

Die Wohnung ist liebevoll eingerichtet und bringt alles mit was man sich wünschen kann. 

Am Nachmittag verziehen sich die Wolken und es klart bei vollem Sonnenschein auf. Die Aussicht ist phänomenal und nach wenigen Minuten steht für uns fest: Hier bleiben wir noch etwas. Und so genießen wir diesen wunderschönen Ort voller Freude noch einen weiteren Tag. Bis morgen!

Österreich

Österreich, wir kommen!

Österreich, Unterpinswang
11.03.2023

Der Ruhetag gestern tat uns richtig gut und war mehr als nötig. Celine hat sich die Stadt Kempten angeschaut, während Lucy und ich es uns auf der Couch gemütlich gemacht haben.

Heute geht es schon früh los, denn wir haben fast 60 Km vor uns und auch unsere erste Grenzüberquerung steht an: Österreich! Gegenwind haben wir zwar keinen, aber es wird mit jedem Meter deutlich kälter und die Umgebung weißer. Wir fahren durch viele Waldstücke, in denen wir Lucy etwas Freilauf gönnen - eine Entscheidung, die fast in einer Katastrophe geendet wäre.

 

Als Lucy ein großes Kaninchen erblickt, sprintete sie wie vom Blitz getroffen los. In der Vergangenheit ist dies schon Mal passiert, und damals dauerte es eine ganze Nacht um sie wiederzufinden. Als Jagdhund ist Lucy direkt so fokussiert, dass sie nicht mehr aufzuhalten ist, sobald sie etwas erspäht - Jagdhunde treiben ihre Beute quasi bis zum Zusammenbruch. Mir bleibt für eine Sekunde das Herz stehen und ich verfalle regelrecht in Panik.

Doch Malte (der jetzt auch schon 45 Km in den Beinen hat), springt vom Fahrrad und sprintet Lucy durch den dichten Wald hinterher.

 

Ich rase den Weg weiter um sie ggf. abzufangen, aber nur eine Minute später höre ich Maltes völlig entkräftetes: "Alles gut, keine Sorge, ich hab sie!" 

Ich renne ihnen mit der Leine entgegen, fast 300 Meter weit in den tiefen Wald. Der Schock sitzt noch immer tief, doch zum Glück ist nochmal alles gut gegangen. Wir verschnaufen einen Augenblick, während Malte verzweifelt nach einem Sauerstoffzelt Ausschau hält. Das war genug Aufregung für heute.

Als wir nach diesem kleinen Abenteuer weiterfahren, halten wir immer wieder an und machen Fotos. Niemand drängt uns, und die eingeschneite Landschaft ist viel zu schön, um einfach daran vorbeizufahren.

Auf den letzten Kilometern macht sich dann freudige Anspannung breit. Immer wieder machen wir uns klar, dass wir von Moers nach Österreich gefahren sind - was für ein Wahnsinn!

Dann ist es soweit - wir sehen die ersten Willkommenschilder und fahren mit einem breiten Grinsen über die Grenze. Ab hier sind es noch 8 Km bis zur Unterkunft, die sich durch eine malerische Winterlandschaft mit einem großartigem Blick auf die Berge um uns herum erstrecken.

Wir checken ein. Unser Zimmer ist gemütlich, wunderschön eingerichtet und bietet einen tollen Blick auf die Berge.

Nach einem kurzen Snack gehts in die hauseigene Sauna. Als wir reinkommen, sehen wir daneben 2 große Whirlpools und Massagesessel stehen. Was für ein perfekter Tagesabschluss - das haben wir uns nach soviel Aufregung aber auch verdient!

Mehr schieben als fahren

Österreich, Ehrwald
12.03.2023

Unser morgendlicher Proviantencheck ist heute recht zügig abgeschlossen:  2 Bananen, 2l Wasser, 1 Ei, 2 Brezeln und 500 ml Hühnersuppe. Nicht viel, doch wir sind hart im Nehmen, packen unsere Sachen und fahren los. Um uns herum erstreckt sich eine unglaublich schöne Landschaft, die uns immer wieder dazu bringt abzusteigen und Fotos zu machen - nicht zuletzt aufgrund der großen und eindrucksvollen Bergketten.

Die ersten Kilometer kommen wir gut voran. Je tiefer wir ins Landesinnere eindringen (und dadurch auch zügig an Höhenmeter gewinnen), wird es zunehmend kälter und weißer. 

Schneeberge türmen sich inzwischen fast meterhoch an den Straßenseiten auf und wir haben schwer damit zu kämpfen, riesigen Eisplatten auszuweichen bzw. sie zu umfahren. Immer wieder schauen wir, ob es alternative Routen gibt, doch auch die sehen nicht besser aus. Nach 10 Kilometern landen wir schließlich in einem Waldstück - welches natürlich nicht geräumt ist. 

Wir versinken knöcheltief im Schnee. Ans Fahren ist seit einigen Kilometern nicht mehr zu denken, nur schiebend kommen wir hier noch vorwärts. Fahrräder und Gepäck pflügen sich immer tiefer in den Schnee, bis wir an eine Steigung kommen, an denen wir unsere Anhänger abkoppeln müssen um auch nur ansatzweise voranzukommen. Für 3 Kilometer brauchen wir 2 Stunden - wir sind am Ende unserer Kräfte.

- Vorwort: Wir waren die letzten Tage in Österreich teilweise über 10 Stunden unterwegs und hatten abends einfach keine Kraft mehr, um euch im Blog mit den neusten Infos zu versorgen. Da wir euch aber nicht einfach nur mit 2 Sätzen abspeisen wollen, sondern das Ganze eine gewisse Qualität beibehalten soll, kann sich der ein oder andere Eintrag mal verschieben :)

 

Nach einem fantastischen Morgen, einem leckeren Frühstück und der Tatsache nach zu urteilen, dass man sehr schnell vergisst welcher Wochentag ist, haben wir heute wohl... Sonntag. Lucy hat Hunger, muss jedoch nicht allzu lang warten - Markus, der Besitzer vom Gutshof, schafft Abhilfe und überlässt uns freundlicherweise jede Menge Trockenfutter. Dankeschön!

Wir schaffen es grade noch bis zur nächsten Straße, an der wir 2 Polizisten stehen sehen. Sie haben sich unseren Kampf gegen die Natur aus der Ferne angeschaut und fragen, ob sie helfen können. "Klar!", denke ich mir, "...schnapp dir 'ne Schaufel und auf gehts!" 

Nach kurzer Klärung wo wir hinwollen gibt es nützliche Tips fürs weitere Vorankommen. Vielen Dank an dieser Stelle an die Umsichtigkeit der hiesigen Polizei!

In den späten Abendstunden haben wir es dann geschafft - wir erreichen unsere Unterkunft. Rustikal, ländlicher Charme... und das Wichtigste: Betten! Was will man mehr?

...Da aber nach wie vor Sonntag ist, und wir bis auf die Suppe alles verbraucht haben, entscheiden wir uns für ein kleines Restaurant um diesen Tag bei einem Glas Bier, Grillteller & Rumpsteak ausklingen zu lassen.

Gute Nacht!

Weißes
Déjà-vu

Österreich, Obsteig
13.03.2023

Nach den gestrigen Strapazen und den vielen unwegsamen Straßen, entscheiden wir uns heute, nur 30 Km zu fahren. Dass uns ein 11-stündiger Horrortrip erwartet, können wir zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wissen...

So fahren wir gutgelaunt los. Nach 4 extrem steilen Kilometern fängt uns die Bergwacht am oberen Pass ab und belächelt unsere Idee, diesen Weg fortzuführen. 

"Da keensta net hoch, da isch a Meda Schnee!"

Tja, da kann man nichts machen - Plan B muss her. Dieser beinhaltet zwar einen Umweg von weiteren 30 Kilometern, ist aber unsere einzige Alternative.

Leicht gefrustet und mit dem Wissen, dass dies ein sehr langer Tag wird geht es den hart erklommenen Aufstieg wieder runter.

Schon nach kurzer Zeit kommen wir an einen Punkt, an dem uns nur noch die Weiterfahrt über die Passstraße bliebe, was wir aufgrund der unsicheren Verkehrssituation und dem nicht immer einzuhaltenden Sicherheitsabstand vermeiden wollen. Also nochmal ein Stück umkehren, um es durch den Wald zu versuchen. Auch hier bleibt das Schieben nicht aus; der Weg ist anstrengend und wir müssen immer wieder pausieren.

Wir haben schon ein ganzes Stück geschafft, als plötzlich ein Traktor hinter uns auftaucht. Das Problem daran: der Weg bietet nur Platz für einen von uns, und der Traktor würde definitv gewinnen. Der freundliche Bauer weist uns darauf hin, dass wir ab hier direkt umkehren können, da er selbst nur hier ist, um die vor uns liegenden Schneemassen zu räumen...

Die innere Stimmung neigt sich dem Erdkern zu; WIEDER alles umsonst. Da hilft auch die schönste Aussicht nichts, wenn man nass, erschöpft und gefrustet ist. Aber es hilft alles nichts. Wir müssen erneut zurück und diesmal auf die Passstraße. 

Wir ziehen unsere Warnwesten an. Malte fährt hinter mir um im schlimmsten Fall mit seinem Gepäck den Stoßdämpfer für Lucy zu spielen. 

Es ist ein sehr beklemmendes Gefühl, wenn man auf Anstiegen Autos hinter sich hat, doch bis auf sehr wenige Ausnahmen haben alle Verständnis und überholen uns geduldig und mit ausreichend Abstand. Oben angekommen erwartet uns ein unglaublicher Ausblick auf den Blindsee.

Doch der Weg ist noch weit, darum heißt es: Weiter geht's! So langsam wird uns bewusst, dass wir unser Ziel heute wahrscheinlich nicht erreichen werden. 

Nach vielen weiteren Kilometern durch Schnee, Eis und Steigungen, entscheiden wir uns, unsere gebuchte Unterkunft zu informieren, dass wir es nicht schaffen. Glücklicherweise können wir einfach einen Tag später kommen. Doch nun brauchen wir erst mal einen Platz zum Übernachten. Es ist inzwischen fast 19:00 Uhr, und zum ersten Mal kommt die Idee auf, die Nacht im Zelt zu verbringen. Alles Notwendige haben wir ja dabei (außer der nötigen Motivation). Also rufen wir erst mal in umliegenden Unterkünften an, doch wie befürchtet sind die wenigstens für Unterbringung mit Hund ausgelegt. Doch dann tätigt Celine den goldenen Anruf. 

 

Wir finden tatsächlich eine Pension, die bereit ist uns aufzunehmen, und so kommen wir, nach einer 40-minütigen Fahrt durch den stockdunklen Wald, endlich an. Die Dame ist höchst erstaunt, dass wir mit Fahrrädern anreisen (den Teil hatte sie am Telefon wohl nicht ganz mitbekommen), und bittet uns freundlich herein. Als sie erfährt, dass wir seit über 11 Stunden unterwegs sind, bietet sie uns sogar eine große Suite, inklusive Küche und Terasse, zum Normalpreis an - und bereitet uns auch noch ein umfangreiches Abendessen zu. Nachdem wir uns überschwänglich bedankt haben, können wir uns - endlich - aufs Ohr hauen. Was für ein Tag!

Bis morgen!

50% Leistung 

Österreich, Reith-Seefeld
14.03.2023

Nach dem langen Tag gestern tun wir uns heute etwas schwerer, zumal wir die ersten Kilometer im strömenden Regen bewältigen. Doch während der Fahrt durch den Wald klart es auf, und das Wetter spielt gradezu verrückt - es wird so heiss, dass wir mehrmals unsere Klamotten wechseln müssen...

Plötzlich spüren wir, das etwas nicht stimmt. Wir können nicht genau sagen, was, doch möglicherweise liegt es daran, dass Malte SOEBEN SEINE PEDALE VERLOREN HAT... Nach einem kurzen Moment der Verblüffung halten wir an und betrachten das Dilemma. Doch zum Glück sind wir einigermaßen handwerklich geschickt, und nach ein paar kurzen Handgriffen ist das Problem behoben so dass wir weiterfahren können.

Die weitere Strecke führt durch ein Waldstück, das eigentlich nur für Wanderer, nicht aber für Fahrräder ausgelegt ist. Doch diesmal gibt es keine Alternative, und so kämpfen wir uns den extrem schmalen Weg hoch. Die Steigung beträgt satte 17% - zuviel für Celines Motor. Ich muss nach oben, mein Fahrrad abstellen und dann nochmal runter, um ihr Gepäck von hinten mit anzuschieben. Plötzlich regnet es wieder, also: WIEDER Klamotten wechseln. Das ständige ab- und aufsteigen ist anstrengender, als man annehmen würde.

Allmählich merken wir, warum der Weg in diesem Teil des Waldes nur für Wanderer gedacht ist. Er führt uns eigenwillige Strecken entlang, steile Steigungen hoch, über kleine Flüsse und durchs Gehölz - dieser Weg allein ist schon ein Abenteuer für sich. Die letzten 2 bis 3 Kilometer, bevor wir an unserer Unterkunft ankommen, klappen dann wieder richtig gut. Wir essen Kaiserschmarrn - und sind begeistert! Außerdem lernen wir ein älteres Ehepaar kennen, mit dem wir nett plaudernd den Abend verbringen. 

Mal sehen was der morgige Tag für uns bereithält. Gute Nacht!

Noch ein Verrückter

Österreich, Igls
15.03.2023

Nach einer kurzen Nacht treffen wir das nette Ehepaar von gestern Abend am Frühstückstisch. Gerade in dem Moment, wo wir voller Enthusiasmus unseren Tag in Richtung Zirl antreten wollen, werden wir durch ein „Wo wollst‘n ihr hin ?“ gebremst. Eine junge Frau schaut uns an und merkt recht schnell, dass wir nicht von hier sind. „Wenn ihr da runter fahrt, Richtung Zirl, steht da die Polizei und hätte gerne 350€ Strafe von euch.“ Wir schauen die Dame etwas verdutzt an ehe sie fortfährt. „Es ist verboten, diesen Weg entlang zu fahren, ihr müsst euch eine Alternative suchen, z.B mit dem Zug, der fährt hier stündlich!“ 

Sie zückt ihr Handy und zeigt uns weitere Informationen zu besagtem Weg - und dessen Strafen. Wir sind heilfroh, dass sie uns angesprochen hat. Es gibt zwar Schilder, die auf ein Verbot hinweisen, aber diese kommen erst sehr spät und sehr weit unten. Wer weiß, ob wir es nicht doch einfach riskiert hätten, zumal wir, wären wir gefahren, nichts von den hohen Strafen gewusst hätten.

Nachdem wir uns mehrfach bei der Frau bedankt haben, überdenken wir unsere Optionen und kommen zu dem Schluss, dass wir unsere Reise auf 3 Arten fortsetzen können:

Wir fahren runter und hoffen das Beste.

Wir umfahren die Stelle, was aber von der Entfernung her mindestens einen ganzen Tag dauert. 

Wir steigen in den Zug und fahren für 11.60€ dran vorbei.

Obwohl wir (oder eher Malte) im Vorfeld gesagt haben, wir wollen diese Reise zu 100% mit dem Fahrrad abschließen, sind wir uns schnell einig, was hier die beste Option ist...

Also schnell die Onlinetickets besorgt und ab in den Zug. Wenig später kommen wir schon in Innsbruck an. Ein Pärchen, welches uns im Zug bereits gesehen hat, spricht uns auf unser Gepäck an und wir führen ein wirklich nettes Gespräch mit den beiden. Liebe Grüße nach Innsbruck!

Durch die gewonnene Zeit beschließen wir, heute nur bis 16:00 Uhr zu fahren, um uns nochmal etwas Ruhe zu gönnen und die durch die letzten Tage doch recht geleerten Krafttanks wieder aufzufüllen. Bei der Suche nach einer Unterkunft werden wir im Sporthotel Igls fündig, einem sehr schönen Gebäude, das bereits seit über 130 Jahren betrieben wird.

Als wir die letzten Einkäufe erledigen, bemerken wir auf dem Rückweg einen vollgepackten Fahrradfahrer vor unserem Hotel und denken sofort: Noch ein Verrückter?!

Wir begutachteten sein Bike, wie er was verstaut und zusammengepackt hat und ob wir uns vielleicht etwas abgucken können. Wenig später läuft er zufällig an unserem Zimmer vorbei, und wir fragen ihn einfach mal, ob er nicht Lust hat sich heute Abend zu treffen. Gesagt- getan. Florian, so heißt der gute Mann, ist 25 Jahre alt und macht eine ähnlich große Tour wie wir. Es ist schön und gleichzeitig wohltuend zu hören, dass wir nicht die einzigen sind, die mit all den Strapazen, die so eine Reise mit sich bringt, zu kämpfen haben. Wir tauschen unsere Handynummer aus und sind uns sicher: Spätestens am Brenner sehen wir uns wieder!

Italien

Ciao Italia

Italien, Sterzing
16.03.2023

6 Uhr, der Wecker klingelt und wir stehen wirklich auf, denn heute steht der Brenner an. 

Routiniert starten wir in den Tag; die morgendlichen Abläufe funktionieren inzwischen so reibungslos wie ein Uhrwerk. Während Celine Lucy versorgt, packe ich unser Equipment und die Taschen zusammen. Das Hotel bietet das bisher beste Frühstück, sowohl was die Qualität als auch die Auswahl angeht bleibt kein Wunsch offen. Unter anderen Umständen würde ich 4 Stunden frühstücken und auch 2 Kilo Gewicht in Kauf nehmen, doch heute ist das nicht drin.

Es stehen ca. 50 Kilometer auf dem Plan, und diesmal freuen wir uns richtig darauf, denn heute erreichen wir Italien! Doch bis es soweit ist, stehen uns noch die bekannten Höhenmeter bevor.

Wir gelangen zum Glück recht schnell aus dem Städtchen raus, und ehe wir uns versehen, stehen wir  wieder mitten im Wald... wo alles ruhig ist, wir nur den Wind rauschen und die Vögel zwitschern hören. Und wieder tut sich nach kurzer Zeit ein unglaubliches Panorama vor uns auf. Man sollte meinen, nach 5 Tagen ist man an diesen Anblick gewöhnt, doch die massiven Bergketten begeistern uns jeden Morgen aufs Neue. 

Die Zeit vergeht diesmal wie im Flug, denn wir erleben einen gesunden Mix aus Höhenmetern und wohltuenden Abfahrten. Das Wetter ist perfekt, die Sonne strahlt, der Himmel ist blau und die Stimmung ausgelassen. 

Den Brennerübergang haben wir uns tatsächlich härter vorgestellt. Doch die vergangenen Tage mit ihren Steigungen und Schneemassen haben uns dermaßen abgehärtet, das wir für den letzten finalen Anstieg nur ein müdes Lächeln übrighaben.

Dann überqueren wir den Grenzstein von Österreich nach Italien Hurra! Wir freuen uns, auch weil allmählich in unser Bewusstsein dringt, was für eine unglaubliche Leistung wir bis jetzt erbracht haben. Die Landschaft lässt uns immer wieder innehalten, weil wir von so vielem Fotos und Videos machen wollen - und auch den ein oder anderen Drohnenflug starten möchten.

Nach weiteren 16 km in Italien erreichen wir Sterzing - und jetzt geht es endlich nur noch bergab. Es ist eine richtige Wohltat sich wieder „normal“ fortzubewegen. An Spitzenstellen erreichen wir eine Höchstgeschwindigkeit von weit über 60 Km/h - eine Achterbahnfahrt auf dem Fahrrad. Nach den letzten Tagen, die von schieben und schleppen geprägt waren, genießen wir die rasanten Abfahrten umso mehr.

Am Abend verabreden wir uns mit Flo, den wir gestern im Hotel kennen gelernt haben, und lassen den Abend diesmal zu dritt bei einem leckeren Abendessen und einem kühlen Bier ausklingen.

Bis morgen!

Bozen & Zahnschmerz

Italien, Bozen
17.03.2023

Nach einem liebevoll hergerichteten Frühstück geht es heute - zusammen mit Flo - nach Bozen. Es tut gut, wieder gerade Strecken zu fahren, und auch wenn es den ein oder anderen Anstieg gibt, ist nichts Vergleichbares wie in Österreich dabei.

Auch die Umgebung ändert sich stark.

 

Vor 3 Tagen schoben wir unsere Bikes noch knietief durch den Schnee, hier dagegen scheint der Frühling explodiert zu sein: Alles um uns herum blüht und grünt.

Die schneeüberzogenen Felsengebirge weichen mit jedem Meter massiven, tannenüberzogenen Gesteinsvorsprüngen, die jedoch keinesfalls weniger beeindruckend sind.

 

Die Sonne scheint und wir fahren bei gemütlichen 14° abwechselnd durch Städte und Wälder.

Auf dem Weg lernen wir auch Flo besser kennen, was er so macht und wie er sich seine weitere Zukuft vorstellt. In einem Waldabschnitt, den wir durch mehrere, sehr steinige Abfahrten erreicht haben, gönnen wir uns nach den ersten 30 Kilometern eine Pause.

Anders als Malte, der quasi die komplette Ausrüstung im Anhänger hinter sich her zieht, hat Flo alles direkt an seinem Fahrrad angebracht, womit er ca. bei 60 KG liegt. 

Um zu schauen, was praktischer ist, tauschen die beiden kurzerhand ihre Fahrräder. Am Ende sind sie sich einig, dass beides seine Vor- und Nachteile hat und dass die Art der Verstauung eine große Rolle spielt.

Während der Pause entdeckt Celine bei Lucy eine Entzündung im Zahnfleischbereich, die sich über den Tag noch verschlimmern soll.

Dann packen wir unsere Sachen und steuern unser nächstes großes Ziel an- Bozen.

Nach einem erfolglosen Versuch, in einer Herberge einen Platz für uns zu finden, landen wir schließlich in einer Unterkunft, die damals wohl als Bürokomplex gebaut wurde. Doch sie ist völlig aussreichend, und wir können sogar unsere Fahrräder mit aufs Zimmer nehmen!

"Da ist auch ein Aufzug, den Ihr für Eure Räder nehmen könnt." Welch schöne Worte... 

 

Voller Freude darüber nichts schleppen zu müssen, kommen wir an besagtem Aufzug an.

Dieser ist schmaler, als Malte breit ist, und wäre nicht mal in der Lage unser Vorderrad zu transportieren.

 

Na vielen Dank auch...

 

Nachdem wir alles über die Nebentreppe transportiert und damit das Workout unseres Lebens beendet haben, gehen wir später durch die äußerst belebten Passagen der Stadt, die reich an Boutiquen und Restaurants sind.

Letzte Einkäufe werden getätigt, und da sich der Zustand von Lucy nicht verbessert hat, haben wir für Morgen einen Termin beim Tierarzt.

 

Was für uns gilt, gilt natürlich auch für Lucy - die Gesundheit steht an erster Stelle. Morgen wissen wir mehr!

Full Dog Service 

Italien, Trient
18.03.2023

Da wir den Tierarzttermin erst um 10:15 Uhr haben, nutzen wir die Zeit zum ausschlafen und packen alles in Ruhe zusammen.

Flo ist schon auf dem Weg nach Trient und wir werden ihn vorerst das letzte Mal gesehen haben.

 

Inzwischen sind wir so weit im Landesinneren, dass hier nur noch italienisch und englisch gesprochen wird. Aber jetzt steht erstmal der wichtigste Termin für heute an- Lucy.

 

Der Arzt ist sehr freundlich und überaus kompetent. Er nimmt sich Zeit für uns und schaut sich Lucy ganz genau an. Während er bei ihr Fieber misst, Gewicht protokolliert und die Hinterbeine untersucht, frage ich mich, ob er das eigentliche Problem - Zahnfleischentzündung - überhaupt verstanden hat... Aber scheinbar gehört das hier zum Service, und schließlich widmet er sich ihrem Gebiss. 

 

Nach Verabreichung eines Antibiotikums und dem "Full-Dog-Service mit Tieferlegung und breiten Pfoten" versichert er uns, es sei nichts gravierendes und dass es in den nächsten Tagen verheilt. Dann kommt die Rechnung - und ich fall fast vom Glauben ab.

 

NUR 35€...?! Das kostet in Deutschland alleine schon ein "Hallo, ich habe ein Problem..."

Wir bekommen ein Medikament verschrieben und fahren beruhigt weiter in Richtung Trient. 

 

Für heute gibt es noch ein B&B-Hotel und wir kaufen großzügig ein. Aus Fehlern lernt man, und so haben wir dieses Mal NICHT vergessen, dass Morgen Sonntag ist.

Gute Nacht!

Durch die Nacht Italiens

Italien, 
Bassano del Grappa
Mestre

19.03.2023 - 20.03.2023

Die langen Tage und die weiten Strecken bringen uns dazu, es heute sehr gemächlich anzugehen. Darum entscheiden wir uns, noch keine Unterkunft zu buchen und höchstens 30 Kilometer zu fahren (Spoiler: eins von beiden hat nicht funktioniert).

Wir verlassen das Industriegebiet und fahren zielstrebig in Richtung Venedig; für die anstehenden 155 Kilometer haben wir 3 Tage eingeplant.

Die 30 Kilometer, vorbei an gemütlichen kleinen Städten und einem idyllischem See, haben wir ruckzuck runtergespult. Anstatt irgendwo einen Ort fürs Lager zu suchen, essen wir erstmal ein Eis und entschließen uns, einfach weiter zu fahren, bis wir nicht mehr wollen oder können. 

Nach 5o Kilometern erreichen wir eine sogenannte B-Box: Ein Holzunterstand mit geschlossenen Seitenteilen, der dank integrierter Bänke auch als Schlafplatz geeignet ist - und sogar Platz für Fahrräder hat, womit er eigentlich der ideale Spot wäre...

...aber wir haben noch nicht genug! So langsam fragen wir uns, was in dem Eis war, denn an Schluss ist noch nicht zu denken. 

Die Sonne geht unter, und nach weiteren 30 Kilometern ist die Luft so langsam raus. Es wird zwar kühler und windiger, doch aufgrund des guten Wetterberichts entscheiden wir uns dazu, das Zelt heute mal wegzulassen und uns nur mit Plane und Schlafsack auf die nächste Wiese zu legen. Wir finden ein passendes Plätzchen, das uns wirklich gut gefällt - jedenfalls so lange, bis wir feststellen, dass der Boden und die Seiten überwiegend aus geschnittenen Dornenästen bestehen...

TOLL. Also heißt es wieder Sachen packen. Wir versuchen es ein Stückchen höher, wo wir dann endlich unsere Plane ausbreiten, die Räder fertig machen und die Schlafsäcke ausrollen können. 

Endlich angeko... was ist das? *tropf*...*tropf*...

Das ist doch jetzt ein schlechter Scherz, denken wir noch, bevor wir hektisch unsere ausgepackten Schlafsäcke zurück in den Anhänger stopfen, uns die Plane überwerfen und überlegen, wie es jetzt weitergehen soll.

"Ach, wären wir doch an der B-Box geblieben..."

Doch diese Erkenntnis bringt uns jetzt auch nicht weiter. Wir haben 21 Uhr und es fängt an zu regnen. Wir raufen uns nochmal zusammen und beschließen, doch noch ein Stück weiterzufahren - Italien bei Nacht ist immerhin ein Erlebnis für sich. Als die Uhr dann schließlich Mitternacht überschreitet, sind wir statt der geplanten 30 Kilometer bei über 90 - jetzt reichts!

Als wir einen halbwegs geeigneten Spot gefunden haben, heisst es nur noch Fahrrad abstellen, Plane spannen, Decke auf den Boden, Jacke an und gute Nacht...

Leider ist der Boden hart, kalt und unbequem, so dass an Schlaf kaum zu denken ist. Nach 3  1/2 Stunden ist klar: Das wird hier nichts. Lucy scheint das alles nicht zu interessieren, sie schnarcht wollig warm eingekuschelt in ihrem offenen Anhäger.

3:40 Uhr 

Wir raffen uns auf und fahren bis in die frühen Morgenstunden. Italien wird wach und begrüßt den Tag, wir dagegen werden immer müder. Entlang schön beleuchteter Städtchen und über alte Brücken geht es Richtung Bassona Del Grappa. 

An manchen Stellen des Weges ist es wirklich beängstigend, und da machen es Hunde, die wie aus dem Nichts kläffend an Gittern und Zäunen auftauchen, auch nicht besser. Ich merke, dass Celine nicht mehr kann und am Ende ihrer Kräfte ist.

 

So fahren wir auf einen Spielplatz, wo sie sich auf einer Bank in meinen Schoß legt und einschläft. Ich bleibe wach und schaue zu, wie um uns herum langsam alles zum Leben erwacht.

6:30 Uhr

Wir fahren weiter und nutzen die ruhigen Morgenstunden, um mit Lucy eine große Runde am Feld zu laufen. Wir haben die Nacht überstanden und steuern unser Ziel an. 

Mestre liegt kurz vor Venedig, wo wir uns ein Hotel buchen und für 4 Tage bleiben wollen. 

Statt der gemütlichen 30-Kilometer-Fahrt sind wir, als wir in Mestre ankommen, in 24 Stunden über 150 Kilometer gefahren - eine Strecke, für die wir ja eigentlich die dreifache Zeit eingeplant hatten...

Was für eine Fahrt!

Wir checken ins Hotel ein und fallen nur noch wie ein Stein ins Bett.

 

Gute Nacht! (Endlich)

O sole mio 

Italien, Venedig
21.03.2023

Trotz des gestrigen Nickerchens bleiben wir so lange liegen, dass wir fast das Frühstück verpennen. Etwas zerknautscht finden wir uns am Frühstückstisch wieder und bedienen uns ordentlich, denn diesmal steht keine Alpenüberquerung oder sonst etwas an. Nach mehreren  Croissants steht Malte auf und hat die tolle Idee, nach Venedig zu fahren und vielleicht einen Happen zu essen...

...Manchmal fällt selbst mir nichts mehr ein.

Doch bevor es soweit ist, müssen wir noch ein paar Sachen erledigen. Das Hotel hat zwar selbst keinen Wäscheservice, nennt uns aber einen passenden Salon. Wir waschen auf dem Weg zwar regelmäßig unsere Klamotten, doch so eine richtige Wäscherei bekommt das sicherlich besser hin... Und tatsächlich: Nach einer Stunde sind unsere Sachen wieder sauber und trocken. Herrlich.

Dann machen wir uns fertig für den Weg nach Venedig. Die 10 Kilometer pendeln wir mit dem Zug, der praktischerweise alle 7 Minuten fährt.

Nach ein paar Schritten ins Stadtinnere wird man regelrecht von Ereignissen erschlagen; es ist voll, laut und teilweise wirklich hektisch. Wir bahnen uns den Weg durch wirklich schöne alte Gassen, vorbei an unzähligen Cafés, Restaurants und Schmuck-boutiquen. Man kommt sich teilweise vor wie in der wuseligen Welt Harry Potters, und erwartet jeden Augenblick, plötzlich in der Winkelgasse Richtung Hogsmeade zu stehen. Celine findet kaum Zeit, vorwärts zu laufen, weil sie ständig und überall noch eben „das eine Foto“ machen muss...

Wir überqueren jede Menge kleinere Brücken. Auf vielen von ihnen haben wir eine tolle Aussicht auf Schiffchen, Ruderboote und natürlich Gondoliere, die mit ihren hübsch verzierten Gondeln durch die Kanäle fahren.

Das Wetter ist heute ebenfalls auf unserer Seite, denn der blaue Himmel und die strahlende Sonne sorgen dafür, dass sich das Schlendern durch die Gassen und über die belebten Plätze nahezu wie ein Spaziergang anfühlt. Nach kurzer Zeit erreichen wir die Rialto- Brücke, auf der sich viele Touristen tummeln und versuchen, ein perfektes Foto zu machen.

Durch viele weitere verwinkelte Gassen schaffen wir es schließlich auf den Markusplatz, der mit einer Größe von 175m x 82m reichlich Platz bietet, um dem Trubel zu entkommen und die umliegenden Bauten zu bestaunen.

Als die Sonne sich dem Untergang entgegen neigt und es kühler wird, rufen wir unsere Familien per Facetime an und nehmen sie noch ein Stückchen live mit durch Venedig. Dann steigen wir ins nächste Wassertaxi und fahren bis zum Bahnhof zurück. Überall in der Stadt gehen jetzt Lampen, Strahler und Laternen an, wodurch die Fassaden einen unglaublich schönen Anblick bieten. 

Zurück am Hotel gönnen wir uns noch einen leckeren Double-Beef-Burger und anschließend ein Eis - denn bis zum Frühstück sind es immerhin noch mindestens 8 Std...

Wir durften heute einen wunderschönen Tag erleben und sagen jetzt erstmal:

Gute Nacht!

Venedig

Ein paar Eindrücke aus Venedig

Schlafen unterm Sternenzelt

Italien, Cavarzere
23.03.2023

So schön die Ruhetage auch sind, so schnell sind sie schon wieder vorbei. Aber wir konnten uns richtig erholen.

Nach 3 Tagen wieder aufs Fahrad zu steigen, bedarf zwar einer kleinen Überwindung, doch die Freude auf die nächsten Ziele, die uns erwarten, ist größer - und so sagen wir Arrivederci Mestre und ziehen weiter in Richtung Adria.

 

Schon vor dem Start steht fest: Heute wird draußen gecampt. Diesmal aber besser vorbereitet! Die Tour an sich war recht unspektakulär, bis auf die Zeit auf den Bundesstraßen...

 

 

 

Es dauert einige Zeit, ehe wir aus der Stadt rauskommen. Ist halt auch so eine Sache, mit Fahrrad und Anhängern durch enge Gassen und steile Kurven zu fahren. Immer wieder sind wir gezwungen, auf die Bundesstraße auszuweichen, und wir können euch versichern: Das macht wirklich KEINEN SPAß!. 

 

Mit Warnwesten und genügend Abstand zum Verkehr fahren wir kilometerweit die Straße entlang. Obwohl der ein oder andere Autofahrer scheinbar massive Probleme hat, 70 Km/h von 120 km/h zu unterscheiden, sind die meisten zum Glück sehr rücksichtsvoll. Doch wenn ein 40-Tonner knapp einen Meter entfernt an dir vorbei rast, hältst du den Lenker fest, als ob es kein Morgen gibt - ob du willst oder nicht!

 

Umso entspannter wird die Atmosphäre, sobald wir wieder auf ausgeschilderten Fahrradwegen oder durch Wälder fahren. Nach 20 Kilometern erreichen wir die ersten Lagunen, wo wir auch direkt anhalten und frühstücken.

 

Alles, was wir jetzt essen, müssen wir schließlich nicht mehr transportieren - wie praktisch. Anschließend fahren wir weiter, auf Dämmen entlang und an Dörfern vorbei.

Der Unterschied zwischen arm und reich liegt hier teilweise direkt Tür an Tür; während die Häuser auf der rechten Seite wirklich schön und prunkvoll gebaut sind, fehlen bei den runtergekommenen gegenüber teilweise sogar die Fassaden.

 

Selbst die Fahradwege befinden sich in einem wirklich desolaten Zustand, sind aber größtenteils gut genug ausgebaut. Ein Glück.

Nach 64 Kilometern halten wir, nachdem wir ein paar Sachen für den Abend eingekauft haben, langsam aber sicher Ausschau nach einem passenden Spot zum übernachten. 

 

Die Sonne scheint noch, und wir entscheiden uns für ein kleinen Abhang in Richtung Etsch.

Als die Sonne untergeht, wird es spürbar kühler und die Luftfeuchtigkeit steigt. Wir legen die Plane aus und bereiten uns auf die Nacht vor. 

 

Dadurch, dass wir kein Zelt aufbauen, umgehen wir geschickt das Campingverbot, welches in Italien herrscht, und können beim einschlafen sogar die Sterne betrachten. Win-Win. 

Gute Nacht!

Vom Nebel ans Meer

Italien, Porto Garibaldi
24.03.2023

Wer den Film "The Fog - Nebel des Grauens" kennt, hat eine ungefähre Vorstellung davon, wie dieser Morgen verlief. Nicht nur, dass wir nur 20 Meter weit gucken können, auch sind die Schlafsäcke vom Morgentau nahezu komplett durchweicht.

Ungeachtet dessen verlief die Nacht aber recht okay, und nach einem schnellen Vortrocknen der Sachen gehts auch schon wieder weiter... nur wohin ?

Es ist so unglaublich nebelig, dass wir kaum den Weg vor uns erkennen können. Autos, Häuser und Laternen tauchen plötzlich wie aus dem Nichts vor uns auf - und das Gleiche gilt dann wohl auch für uns, fällt uns ein. Wir ziehen uns gut sichtbar an und aktivieren jede Lampe, die wir dabei haben.

Die ersten Kilometer geht es stumpf die gut befahrene Straße entlang. Immer wieder fahren wir vorsichtshalber sogar neben dem Seitenstreifen, da manche Autofahrer sogar bei diesen Wetterbedingungen noch meinen, überholen zu müssen...

Als die Sonne langsam rauskommt, verzieht sich der Nebel endlich, und wir haben mit jeder Minute bessere Sicht. Eine wahre Wohltat nach diesem anstrengenden Start in den Tag! Die aufkommenden Sonnenstrahlen werden auch erstmal genutzt, um unsere Schlafsäcke und die Plane einmal komplett durchtrocknen zu lassen.

Nach vielen weiteren Kilometern zeigt die Sonne dann, was sie kann, und wir haben den kompletten Mittag fast durchgehend 20°C. Ein Blick auf die Karte verrät uns, dass es nicht mehr weit bis zum Meer ist. Die Vorfreude steigt mit jedem Meter, und nachdem wir mehrere kleine Fischerdörfer durchquert haben, ist es soweit - wir kommen nach über 70 Kilometern Fahrt am Meer an.

Wir schieben unsere Räder bis zum Wasser und genießen den Anblick - es fühlt sich an wie Urlaub im Urlaub. Lucy hat den Spaß ihres Lebens und tobt sich den kompletten Strand hoch und runter aus.

Unsere heutige Unterkunft ist ein kleines Hotel direkt am Strand, wo wir den Abend damit verbringen, unsere Akkus zu laden und am Blog zu arbeiten.

Es ist herzerwärmend, wieviel positive Resonanz wir auf unserem Weg erhalten - sei es von Arbeitskollegen, die uns über die Homepage kontaktieren, Freunden oder auch völlig Unbekannten! Und da der Tag heute ziemlich anstrengend war, ruhen wir uns jetzt was aus und sagen: Vielen Dank für eure lieben Worte! Es motiviert uns sehr zu wissen, dass ihr unser Abenteuer Stück für Stück mitverfolgt.

 Gute Nacht!

Ravenna &
Naturparks

Italien, Cervia miam
25.03.2023

Auf unserem Weg die Adriaküste entlang, fahren wir über den Logport, vorbei an vielen kleinen Fischerbooten, die Restaurantbesitzern und privaten Käufern ihren morgendlichen Fang verkaufen. Noch besser als hier kommt man wohl nirgends an frischen Fisch!

Wie bereits vor der Reise geplant, machen wir heute einen kleinen Umweg, um nach Ravenna zu fahren. Die Stadt ist brechend voll und wir werden mit großen Augen angeguckt, als man unser Kennzeichen sieht und merkt, dass wir Deutsch sprechen. So eine Aktion sieht man hier wohl eher selten...

Immer wieder spricht man uns an, und wir führen tolle Gespräche mit fremden Menschen, die uns von sich aus über Italien erzählen wollen, aber auch gespannt unseren Abenteuern lauschen.

Generell empfinden wir die Menschen hier als überaus freundlich, herzlich und hilfsbereit. Es kommt nicht selten vor, dass uns Einheimische ihre Hilfe anbieten, wenn es um Wegbeschreibungen oder Ziele geht. Und wenn sie selber mal nicht weiter wissen, fragen sie einfach andere Leute, nur um uns weiterzuhelfen. 

Wirklich toll!

Da wir zur Mittagszeit in Ravenna ankommen, sind die Passagen so voll, dass wir mit unseren Fahrrädern kaum durchkommen. Zum gemütlichen Bummeln kam es diesmal nicht, weswegen wir uns hauptsächlich auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt konzentriert haben und diese angefahren sind. 

Man ist natürlich schon ein Stück weit in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt; den Anhänger samt Hund stehenzulassen, um nett shoppen zu gehen, fällt selbstverständlich weg. Sei's drum, das ein oder andere Denkmal konnten wir uns trotzdem anschauen.

Zu Fuß lohnt sich ein Besuch in Ravenna allemal!

Als wir die Stadt verlassen, führt uns unser Weg durch ein großes Waldgebiet, das langsam aber sicher immer mehr in ein Naturschutzgebiet übergeht. 

 

Im Schatten der Kiefern fahren wir durch den Wald, vorbei an großen Seen bis zu einem Aussichtspunkt, auf den wir auch direkt mal klettern, um die spektakuläre Aussicht zu genießen; die Sonne steht so perfekt, dass man denken könnte, man steht mitten in der Savanne. 

Nach diesem kleinen Abstecher erreichen wir die nächste größere Stadt, wo wir erneut von Trubel und Chaos empfangen werden. Ein paar Kilometer mehr Wald und Natur wären uns lieber gewesen... Da wir auf dem Weg leider keinen geeigneten Spot zum Campen gefunden haben, nehmen wir uns ein günstiges Hotel - die Bewertungen sind zwar recht mies, aber wir wollen ja auch nur schlafen...

Leider kann (oder eher will) das Hotel unsere Räder nicht unterbringen, obwohl am Ende des (verdreckten) Pools noch ausreichend Platz gewesen wäre. So müssen wir sie wohl oder übel draußen abschließen und einfach hoffen, dass nichts passiert.

In dieser Nacht werden wir wohl keinen erholsamen Schlaf finden...

Bis morgen!

Galerie

Naturschutzgebiet

Von einem Aussichtsturm in Delta del Po im Naturschutzgebiet, gab es allerhand Leben zu sehen.

Der Wille 
war da

Italien, Gabicce Mare
26.03.2023

Die Nacht im Hotel war nicht nur schlimmer als erwartet; sie war unterirdisch. Nicht genug, dass wir bis 1 Uhr nachts den afrikanischen Gesängen aus dem Nachbarszimmer lauschen durften, auch musste das Bett um 400 v. Chr. sein.

Wie sehr dich ein Hotel respektiert und wie wichtig du ihm als Gast bist, erkennst du immer am Toilettenpapier. Dieser Hotelier musste seine Gäste hassen...

Zum Frühstück braucht man erst gar nichts sagen - kaltes Rührei, trockenes Brot und 3 Stücke Kuchen, dessen Grundzutaten Eier, Mehl und Beton sein mussten.

Nichts wie raus aus diesem Laden!

Der Zustand des Frühstücks beschreibt auch unseren heutigen Antrieb ganz gut - hart und zäh. Wir kommen nur sehr schwerfällig in die Gänge, Malte hat so gar keinen Bock und der Mangel an Schlaf und Erholung macht sich immer stärker bemerkbar.

So wird das nichts mit dem heutigen Tag...

Spontan biegen wir nach 20 Km in den Strand ein, befestigen unsere Zeltplane zwischen Anhänger und einer Bauvorrichtung, und schlafen für 2 Stunden am Strand unter unserem selbstgebauten Sonnensegel.

Wesentlich wacher und ordentlich aufgewärmt von der Sonne, haben wir auf eine lange Tour heute trotzdem keine große Lust, und so begeben wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Campingplatz. Wir wollen endlich zelten!

Gut gelaunt steuern wir einige Plätze an, doch die Motivation sinkt rapide - entweder darf man dort nur mit Caravan stehen, es sind keine Hunde erlaubt oder sie haben schlichtweg noch nicht offen... so oder so, nach der vierten Absage überwiegen bei uns Enttäuschung und Frustration. Die haben Platz ohne Ende, und wir brauchen doch nur 10 m² Rasen!

Unser Verständnis darüber erreicht den Nullpunkt, und wir spielen ernsthaft mit dem Gedanken, in eines der vielen leerstehenden Hotels, die man absolut als Lostplace bezeichnen kann, einzusteigen.

Doch das war weder den Aufwand wert, noch die etwaigen Diskussionen mit der Polizei darüber, warum wir anfangen Fahrräder über Zäune zu schmeißen...

Aus der "Lass uns heute gemütliche 20 Kilometer fahren und am Strand übernachten" - Idee sind am Ende doch wieder 60 Kilometer geworden. Doch diese waren wirklich entspannt, und 80% der Strecke führten gemütlich an der Strandpromenade entlang. Immerhin.

Wir buchen spontan eine private Unterkunft, und spätestens als wir reinkommen, wissen wir: Es war die richtige Entscheidung. Wir haben ein wunderschön eingerichtetes Apartment ganz für uns allein, dessen alte Ledermöbel den überwiegend orientalischen Stil der Einrichtung komplementieren.

Das I-Tüpfelchen ist dann der große Balkon, von dem wir ein Restaurant und einen Supermarkt sehen - PERFEKT!

Mit dem Apartment haben wir alles richtig gemacht - kurze Zeit später fängt es an zu schütten wie aus Eimern. Wir beschließen jetzt schon, noch einen weiteren Tag zu bleiben, um die Zeit mit Lucy am Strand so richtig genießen zu können.

Bis morgen!

 

Ausschlafen & Siesta

Italien, Gabicce Mare
27.03.2023

Lange ausschlafen und anschließend lecker frühstücken. Das ist alles was man braucht.

Ich gehe Mittags noch mit Lucy zum Strand und Malte schläft noch eine Runde. Wir haben die Einkäufe für heute Abend auch schon erledigt, so dass wir ohne viel zu tun den Tag ausklingen lassen können.

Volle Fahrt voraus

Italien, Ancona
28.03.2023

So ein Pausentag bewirkt wahre Wunder, wenn es um Motivation und Energie geht. Mit viel Rückenwind geht es heute überwiegend an der Küste entlang, mit schöner Aussicht auf den Strand und das endlose Meer. Und das Beste: Wann immer wir Lust haben, etwas zu relaxen oder Lucy spielen will, müssen wir lediglich kurz abbiegen und stehen sofort im warmen Sand. Nur, wenn wir in neue Städte kommen, müssen wir auf die gut befahrene Straße ausweichen. 

Mit jedem weiteren gefahrenen Kilometer wird es um uns herum sowohl bergiger als auch wesentlich grüner. Wir verlassen den Küstenabschnitt, und fahren teilweise tief ins Landesinnere. Ohne es zu merken, haben wir so problemlos die 50 Kilometer erreicht und sind auch noch fit genug für die nächsten.

Es ist vergleichweise früh, sodass wir uns immer Mal wieder eine kleine Pause gönnen. Mit dem Erreichen von Ancona ist erstmal Schluss mit Entspannung - es geht wieder wesentlich steiler bergauf, und wir müssen nochmal ordentlich in die Pedale treten.

 

Wir haben inzwischen die 80 Kilometer erreicht, und entscheiden uns, nach einem Platz zum Übernachten Ausschau zu halten. Als wir an einem Stadion vorbeifahren, fällt uns dessen abgesperrter Parkplatz ins Auge.

"Nur weil das abgeschlossen ist, heißt es ja nicht, man dürfe da nicht durch."

"Ähm doch, genau das heißt es in der Regel..."

Andererseits liegt dahinter ein wirklich PERFEKTER Platz zum campen... was sollen wir also tun?

Wir stehen neben dem Parkplatz und sehen uns unschlüssig um. Hinter uns können wir einen Bahnhof erkennen. Ein Stückchen weiter übt jemand zusammen mit einem älteren Herren Motorad fahren. Für uns oder unser Vorhaben interessiert sich scheinbar niemand...

Na dann...

Malte öffnet kurzerhand die Schranke und wir fahren weiter. Wir finden eine große Wiese vor, die durch einen Berg die Sicht auf uns verborgen hält. Besser gehts nicht! Grade, als wir unsere Lager aufbauen wollen, hören wir plötzlich einen Motor; kurz darauf sehen wir ein Auto über den Platz auf uns zukommen. Na klasse, denken wir, jetzt gehts los!

Während wir im Kopf schonmal alle möglichen Ausreden durchgehen, warum wir unerlaubt eingebrochen sind, kommt das Auto näher und näher. Dann, als es fast da ist, merken wir: Wer immer da hinterm Steuer sitzt, möchte gar nicht zu uns. Der Wagen fährt wenige Meter an uns vorbei, ohne uns zu bemerken. Ein Glück! 

Doch als wir dann die beiden Männer sehen, die da aussteigen, verabschiedet sich das Hochgefühl, nicht erwischt worden zu sein, abrupt - und uns wird ziemlich mulmig zumute. Wie unschuldige Bürger sehen die nämlich nicht grade aus. Eher so Richtung "organisiertes Verbrechen"... Gott sei Dank haben sie keine Ahnung, dass wir da sind, und als sie zielstrebig den Schuppen anpeilen, der in einem Garten neben unserer Wiese steht, atmen wir erleichtert auf.

Da wir nicht sonderlich scharf sind, rauszufinden, was genau die Typen hier machen, verhalten wir uns ruhig und beobachten den Schuppen aus der Ferne. Viel sehen können wir allerdings nicht, und als sie nach 20 Minuten wieder rauskommen und wegfahren, sind wir richtig erleichtert. Hätten die uns gesehen, wäre dieser Abend sicher anders verlaufen...

Inzwischen ist es 21 Uhr, und als sich sanft die ersten Eiskristalle auf unserem Schlafsack bilden, wissen wir: Diese Nacht wird hart! Und wir hatten verdammt recht damit...

Eisheilige Nacht

Italien, Pedaso
29.03.2023

Obwohl es heute Nacht so kalt war, dass wir mindestens dreimal zitternd aufgewacht sind, kommen wir morgens relativ gut auf die Beine. 

Unsere Schlafsäcke halten zwar einiges an Temperaturen aus, sind jedoch, wie unsere Räder auch, komplett eingefroren. 

 

Man hört es förmlich splittern, als wir uns morgens um 6 Uhr aus ihnen herauspellen. Nachdem wir unsere Sachen soweit zusammen haben, beladen wir unsere eiskalten Räder und starten in den Tag. Dieser beginnt leider Gottes mit der Erklimmung eines extrem steilen Berges - auf die wir, steif und durchgefroren wie wir sind, wirklich gut verzichten können...!

Aber nach einem Trip durch die Alpen im März kann uns sowas banales wie ein Berg weder aufhalten, noch uns den Tag versauen. Außerdem wird uns auf diesem Wege ziemlich schnell warm, und in kürzester Zeit sind wir auf Betriebstemperatur.

Die ersten 30 Kilometer geht es durch bergisches Land, welches von riesigen Wiesen und Äckern geprägt ist.

 

Da die Nacht so kalt war und die Schlafsäcke dementsprechend eisig und nass sind, fahren wir nochmal an den Strand, wo wir sie richtig durchtrocknen lassen - und natürlich das Meer genießen.

Danach geht es für uns erneut auf die Straße, wo wir öfters mal die Aufmerksamkeit auf uns ziehen: Brummifahrer geben uns "Daumen hoch!", Radfahrer machen uns Komplimente und gucken uns hinterher. Wir fühlen uns fast wie Promis!

Mit der Zeit nehmen Berge und Wiesen dann immer mehr ab. Obwohl die Landschaft mit jedem Kilometer grüner wird, trauern wir den angenehmen 16°C direkt am Strand doch ein bisschen hinterher...

Doch als wir Abends in unserer schönen, gemütlichen Unterkunft ankommen, ist die Trauer längst vergessen - vor allem, als wir feststellen, dass direkt neben dem Hotel eine Pizzaria steht. Jackpot!

Wir langen ordentlich zu, um die verlorene Energie wieder aufzufüllen, und freuen uns riesig auf unser warmes, eiskristallfreies Bett.

Gute Nacht!

 

Little Florida

Italien, Pineto
30.03.2023

Wann immer es möglich ist, nehmen wir den Anhänger von Malte mit aufs Zimmer, da wir sonst jedes Mal alles rausnehmen und seperat ins Hotelzimmer packen müssen, was eine ganz schöne Arbeit ist. In unserem Hotel ist das glücklicklicherweise kein Problem, weshalb wir nach einem schnellen Frühstück zügig in den Tag starten können.

Die "Frühstücksarten" varien sehr stark. Anders als in Deutschland, wo man Brötchen, Brot & Aufschnitt bekommt, ist es hier wesentlich süßer - oft sogar ausschließlich. Dann müssen wir uns morgens entscheiden zwischen Keksen, Kuchen und gefüllten Crossaints... 

Das mag am Anfang noch ganz nett gewesen sein und für morgendliche Freude gesorgt haben, doch für die Strecken, die wir jeden Tag fahren, brauchen wir etwas richtiges zu Essen.

Nach den ersten 20 Kilometern legen wir die übliche Frühstückspause ein und füllen unseren Energiehaushalt. Bananen sind hierbei einer unserer essentiellsten Booster geworden. 

Das Wetter steht auch heute wieder uneingeschränkt auf unserer Seite, und so fahren wir weiter entlang der Küste. Vorbei an Trockendoks und Yachtclubs bahnen wir uns unseren Weg Richtung Süden.

  

Während wir auf einem super gebauten Fahrradweg durch eine Allee voller Palmen fahren, haben wir das Gefühl, nicht in Italien, sondern mitten in Florida zu sein - vor allem in Kombination mit der strahlenden Sonne. Ein super Gefühl!

Entlang der kompletten Küste gibt es tolle Statuen und jede Menge maritimes Zeug zu bestaunen, so dass wir immer wieder stehenbleiben, um uns die Sachen genauer anzusehen. Nach einiger Zeit kommen wir dann, nach einem kleinen Einkauf für den Abend, an unserer Unterkunft an.

Das Haus, welches eher eine kleine Villa ist, liegt erhöht auf einem Bergabschnitt. Das heißt für die letzten 2 Kilometer nochmal: Vollgas! Wir hämmern in die Pedale, werden aber, sobald wir oben sind, durch die Aussicht mehr als entschädigt. Was für eine Wucht!

Die Vermieterin spricht nur italienisch, doch mit Händen, Füßen und unserem Freund, dem Google Translator können wir uns sehr gut und vorallem lustig verständigen. Es wird viel gelacht, denn beide Seiten verstehen so gut wie nichts und trotzdem landen wir am Ende in einem Zimmer mit Bett. Irgendwie klappt es schließlich immer!

Dieses Zimmer ist auch noch super eingerichtet. Wir haben einen Balkon, von dem wir sowohl das Meer als auch die bergische Landschaft bewundern können.

Wir sind mal gespannt, was uns hier zum Frühstück erwartet...

 

Gute Nacht!

Erster Monat und 1600 Km

Italien, Fossacesia
31.03.2023

Nach einer richtig erholsamen Nacht starten wir den Tag mit einem ziemlich süßen Frühstück. Wer hätte es gedacht...

Glücklicherweise hatten wir uns am Vorabend aber bereits mit Brot und Aufschnitt eingedeckt, so dass wir ein vernünftiges Frühstück inklusive Früchte und Cornflakes hatten.

Das Gute daran, wenn man abends einen Berg hochfährt, ist, dass man ihn morgens wieder runterfahren kann. Mit entspannten 30 kmh für die ersten 2 1/2 Kilometer starten wir sorglos in den Tag.

Wir fahren lange Küstenabschnitte entlang, und auch der ein oder anderen Tunnel wird mitgenommen. Landschaftlich wechselt es immer wieder zwischen bergigem Land und tiefgrünen Wiesen auf der rechten Seite, während wir links permanent das Meer haben, welches nun aber nur durch einen Klippenabstieg erreichbar wäre.

Kleine Bars stehen mitten im Meer, die durch eine Art Hängebrücke erreichbar sind und geben ein schönes Bild entlang der Küste ab. 

Auf der Reise entlang der Adria kommen wir immer wieder an Orte, an denen das Leben tobt und die Strandbars rappelvoll sind. An manchen Abschnitten hingegen wird noch fleißig renoviert und geschreinert, um sich auf die kommende Saison vorzubereiten.

Es ist eine Mischung aus endloser Partymeile und Geisterstadt, in der man nachts nicht überm Zaun hängen will...

Wirklich kurioses Bild.

 

Wir folgen im Landesinneren einer großen Hängebrücke, wo Fahrradfahrer ihre eigenen Spur haben. Heute erwartet uns ein sehr abwechlungsreicher Mix aus Stadt und Küstenabschnitt, und es gibt eine Menge zu sehen. 

Wir machen einen Haufen Bilder und versuchen, mehrere Galerien auf Bikeandbeagle.de zu integrieren, wo man sich dann alles in Ruhe anschauen kann.

Nach ein paar weiteren Tunneln erreichen wir schon unsere heutige Zielstadt, Fossacesia.

Nachdem wir an einer schönen alten Kirche vorbeigefahren sind, ist es nur noch einen Katzensprung bis zu unserer Unterkunft.

Die Vermieterin ist super herzlich und versucht ihr Bestes, um sich in Englisch mit uns zu verständigen, und wie immer klappt es - irgendwie. Wir haben eine kleine Hütte direkt im Garten, der voller Olivenbäume steht.

Vor unserer Hütte ist eine kleine Veranda, auf der wir unser Gepäck und die Räder verstauen können. Die Hütte ist so gebaut, dass genau ein Bett rein passt, und im Nebenraum befindet sich das Bad. Es ist alles sehr liebevoll und urig eingerichtet, so dass wir uns direkt willkommen fühlen.

Wieder wird uns klar, wieviel Schönes wir auf unserer Tour erleben, dass wir immer wieder neue tolle Menschen treffen, mit denen wir uns austauschen und super Gespräche führen. Und während wir so nachdenken, fällt uns auf, dass wir heute unseren ersten Monat geschafft haben und in dieser Zeit mehr als 1600 Kilometer gefahren sind! 

Wir sind selbst ein bisschen überrascht, was wir bisher erreicht haben, und verabschieden uns mit fröhlicher Feierlaune in den Abend.

Bis Morgen!

Drohnen und Küste

Italien, Termoli
 01.04.2023

Nach einer herzlichen Verabschiedung und ein paar Erinnerungsfotos zusammen mit unserer super lieben Vermieterin, geht es wieder auf die Piste. Schon am Anfang geht es angenehmerweise erstmal ein ganzes Stück bergab. Das Wetter ist durchgehend fantastisch, und als wir an einer Weggabelung ankommen und vor der Wahl zwischen dem schönen und dem schnellen Weg stehen, ist die Entscheidung einstimmig: natürlich fahren wir weiterhin die malerische Küste entlang. Wir sind schließlich im Urlaub und nicht bei einem Wettrennen durch Europa...

Unterwegs treffen wir auf sehr viele Radfahrer; teilweise kommen uns ganze Gruppen von bis zu 10 Leuten entgegen. Und ALLE grüßen uns! Viele machen uns Komplimente für unser Vorhaben oder wollen sich ein paar Minuten mit uns unterhalten. 

Nachdem wir dann einige Kilometer hinter uns haben, kommen wir an einen richtig schönen Spot - oberhalb der Küste, aber immer noch direkt am Meer, also nahezu perfekt. Zwar ist dafür ein kleiner Anstieg nötig, der uns aber selbstverständlich nicht aufhält.

Als wir nach einiger Anstrengung oben ankommen, erkennen wir: DAS hat sich MEHR als gelohnt! Wir haben den perfekten Platz erreicht, um die Drohne steigen zu lassen und die Landschaft um uns herum in all ihrer Schönheit einzufangen. Wir genießen die unglaubliche Aussicht, und schon nach ein paar Minuten haben wir jede Menge Material - sowohl ein paar kurze Shots für Instagram und Whatsapp als auch lange und ausgedehnte Flüge für die großen Videos, die bald auf Youtube erscheinen. 

Die letzten Kilometer ziehen sich dann etwas und sind immer wieder mit Anstiegen versehen. Kurz bevor wie unsere Unterkunft erreichen, stoßen wir auf einen Supermarkt, wo Celine ein paar Vorräte für die nächsten 2 Tage einkauft. Ich warte draussen, wo ich spontan die Gelegenheit bekomme, ein sehr interessantes Gespräch zu führen: Mein aus dem Senegal stammender Gesprächspartner erzählt mir von seiner haarsträubenden Flucht nach Italien.

Als Celine rauskommt, verabschieden wir uns und schleppen die Tüten mit den Lebensmitteln den Berg hoch - nur um zu erkennen, dass 20 Meter(!) vor unserer Unterkunft ein neuer Supermarkt geöffnet hat... GANZ TOLL.

Was solls, das Apartment ist immerhin ebenfalls komplett neu, und ein Restaurant für den Abend ist ebenfalls schnell gefunden. Und so verabschieden wir uns, nach einem Tag voller Seeluft, neuer Eindrücke, Gespräche und Menschen, in den Entspannungsmodus.

Gute Nacht!

Dirty Italia

Italien, Lesina
02.04.2023

Heute erreichen wir eine neue Region. Apulien beginnt und Molise endet.

Es ist bereits 10 Uhr, aber das Bett ist so gemütlich, dass das Aufstehen wirklich schwerfällt. Zumindest für mich; Malte sitzt bereits an Müslischüssel Nummer 3, während ich mich langsam aus dem Bett quäle.

So ganz ohne Kaffee und einem ruhigen Start in den Tag geht bei mir quasi gar nichts, und bis ich auf Betriebstemperatur komme, vergehen einige Kilometer auf dem Bike. Heute geht es größtenteils über die Hauptverkehrsstraße, die zwar keine schöne Aussicht bietet, dafür aber mit schnellem Vorankommen punktet.

Ein Blick auf mögliche Alternativen ist so oder so zwecklos, da es nur diese eine Straße gibt. Immerhin gibt es sehr wenig Verkehr - Sonntag sei Dank.

Mit jedem zurückgelegten Meter werden die Häuser weniger und die Vegetation üppiger; sogar fußballfeldgroße Olivenplantagen können wir sehen, während die großen Straßen immer häufiger kleineren, abgelegenen Schleichwegen weichen müssen.

Ab Kilometer 20, wo wir für gewöhnlich eine Pause einlegen, um gemütlich zu frühstücken, wird es dann ziemlich... merkwürdig. Die Straßenränder sind von den Kadavern toter Tiere gesäumt, und kilometerweit(!) ist alles zugemüllt. Vom Hausmüll bis zur Tiefkühltruhe liegt aller nur vorstellbarer Abfall am Straßenrand, so dass wir beschließen, heute mal auf unsere Pause zu verzichten. 

Wirklich, ihr könnt euch nicht vorstellen wie unsagbar dreckig und vermüllt diese Strecke aussieht. Kein freier Meter, in dem mal nicht irgendeine Scheiße liegt!

Es riecht permanent, als würden wir über eine Müllhalde fahren. Unser Weg besteht überwiegend aus Löchern im Boden, spitzen Steinen, Müll und Glasscherben, und ähnelt damit mehr einem anspruchsvollen Hindernis-Parkour als einer Straße.

 

Am Straßenrand sehen wir immer mal wieder sehr leicht bekleidete, überaus stark geschminkte junge Frauen stehen, die entweder im Zirkus arbeiten oder anderweitig ihr Geld verdienen...

So oder so grüßen sie uns freundlich, vor allem Malte... freundlich und sehr intensiv...

Wir haben genug von dieser Seite Italiens und wollen nur noch hier weg. Dass der Wetterbericht ausschließlich Regen vorhersagt, bessert unsere Laune auch nicht wirklich. 

Nun stehen wir vor der Wahl: 40 Kilometer fahren und ein Zimmer im letzten Dorf nehmen, bevor es für 90(!) Kilometer keine weitere Unterkunft gibt, oder weiterfahren und mit Glück einen geeigneten Zeltspot finden.

Wir entscheiden uns für das Zimmer im Dorf. Dieses ist stark von Armut gezeichnet, was sich auch in der Statistik über die Gegend widerspiegelt.

Zwischen Drogen- und Menschenhandel, Zwangsprostitution und Gewalt ist hier alles nur Mögliche an menschlichem Abgrund vertreten. Als wir Richtung Unterkunft gehen, achten wir darauf, nah beisammen zu bleiben, und freuen uns jetzt schon auf eine zügige Abreise...!

90 Km pures Nichts

Italien, Barletta
03.04.2023

Nach einer mittelmäßigen Nacht hält uns in diesem Kaff wirklich nichts mehr. Wir suchen gar nicht erst nach einer Einkaufsmöglichkeit, sondern machen uns sofort auf den Weg. Hauptsache weg.

Wir haben schon jetzt mit sehr starkem Gegenwind zu kämpfen und entscheiden uns, erst mal eine geeignete Wiese zu suchen, um mit Lucy eine Runde laufen zu können.

Gerade als wir unsere heutige Etappe von ca. 110 Kilometern in Angriff nehmen wollen, wird ein Autofahrer auf uns aufmerksam, und wir kommen ins Gespräch.

Freundlich fragt er, wo wir hinwollen und wir antworten zögerlich, erstmal nach Süden. Er bestätigt uns, dass es die nächsten 90 Kilometer weder eine Möglichkeit zum einkaufen noch eine Unterkunft gibt, und rät uns, uns vorher noch großzügig mit Verpflegung einzudecken. Gesagt getan. Wir packen alles zusammen und machen uns auf den Weg. Unser Freund, der Gegenwind, ist natürlich auch mit von der Partie.

Während der ersten 50 Kilometer kommen wir an einer handvoll Häuser vorbei, die mitten im Nichts stehen und alle so aussehen wie auf dem Bild. Wenn man unbemerkt jemanden "loswerden" möchte, ist man hier definitiv an der richtigen Adresse...

Doch auch hier ist die Landschaft geprägt von Müll, Unrat und...

STRAßENHUNDEN!

Als ich es bellen höre, denke ich nur: "Das ist doch nicht Lucy!" und drehe mich um. Mehrere aggressive Straßenhunde umkreisen Celine und kläffen sie an - wahrscheinlich riechen sie Lucy. Wie der Blitz drehe ich mich um und fahre zurück, mich mental schon drauf vorbereitend, meine Familie bis aufs Blut zu verteidigen wenn es sein muss. Als ich an der Szene ankomme, fordere ich Celine auf, an mir vorbei nach vorne zu fahren, was sie auch tut.

Dann steh ich den Hunden gegenüber; mein Adrenalinspiegel schießt in die Höhe und mit Händen und Füßen, Rufen und Schreien schaffe ich es schließlich, sie zu verscheuchen. Sie kläffen zwar noch und wollen mir zeigen, wer hier der King ist, doch weichen sie immer mehr vor mir zurück. Als die Gefahr gebannt scheint, schwing ich mich auf mein Rad und hole Celine wieder ein.

Den restlichen Weg fahren wir stumpf einfach weiter. Außer Müll, Riesenkakteen und Bergbau-abschnitten gibt es nicht sonderlich viel zu sehen.

Auch die Wiesen, auf denen wir Lucy rumtoben lassen wollen, schauen wir uns vorher genau an. Und das auch völlig zurecht: Malte findet im tieferen Gras zersplitterte Spiegel, Glas und spitze Metallreste.

Die Spielzeit wird auf das Nötigste reduziert und wir ziehen schnellstens weiter - und erreichen nach sehr viel Anstregung und über 114 Kilometern endlich eine schöne Unterkunft

Unser Apartment befindet sich im 3. Stock, und wir fragen uns, was wir verbrochen haben. Mit dem letzten bisschen Kraft schleppen wir unsere Räder, Anhänger und Equimpent nach oben - geschafft.

Nach einer heißen Dusche und einem kleinen Snack planen wir unsere Weiterreise nach Bari. Wir kommen leider im Moment kaum dazu, den Blog zu schreiben, halten unsere Liebsten aber natürlich so gut es geht auf dem Laufenden. Für heute legen wir uns erstmal ins warme Bett und reden über kommende Abenteuer - in Griechenland! 

 

Ciao Italia!

Italien, Bari 
04.04.2023

Guten Morgen! Es ist soweit, wir fahren nach Bari und somit ist dies unsere letzte Tour durch Italien... wo wir wunderschöne Momente erlebt und super herzliche Menschen kennengelernt haben. 

Aber, und das muss man fairerweise dazu sagen, auf die letzten Kilometer, inkl. die nach Bari, hätten wir gut verzichten können. Die Adriaküste bietet zwar wunderbare Ausblicke, und landschaftlich macht sie vielerorts richtig was her, doch trifft das definitiv nicht auf die letzten Abschnitte zu.

Wir beginnen den Morgen wie wir den Abend beendet haben: Mit Schleppen. Alles, was wir gestern hochgeschleppt haben, schleppen wir nun wieder runter, um anschließend voller Vorfreude und hoch motiviert die letzten 60 Kilometer nach Bari anzutreten. Kurz nach dem Aufbruch führt Google uns leider auch schon in eine völlige Sackgasse, doch wie so oft in Italien wird uns auch diesmal geholfen: Ein älterer Herr beobachtet unsere kleine Misere, und fragt dann, als ob er genau wüsste, was wir wollen: "Bari?"

Wir gucken uns an und nicken etwas ungläubig mit dem Kopf. Er spricht zwar nur italienisch, erklärt uns aber mit Händen und Füßen ziemlich genau, was wir machen müssen. Wir bedanken uns und fahren nach seiner Hand-Fuß-Anweisung weiter. Absolut richtig - nach einigen 100 Metern Umweg, weiß Google wieder was wir wollen und wir haben einen neuen Kurs.

Kurz darauf beginnt es zu regnen, und wir fahren ein Stückchen Richtung Strand, damit Lucy etwas herumtollen kann. Als Celine zurück kommt, fällt uns auf, dass ihrem Hinterrad etwas Ausschlaggebendes fehlt- Luft. Sie hat einen Platten, was die Fahrt um ein Vielfaches erschwert. 

Vorweg: Ja, wir sind in der Lage den Reifen zu wechseln, zu reparieren und erneut einzubauen. Doch leider schifft es wie aus Eimern, was die ganze Sache wirklich sehr unangenehm macht. Zum Glück werden ein paar freundliche Herren auf unsere Situation aufmerksam und zeigen uns, in welcher Richtung wir den nächsten Fahrradladen finden. 

Wir können gar nicht oft genug betonen, wie positiv überrascht wir von dieser uneingeschränkten Hilfsbereitschaft sind, die uns hier tagtäglich entgegenschlägt!

Der angegebene Fahrradladen wird auch direkt angepeilt, und Celines Fahrrad ist im handumdrehen wieder fit.

Wir haben lange überlegt ob wir einen Tag in Bari bleiben, dann mit dem Schiff den ganzen Tag nach Griechenland fahren, nur um dort abends wieder ins Hotel zu gehen. Doch nach einigem hin und her erscheint es uns schlüssiger, Nachts zu fahren, und so beschließen wir noch während der Fahrt, dass wir mit dem Erreichen Baris direkt Tickets für die Nachtfähre besorgen.

Dann ist es soweit: Wir erreichen Bari - und fallen uns überglücklich in die Arme. Wir sind 1068 Kilometer mit dem Fahrrad durch Italien gefahren - Wahnsinn! Froh und stolz fahren wir direkt durch zum Hafen, um die Tickets für die Nachtfähre zu kaufen. Und um Lucy einen stundenlangen Aufenthalt in einer unbequemen Box zu ersparen, nehmen wir natürlich eine Kabine, die auch hundetauglich ist. 

 

Wir ziehen uns im Terminal um und packen unsere Taschen so um, dass wir alles Nötige für die Überfahrt bei uns haben. Nach einer letzten großen Gassirunde mit Lucy geht alles ganz schnell. Wir betreten die Fähre, verstauen unsere Räder und Anhänger, und erhalten dann im Check-In die Schlüsselkarte für unsere Kabine.

Auf dem Weg zum Schiff lernen wir ein älteres Ehepaar kennen, welches ebenfalls reist - mit Bus, Bahn und zu Fuß. Sie erzählen uns von ihrer Route, was sie gesehen haben und wo sie schon überall waren. "Respekt", denken wir uns im Stillen, und feiern die beiden für ihr Vorhaben. Damit wäre mal wieder bewiesen, dass Alter nicht zwangsweise bedeutet, keine Abenteuer mehr zu starten!

Als wir in der Kabine ankommen, lassen wir uns in die Betten fallen und merken, wie die Anspannung Stück für Stück von uns abfällt. Wir lassen den Tag nochmal Revue passieren, mit all seinen Rückschlägen und Erlebnissen. Von dem sportlichen Start in den Tag, dem Regen und Celines Platten über Googles Irrwege bis hin zu der Tatsache, dass wir auch heute wieder 60 Kilometer gefahren sind, um dann spontan zu entscheiden, noch heute Nacht nach Griechenland aufzubrechen. Uns brummt der Schädel... und doch wollen wir keine Sekunde davon missen!

Manchmal schauen wir uns an und können selber gar nicht fassen, was wir hier eigentlich machen, und was wir schon alles erlebt haben.

Wir versorgen Lucy mit Futter und Wasser und machen das selbige bei uns: Als uns eine freundliche Stimme über die Lautsprecher informiert, dass das Bordrestaurant nun geöffnet hat, sind wir unterwegs noch bevor die Durchsage endet.

Satt und völlig relaxed gehen wir an Deck und verabschieden uns von Italien, während die Fähre ablegt und in Richtung Horizont losfährt.

Während eines kleinen Abstechers in den Bordshop decken wir uns mit Snacks für die Nacht ein und laufen mit Lucy nochmal eine kleine Runde auf dem Sonnendeck.

Gute Nacht Italien, es war schön mit dir!

Bis gleich Griechenland, wir sehen uns in 10 Stunden!

Griechenland

Ein unglaublicher Start

Griechenland, Prespa
05.04.2023

05:30 Uhr. Die Crew ruft unser Kabinentelefon an und informiert uns, dass wir in 30 Minuten Igoumenitsa erreichen. Celine konnte dank 3 Reisetabletten auch bei diesem teilweise kräftigem Seegang gut einschlafen. Voller Aufregung und mit den Gedanken schon längst in Griechenland, fällt uns das Aufstehen nicht schwer, und so sind unsere Sachen schnell zusammengepackt.

Das Einfahren in den Hafen wollen wir unbedingt mit ansehen. Ausgestattet mit Kaffee und Kakao to go geht es ab aufs Deck, wo wir schon die ersten Lichter von Griechenland sehen.

7:05  Uhr. Ankunft in Griechenland- Igoumenitsa, gefühlt 5 Grad bei bewölktem Himmel.

Wir treffen morgens nochmal das freundliche Ehepaar von gestern und führen ein nettes Gespräch, bis es für uns von Bord geht - sie hingegen fahren weiter nach Patras. Wir wünschen euch auf eurer Reise alles Gute! Liebe Grüße!

Als wir das Schiff um 7:30 Uhr in der Früh verlassen, können wir kaum glauben, dass wir jetzt mitten in Igoumenitsa mit unseren Rädern stehen. Aufgeregt und glücklich fahren wir den ersten Kilometer die Küste entlang; die Stadt scheint noch zu schlafen, kein Auto bewegt sich und weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Erstmal gehen wir mit Lucy in einen nahegelegenen Stadtpark, damit sie sich nach der langen Reise die Pfoten vertreten kann.

Nach einer guten Stunde fahren wir dann weiter, weg von der Küste und hinein ins Landesinnere. Es beginnt direkt steinig, steil und schwer. Doch wir sind motiviert und voller Vorfreude dieses Land kennen zu lernen, und so gehen die ersten Kilometer relativ schnell vorüber. Recht zügig finden wir dann auch einen Supermarkt und eine Bäckerei - die nicht einmal auf Google Maps angezeigt werden. Oh Mann, das kann ja was werden. Dafür halten sich die Kosten für unseren Ersteinkauf immerhin in Grenzen.

Wir fahren weiter ins Land und verabschieden uns leise vom Meer. Das werden wir nämlich vorerst nicht mehr sehen. Stattdessen beeindrucken uns jetzt wieder riesige Bergformationen überall um uns herum.

Doch schon nach kurzer Zeit ist es mit dem Frieden vorbei. Wir machen unschöne Bekanntschaft mit den hiesigen Herdenschutzhunden, die ihren Job sehr ernst nehmen, und - mal wieder - Straßenhunden. Mal mehr, mal weniger aggressiv lauern sie unerwartet auf unserem Weg, fletschen die Zähne, bellen lautstark und knurren uns an. Wenn die Steigung mal nicht ausreicht, um den Puls zu erhöhen - die Hunde schaffen das auf jeden Fall! Ein ziemlich mulmiges Gefühl stellt sich bei mir ein und geht auch erstmal nicht weg. Immer wieder baut sich Malte mit seinem Rad vor uns auf, um die Hunde auf Abstand zu halten.

Glücklicherweise geben sie meistens nach ein paar Metern die Verfolgung auf, so dass wir unbehelligt weiterfahren können. Das Bergpanorama und die Aussicht, die nach jeder Kurve erscheint, entschleunigen den Puls und entschädigen uns für die negativen Begegnungen. Satte Grüntöne und kristallklares Wasser prägen die unmittelbare Umgebung - atemberaubend!

Auf der Karte sind zwar mehrere kleine Dörfer vermerkt, doch schnell wird uns klar, dass dies nicht zwingend bedeutet, dass es dort auch eine Unterkunft gibt oder eine Einkaufsmöglichkeit besteht. Ein Dorf kann hier quasi aus nur drei Häusern bestehen, und bekommt trotzdem sein eigenes Ortseingangsschild, was ziemliche Verwirrung stiften kann.

Wir fahren weiter und haben bereits die 20-Kilometer-Marke geknackt - doch bevor wir uns auf unsere erste Pause in Griechenland freuen können, haben wir ein ganz anderes Problem: Aus Celines Reifen entweicht Luft! Das kann doch nicht wahr sein...! Wir schaffen es noch einen kleinen Bergabschnitt hoch und stehen dann mitten auf der Straße. Als wäre das nicht schon genug, sehen wir in der Ferne einen großen Hund auf uns zurennen, der uns schon seit dem letzten Dorf langsam verfolgt. Wir steigen ab, um uns dem Problem mit dem Reifen zu widmen und um dem Hund zu zeigen, wo der Hammer hängt, doch dieses Exemplar scheint mehr daran interessiert zu sein, mit uns zu spielen. Er springt immer wieder an uns hoch, läuft zwischen unseren Beinen umher und wuselt um uns herum. Es ist beruhigend, dass er sich nicht aggressiv verhält, doch gebrauchen können wir den kleinen Kerl jetzt auch nicht wirklich...

Und, wie könnte es anders sein: Gerade, als wir Celines Fahrrad für die "Operation" vorbereiten und das Hinterrad ausbauen, fängt es an zu nieseln… was für ein belastender Start.

Der verdammte Reifen will sich nicht so flicken lassen, wie wir uns das vorstellen, und um nicht in weitere Wutausbrüche zu verfallen, muss unser Ersatzschlauch herhalten. Es klemmt, hakt und nichts passt so, wie es soll. Wir sind erschöpft, nass und die Hände schmerzen unsagbar. Noch dazu denkt dieser überaus penetrante Hund ums Verrecken nicht daran, uns in Frieden zu lassen. Immer wieder knabbert er an allem herum, springt uns an und beißt freudig in unser Gepäck. Lautes Wegscheuchen hält ihn nicht davon ab, und selbst, als wir ihn wegtragen, kommt er zurück, um uns weiter in den Wahnsinn zu treiben.

Wir sind fertig mit den Nerven, und das lassen wir auch erstmal kräftig an dem jeweils anderen aus. Doch das ist nicht unser erstes Problem und wird nicht das letzte sein auf dieser Reise, also raffen wir uns zusammen und basteln im Regen Celines Fahrrad endlich wieder zusammen.

Noch immer ein bisschen genervt von der gesamten Situation können wir unsere Reise dann endlich fortsetzen. Mit dabei ist unser neuer Freund, der während dieser 3-stündigen Tortur nicht einen Meter von uns gewichen ist. Wir wissen nicht, ob er jemandem gehört oder einfach ein weiterer Streuner ist; aber auf jeden Fall ist er wohl ab sofort einer von uns. Oder besser gesagt: SIE ist ab sofort eine von uns... wir akzeptieren sie in unserer kleinen Runde und taufen sie liebevoll Charlie. Dann fahren wir weiter und halten die Augen nach einem geeigneten Zeltplatz offen. Nach einigen Stunden wird uns klar, dass die Hündin uns nicht mehr von der Seite weicht, und als wir erneut auf eine Gruppe von Straßenhunden treffen, die uns aggressiv entgegenkommen, passiert das Unglaubliche: Charlie stellt sich vor uns, um uns zu verteidigen. 

Wir fahren so schnell wir können, um dieser brenzligen Situation zu entfliehen, doch als ich bemerke, dass Charlie nicht mehr neben mir herläuft, bleibe ich stehen und drehe mich um... und sehe grade noch, wie sich die anderen Hunde auf sie stürzen. „Okay, jetzt knallts“ denke ich mir noch, bevor ich vom Bike steige und in die Hundeparty springe. Damit hat wohl keiner gerechnet, und ich am allerwenigsten; schließlich haben wir Stunden mit diversen Versuchen verbracht, diesen Hund los zu werden... Aber ich kann sie unmöglich dort lassen! Ich pfeiffe nach ihr, und sie kommt augenblicklich zu mir gerannt. Nur noch weg hier.

Da wir nicht wissen, wie sich unsere Strecke weiter verhält, lassen wir die Drohne steigen und suchen von oben nach einem geeigneten Zeltplatz. Von hier oben aus ist es weitaus einfacher, und so haben wir in kurzer Zeit etwas passendes gefunden. Wir fahren hin, bauen das Zelt auf und versorgen die Tiere, auch Charlie bekommt ihren eigenen Napf. Sie scheint überglücklich zu sein und haut rein, als hätte sie seit Wochen nichts gefressen.

Sie hat noch ganz weiche Zähne und ist unsagbar verspielt. Wir schätzen, dass sie nicht älter als ein Jahr alt ist. Gerade, als wir ins Zelt gehen wollen, stürmen Charlie und Lucy gleichzeitig auf die Straße, und wir sehen ein riesengroßes Wildschein geradewegs auf der Straße vorbeischießen, nur wenige Meter vor uns. Nur mit Mühe und Not können wir Lucy wieder einfangen und stecken sie sicherheitshalber schon mal ins Zelt. Charlie hingegen verjagt die Sau mit angsteinflößendem Bellen und Knurren - wenn wir nicht wüssten, dass sie auf unserer Seite steht, hätten wir wohl mehr Angst vor ihr als vor dem Schwein. Doch die Begegnung mit dem Borstenvieh hat uns neugierig gemacht, und eine kurze Recherche über die Gegend ergibt, dass wir uns hier mitten im Wildtiergebiet befinden und von Wölfen, Wildschweinen und Bären nahezu umzingelt sind... NA TOLL!

...Was für ein unglaublicher erster Tag in Griechenland.

Gute Nacht!

Schöne Geschichte - mieses Ende

Griechenland, Ioannina
06.04.2023

Zusammengekauert im Schlafsack und enganliegend an Lucy und Malte, schlafe ich in dieser Nacht nur wenige Stunden. Zu groß ist der Respekt vor der Wildnis. Zwar weiss ich, dass Charlie zu Beginn der Nacht bei uns war, doch regnete es seit 4 Uhr morgens ununterbrochen, und ich bin mir sicher, dass sie inzwischen weitergezogen sein wird. 

Doch jetzt ruft mich die Wildnis und ich sollte ihrem Ruf folgen, denn allmählich macht sich meine volle Blase bemerkbar. Nur zörgerlich steige ich in die nassen Klamotten von gestern Abend und öffne bei strömendem Regen das Zelt. Zu meiner Überraschung sehe ich einen zuckersüßen und völlig durchnässten Hund vor unserem Zelt sitzen. Charlie, die die komplette Nacht im Regen von unserem Zelt gewacht hat, begrüßt mich schwanzwedelnd und voller Freude. Mit ins Zelt konnte sie gestern leider nicht, dafür ist sie viel zu stürmisch und wild. 

Auch Malte steht auf und beginnt damit, allmählich unsere Sachen zusammen zu packen. Ein Blick aufs Regenradar zeigt an, dass es bis heute Abend ununterbrochen regnen wird - unsere Freude hält sich in Grenzen. Doch es nützt alles nichts, in einem kurzen Moment, wo es nur noch nieselt, bauen wir alles ab und verstauen Zelt und Equiment so schnell es geht in den Anhängern. Während ich noch schnell ihre Näpfe fülle, rennen Charlie und Lucy herum und toben sich aus.

Wir überlegen allmählich ernsthaft, was wir mit Charlie machen sollen, denn eins steht fest: Sie wird uns definitiv nicht mehr von der Seite weichen. Sollen wir sie einfach behalten und mitnehmen? Und dann? Wir haben gar keine Kapazitäten für einen weiteren Hund. Darf man so einen Hund überhaupt einfach mitnehmen? Würden wir es mit ihr bis nach Deutschland schaffen? Während der nächsten Kilometer beschäftigen wir uns durchgehend mit solchen Fragen, doch am Ende ist uns beiden klar, das können wir nicht einfach so machen.

Charlie bleibt nun mal was sie ist: Ein Hof- und Herdenschutzhund, das zeigt ihr Verhalten ganz deutlich. Bei uns Zuhause auf der Couch wäre sie komplett fehl am Platz. Doch natürlich verdient sie, wie jeder andere Hund auch, Liebe und Zuneigung von ihren Besitzern.

In den Pausen spielen wir mit den Hunden. Charlie läuft die ganze Zeit neben Malte her und lässt ihn nicht aus den Augen. Sie begleitet uns nun schon über 45 Kilometer. 

"Selbst wenn sie jemandem gehört, wird sie nicht mehr zurück wollen. Es wird schon seine Gründe haben, warum sie uns nicht von der Seite weicht..."

Noch bevor wir dieses Gespräch weiter vertiefen können, überholt uns ein Auto und eine junge Frau steigt aus. Sie kommt auf uns zugestürmt und hält direkt vor uns an. Celine und ich werfen uns einen ernsten Blick zu, als unser neuer Hund schwanzwedelnd zu ihr hinläuft - und dann achtlos von ihr weggestoßen wird.

Die junge Dame erklärt uns, dass der Hund ihrer Mutter gehört, und bittet uns, kurz 10 Minuten zu warten bis diese ihn abholt. Wir sind ein Stück weit erleichtert, da wir endlich Antworten haben und uns nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen müssen, was mit Charlie geschieht. Aber ein Hund, der knapp 50 Kilometer mit uns kommt, hat höchstwahrscheinlich nicht vorgehabt, freiwillig zurückzugehen.
Am Ende des Tages allerdings ist es weder unsere Entscheidung noch unser Hund - von daher versprechen wir, auf die Mutter zu warten und beteuern der Frau, uns gut um das Tier gekümmert zu haben.

Als die Frau zurück in ihren Wagen steigt und einfach davonfährt, werden wir allerdings schon etwas stutzig. Doch unsere Gedanken sind bei Charlie, von der wir uns nun schweren Herzens verabschieden müssen, und dafür nehmen wir uns Zeit. Als wüsste sie, dass dies ihre letzten gemeinsamen Minuten sind, springt sie immer wieder an Malte hoch, umarmt ihn regelrecht und schlabbert ihn ab. Sie genießt seine liebevolle Aufmerksamkeit, und will ihn überhaupt nicht gehen lassen, und als wir plötzlich einen Pick-up auf uns zufahren sehen, verkrampft sich unser Herz noch ein bisschen mehr.

Eine ältere Frau steigt aus, augenscheinlich sehr wütend, geht schnurstracks zu Charlie und brüllt laut auf sie ein. Wir stehen an den Fahrrädern und schauen uns das Spektakel etwas hilflos an. Sie hält Charlie ein Stück trockenes Brot vor die Schnauze und wirft es auf die Ladefläche des Wagens. Doch dieser plumpe Versuch lässt Charlie völlig kalt, und sie wendet sich ab - und läuft zurück in unsere Richtung. Nach langem Hin und Her springt sie dann schließlich auf die Ladefläche, wo die Frau ihr direkt ein Seil um den Hals bindet, welches allerdings eher wie ein Strick aussieht. Ich sehe Malte an und erkenne, wie es in ihm brodelt und er nur schwer seine Zunge im Zaum halten kann.

Und dann passiert auch schon das, was niemals hätte passieren dürfen: Charlie springt mit dem Seil um den Hals von der Ladefläche, und ist eine Sekunde später im Begriff, sich selbst zu strangulieren. Die Frau, völlig überfordert mit der Situation, ist nicht mal in der Lage, ihren Hund zurück auf die Ladefläche zu heben. Charlie ringt hilflos nach Luft, doch natürlich bleibt Malte nicht untätig.

Er sprintete los, hebt den Hund zurück aufs Auto und reisst ihm die Schlinge vom Hals - nicht ohne zwischendurch mehrmals die Hand der Besitzerin wegzustoßen, die wohl etwas dagegen hat.

"Finger weg, sonst wird es hier gleich ganz anders!" 

Doch schließlich beruhigt sich die Situation. Die Frau bedankt sich und startet den Motor, und Charlie, die in Wirklichkeit Lisa heißt, sitzt ruhig auf der Ladefläche und sieht uns nach, während der Wagen langsam um die nächste Kurve verschwindet.

Noch immer völlig angespannt stehen wir am Straßenrand, sehen uns an und wissen gar nicht genau, wie wir auf das alles reagieren sollen.

Man muss wissen, dass Hunde hier weniger als Haus- sondern viel eher als Nutztiere gesehen und auch behandelt werden. Auf der einen Seite sind wir erleichtert, dass sich alles geklärt hat. Aber die Umstände wie die Geschichte ausging, hat einen wirklich miesen Beigeschmack.

Am Ende bleibt uns nicht viel übrig, als mit vielen Gedanken im Kopf unseren Weg fortzusetzen. Wir finden einen kleinen Imbiss, wo wir für sehr wenig Geld unsagbar gut essen, und sogar Celines Fahrradakku dürfen wir hier laden. Die Stube hat einen Holzofen in der Mitte des Raumes der für eine gemütliche Wärme sorgt. 

Ab hier geht es dann nur noch bergauf, und wir MEINEN bergauf, richtig anstrengend, steil und hoch - und es hört und hört einfach nicht auf zu regnen. Unsere Regenkleidung verhindert zwar, dass wir nasswerden, aber wenn der Körper darunter Höchstleistungen vollbringt, schwitzt man wie verrückt. Bei jeder Abfahrt fühlen sich die Tropfen wie Nadelstiche an. Das menschliche Gesicht hat ca. 50 Muskeln, und alle davon sind angespannt. Als wir kletschnass und erschöpft die Unterkunft erreichen, entscheiden wir uns dafür, direkt 3 Nächte zu bleiben. 

Wir nutzen die Zeit zum Entspannen, Blog schreiben, Wäsche waschen und Akkus laden. Die Stadt ist groß und bietet viele Einkaufsmöglichkeiten. Abends kochen wir zusammen, hängen das Zelt zum Trocknen im Badezimmer auf und reden über die vergangenen Tage. Den Regen, die Berge, die Dörfer - und natürlich Charlie, die für immer einen kleinen Platz in unserem Herzen haben wird.

Gute Nacht!

Frohe Ostern

Griechenland, Konitsa
09.04.2023

Vorneweg: Der heutige Blogeintrag hätte um EINIGES schlimmer ausgesehen, wären wir nicht mit Helmen unterwegs! Doch beginnen wir am Anfang: Morgens, als noch alles gut ist...

 

Celine

Als ich gerade die Schlüssel von der Wohnung zurück zum Vermieterpärchen bringen will, bitten sie mich noch für einen kurzen Augenblick rein. Ich sehe, dass die Frau in der Küche steht und ein ganzes Blech frischer Pitas aus dem Ofen holt. Es riecht wunderbar, und freudig erkennen wir, dass wir auch erfahren werden, wie sie schmecken - die Vermieterin schneidet alles zurecht und gibt uns viele große Stücke mit auf dem Weg! Was für ein toller Start in den Tag. 

Wir verabschieden uns und machen uns auf den Weg nach Konitsa. Unser Weg führt uns vorbei am Vikos Nationalpark mit der tiefsten Schlucht der Welt. Leider ist es an diesem Morgen noch nebelig, und der Anstieg dafür würde zu lange dauern. Daher entscheiden wir uns, unsere Kraft für die nächsten Aufstiege zu sparen.

Während unsere Familien und Freunde sich gegenseitig frohe Ostern wünschen, gemütlich beisammen sitzen und lecker frühstücken, sind wir längst unterwegs und haben die ersten steilen Aufgänge vor uns.

Landschaftlich war Österreich ja schon ziemlich anspruchsvoll, aber kein Vergleich mit dem, was uns hier erwartet. Auch sind wir beide uns darüber einig, dass Griechenland im direkten Vergleich die Nase vorne hat, was die Natur und die Umgebung angeht. Es geht teilweise nur noch schiebend voran, da der Untergrund und die Schräganstiege nichts anderes zulassen.

Während wir so vor uns herschieben, fällt uns auf, dass wir nicht einen einzigen(!) Fahrradfahrer, geschweige denn ein Fahrrad, gesehen haben, seit wir in Griechenland angekommen sind! Hier scheinen die Drahtesel wirklich etwas besonderes zu sein. Dieser Umstand sorgt bei den Autofahrern, auf die wir treffen, auch immer für ziemlich ungläubige Gesichter, wenn wir an ihnen vorbei den Berg hochfahren...

Nach 30 Kilometern überwiegend reinem Anstieg erreichen wir schließlich den Punkt, an dem es nur noch bergab geht - was für ein Glück. Wir sind fix und fertig und müssen erstmal ein paar Minuten stehenbleiben, um Luft zu holen. Zu unserem Nachteil fängt es an zu regnen, und der Umstand, dass die Straße gerade bei diesen Wetterbedingungen in den Kurven sehr rutschig ist, macht eine solche Abfahrt besonders gefährlich. 

Scheibenbremsen (z.B. wie an einem Fahrrad) verlieren bei zu starker Beanspruchung über einen längeren Zeitraum (z.B. während einer Bergabfahrt) einen hohen Teil ihrer Leistung und werden unsagbar heiß. Diesen Fakt kann Malte seit heute unglücklicherweise durch eigene Erfahrung untermauern. 

In einer der letzen Kurven fängt es an. Durchs viele Bremsen und die erhöhte Geschwindkeit rutscht sein Hinterrad immer wieder beiseite, was dem Anhänger genug Schwungkraft gibt, um sich aufzuschaukeln. Ich will ihn noch warnen, doch es ist zu spät: Ich kann nur noch mitansehen, wie er sich mit ordentlich Tempo in die steinige Abhangkurve verabschiedet.

Der Aufschlag hat es ganz schön in sich. Nachdem ich sein Fahrrad, unter dem er begraben ist, von ihm runterhebe und ihn wieder aufrichtete, ist an Laufen erstmal nicht zu denken. In diesem Moment ist mir klar: Das wars mit der Reise.

Doch Malte wäre nicht Malte, wenn er jetzt aufgeben würde. Er humpelt mit schmerzverzerrter Miene auf die andere Seite der Straße und legt sich auf ein kleines Wiesenstück. Ich komme mit dem Fahrrad samt Anhänger hinterher - und bemerke beunruhigende Geräusche im Bereich der Felge und Gangschaltung...

 

Malte

Der Schmerz ist irrsinning heftig und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so einen Unfall hatte. Zu diesem Zeitpunkt kann ich noch nicht bestimmen, ob und was eventuell gebrochen ist. Ich weiß nur, das ich sehr schwer mit dem Kopf aufgeschlagen bin. Natürlich tragen wir auf unserer Reise einen Helm, und dieser Umstand hat wahrscheinlich sowohl die Reise als auch mich gerettet.

An der hinteren rechten Helmseite ist eine riesige Delle zu sehen. Ich schaue mir den Helm an und mir wird klar, dass ich ohne ihn jetzt definitiv mit offenem Kopf im Graben liegen würde - oder Schlimmeres.

Während Celine in unserer Reiseapotheke nachschaut, womit man mir helfen kann, taste ich alles Stück für Stück an mir ab. Wie es aussieht, habe ich mir nur eine starke Prellung entlang des Oberschenkels und des Unterschenkels zugezogen. Nach einem kleinen Tablettencocktail von Celine kann ich zumindest wieder aufs Fahrrad aufsteigen. Doch durch den Aufprall hat sich leider meine Gangschaltung dermaßen verzogen, dass wir erst eine kleine Not-Reparatur vornehmen müssen, um überhaupt weiterfahren zu können. Für kleinere Reparaturen haben wir alles dabei, doch auf lange Sicht muss sich diesen Schaden ein Profi anschauen. Fürs Erste gehts aber erstmal weiter. 

Dass so etwas passieren kann, war uns im Voraus der Reise bewusst, weshalb wir auch nicht hektisch in Panik verfielen, sondern Celine zügig das Erste-Hilfe-Pakte bereit hatte und wir mich behandeln konnten

Dank der Medis werden die Schmerzen erträglicher, und wir können die letzten Kilometer bis zu unserer Unterkunft einigermaßen ereignislos zurücklegen. Als wir ankommen, entscheiden wir uns wieder für ein Apartment - das muss nach dem heutigen Tag einfach sein. Wir sind froh, dass wir für heute die Fahrräder beiseite stellen und uns etwas ausruhen können. Der Vermieter ist überaus freundlich und besteht fast schon darauf, dass wir uns am nächsten Tag die Schlucht hinter Konitsa in Ruhe anschauen und durchlaufen.

Doch es lockt uns sogar noch eher nach draussen. Am selben Abend schauen wir uns noch die Konitsa-Bridge an, die wirklich beeindruckend ist, und in Gedanken gehe ich bereits die ersten Drohnenflüge durchs Tal durch. Das Bein färbt sich langsam grün und blau, wie es zu erwarten war. Als die Wirkung der Medikamente langsam nachlässt und die Schmerzen zurückkehren, wird es höchste Zeit, zurückzugehen und einen dicken, fetten Haken an diesen Tag zu machen. - Frohe Ostern!

Von Beinen und Steinen

Griechenland, Gefiri Spiliotopoulou
10.04.2023

Nach dem gestrigen Vorfall dauert es heute morgen ein bisschen, bis ich aus dem Bett komme. Der Schmerz ist natürlich noch deutlich spürbar, aber glücklicherweise kein Vergleich zu gestern. 

Da wir für heute sowieso keine große Strecke geplant haben, gehen wir dem Tipp unseres Vermieters nach und wandern am Vormittag ehrfürchtig die Aoos-Schlucht entlang. Dadurch, dass wir uns einen Teil davon bereits am Vorabend angeschaut haben, wissen wir, dass sich die Landschaft hier perfekt für Drohnenflüge eignet - und können es kaum erwarten, damit loszulegen.

Wir laufen sehr gemütlich durch die Schlucht, zumal durch meine Prellung sowieso nicht mehr als schlendern drin gewesen wäre. Ausnahmsweise haben wir mal Glück mit dem Wetter - wir werden von den üblichen Regengüssen verschont und bleiben so gut wie trocken. So können wir den Vormittag für einen langen Spaziergang nutzen, währenddessen Lucy auspowern und nebenbei umwerfende Aufnahmen mit der Drohne machen.

Auf dem Rückweg zum Apartement gehen wir noch kurz in den Supermarkt, um das Nötigste einzukaufen, und da dem Vermieter egal ist, wann wir auschecken, schieben wir noch völlig entspannt ein kleines Powernapping hinterher, bevor es weiter geht.

Das zweite Aufstehen ist dann ungleich schwieriger als das erste, und kurz hängt die Idee im Raum, eine weitere Nacht zu bleiben. Es würde schließlich viel dafürsprechen: Die Verletzung, die unglaubliche Landschaft, das tolle Apartment...

...doch den inneren Schweinehund zereißen wir seit Österreich täglich in der Luft, und auch heute muss er dran glauben. Und so raffen wir uns auf (auch wenn es wirklich schwer fällt) und ziehen weiter.

Ich hab dabei die erheblich größeren Probleme. Da meine Gangschaltung bei dem Sturz ziemlich was abbekommen hat, ist es mir nicht möglich, in die niedrigeren Gänge zu schalten. Und die Tatsache, dass sich auf unserer Route eine Bergkette an die nächste reiht, macht die Sache auch nicht einfacher, im Gegenteil - in mittleren Gängen mit schwerer Prellung am Bein starke Steigungen hochzufahren, macht eher weniger Spaß...

Die Strecke stellt sich als ungeheuer kraftraubend heraus, es geht nur bergauf, alles ist anstrengend, steil und steinig. Ab und zu stellen sich leise Zweifel ein, ob wir nicht doch besser noch einen Tag hätten bleiben sollen... doch als wir am Straßenrand ein Steinhäuschen bemerken, und uns bewusst wird, dass es bereits langsam in den Abend übergeht, sind wir stolz auf die vielen Kilometer, die wir heute geschafft haben!

Das kleine Steinhaus am Straßenrand (das eigentlich eher einem Unterstand gleicht) wird auch sogleich zur heutigen Übernachtungsstätte auserkoren. Während der Regen uns tagsüber noch verschont hat, fällt er spät abends um so heftiger, und das bei Wind und Temperaturen von 2°C, so dass wir uns in unseren Schlafsäcken zusammenkauern müssen. Eine geschütztere Unterkunft wäre sicher besser gewesen, doch immerhin müssen wir nicht im Zelt schlafen...

Dafür ist die Nacht sternenklar. Da ich aufgrund der Schmerzen sowieso nicht viel schlafen kann, gehe ich ab und zu raus und mache mit der GoPro tolle Aufnahmen vom Himmel. Alle paar Stunden kommt die Polizei vorbei und guckt nach, ob die Hütte noch steht, was uns ein gewisses Maß an Sicherheit vermittelt, Und irgendwann siegt die Müdigkeit dann doch...

Mal sehen was der morgige Tag für uns bereit hält!

Gute Nacht!

Landschaft par excellence

Griechenland, Nestorio
11.04.2023

Nach einer ziemlich harten Nacht bleibt Malte noch ein bisschen liegen und versucht, vor dem Aufstehen etwas Energie für den Tag zu tanken, während ich die Plane abhänge und zusammenpacke.

Es nähert sich schließlich 8:30 Uhr, als wir so langsam in den Tag starten und durch die aufgehende Sonne einen unvergleichbaren Blick auf die umliegende Natur erhalten. 

Nach wie vor befinden wir uns einige Meter oberhalb der Schluchten, so dass wir eine unglaubliche Aussicht sowohl nach unten ins Tal als auch auf unsere bevorstehende Strecke haben, die sich in all ihrer Steilheit vor uns ausbreitet.

Wir sind nur wenige Kilometer von der albanischen Grenze entfernt, und außer der Straße deutet hier nichts auf Zivilisation hin. Es ist menschenleer, wir sind allein mit der Landschaft, der Wildnis und dem vor Ewigkeiten gegossenen Asphalt unter uns. Alle paar Stunden kommt mal ein Auto an uns vorbei, hupt und feuert uns an. Nett! Die sind ja echt gut drauf hier.

Das Bein zieht noch immer ordentlich, und die Tatsache, bei so steilen Serpentinen nicht vernünftig schalten zu können, macht jeden Anstieg um einiges schwieriger. Doch glücklicherweise scheint heute das erste Mal uneingeschränkt die Sonne für uns in Griechenland, und in Verbindung mit dem, was wir sehen und erleben dürfen, macht es den Schmerz ein kleines bisschen erträglicher. 

Wir nehmen uns heute wesentlich mehr Zeit für Pausen, um das alles um uns herum auch wirklich genießen zu können; es wäre eine echte Verschwendung, einfach stumpf die Strecke abzufahren.

Nach über 6 Stunden Fahrt erreichen wir fast den Gipfel und machen abermals eine Pause am Wegesrand. Die Steigungen haben es in sich, und wir wollen uns einfach nur ausruhen. Gerade in dem Moment, in dem Celine die Fahrradleine von Lucy trennt, um vernünftig abzusteigen, passiert es. 

Lucy rennt wie von der Tarantel gestochen quer den Abhang hinunter - den Blick fokussiert auf ein Kaninchen geheftet.

Mein erster Gedanke ist: "Nicht schon wieder!", denn das weckt schlimme Erinnerungen an eine ähnliche Situation damals in Österreich. Nun ist es so, wenn Lucy rennt, treibt sie ihre Beute bis zur Bewusstlosigkeit. Und da hilft auch kein Rufen oder Betteln - der Hund ist weg. Es hilft alles nichts: Celine bleibt oben am Wegesrand und navigiert mich, während ich mich, dem Hund hinterherjagend, den Abhang runterstürze (diesmal sogar freiwillig).

Der Abhang ist steil, steining und voller Dornen, die sich stetig in meine Beine und Waden bohren, genau das, was ich nach dem anstrengenden Anstieg gebraucht habe. Doch darauf nehme ich keinerlei Rücksicht, denn Lucy HIER in der Wildnis zu verlieren, wäre absolut katastrophal.

Geschlagene 15 Minuten renne ich den Abgrund rauf und runter. Lucy jagt den Hasen und ich jage Lucy, bis ich Celine schreien höre - sie hat sie erwischt! Ich bin unsagbar erleichtert und zugleich maßlos erschöpft. 

Ich schleppe mich auf die nächste flache Liegemöglichkeit und ringe nach Luft. Es ist nunmal ihr angeborener Jagdtrieb, und dafür kann man ihr nicht böse sein. Wir sind einfach nur unglaublich froh, sie wieder zu haben, und einige Zeit später, nachdem sich auch Celine etwas von dem Schock erholt hat, fahren wir den letzten Kilometer aufwärts... ...bevor es endlich nach unten geht.

Die Sonne versinkt schon leicht hinterm Horizont und lässt alles um uns herum in einem warmen Orangeton strahlen, was die Abfahrt noch ein Stückchen schöner macht. 

Schließlich kommen wir in Nestorio an, einem wirklich schönen Dorf, welches von den Bergmassiven Gramos und Voio geprägt ist.

Auf dem Weg zu unserer Unterkunft fragen wir eine ältere Dame, wo genau wir hinmüssen, und staunen nicht schlecht, als sich rausstellt, dass sie ursprünglich aus Deutschland kommt - genau genommen aus Duisburg! Wie klein die Welt doch ist!

Sie wohnt seit 30 Jahren hier und wir führen ein sehr spaßiges und cooles Gespräch miteinander. Es ist unglaublich schön, mal wieder mit Fremden in seiner Muttersprache zu reden. Doch so allmählich stellt sich ein gewisses Hungergefühl ein; nach einem zehnstündigen Fahrradtag verbrennt man gut und gerne 3000 Kalorien. Auf die Frage, wo man hier etwas zu Essen bekommt, empfiehlt sie uns ein Restaurant am Ende des Dorfes, in dem die Besitzer ebenfalls deutsch sprechen.

"Das wird ja immer besser!" denken wir uns machen uns auf den weg. 

Dort angekommen, lassen wir uns wirklich köstliche Hähnchenspieße mit Pommes schmecken und haben auch hier tolle Gespräche mit der jungen Frau, die das Restaurant "Cafe66" führt. Und jetzt wird wirklich spannend, denn wie sich heraustellt, ist sie dort geboren, wo Celine 10 Jahre lang aufgewachsen ist, nämlich auf den Kanarischen Inseln. 

Wir reden und reden, und nach einer herzlichen Verabschiedung und einem schnellen Einkauf im gegenüberliegenden Supermarkt geht es zügig in die Unterkunft. Der Tag war lang und spannend genug, und wir sind froh, uns etwas erholen zu können.

Bis morgen!

Unser Weg nach Nestorio

Schöne Stadt und liebe Menschen

Griechenland, Kastoria 
12.04.2023

Dadurch, dass unser heutiges Ziel nur knapp 22 Kilometer entfernt liegt, nutzen wir die Situation und bleiben erstmal lange im Bett liegen, um anschließend noch länger zu frühstücken. Als wir losfahren, haben wir tolles Wetter, und das Beste: Die Strecke verläuft überwiegend gerade, so dass wir diesmal nahezu keine Steigung bewältigen müssen! Was für eine schöne Abwechslung. Auch mir geht es mit jedem Tag besser, und so vergeht die Strecke wie im Flug. Als wir dann in kürzester Zeit im wunderschönen Kastoria ankommen, bleibt Celine auf einem Spielplatz und spielt mit Lucy, während ich mir einen Fahrradladen suche, um das Problem mit der kaputten Gangschaltung aus der Welt zu schaffen.

Schon bald hab ich auch einen gefunden. Ich habe keine Ahnung ob der Verkäufer was von seiner Arbeit versteht, doch der nette Mann nimmt mir alle Sorgen. "I fix everything since 40 years, my friend!“ Das klingt schon Mal sehr beruhigend. Etwas seltsam schaue ich allerdings schon, als er mein Fahrrad plötzlich Stück für Stück auseinanderbaut, doch als darauf eine gründliche Reinigung aller Teile folgt, entspanne ich mich wieder etwas. Die Kette wird erneuert, die Gangschaltung gerichtet, und einen neuen Schlauch kaufe ich ebenfalls. Fast 2 Stunden lang bringt er mein Fahrrad auf Vordermann, und wir haben währenddessen alle möglichen Gesprächsthemen: Seine Reise aus den Staaten nach Griechenland, sein Leben hier, Vorteile und Nachteile vom Leben in Deutschland...

Dann ist er fertig - und die ganze Prozedur hat mich lediglich 40€ gekostet! Ich kann es kaum glauben. Mein Bike ist quasi wie neu und ich muss ihm mein Trinkgeld gradezu aufdrängen, damit er es annimmt. Was für ein lieber Mensch.

Das Fahrrad läuft wie am ersten Tag und gut gelaunt fahre ich die 3 Kilometer zurück zu Celine. Heute ist es richtig warm, und so konnte sie die Zeit nutzen um sich ein bisschen zu sonnen. Nach ein paar Kilometern kommen wir in der Unterkunft an, wo wir an einen überaus engagierten Hotelbesitzer geraten, der es sich nicht nehmen lässt, uns sogar den Anhänger ins Zimmer zu bringen. Bei über 30 Kg lasse ich mir das nicht zweimal anbieten...

Da wir den restlichen Tag "fahrradfrei" haben, machen wir einen kleinen Abstecher in die Stadt und kaufen etwas ein. Das Stadtpanorama von Kastoria liegt um einen riesigen See herum, und ist eines der schönsten, die wir auf der Reise bis jetzt gesehen haben. Wir sehen uns die Stadt an, genießen unsere Freizeit und haben einen wunderbaren Tag. So kanns gerne weitergehen!

Bis morgen!

Der letzte Berg

Griechenland, Florina
13.04.2023

Mit viel zu viel Essen im Gepäck, das wir gestern noch einkauft haben, verlassen wir das wunderschöne Kastoria - in meinen Augen eines der romantischsten und schönsten Städtchen, die ich je kennen gelernt habe. Die Sonne scheint bereits ziemlich warm auf uns herab, sodass wir heute in kurzer Hose und T-Shirt losradeln können.

Die ersten Tritte in die Pedale fallen mit dieser schönen Aussicht ausgesprochen leicht. Unsere Blicke schweifen immer wieder zu dem kristallklaren Wasser und den umliegenden Bergketten. Imposant. Glücklich und entspannt fahren wir unseres Weges, bis uns ein überaus penetrantes 10%-Steigungs-Schild darauf aufmerksam macht, was uns die nächsten 20 Kilometer erwartet. 

Auch wenn uns der Wechsel zwischen Auf- und Abstieg einen gewissen Kick gibt, ist das Fahren mit über 30 Kg zusätzlich an Gewicht eine sehr anstrengende Kiste. Da steigt der Puls gerne mal über die 170. Als wäre das nicht genug, ist unser Weg durchgehend von Bären-Warnschildern gepflastert, was mich zusätzlich ziemlich nervös macht. Ich versuche, mich mit lauter Musik abzulenken, blicke in jede Kurve,  bleibe soweit es geht in Maltes Nähe und suche die Umgebung stets nach verdächtigen Bewegungen ab. Ziemlich aufregend!

Und dann...

Vor lauter In-die-Ferne-starren erkenne ich das, was sich da direkt vor meinen Augen befindet, nicht sofort. Doch als ich merke, was es ist, entfährt mir ein lauter Schrei, und ich ziehe Lucy, die neben mir am Fahrrad läuft, reflexartig zu mir hin. Eine Schlange! 

Nichts wie weg!

Doch Malte, der wesentlich mehr Interesse als Angst hat, macht in Seelenruhe ein Foto von diesem Exemplar und recherchiert erstmal, was uns da Wildes begegnet ist.

Es stellt sich raus, dass es sich um eine Hornotter handelt - eine der giftigsten Schlangen Europas, deren Biss zu Lähmungen und zum Tod führen kann. "Toll!" denke ich, neben Bären müssen wir jetzt auch noch auf Schlangen aufpassen...

Eines weiß ich jetzt schon: Zelten kommt in dieser Nacht NICHT in Frage. Der Schock und die Überraschung sitzen noch zu tief, als dass ich mich entspannt auf den Boden legen, geschweige denn einschlafen könnte - eventuell nur ein paar Meter von einer weiteren Schlange entfernt... no way!

Aber noch ist es ja nicht so weit; erstmal müssen wir diesen letzten, unglaublich hohen Berg bewältigen. Die zehnprozentige Steigung tut ihr übriges dazu. Man muss sich das wirklich vor Augen führen: Alle 10 Meter, die es nach vorne geht, steigt der Weg um 1 Meter an. 

Als wir uns so langsam und gemächlich den Berg hoch quälen, werden wir plötzlich überholt - von einem anderen Fahrrad! Einem Mountainbike, genaugenommen. Der Fahrer ist Anfang 50 und sieht aus wie Adonis selbst, was uns allerdings weniger wundert, als wir erfahren, dass er den Berg einfach ab und an zum Spaß hoch und runter fährt. Wir quatschen ein bisschen und haben ein nettes, lustiges Gespräch. Bevor er weiterfährt, fragt er, ob er Fotos von uns machen und bei Facebook hochladen kann. Klar kann er! Wir sehen ihm nach, wie er an uns vorbeirauscht und sind insgeheim ein bisschen neidisch... doch ohne Anhänger wären wir bestimmt genauso schnell, und dieser Gedanke tröstet uns etwas.

Dann ist es soweit: Wir erreichen die Bergspitze. Inzwischen sind wir knapp 11 Stunden unterwegs, 8 davon haben wir ausschließlich auf diesem Berg verbracht, und jetzt haben wir ihn bezwungen. Wir kühlen unsere gepeinigten Knie im Schnee, der dort netterweise liegt, ruhen uns aus und genießen die Sicht ins übers Tal. Nicht weit entfernt können wir ein einen Militärstützpunkt ausmachen, welcher uns mit eindringlichen Schildern darauf aufmerksam macht, hier weder zu fotografieren noch zu filmen. 

Da es inzwischen recht kühl geworden ist, was durchaus den Schnee erklärt, ziehen wir uns rasch warme Sachen an und machen uns bereit für unsere letzte Bergabfahrt hinab bis ins Tal nach Florina. Während der Abfahrt sehen wir immer wieder kleine Wasserfälle an den Seiten der Straße, die sich wunderschön in die Landschaft einfügen, und genießen es sehr, einfach mal die Füße entspannen zu können.

Dann kommen wir in Florina an. Die Stadt gehört zu den größeren in der Umgebung und bietet jede Menge Möglichkeiten zu shoppen und schlemmen. Hauptsache unsere Unterkunft ist in Ordnung. Ist sie auch - aber mehr auch nicht. Doch immerhin können wir unsere Sachen waschen und etwas essen. 

Es war ein schöner, erfolgreicher und anstrengender Tag, doch jetzt sagen wir: 

Gute Nacht!

Auf nach Florina

Nordmazedonien

добредојде во Македонија

Nordmazedonien, Bitola
14.04.2023

Heute erreichen wir Nordmazedonien! Und dadurch, dass es die letzten Anstiege ganz schön an sich hatten, entscheiden wir uns dafür, nur ca 30 Kilometer zu fahren.

Bevor wir allerdings in den Tag starten können, läd die Vermieterin uns noch auf einen Kaffee ein. Wie nett. Celine freut sich, mir ist es eher egal, da ich keinen mag, doch die Geste zählt! Danach heisst es dann: Ab aufs Fahrrad und los gehts.

Als wir nichtsahnend vor uns hinradeln, meldet sich plötzlich Komoot, unsere Routen-App. Uns wird eine Alternativroute Richtung Grenze vorgeschlagen, und da wir in Abenteuerlaune sind, beschließen wir, dem ganzen mal eine Chance zu geben - wer weiss, was wir alles abseits des Hauptweges entdecken!

...Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellen sollte. 

Es beginnt damit, dass es anfängt an zu nieseln, wofür die App per se nichts kann - wohlaber dafür, uns durch das schlammigste Gebiet in ganz Griechenland zu schicken.

Wir bahnen uns den Weg durch schlammige Ackerwege und sumpfige Übergänge. An manchen Stellen gleicht der "Weg", wenn man ihn denn so nennen kann, eher einem See. Doch das gehört dazu, so sieht wahre Natur aus, und wir sind schließlich nicht aus Zucker - mit diesen und ähnlichen Sätzen bauen wir uns gegenseitig auf, damit die Stimmung nicht kippt. Und nach einiger Zeit haben wir es geschafft. Wir stehen vor der Grenze nach Nordmazedonien!

Nun, davorstehen trifft es ganz gut, denn sie zu überqueren ist leider nicht möglich. Ungläubig und genervt stehen wir vor einem völlig mit Dornenbüschen und Natodraht verziertem "Übergang".

Durch das Tor, von dem nur noch verrostete Metallreste aus der inzwischen üppig gewachsenen Vegetation herrausragen, ist in den letzten 20 Jahren mit Sicherheit miemand mehr gefahren. Die Stimmung steigt ins unermessliche, als der Regen zunimmt und sich kurz darauf in Strömen über uns ergießt. 

Toll. wir haben genau zwei Möglichkeiten: Umkehren und uns die 5 Kilometer zurück zur Hauptstraße zu kämpfen, oder die nächsten 5 Kilometer entlang der Grenze mitsamt Hund und Anhängern durch Schlamm und Acker. Doch da es jetzt auch keine Rolle mehr spielt, ziehen wir es einfach durch.

Es dauert nicht lang, und wir und die Räder sehen so aus, als hätten wir am letzten Rennen der "Mudracer2000" teilgenommen. Langsam und beschwehrlich kämpfen wir uns nass und nicht grade gut gelaunt durch das unwegsame Gelände.

Doch dann haben wir es endlich geschafft. Wir werden zwar etwas komisch angeschaut, als wir dreckig und geschafft über die offizielle Grenze fahren, aber immerhin sind wir endlich drüben. Tschüss Griechenland! Hallo, Nordmazedonien!

Wir steuern als erstes den Dutyfree-Shop an, und nachdem wir uns etwas eingedeckt haben, geht es weiter. Das Land empfängt uns freundlich mit der schlimmsten und runtergekommensten Straße, auf der wir jemals fahren mussten.

Es regnet nach wie vor ohne Gnade auf uns herab. Zum Glück kommen wir bereits wenig später an unserer Unterkunft an, wo wir nett von einer jungen Frau begrüßt werden. Endlich im Trockenen! Das Hotel hat einen kleinen Vorhof, wo wir unsere Räder einfach abstellen können. 

Wir sind fix und fertig, als wir auf unser Zimmer gehen. Dieses ist jedoch hübsch und groß, und sogar die Heizung ist bereits an - was für ein Service! Genau das, was wir nach diesem nassen, kalten und matschigen Tag brauchen. Wir wollen nur noch schlafen, darum sagen wir an dieser Stelle freundlich:

Gute Nacht!

110%

Nordmazedonien, unbekannt
15.04.2023

Die letzten Tage in Griechenland haben ihre Spuren hinterlassen, und so wunderts wenig, dass das Aufstehen immer schwerer fällt. Knie und Oberschenkel schmerzen und brauchen lange, bis sie richtig einsatzfähig sind.

Wir brauchen unbedingt bald einen Pausentag. Für heute allerdings geht es nach einem wirklich guten Frühstück zurück aufs Bike. Die Knie freuen sich schon morgens, da wir aus der Stadt nur über einen steilen Anstieg rauskommen - Perfekt.

Das Wetter ist so wechselhaft, dass wir mehrmals in der Stunde unsere Kleidung anpassen müssen. Entweder regnet es oder es scheint brutal die Sonne, teilweise regnet es bei Sonnenschein, was uns ein extrem schwüles Klima beschert. Wir haben für heute keine Unterkunft gebucht, und so lassen wir uns Überraschen, wohin es uns treibt. 

Nach einigen Kilometern kommen wir durch Dörfer, die sich in einem wirklich schlechten Zustand befinden. Straßen- und Hofhunde an jeder Ecke. Bei einem Haus fehlt sogar eine ganze Wand, die einfach durch Folie ersetzt wurde - wir können direkt ins Wohnzimmer gucken. Ein wirklich abstruser Moment, wenn man bedenkt, dass bei uns in Deutschland so manch einer einen völligen Zusammenbruch erleidet, nur weil die Tür klemmt. 

Und dann dieser Müll; diese Unmengen an Müll direkt neben der Straße, in den Wäldern und an jeder Ecke. Ihr macht euch keine Vorstellung wie unsagbar vermüllt und schmutzig es entlang Mazedonien ist. Die Strecke nach Bari in Italien war ja schon absoluter Schmutz, aber das hier muss man mit eigenen Augen sehen, um es zu glauben. Und erst der Verkehr...!

Die Autos fahren mit unterschiedlich großen Rädern, defekten Scheiben (teilweise ohne Scheiben) und Tonnen anderer verschiedener Mängel, womit der TÜV in Deutschland dein Auto noch vorm Eingang in die Luft sprengen würde. Es ist ein wirklich aufrüttelndes Bild, das sich hier abzeichnet, und es wird entlang dieser Reise sogar noch schlimmer. Aber dazu später mehr.

Immer wieder schauen wir uns an und zeigen kopfschüttelnd auf neue, ungewohnte Sachen, die uns unterwegs auffallen. In dem einen Moment versuchen wir noch zu begreifen, was wir sehen, in dem darauffolgenden kommt schon die nächste seltsame Situation oder das nächste, unglaubliche Ding um die Ecke. Einige Zeit später knacken wir die 60 Kilometer, finden jedoch keinen geeigneten Platz zum Zelten. Nach einem weiteren 7% Anstieg über 5 Km erreichen wir endlich den Peek - und werden mit einer unglaublichen Aussicht belohnt.

Und das Beste: Ab jetzt geht es 9 Kilometer nur noch bergab. Bis zum Abend haben wir keinen Regen mehr, und so können wir uns beim Sonnenuntergang entlang der Serpentinen, die tief durchs Tal ragen, ausrollen lassen.

Es ist inzwischen 19:00 Uhr, und bis auf ein Haus, welches sich wohl noch im Aufbau befindet, ist kein nennenswerter Zeltplatz in der näheren Umgebung zu entdecken. Also, der Plan steht, ab ins Haus. Man sieht von außen nicht wirklich, ob es sich noch im Auf- oder Abbau befindet, doch so oder so hat es ein Dach und vier Wände - das muss für heute reichen.

Wir legen die Zeltplane auf den kalten Estrich und machen es uns bestmöglich gemütlich. Nach ca 90 Kilometern Fahrt spielt es auch keine Rolle mehr, wie perfekt der Untegrund ist, schlafen werden wir ganz sicher - auch wenn man sich an das nächtliche Jaulen und Bellen der Straßenhunde, welche sich nicht weit von uns entfernt befinden, nie wirklich gewöhnt. Gute Nacht und bis morgen!

Reich Vs. Arm

Nordmazedonien, Veles
16.04.2023

Die Nacht im Lost Place war besser als erwartet, und so konnten wir, trotz nächtlichen Regens, gut durchschlafen. Auch die Fledermäuse, die sich ab und an zu uns in den Raum verirrt haben, konnten uns nicht aus der Ruhe bringen. Dadurch, dass das Haus noch nicht fertig gestellt ist, fehlen halt auch noch Fenster und Türen...

Heute geht es nach Veles! Doch der Weg dorthin hält die ein oder andere Überraschung für uns parrat. 

Da heute Sonntag ist, findet das Frühstück an einer Tankstelle statt. Wir kaufen alles nötige für die kurze Strecke ein, und werden beim Verlassen sehr herzlich von zwei humpelnden und ziemlich mitgenommenen Hunden begrüßt.

Die beiden sind sehr neugierig und wuseln um uns herum, und Celines Augen werden immer glasiger. Verständlich - wer hilflose kleine Hundewelpen, darunter auch Beagle, aus dem Müll kriechen sieht, die nur versuchen zu überleben, dem geht sowas natürlich sehr nah. Es ist eine bedrückende Situation, und auch ich brauche einen Moment um zu verstehen, was ich hier eigentlich sehe.

 

So sehr unser Herz auch blutet, und so gerne wir jeden Hund retten würden - es ist unmöglich. Wir müssen wir uns damit abfinden, dass sowas hier nunmal an der Tagesordnung ist. Natürlich ziehen wir aber nicht weiter ohne den beiden eine ordentliche Portion Hundesnacks dazulassen, die sie sich auch in Rekordzeit einverleiben. Wenn man sowas sieht, ist der Morgen an sich eigentlich schon direkt gelaufen.

Die beiden begleiten uns noch ein Stück die Straße runter, ehe sie stehen bleiben und uns hinterherschauen. Wir reden uns ein, dass der Tankwart sich weiter um sie kümmert, und es bestimmt noch andere nette Kunden gibt, die ihnen Leckerlies kaufen. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn wer so freudig und zutraulich auf Menschen zugeht, der weiss genau, da gibts oft was leckeres zu holen!

Für uns geht es weiter ins Tal hinab. Wir sind weiterhin von Müllstrecken umgeben; man könnte meinen, an den umliegenden Bäumen wachsen Dosen und Flaschen, und es liegen genug Auto- und Traktorreifen, herum um eine F1-Strecke abzusichern. Die kleinen Bäche, die sich die Straßen entlangziehen, haben genug Benzin und Öl intus, um damit ein Auto zu betanken. Auch die Qualität der Bundesstraße wird immer schlechter und ist inzwischen eher etwas für einen 4x4 Offroader als für ein Fahrrad.

Immer wieder müssen wir kratergroßen Schlaglöchern ausweichen, von Steinen so groß wie Fußbällen mal abgesehen. Für 10 Kilometer brauchen wir fast zwei Stunden. Noch auf dem Weg buchen wir uns eine Unterkunft, denn Celine Fahrradakkus brauchen Saft.

Ab und an kommen wir an Weinbergen vorbei, was eine für die Augen erfreuliche Abwechslung darstellt. Beim durchqueren mehrerer kleiner Dorfgemeinschaften wird uns der Unterschied zwischen arm und reich nochmal mehr als bewusst: Villen mit Audis und dicken Mercedes vor der Türe stehen direkt neben kleinen Hütten ohne Fassade und einsturzgefährdetem Dach. Es wirkt surreal, als würde man abwechslend durch zwei völlig verschiedene Länder fahren.

Dann erreichen wir eine schöne Ortschaft mit einem riesigen See, auf dem ein Schiff liegt, worin sich ein Restaurant und ein Hotel befinden. Die Häuser sind hier in einem sehr guten Zustand, und unser Apartement ist mittendrin. Der Unterschied zwischen diesem Ort und der Strecke, die wir zurückgelegt haben, könnte größer nicht sein - alles sieht sehr gepflegt aus und es gibt keine Spur von Müll. 

Als wir ankommen, ist es grade mal 14 Uhr, so dass wir genug Zeit haben, um zu entspannen. Nach einer ausgiebigen Dusche muss unser letzter Proviant dran glauben, und dann schreiben wir weiter am Blog und versuchen das, was wir hier erleben, irgendwie in Worte zu fassen.

Das wars für heute! Bis morgen!

Das ist kein Müll auf dem Berg...

Nordmazedonien, Kumanovo 
17.04.2023

Nach der morgendlichen Gassirunde mit Lucy kommen wir mit einem sehr netten jungen Mann ins Gespräch, der sein Haus direkt neben unserem Apartment hat. Wir reden viel darüber, wie wir sein Land bisher wahrgenommen haben und er stimmt uns leider fleißig zu. Die Älteren bleiben hier, während die meisten Jüngeren auswandern. Infrastruktur und die immense Verschmutzung sind ein großes Problem. Es ist interessant und auf eine gewisse Art erleichternd, mit jemandem darüber zu reden, was wir hier sehen, und so unterhalten wir uns noch eine zeitlang, bevor wir starten. Es geht in das 60 Kilometer entfernte Kumanavo.

Wir würden gerne mal wieder schreiben, wie unsagbar schön die heutige Route ist und dass es eine wahnsinnige Freude macht, durch dieses Land zu fahren. Aber da dies ein Reiseblog ist und kein Imagebeitrag über Mazedonien, muss ich euch leider völlig unverblümt sagen, dass ich am liebsten nur noch k*tzen würde. Es gibt bestimmt schöne Orte in diesem Land - diese hier gehören sicherlich nicht dazu. 

Mal abgesehen von dem völlig absurden & desaströsen Zustand der Straße, wohingegen die Mondlandschaft glatt wie ein Babypopo ist, sind diese Unmengen an Müll schlichtweg nicht zu begreifen. 

 

 

Einige 100 Meter vor uns erkennen wir einen Berg, dessen komplette Oberfläche aus Müll besteht. Hundegebell hallt von der Halde, während wir uns den Weg vorbei an diesem stinkendem Koloss bahnen.

Als wir neben der Halde stehen, begreifen wir es erst: da ist kein Müll auf dem Berg, der Berg BESTEHT aus Müll! Meterhoch geschichtet, haben sich in den vergangenen Jahren Erde, Wiese und Grünzeug wie eine Decke über den Dreck gelegt. 

Wir schauen, dass wir einfach nur noch wegkommen. Leider gestaltetet sich das, aufgrund dieser Motocross-Strecke vor uns und agressiven Hunden hinter uns, als etwas schwierig. Aber auch dieses Problem bewältigen wir - und machen bei der nächstbesten Gelegenheit erstmal eine Pause. 

 

 

Wir haben uns zwar im Vorfeld dieser Reise mit den Ländern beschäftigt, daher wussten wir was uns erwartet. Es ist aber nochmal ein ganz anderes Kaliber, wenn man live mittendrin steht.

Wir folgen Komoot, unserer Routenapp, weiter, doch die Strecke wird immer schwieriger bis fast unmöglich zu fahren. Hilfesuchend lassen wir die Drohne steigen, um uns einen besseren Überblick zu verschaffen, doch es sieht wirklich nicht gut aus. Der Weg wird immer mehr zur einfachen Wiese, bis es schließlich nur noch einen mit Dornenbüschen überwucherten Abhang hinunter geht. Doch die ganze Strecke zurückfahren für eine Alternativroute? Nein danke. Also heißt es, Messer raus und durch, und ehe wir mit unseren Rädern und Anhängern diesen Teil befahren können, schneiden wir uns fast 30 Minuten lang den Weg frei. 

Es ist stickig und uns läuft der Schweiß in die Augen. Immer wieder verfangen sich die Dornen in unseren Waden, und so langsam fange ich an, das hier persönlich zu nehmen. Wir häckseln uns den Weg frei, bis wir es geschafft haben und an einer ziemlich matschigen Baustelle auskommen. Anhänger und Räder sind in Schlamm getränkt. Wir wischen uns das Blut von den zerkratzten Armen und spülen Kette und Schaltgetriebe mit Wasser frei, ehe wir auch nur einen Meter weiterfahren können. Solche Situationen sind zwar immer wieder anstrengend, zeigen uns aber auch, was wir alles schaffen können. In einem nahegelegenen Dorf finden wir einen kleinen Kiosk. Jackpot! Es gibt kalte Getränke und jede Menge Snacks. Genau das brauchen wir nach dieser Aktion!

Wir decken uns reichlich für die letzten Kilometer ein. Ein paar ältere Herren, die auf einer Bank vor dem Kiosk sitzen, beobachten uns dabei, wie wir vergeblich versuchen, unsere Räder sauber zu bekommen. Netterweise bieten sie uns nicht nur an, den Wasserschlauch an der Wand zu nutzen, sie helfen uns sogar beim säubern. In Gemeinden wie diesen hilft wirklich jeder jedem, selbst Fremden wie uns. Richtig toll! Nachdem wir uns per Handschlag und Highfives verabschieden, geht es, endlich sauber, weiter.

 

Mit dem Eintreffen in Kumanovo ist es, als würden wir in die Tiefen der brasilianischen Favelas vordringen. Wir finden unsere Unterkunft leider nicht auf Anhieb, weshalb wir uns durchfragen müssen, aber alle sind unsagbar freundlich und versuchen, uns behilflich zu sein. 

Suchend laufen wir in der Stadt umher. In einer Seitenstraße kommen wir an ein paar Kindern vorbei, nicht älter als 6, die trotz der Kälte nur T-shirts und Sandalen tragen. Während ich in einem Supermarkt nach Hilfe frage, setzt sich Celine mit einem ca. 4 Jahre altem Mädchen hin, um ihr die Schuhe richtig herum anzuziehen - es ist nichtmal das gleiche Paar. Sowas ist immer schwer zu ertragen, und wir versuchen, das, was wir sehen, nicht allzu sehr an uns heranzulassen.

Immerhin hab ich Erfolg: Der Marktbesitzer ruft mit seinem Handy unseren Vermieter an, damit uns keine Kosten entstehen und um die Sprachbarriere zu umgehen. Anschließend zeigt er uns das richtige Haus - und wir können endlich ankommen. Wir essen etwas, reden viel über unsere Eindrücke, und sind ehrlich gesagt froh, wenn wir bald weiterziehen und Müll und Elend hinter uns lassen können.

Gute Nacht!

Weg nach Kumanovo

Serbien

Highway to Serbia

Serbien, Vranje 
18.04.2023

Ursprünglich war es geplant, in Mazedonien einen Entspannungstag einzulegen, aber wie ihr bereits gelesen habt, ist das hier der letzte Ort, an dem man abschalten kann. Daher räumen wir die letzten Sachen auf, spülen unser Geschirr ab und machen uns auf den Weg - denn heute geht’s nach Serbien!

Die Strecke verläuft bis zur Grenznähe relativ unspektakulär, doch als wir gerade in einen Feldweg einbiegen, kommt ein Auto hinter uns zum Stehen und hupt. Irritiert schauen wir nach hinten.

„Serbia?!“ brüllt ein Herr aus seinem BMW.

Wir bejahen dies und er sagt, wir müssen über die Autobahn.

Wir fangen an zu lachen bis wir merken, dass er keine Miene verzieht. 

„Ähm nene, wir haben Fahrräder, wir können nicht auf die Autobahn!“

"Autobahn ist einziger Weg."

Okay, dann schauen wir uns das doch mal an... wir bedanken uns nett und verabschieden uns von ihm. Dann schauen wir uns erst mal lange an. Als wir das letzte Mal mit Komoot über die Grenze wollten, endete es in einer Vollkatastrophe. Also fahren wir zumindest schon mal in die grobe Richtung, vielleicht weiß der Mann es ja auch selber nicht genau oder bringt da was durcheinander...

Dann findet Google Maps plötzlich eine alternative Route, die wir uns zumindest anschauen wollen. Weit kommen wir allerdings nicht, denn wir wir finden uns schon bald auf einem Terminalplatz für LKW Fahrer wieder - wo man uns ebenfalls bestätigt, dass wir auf die Autobahn müssen. 

"Freunde, habt ihr Seife im Schädel? Das ist die AUTObahn, und wir haben FAHRRÄDER!" 

Malte versucht, einem LKW-Fahrer seinen Standpunkt klarzumachen, und gestikuliert wild hin und her zwischen dem Autobahnschild und unseren Fahrrädern. Doch der Fahrer versichert uns beruhigend: „Keine Polizei, niemanden interessieren!“, was unsere Bedenken jedoch nicht wirklich schmälert.

Sei es drum, wir haben keine andere Möglichkeit. Also geht es mit Warnweste und ordentlich Abstand zum Verkehr auf die Autobahn. Wie immer in solchen Situationen, fährt Malte 15 Meter hinter mir. 

 

Besser sein Anhänger bekommt was ab, als Lucy in meinem. Bis zur Grenze sind es nur 500 Meter, doch um diese kurze Strecke haben wir uns auch keine Gedanken gemacht - viel eher um die 2 Kilometer, die danach kommen. Jetzt heißt es aber erstmal, auf zum Grenzbeamten und Ausweise zeigen. Es dauert einige Zeit, da wir nicht alleine sind, sondern auch viele andere über die Grenze wollen. Als wir dann dran sind, schaut uns der Beamte etwas skeptisch an und mustert uns und unsere Fahrräder ganz genau. Sowas sieht man hier wohl eher selten.

An der Grenze selber steht dann tatsächlich auch die Polizei, obwohl uns was anderes versichert wurde, aber es scheint wirklich niemanden zu interessieren, was wir hier tun oder wie wir über die Grenze wollen. Nach wenigen Minuten ist es dann endlich soweit - wir überschreiten die Grenze Serbiens!

Nicht nur, dass wir hiermit Land Nr. 6 auf unserer Tour erreicht haben, wir haben soeben die 2500 Kilometer-Marke geknackt! Dieser epische Moment wird allerdings binnen Sekunden zerstört, als es fürchterlich anfängt zu regnen... also irgendwas stimmt mit diesen Grenzen nicht. Wir verlassen Nordmazedonien so, wie wir es betreten haben - im strömenden Regen.

Die nächsten Kilometer setzen wir auf der Autobahn fort und fahren dann nach einer Weile ohne Weiteres auf die Bundesstraße runter.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir einige Nachrichten bekamen, als wir das mit der Autobahn auf Whatsapp gepostet haben. Wenn es euch beruhigt, die Fahrt auf der Autobahn war eine der sichersten, die wir bis jetzt auf der Route hatten. Da gab es wesentlich Schlimmere ;)

Das Fahren in Serbien macht direkt viel mehr Spaß. Die Straßen hier sind in einem weitaus besseren Zustand, und auch auf den Nebenstraßen müssen wir keinen Slalom mehr fahren. Was für eine Erleichterung. Es geht weiter durch den Regen zu unserer heutigen Unterkunft, wo wir auch einen Ruhetag mit eingeplant haben, um uns von den Strapazen der letzten Tage zu erholen. Wir haben wieder eine komplette Wohnung mit Waschmaschine - und sogar mit Badewanne! Hier lassen wir es uns jetzt erstmal richtig gut gehen und beenden diesen ereignisreichen Tag mit einer großen Pizza und kühlem Bier.

Cheers!

Schatz, da fehlt ein Stück Weg...

Serbien, Leskovac
20.04.2023

Unser eingelegter Ruhetag gestern war bitter nötig, und wir haben ihn sehr genossen. Serbiens kulinarisches Angebot wurde ausgiebig durchgetestet, und ansonsten stand Ruhe und Entspannung auf dem Plan. Das war wichtig - denn für die heutige Etappe mussten wir topfit sein. 

Wir erwachen mit dem Wissen, dass uns heute zwei ordentliche Berge bevorstehen. "Kein Ding" denken wir morgens noch - ohne zu ahnen, dass die zuvor so gelobten Straßen hier doch zügig an ihre Grenzen kommen.

Doch noch sind wir positiv gelaunt. Die Sonne scheint, als wir aus der Stadt fahren, und wir kommen die ersten Kilometer super voran. Dann erreichen wir schon den ersten der zwei Berge, welcher uns mit einem 12%-Anstiegsschild direkt mal die  Illusion raubt, das hier würde eine entspannte Überfahrt werden. 

Die Sraße ist in manchen Bereichen wirklich nicht sonderlich breit, und wir teilen uns die wenigen Meter mit Bussen, Autos und Militärfahrzeugen. Letztere fahren fast alle 20 Minuten an uns vorbei, wobei alle Teilnehmer auf genügend Abstand achten. Manchmal halten wir sicherheitshalber an, damit die großen Trucks ohne Probleme an uns vorbeifahren können.

Die Strecke führt uns zwangsläufig immer wieder durch Waldabschnitte, die aufgrund des Gefälles nur sehr schwer befahrbar sind. Daher bleibt uns oft nur eine Möglichkeit: Absteigen und Schieben. An einer Stelle ist es besonders schlimm: Dem Weg fehlt einfach ein Stück Weg.

Ein ordentlicher Bergrutsch hat Tonnen an Gestein und einen nicht unerheblichen Teil der Straße mit in den Abgrund gerissen. Teerbrocken und Geröll liegen am Grund des Abhangs, der metertief ins Tal reicht.

Mit genügend Abstand umfahren wir den Abgrund und schaffen nach wenigen Kilometern Berg Nr. 1. Da wir genügend Proviant mithaben, machen wir eine ausgiebige Pause, bevor wir uns an Berg Nr. 2 wagen, der, wer hätte das gedacht, ebenfalls eine 12%tige Steigung vorweisen kann.

Doch anders als der vorherige Berg endet dieser hier in einer wirklich schönen Talabfahrt, in der sogar ein großer Wasserfall zu sehen ist, der nicht weit von uns entfernt hinabfließt. Wir halten an, um die Aussicht zu genießen, und nutzen das Wetter, um spontan einige Drohnenflüge zu machen. Obwohl es all diese Anstregungen ganz schön in sich haben, geht es uns nach wie vor gut und wir bereuen bisher nicht eine Sekunde dieser Reise! 

Als wir nach erfolgreicher Berg- und Talfahrt schließlich an unserem Apartment ankommen, haben wir noch genug Energie, um den Abend bei ein paar Cocktails und einem überaus leckeren Essen im Restaurant ausklingen zu lassen. 

Schönen Abend und gute Nacht!

 

Galerie

Neue Kleider für Celine

Serbien, Niš 
21.04.2023

Heute steht uns wieder Einiges bevor! Wir fahren einigermaßen beschwingt los, und nach einer kurzen Tour, die uns meist über die Hauptstraße führt, erreichen wir die Stadt Niš. Sie ist die drittgrößte Stadt in Serbien und bietet unglaublich viele Einkaufsmöglichkeiten und ein großes Angebot an kulinarischen Köstlichkeiten.

 

Da wir sehr früh ankommen und das Wetter endlich wieder richtig gut mitspielt, genießen wir bei einem Stadtrundgang ein Eis und steuern gezielt Kleidungsgeschäfte an.

Unsere Klamotten haben auf dieser Tour schon einiges mitgemacht und sind arg strapaziert worden, weshalb sich allmählich Löcher und kleinere Risse zeigen. Das bedeutet: Nachschub will angeschafft werden! Und nach einem kleinen Shoppingtrip ist Celine im Besitz von einer neuen Hose und zwei Oberteilen.

Da Niš jedoch noch einiges mehr zu bieten hat als Klamotten und Essen, gehen wir in den nahegelegenen Satdtpark, wo wir direkt auch schon auf eine Band treffen, die lautstark mit Trompete und Schlagzeug für ausgelassene Stimmung in der Einkaufspassage sorgt. 

Außerdem schauen wir uns einige Ausgrabungsstätten an, die mehr als 1400 Jahre alt sind, sowie noch ein paar andere Sehenwürdigkeiten, die sich entlang unserer Bummeltour so auftun.

 

Zurück in unserem kleinen Apartement kommen wir mit der jungen Besitzering ins Gespräch. Sie ist Ende 20 und hat auch einen Beagle, der allerdings schon 11 Jahre alt ist.

Sie ist sichtlich begeistert von unserem Vorhaben und erzählt uns, dass sie schon viele Bikepacker und Wanderer bei sich hatte, aber noch niemanden, der so eine Tour durch Europa macht - und dann auch noch mit Hund.

 

Wir reden viel über das, was wir bisher erlebt und gesehen haben. Sie hört sehr interessiert zu während sie für Celine einen Kaffee und für mich einen Schnaps holt. Sehr aufmerksam.

 

Wenig später bereiten wir schonmal alles für den morgigen Tag vor, denn die nächstgelegene Stadt ist mehr als 100 Kilometer entfernt. Wir nutzen den Abend, um Kraft zu sammeln und in Erinnerungen an den Tag zu schwelgen. Während ich noch ein bisschen am Blog arbeite, probiert Celine sich im Schneiden von Drohnenvideos, und findet sichtlich Gefallen daran. Gleich essen wir noch eine Kleinigkeit und dann heisst es...

 

...Gute Nacht und bis morgen!

Alles in allem ist es ein richtig schöner Tag mit vielen neuen Eindrücken! Außerdem ist es toll, nach den letzten Tagen voller anstrengender Berge und mieser Straßen mal wieder etwas Zeit unter Menschen in einer belebten Stadt zu verbringen und etwas Kultur zu tanken.

Da spring ich nicht drüber...

Serbien, Jagodina
22.04.2023

Nach einer ruhigen Nacht verabschieden wir uns morgens freundschaftlich von unserer jungen Vermieterin, die darauf besteht, ein Bild von uns allen zu machen, bevor wir fahren. Ein aus Frankreich stammender Australier, der ebenfalls zu Gast ist, spielt den Fotografen, so dass wir alle aufs Bild können. Sehr nett! 

Danach machen wir uns auf den Weg. Es geht gut voran, und langsam macht sich schon Hoffnung breit, dass uns der tägliche Berg und somit das anstrengende bergauffahren heute erspart bleibt, doch zu früh gefreut - als wir um eine Ecke biegen, sehen wir ihn schon vor uns. Doch dieses Exemplar ist glücklicherweise relativ human, so dass der Anstieg sich einigermaßen in Grenzen hält.

Dafür ist der Abstieg mit teilweise 22% wirklich spaßig...

Auch der Rest der heutigen 100-Kilometer-Tour lässt sich ohne Schwierigkeiten bewältigen. Man kann fast sagen, heute ist nicht die Tour das Abenteuer, sondern die Unterkunft!

Das Badezimmer ist 5 Meter lang, aber leider nur 70 cm breit, was uns nötigt, über die Toilette zu springen, um duschen zu können. Und wirklich sauber ist die Wohnung auch nicht, was allerdings daran liegen könnte, dass die betagte Dame fast blind ist - aber für 18€ die Nacht machen wir kein Fass auf.

Leider versteht sie auch kein Wort englisch, geschweige denn deutsch oder spanisch, so dass wir uns mit allen zur Verfügung stehenden Händen, Füßen und Pfoten verständigen müssen, was wirklich nicht so einfach ist, wie es sich anhört. Doch nach ein paar langen Minuten können wir schließlich das Nötigste klären. 

Wir laufen noch schnell zum nahegelegenen Supermarkt, um ein paar Snacks für den Abend einkaufen und die Vorräte aufzufüllen - und gehen dann auch schon relativ zügig schlafen. Morgen stehen nämlich wieder 95 Kilometer auf dem Plan...! 

Und darum wünschen wir euch nun eine gute Nacht! Bis morgen!

 

 

Belgrad kann warten

Serbien, Smederevo
23.04.2023 & 24.04.2023

Heute machen wir uns schon früh auf den Weg, denn heute gehts - nach den gestrigen 100 Kilometern - erneut auf eine ziemlich stabile Tour von immerhin 93 Kilometern.

Die Vermieterin und wir verabschieden uns ins unseren Landessprachen, da wir uns sowieso nicht verstehen. Aber ein freundliches Lächeln beiderseits bedarf auch keiner weiteren Worte.

Auf der heutigen Route kommen wir an vielen wirklich liebevoll und kreativ gestalteten Vorgärten vorbei. Von der Holzgiraffe bis hin zum aus alten Autoreifen zusammengesteckten Krokodil ist alles dabei.

Trotz der Tatsache, dass es Sonntag ist, haben viele Geschäfte auf und wir haben alle paar Kilometer die Möglichkeit, unsere Vorräte aufzufüllen. Auch das Wetter wird mit jedem Kilometer besser, und wir können ohne Probleme im T-Shirt fahren. Und das Beste, die komplette Strecke verläuft nahezu flach! Eine wirklich schöne Abwechslung, gerade bei so langen Touren.

Doch kurz bevor wir an unserer Unterkunft ankommen, heißt es dann doch nochmal ordentlich in die Pedale treten. Wir können in der Ferne schon die Donau erkennen und folgen ihr, bis wir am Ziel sind. Wir werden herzlich begrüßt - und verstanden! Hier gibt es keinerlei Sprachbarriere. Als wir unser Zimmer betreten, haben wir erstmal einen super Ausblick auf die großzügige Terasse, und uns beiden wird klar: Hier bleiben wir nicht nur für eine Nacht! Belgrad rennt uns schließlich nicht weg.

Hinter dem Pool, welcher sich direkt vor unserem Schlafzimmer befindet, gibt es eine große Wiese, die bis ans Ufer der Donau führt. Perfekt für Lucy! Auch die Hängematte wird begeistert aufgenommen, vor allem von Celine, die die Sonne bei angenehmen 23°C nutzt, um ausgiebig darin relaxen. 

Noch bevor wir unsere Klamotten ganz ausgepackt haben, fragen wir, ob wir noch eine weitere Nacht buchen können, da es uns einfach wahnsinnig gut gefällt. 

Glücklicherweise ist noch alles frei, und so genießen wir weitere 24 Stunden in dieser tollen Unterkunft, die wir hauptsächlich mit relaxen verbringen.

Ein weiterer Pluspunkt: Wir haben eine ausgezeichnete Küchenzeile! Das heisst, ich kann endlich mal wieder richtig kochen...

Schnell ein Rezept überlegen, einkaufen gehen, alles vorbereiten... und dann zaubere ich direkt mal ein kleines Festmahl: Riesige Burger mit Spiegelei! 

Malte is(s)t begeistert, und auch ich freue mich, mal wieder etwas selbstgemachtes zu essen... himmlisch.

Wir lassen es uns richtig gutgehen, freuen uns auf Belgrad und sagen mit vollen Bäuchen und glücklichen Herzen:

Bis morgen!

 

Ankunft in Belgrad

Serbien, Belgrad
25.04.2023

Da es in Belgrad jede Menge zu endeckend gibt, was uns doch so allmählich lockt, machen wir uns schweren Herzens, doch voller Vorfreude auf den Weg und lassen unsere tolle Poolunterkunft hinter uns. Leider war der zweite Tag überwiegend durch Regenschauer getrübt, Zeit zum Entspannen blieb aber allemal.

Obwohl uns nur knapp 43 Kilometer von Belgrad trennen, hat es die Strecke ganz schön in sich. Es geht erneut über die Bundesstraße und noch dazu über 3 Anstiege. Maltes Stimmung ist leicht im Keller, da es kaum einen Kilometer gibt, der nicht mindestens einen leichten Anstieg hat. Das bedeutet, ununterbrochen strampeln und die Anhänger nach oben ziehen.

Auch mir macht das Knie zu schaffen, daher lasse ich Lucy wann immer es möglich ist neben mir her laufen. Nach dem dritten und letzten Anstieg könnte man meinen, der Abstieg würde die Stimmung heben, doch Fehlanzeige: Die nächsten 5 Kilometer geht es zwar überwiegend runter, allerdings mitten durch Belgrads chaotischen Mittagsverkehr.

Als wir die Unterkunft erreichen, sackt die Stimmung noch weiter ab, denn die Bezahlung wird in einem anderen Viertel der Stadt abgewickelt. Na super, was denn noch? Die reine Schnitzeljagd.

Wir erhalten einen Stadtplan und eine Skizze, die uns zeigt, wo wir hinmüssen. Ich erkenne in Maltes Augen ein leichtes Zucken, und hoffe, dass wir ohne weitere Überraschungen ankommen - bevor er unser Zelt einfach spontan an der nächsten Kreuzung aufstellt...

Nach einer kleiner Bonusrunde erreichen wir dann endlich unser Ziel, und bekommen direkt eine SMS vom Vermieter, in der steht wie es weiter geht.

Wir befinden uns in einem 6-stöckigen Haus, in dessen Eingangsbereich sich ein kleiner, weißer Schrank befindet. In diesem Schrank gibt 3 Tresore, und in einem von ihnen ist unser Schlüssel. 

Maltes Gesichtsausdruck wird mit jeder Minute verbindlicher. Zu diesem Zeitpunkt weiß er noch nicht, dass wir in die 6. Etage müssen und unsere Fahrräder nicht in den Aufzug passen.

 

Doch wie so oft nützt es alles nichts, und gemeinsam hieven wir Fahrräder und Anhänger durch das überaus schmale Treppenhaus, welches uns an manchen Stellen zwingt, den Anhänger über das Geländer zu heben.

Doch schließlich finden Anhänger und Fahrräder den Weg in den 6. Stock. Uff - endlich angekommen. Um die Stimmung etwas zu lockern, genießen wir auf der Dachterasse ein kleines Frühstück und genehmigen uns ein Powernapping, bevor wir uns auf den Weg in die Stadt machen. Unter anderem schauen wir uns eine kleine Kirche an, die sich unmittelbar in unserer Nähe befindet. 

Die Kirche des Hl. Markus ist sehr beeindruckend und für jedermann frei zugänglich.

Da wir uns genug Zeit für solche Städtetrips nehmen wollen, bleiben wir auch hier noch einen weiteren Tag, um uns alles in Ruhe anschauen zu können. Außerdem haben wir ein sehr spannendes Telefonat...

...zu dem wir euch später mehr erzählen werden.

Zurück im Apartment, welches im Übrigen wirklich schick eingerichtet ist und eine möblierte Dachterasse hat, lassen wir die Drohne für einen Nachtflug starten - bevor auch wir nach diesem ereignisstarken Tag in die Federn fliegen. 

Bis Morgen!

Interview und Stadterkundung

26.04.2023

Heute strahlt uns die Sonne ins Gesicht, und wir nutzen den freien Tag, um ein bisschen Sightseeing zu betreiben und uns die ein oder andere Sehenwürdigkeit anzuschauen. 

Eines unserer Highlights ist definitiv der "Dom des heiligen Sava" - ein unglaubliches Meisterwerk, dessen Decke und Wände ausschließlich aus Mosaik bestehen. Wir sind begeistert, denn so etwas haben wir noch nie gesehen. Darum verweilen wir eine ziemlich lange Zeit im Tempel, um uns alles genau anschauen. Dann schlendern wir weiter durch Belgrad, denn es gibt an jeder Ecke etwas zu sehen. 

Wir erreichen einen Kreisverkehr, und was wir da erleben, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Die Siegessäule in Berlin ist ein WITZ gegen das Fahrverhalten, das wir hier zu Gesicht bekommen. Es ist eine Mischung aus Todessehnsucht und Formel 1.

Es gibt 3 Spuren, die sich Autos, Lkw´s, Busse, schienengeführte Elektrobusse und eine Straßenbahn teilen müssen. Ein wirklich unglaubliches Spektakel, welches wir uns mehrere Minuten anschauen, bevor es für uns zurück ins Apartment geht - denn wir haben heute einen Termin...

...mit der Westdeutschen Zeitung! Tagelang haben wir versucht, einen geeigneten Zeitpunkt für ein Interview zu finden, und heute ist es endlich soweit. Damit wisst ihr nun auch, worum es bei dem Anruf gestern ging!

 Jori, der das Interview via Whatsapp mit uns führt, ist sehr freundlich und wir erzählen ihm alles, was er wissen will - zum Beispiel, wie es zu unserer Tour kam und was wir bisher so erlebt haben. Wir plaudern nett eine knappe Stunde zusammen und sind schon sehr gespannt, was er über uns schreiben wird! 

Als es Abend wird, erledigen wir die letzten Einkäufe fürs Abendessen und die morgige Tour. Uns graut es zwar etwas davor, Fahrräder und Anhänger wieder durchs Treppenhaus des Todes zu hieven, aber darum kümmern wir uns dann morgen, wenn es soweit ist... für heute lassen wir erstmal den Abend bei einem schönen Essen ausklingen und sagen euch...

...Gute Nacht ihr Lieben!

Eindrücke aus Belgrad

Raus aus Belgrad

Serbien, Novi Sad 
27.04.2023

Als wir uns aus Belgrad verabschieden und zusammen mit dem Morgenverkehr aus der Stadt fahren, kommen wir immer wieder an schönen Orten vorbei, die uns in der kurzen Zeit entgangen sind, und wir freuen uns, sie auf diesem Weg doch noch bewundern zu können. Schon seit den frühen Morgenstunden ist die Sonne unser ständiger Begleiter, und bleibt dies auch während der gesamten Tour.

Wir folgen der Donau noch ein ganz schönes Stück, ehe wir uns erneut im turbulenten Straßenverkehr wiederfinden. Denn wirklich gut ausgebaute Fahrradwege, geschweige denn überhaupt Fahrradwege, sind auf unserer Tour durch Serbien leider selten...

Auch in den kleinsten Stätdchen stehen wirklich sehr schöne und teilweise richtige Prunkbauten von Kirchen. In Serbien hat der Glaube einen immensen Stellenwert, was sich auch während der vielen Kirchenbesichtigungen und an den Denkmälern, an denen wir vorbeikommen, immer wieder zeigt.

Nachdem wir einige Kilometer gefahren sind, erreichen wir unsere heutige Zielstadt, Novi Sad. Die Stadt ist wunderschön und hat einen riesigen Stadtplatz, auf dem sich gemütliche Cafes an kleine Souvenierläden reihen.

Wir kaufen uns erstmal ein Eis, und während wir es genießen, spricht uns plötzlich ein Herr an. Dieser erzählt, dass er selbst einige Zeit in Deutschland lebte und dort Boxtrainer war, unter anderem von Henry Maske. Spannend! Er zeigt uns Fotos von sich und der ein oder anderen Boxlegende und erzählte uns von seiner Zeit in Deutschland. 

Anschließend bietet er uns tatsächlich an, in seinem Haus zu übernachten - umsonst. Ein wirklich nettes Angebot, nur hatten wir bereits eine Unterkunft gebucht, und so verabschieden wir uns, nachdem wir uns freundlich bedankt haben, und machen uns auf den Weg.

Als wir in der Unterkunft ankommen, stellen wir fest, dass unser Zimmer in der 4ten Etage liegt - wie sollte es auch anders sein. Immerhin ist es modern eingerichtet, und während Malte sich im Zimmer ausruht und sich um die Akkus und Klamotten kümmert, nehme ich eine entspannende Auszeit in der hauseigenen Sauna. 

Das tut richtig gut, und als ich rauskomme, bin ich entspannt wie noch nie. Ich gehe mit Lucy noch eine große Runde spazieren, und als ich wieder zuhause bin, zaubere ich uns aus allem, was wir an Proviant übrig haben, ein leckeres Abendessen. Guten Appetit!

Und bis morgen!

Was riecht denn hier so knusprig?

Serbien, Subotica 
28.04.2023

Obwohl wir heute über 100 Kilometer geschafft haben, gibt es nicht viel mehr zu berichten, als dass wir kilometerweit Raps gesehen haben - und Malte sich kolossal die Schultern verbrannt hat. Dies bemerkte er leider erst ab Kilometer 80, als es plötzlich ziemlich knusprig roch...

Als wir am nächsten Morgen aufbrechen, scheint die Sonne und es ist wunderbar warm. Perfektes Wetter für ein Muskelshirt! Als wir unsere Tour starten, beschließe ich, heute mal aufs Eincremen zu verzichten. Mega Idee! Aber durch den permanenten Fahrtwind und die gute Laune, die tolles Wetter mit sich bringt, bemerkt man halt leider auch nicht so schnell, dass man bereits anfängt, zu brutzeln...

Während wir an Rapsfeldern vorbeifahren, Lucy auf einer Wiese am See toben lassen und Fotos machen, wird meine Haut nahezu unbemerkt gegart. Und bis ich darauf komme, dass ich es selbst bin, der so lecker riecht, weil meine Schultern sich gerade tiefrot - mit einer Nuance lila - verfärben, dauert es leider ziemlich lang. 

Die heutige Unterkunft hat praktischerweise direkt ein Restaurant, und der Besitzer holt voller Freude seinen Hund, als er Lucy erblickt - er hat nämlich auch einen Beagle. Während die beiden Beagles sich beschnuppern und kennen lernen, bringen wir unserer Sachen rein. Meine Schultern pochen inzwischen wie verrückt, und selbst kaltnasse Handtücher sind innerhalb weniger Sekunden lauwarm. Das war ja wieder ne richtig geile Aktion.

Um mich zu trösten und auch damit wir ein paar Vorräte haben, beschließt Celine, vor dem Essen noch "kurz" einkaufen zu gehen. Leider haben die meisten Läden bereits zu, so dass sie über 2 Stunden durch die Straßen irrt, um noch ein offenes Geschäft zu finden. Aber dann schafft sie es schließlich doch noch- und kommt mit einem Berg Süßigkeiten für mich zurück. Ich bin glücklich.

Nach einem leckeren Abendessen im Restaurant gehen wir zurück aufs Zimmer. Solche Touren ab 100 Kilometer aufwärts, gerade bei heißen Temperaturen, verlangen einiges an Kraft ab, weshalb danach nicht wirklich Zeit bleibt um ausgiebig am Blog zu schreiben oder bis tief in die Nacht Serien zu schauen - meistens fallen wir sehr schnell ins Bett.

Doch heute ist es anders, denn während Lucy schnarchend zwischen mir und der ebenfalls schon schlafenden Celine liegt, ist an Ausruhen, geschweige denn an Schlafen, absolut nicht zu denken. Egal wie ich mich drehe und wende, der Schmerz in den Schultern lässt mich in dieser Nacht mit Mühe und Not nur 3 Stunden dösen - und das nach so einer Tour. Da kann man nur sagen...

"Gute" Nacht...!

Ungarn

Endlich Campen

Ungarn, Kiskörös
29.04.2023

Da eine Regenerationszeit von 10 Stunden nicht ansatzweise ausreicht, damit sich meine Beine und Knie erholen, fällt es mir an diesem Morgen besonders schwer, aufzustehen. Selbst nach meinen Übungen, die sich heute auf einen Quadratmeter Übungsfläche beschränken müssen, bin ich nicht besonders fitter. Aber was soll ich meckern - immerhin habe ich 7 Stunden länger geschlafen als Malte...

Da wir mittlerweile eine gut laufende Routine entwickelt haben, ist unser Zeug schnell gepackt. Für nur 6€ mehr konnten wir gestern noch ein Frühstück dazu buchen, was wir uns natürlich nicht entgehen ließen. Zwar ist es ziemlich spartanisch für uns zwei Reiseradler, aber wenigstens gibt es einen großen Kaffee für mich. In den Genuss von gutem Kaffee komme ich hier selten. Dann, so langsam, zwischen Koffein, Tomaten und Toast finde ich langsam meine Motivation und Kraft wieder.

Als wir schließlich losfahren, ist die ungarische Grenze nur noch 10 Kilometer entfernt. Der letzte Abschnitt Serbiens führt uns auf einem Fahrradweg zur Grenzkontrolle. Die Fahrradspur endet allerdings in einer 200 Meter langen Autoschlange, die nur schleppend voran geht.  

Wir stellen uns an und rechnen schon damit, dass wir mindestens 1 Stunde warten müssen. Doch plötzlich sehen wir einen jungen Mann aus seinem Auto steigen und auf uns zukommen. Freundlich erklärt er uns, dass wir hier nicht wie die anderen Autos warten müssen - Wir können direkt vorfahren. Etwas skeptisch drängeln wir uns nach vorne. Schon ein merkwürdiges Gefühl: Während die Autofahrer unter Umständen stundenlang warten, können Fußgänger und Fahrradfahrer einfach an ihnen vorbei bis nach vorne laufen. Dank des netten Mannes dauert es keine 10 Minuten, bis wir dran sind.

Die Grenzpolizei interessiert sich noch kurz für Lucys Papiere, und auch unsere Anhänger werden kontrolliert. Und dann heisst es: Hallo Ungarn! Nachdem wir ungarischen Boden betreten, zeigt Malte nach vorne, mit einer Freude im Gesicht, als hätte er soeben die Bundeslade gefunden. Nach etlichen Kilometern auf der Hauptstraße gibt es hier endlich wieder einen vernünftig ausgebauten Fahrradweg! -Mega. 

Die flache Landschaft wird mit jeder Minute immer grüner. Wir fahren durch malerische Dörfer mit hübschen kleinen Kirchen, Wasser- und Fernsehtürmen. Keine Müllberge mehr am Straßenrand oder streunende Hunde, die uns bellend jagen- eine schöne Abwechslung.

Wir hatten uns noch keine Gedanken gemacht, wo wir heute Nacht schlafen, aber wir sind entschlossen, endlich mal wieder zu zelten. Das Wetter scheint perfekt, und nicht umsonst schleppt Malte seit über 3100 Kilometern unser Zelt mit sich herum. 

Wir steuern auf gut Glück einen Campingplatz an. Bis jetzt ist der Tag wirklich erfolgreich, denn wir sind bereits 60 Kilometer in Ungarn gefahren. Schon um 17 Uhr kommen wir an. Da uns die Besitzerin nicht sonderlich gut versteht, eilt eine deutsche Camperin zu Hilfe und vermittelt zwischen uns. Wir suchen uns eine freie Fläche, die unmittelbar in der Sonne liegt. Das Zelt ist schnell aufgebaut und die ersten Blicke treffen unsere Räder, Anhänger und Lucy. Das Interesse unserer Nachbarn ist groß und wir haben tolle Gespräche mit ihnen, außerdem bietet uns wirklich jeder seine Hilfe an. Bei dem Camper nebenan dürfen wir all unsere Akkus laden- da kommt ein wirklich tolles Gemeinschaftsgefühl auf.

Während ich einkaufen fahre, verstaut Malte schon mal alles und kümmert sich um eine gemütliche Liegefläche. Inzwischen ist es 18:00 Uhr, und während ich noch ein paar Yogaübungen im Sonnenschein mache, höre ich es aus dem Zelt schon ordentlich schnarchen - da muss wohl jemanden dringend Schlaf nachholen... darum sag ich still und leise: Gute Nacht!

 

Durch den Sand der Hölle

Ungarn, Délegyháza
30.04.2023

Nachdem ich fast 12 Stunden durchgehend geschlafen habe, geht es mir schon wesentlich besser. Dieser Zustand wird sich im Verlauf des Tages allerdings drastisch ändern... doch beginnen wir von vorne.

Es ist inzwischen 9:00 Uhr. Während wir zusammen das Zelt abbauen, kommen ein paar neugierige Camper vorbei, mit denen wir uns austauschen und die von ihren tollen Reisen quer durch die Welt erzählen. Reisen, wird uns bewusst, ist etwas, das man so lange es geht machen sollte, um soviel zu erleben wie möglich.

Durch den großzügigen Einkauf von Celine haben wir zum Glück genug Essen über die Feiertage, und nach einem reichhaltigen Frühstück machen wir uns auf den Weg zu einem ca 60 Kilometer entfernten Campingplatz. Wir werden von unseren Nachbarn freundlich verabschiedet, und der ein oder andere wird unsere Reise ab sofort über den Blog begleiten. Unser Weg führt uns Richtung Budapest, und das auf gut ausgebauten Wegen - eine wirklich schöne Abwechslung. Es ist Pollenzeit, und das sieht man. Wir fahren durch Abschnitte, gerade an Waldgebieten, in denen golfballgroße Pollen an uns vorbeiziehen und auf unseren verschwitzten Armen kleben bleiben. Nach 400 Metern sehen wir aus wie geteert und gefedert. Es hat den Anschein als würde es kräftig schneien und der Boden ist in einen flauschigen Teppich aus Unmengen von Pollen gehüllt. Ein Paradies für Allergiker...

Der tolle Zustand unseres Weges hält allerdings genau 16 Kilometer, ehe wir in einen Feldweg abbiegen und von da an durch einen der schlimmsten Untergründe kommen, die wir bisher auf der gesamten Reise hatten. Eine alternative Route gibt es nicht - also heißt es Augen zu und durch. Die Bodenbeschaffenheit wechselt zwischen treibsandartigen Abschnitten, die Fahren unmöglich und Schieben zur Qual machen, da unsere Vorderreifen sich tief in den Sand pressen und sich die Hänger zentimetertief eingraben. Zum anderen treffen wir auf tiefe Schlaglöcher, die mit grobem Geröll aufgefüllt wurden. Dieser Weg ist definitiv nicht für Räder ausgelegt, aber es nützt alles nichts. Unser Equipment muss wirklich was aushalten, und trotz ordentlicher Frontfederung spüren wir jeden Schlag in den Handgelenken. Lucy´s Anhänger ist vollgefedert, weshalb sie, bis auf ein bisschen Schaukeln, von dem Höllentrip so gut wie nichts mitbekommt. Zudem läuft sie die meiste Zeit neben uns her, natürlich angeleint, denn um uns herum tobt das pure Leben - von riesigen Hasen, über Rehe bis hin zu Störchen ist alles vertreten. Ein wahres Paradies für einen Jagdhund, und Celine hat gut damit zu kämpfen, Lucy an der Leine zu halten.

Nachdem wir 40 Kilometer geschafft haben, fühlen wir uns, als hätten wir bereits 80 abgerissen. Wir freuen uns, als wir auf teilweise betonierten Untergrund kommen, der uns durch einen riesigen Bauernhof führt. Wir fahren tatsächlich einfach durch den Hof, vorbei an Zugmaschinen, Traktoren und anderem modernem Equiment fürs Farmleben. Leider endet der Beton schließlich an einem kleinen Pfad, kaum breiter als unsere Räder, der uns zurück in den Wald führt. Hört die Party denn nie auf?

Wir kommen an einem Sendemast vorbei, der seperat eingezäunt ist und schier unendlich in die Höhe ragt. Ein wirklich sehr beeindruckendes Konstrukt. Nach weiteren Schlaglochanschlägen auf unsere Räder und Sandabschnitten, die unsere Ketten bis aufs blanke Metall abgeschliffen haben, erreichen wir endlich den angepeilten Campingplatz. Hier wäre es schön zu schreiben, dass wir trotz aller Widrigkeiten einen tollen Platz gefunden haben, doch abgesehen davon, dass Hunde nicht erlaubt sind, hat der Campingplatz geschlossen. Pollenverschmiert und sandgestrahlt schauen wir uns an und setzen uns für einen kurzen Augenblick auf eine nahegelegene Bank am Fluss. Ein schöner Moment - wir liegen uns in den Armen und die Sonne neigt sich dem Untergang zu. Auch wenn wir diesen Moment gerne verlängert hätten, muss jetzt eine Lösung her. Durch das Schieben auf Sand und Fahren auf Mondgestein, merke ich, wie sich allmählich ein "Wolf" an meinen Schenkeln bildet - offenbar habe ich mir einen gefahren...! Wir rufen einen nahegelegenen Campingplatz an, der auch mit Hunden kein Problem hat. Zu diesem Zeitpunkt haben wir 70 Kilometer geschafft und müssen jetzt nochmal 23 Kilometer alles geben... und zwar bis 20 Uhr, denn dann ist Schicht im Schacht und der Platz schließt. Noch knapp 2 1/2 Stunden. 

Wir sagen am Telefon zu und kämpfen uns weiter nach vorne. Das ist locker machbar, denke ich noch, bevor uns die Route in ein abgelegenes Waldstück bringt. "Bitte keinen Sand, jetzt bloß keinen Sand" ist unser einziger Gedanke, und tatsächlich: Kein Sand. Der kommt erst 5 Kilometer später, nachdem wir durch einen sumpfigen Acker stampfen mussten, dessen Konsistenz sich an unseren Schuhen schlagartig in Beton verwandelt. Die Stimmung ist gelinde gesagt am absoluten Tiefpunkt, doch nach allem, was wir bis jetzt erreicht haben, ist Aufgeben für uns absolut keine Option. Wir feuern uns gegenseitig an und pushen uns durch diesen Parkour des Grauens. Der Himmel vor uns wechselt von einem tiefen Blau über Grau in ein tiefes Schwarz.... das kann jetzt nicht wirklich passieren...

Wir fahren entlang eines Baggersees, in dem gerade aktiv abgebaut wird, so dass die komplette Umgebung in einen staubgrauen Mantel gehüllt ist - in den auch wir so langsam eintauchen. Die ersten Tropfen treffen unsere Helmen, als wir auf eine Schranke zufahren, die uns eindeutig klar macht: Hier gehts nicht weiter.

Ich kann nicht in Worte fassen, was mir in diesem Moment durch den Kopf geht, außer: Aufgeben kommt nicht in Frage. Wir schieben die Schranke beiseite und fahren kleine Umwege an Radladern und Baggern vorbei. Alles um uns herum ist grau, außer unseren Warnwesten, die wie ein grelles Licht hervorstechen, und ich komme mir vor wie in Sin City. Google Maps sollte beizeiten mal die Karte aktualisieren, denn das Baggerloch entstand nicht erst in den letzten Tagen. Es fängt an, in Strömen zu gießen, doch umziehen ist inzwischen sowieso völlig unnötig. Als wir zurück auf die Hauptstraße kommen, sind wir heilfroh und fahren dankbar los - bis wir wenig später die Kette mit dem Schild daran erblicken, welches uns darauf hinweist, dass hier ab sofort Privatgelände beginnt...

Jetzt reichts, meine Schenkel brennen wie die Sau, ich habe Betonreste in den Augen und aus dem Wolf an meinem Schenkel ist inzwischen ein ganzes Rudel geworden, das kurz davor ist, den Anwohnern mein Privatgelände zu zeigen... Scheiss drauf. Celine schiebt die Kette einfach beiseite, und nach weiteren 9 Kilometern... erreichen wir unseren Campingplatz! Es ist 19:53 Uhr - gewonnen. Wir wissen nicht gegen wen oder was wir hier gespielt haben, aber es fühlt sich an wie ein fulminanter Sieg. Der Platz bietet auch Bungalows an, mit eigenem Bad, Bett und Küche. Noch bevor den nette Herr uns die Preise nennen möchte, schieb ich die Karte aufs Lesegerät und sage eindringlich: "Nehmen wir, vielen Dank!"

Der Campingplatz befindet sich direkt an einem schönen See, die Sonne geht unter, der Regen hört auf und wir haben für heute nur noch eine Mission: Gute Nacht!

Eine der schönsten Städte Europas

Ungarn, Budapest
01.05.2023

Wow, was war das gestern für ein Tag! Immer noch gerädert von den gestrigen Strapazen, wachen wir in unserem kleinen Holzhäuschen auf, welches ihr euch von der Konstruktion her wie ein Lebkuchenhaus vorstellen könnt. 

Bis nach Budapest sind es nur 33 Kilometer und wir haben wirklich nicht vor, heute auch nur einen einzigen Meter weiter zu fahren...

Der See, der sich unmittelbar vor unserem Häuschen befindet, wird erstmal ausgiebig genutzt, um mit Lucy eine Runde spielen und spazieren zu gehen. Auch die Drohne lassen wir mehrmals steigen, und es gibt tolle Eindrücke von der hisigen Umgebung. Die Sonne scheint wunderbar warm auf uns herab, und da wir es sowieso nicht eilig haben, legen wir uns auf die warmen Bretter vom Steg und entspannen noch eine zeitlang, ehe wir uns auf den Weg machen.

Das Gebiet, in dem wir uns befinden, Délegyháza, ist von vielen kleinen Seen und Flüssen umgeben. Wir haben im Vorfeld schon ein bisschen über Budapest gelesen, doch als wir die Stadt erreichen, wird uns klar, dass uns nichts auf die Schönheit der Stadt hätte vorbereiten können. Nicht umsonst ist sie wohl eine der schönsten Städte Europas... Mit großen Augen sehen wir uns um, laufen durch die Straßen und suchen unsere Unterkunft.

Nach dem Einchecken im Quartier machen wir uns direkt wieder auf den Weg in die Stadt. Da auch hier auf Grund des Feiertages nicht alle Geschäfte auf haben, es aber noch soviel zu entdecken gibt, beschließen wir kurzerhand, einen weiteren Tag hier zu verbringen. 

Gemütlich schlendern wir umher, schauen uns die umliegenden Sehenswürdigkeiten an und beobachten das Gewusel der Menschen. Ein Tag reicht wirklich nicht aus, um alles zu sehen, was die Stadt zu bieten hat. Beeindruckt von der Architektur und voller Tatendrang beschließen wir, für morgen eine Stadtrundfahrt zu buchen - inklusive abendlicher Bootstour über die Donau! 

Für heute lassen wir den Tag allerdings bei einem deftig leckeren Essen ausklingen, und nutzen die Zeit in der Unterkunft, um unseren Blog zu aktualisieren und voller Vorfreude an den morgigen Tag zu denken.

Bis morgen!

 

Ein Prosit auf der Donau

Ungarn, Budapest
02.05.2023

Aufwachen in Budapest! Ein tolles Gefühl. So eine schöne Stadt will entdeckt werden, und bei einem leckeren Brunch in einem der zahlreichen Stadtcafes planen wir unseren heutigen Sightseeing Trip.

Wir besorgen uns eine Tageskarte und können so praktischerweise überall mit Bus und Bahn hin. Es ist völlig egal, wo man anfängt zu schauen - überall gibt es etwas zu sehen, und während wir tiefer ins Stadtinnere vordringen, wissen wir bereits, dass sich dieser freie Tag absolut gelohnt hat.

Zuerst besuchen wir die Steinkirche, die tief ins Innere eines Bergmassivs gebaut wurde. Dann gehts weiter gehts mit der Straßen- und U-bahn. Die Stadt ist ausgezeichnet vernetzt: Alle 3 Minuten fährt dich alles überall hin. Da wir Zeit haben und wirklich überall etwas steht, das sich lohnt zu sehen, steigen wir, ohne zu wissen wohin es uns verschlägt, in die nächste Bahn und fahren einfach los. 

Vorbei an mehreren schönen und geschichtsträchtigen Bauten und Denkmälern, erreichen wir die Standseilbahn. Sie bietet beim Hochfahren ein Wahnsinnspanorama auf die Stadt, und geht weit über deren Dächer hinaus. 

Von Burgen bis hin zu majestätischen Kirchen und Plätzen ist hier alles dabei. Wir erklimmen den Gellértberg und haben eine fantastische Aussicht hinuter auf die Kettenbrücken und die Donau. Nach einem Spaziergang durch die imposante Markthalle kehren wir, langsam aber sicher, zurück und machen uns für den Abend fertig.

Zum Abschluss des Tages haben wir uns eine Bootstour gebucht, die um 22 Uhr startet. Das besondere an der Tour: man kann hier soviel kostenlos Sekt trinken bis man platzt! Toll! Als unser Boot ankommt und die Gäste der vorherigen Tour von Bord gehen - oder eher schwanken - herrscht eine sehr, sehr ausgelassene Stimmung. Wir betreten das Schiff und werden direkt mit einem Sekt empfangen, den wir uns auch direkt schmecken lassen.

Hinter uns sind Grüppchen, die merkbar eher am Alkohol als an den wirklich spannenden Anekdoten interessiert sind, die über die Lautsprecher an Bord in unsere Ohren dringen. 

5 Minuten später: Wir machen schöne Fotos von den prachtvoll beleuchteten Gebäuden entlang der Donau.

15 Minuten später: Fotos sind ja ganz nett aber... huch, schon wieder ist das Sektglas voll, na dann runter damit.

30 Minuten später: Okay, leuchtende Häuser gibts auch in Deutschland, wir brauchen mehr Stoff! PROST!! STIMMUNG!!

Der Gesamtpromillewert an Bord beträgt inzwischen ca 16738.

1 1/2 Stunden später, wir sind voll wie ne´ Eule und verlassen mit den anderen Partygästen den Kahn. Einer versucht, den Kapitän davon zu überzeugen, ihm das Steuer zu überlassen, aber das wird heute wohl nichts mehr. Es ist inzwischen 00:30 und wir schlendern zurück in unser Quartier - wo wir nach diesem langen und vollen Tag langsam zur Ruhe kommen. Wir essen was, reden viel über den Tag, die Stadt und die Reise - und fallen dann langsam aber sicher ins Bett.

Was für ein Tag! Auf Euch - Prost!

Budapest

Safety first!

Ungarn, Szob
03.05.2023

Vielleicht war es gestern doch ein Sektglas zuviel - aufstehen ist jedenfalls erstmal nicht drin.

"Kinder, Finger weg von Alkohol!"

Als wir uns schließlich doch aufraffen können, packen wir in Zeitlupe unsere Sachen zusammen und essen erstmal alles, was wir noch an Proviant vorrätig haben. Anschließend tragen wir unsere Fahrräder und Anhänger von der 4. Etage durch ein riesiges Treppenhaus in den Vorhof und checken aus. 

Wir bemerken, dass Lucy nicht so gut drauf ist wie sonst, und beim Gassi gehen sieht man es dann noch deutlicher. Es sieht nach Magendarm aus, also verlängern wir den Spaziergang und geben ihr Medizin.

"Wie auch für uns, haben wir selbstverständlich auch für Lucy ein komplettes Portfolio an Medikamenten und Erster Hilfe dabei."

Wir brauchen fast 10 Kilometer um aus der Stadt zu kommen. Ähnlich wie in Belgrad, kommen wir währenddessen glücklicherweise immer wieder an bisher nicht gesehenen Orte vorbei, die wir quasi im Vorbeifahren mitnehmen.

Als wir wenig später an einer Ampel zum Stehen kommen, höre ich aus Celines Richtung plötzlich ein seltsam bekanntes, leicht zischendes Geräusch - und bevor ich drüber nachdenken kann, wird mir klar was es ist: ein Reifen, aus dem grade die Luft entweicht. Celine hat einen Platten, wieder das Hinterrad, und diesmal ein wirklich großer Riss.

Missmutig packe ich alles an Gepäck auf mein Fahrrad, und fahre mit ihrem in einen 3 Kilometer entfernten Fahrradladen, während sie auf die Sachen aufpasst und sich um Lucy kümmert. Der Verkäufer versteht kein Wort englisch, doch dank dem Google translator klappt es dann doch noch. Diesmal wird nicht nur der Schlauch, sondern kurzerhand das ganze Hinterrad ausgetauscht, da ich es wirklich bodenlos leid bin.

Wieder vereint, fahren wir einige Kilometer weiter, bevor wir wieder anhalten. Celines Knieschmerzen sind in den letzten Tagen immer schlimmer geworden, und jetzt ist eine gewisse Grenze erreicht. Um sie zu entlasten, übernehme ich den Großteil ihres Gepäcks mit auf mein Fahrrad. 

Weiter gehts! Jedenfalls so lange, bis wir an eine Straße kommen, die mehr wie eine Autobahn wirkt - und ebenso stark befahren ist. Nope, sagen wir uns, DIESE Straße nehmen wir NICHT... Wir sehen uns um und entdecken nach ein paar Minuten einen Schleichweg weiter oben. Aufgrund des starken Gefälles müssen wir schieben, um hoch zu kommen, und ich mühe mich extrem ab mit meinen jetzt 45 Kilo Gepäck - nur um sehen zu müssen, dass der kleine Weg wieder Richtung Straße führt. Na vielen Dank auch... Wir sind richtig angefressen von der Situation. Genervt stehen wir mehrere Minuten herum und überlegen uns, was wir tun sollen: Es wären nur noch 33 Kilometer bis in die Slowakei, aber die Gefahr, das hier einer plattgefahren wird, ist es einfach nicht wert.

Wir fahren den kompletten Weg wieder runter - was wirklich deprimierend ist - und finden nach einigem suchen schließlich einen schönen Weg, der direkt an der Donau entlang führt. Es ist zwar ein Umweg, allerdings wesentlich ruhiger und sicherer. 

Wir kommen an vielen kleinen Städtchen vorbei, bis wir am Schluss ca. 5 Kilometer vor der slowakischen Grenze landen. Es ist inzwischen dunkel, und das Zelt wollen wir eigentlich auch nicht mehr aufbauen... unsere Blicke wandern umher, und bleiben schließlich an einem überdachten Trainingsbereich hängen, der mit Hartschaumplatten ausgelegt ist. Unentschlossen sehen wir uns an. Hierbleiben oder weiterfahren und auf etwas Besseres hoffen? Doch als wir die ersten dicken Tropfen abkriegen, und sehen, dass die Temperatur heute Nacht bei 10°C bleiben soll, ist unsere Entscheidung quasi gefällt. Abgekämpft und müde beziehen wir den Unterstand, packen unseren Kram aus und richten uns ein Nachtlager ein.

Wir sind enttäuscht und kaputt - zu gerne hätten wir heute noch die Slowakei erreicht. Aber dass uns oder dem Hund etwas passiert, steht in keinem Verhältnis dazu, ein paar Kilometer schneller voranzukommen. Außerdem war die Strecke entlang der Donau wirklich schön. Jedenfalls besser, als in ständiger Angst um sein Leben die Straße entlang zu rasen... Jetzt wollen wir nur noch in unsere Schlafsäcke kriechen und schlafen.

Als wir so daliegen, lassen wir den Tag Revue passieren, reden über leichte Kater, platte Reifen, kranke Hunde, Abkürzungen die keine sind, schmerzende Knie und schweres Gepäck. Währendessen hören wir, wie der Regen immer stärker und stärker wird, bis es richtig schüttet - und denken, dass es am Schluss vielleicht sogar besser war, dass wir hier gelandet sind...

Bleibt trocken und gute Nacht!

 

Slowakei

Doch aufgrund der Straßenlage fahren wir erstmal noch ca 40 Kilometer durch Ungarn. Wir halten uns dabei so gut es geht an an die Wege, die durch die Natur führen, was auch soweit ganz gut klappt. Natürlich dauert es etwas länger, ist jedoch allemal besser als die vielbefahrene Straße.

Ganz unspektakulär überfahren wir nach einiger Zeit die Grenze, die nichts weiter ist als eine einfache Straße - nicht ungewöhnlich zwischen EU-Mitgliedsstaaten. 

Als der Tag schließlich langsam in den Abend übergeht, wird es nochmal richtig anstrengend. Die Strecke wird immer steiler und bergiger und wir müssen viel öfter Pausen machen - wenn wir denn können. Die letzten Kilometer reißt es uns fast die Ketten aus dem Bike, da es nur noch nach oben geht, und es keine einzige ebene Stelle mehr gibt, wo man sich mal entspannt hinstellen und ausruhen könnte... mit dieser Art von Anstrengung haben wir heute eigentlich eher nicht gerechnet.

Hallo Slowakei!

Slowakei, Banská Štiavnica
04.05.2023

Noch dazu geht es auch Lucy noch nicht wirklich besser, und natürlich kümmern wir uns umso mehr um sie: statt ihrem normalen Hundefutter bekommt sie Schonkost, bestehend aus Babybrei, den sie immerhin sehr lecker zu finden scheint. Außerdem gehen wir viel mit ihr spazieren und achten darauf, dass sie ausreichend Bewegung hat. Sie wird quasi rund um die Uhr überwacht und versorgt.

Als wir Abends dann schließlich nach 92 Kilometern die Unterkunft erreichen, reicht es uns dann auch - wir sind heilfroh, uns endlich richtig ausruhen zu dürfen. Es handelt sich um ein wirklich sehr altes, gemütliches und liebevoll eingerichtetes Gasthaus. Die Holzmöbel und der knarzende Parkettboden verleihen dem Gesamtbild einen urigen Charme, und wir schaffen es langsam, uns zu entspannen. So praktisch der gestrige Schlafplatz auch war, an ein Haus kommt er nicht ran... unsere Glieder sind schwer und unsere Muskeln tun weh. Wir essen nur noch schnell eine Kleinigkeit, und sagen dann auch direkt...

Gute Nacht, bis morgen!

Dadurch, dass sich unser Schlafplatz quasi direkt vor einer Schule und nur wenige Meter vom Spazierweg der Donau entfernt befindet, stehen wir schon sehr früh auf, um so wenig Aufmerksamkeit wie nur möglich zu erregen.

Es hat während der Nacht ordentlich geregnet, darum ist es im Nachhinein doch ganz gut, dass wir hier gelandet sind. Immerhin hatten wir in der Nacht ein Dach über dem Kopf, und müssen jetzt, am Morgen, auch kein Zelt aufhängen und trocknen lassen, bevor wir weiterfahren. Noch immer etwas enttäuscht darüber, dass wir gestern diesen Umweg in Kauf nehmen mussten, freuen wir uns heute umso mehr darauf, endlich die Slowakei zu erreichen. Kurz noch ein paar Vorräte einkaufen... und los gehts!

Österreich 2.0

Slowakei, Donovaly
05.05.2023

Ausgeschlafen und mit neuem Proviant ausgestattet, geht es morgens genauso steil weiter, wie es gestern aufgehört hat. Das Städtchen, welches scheinbar auf einem 45° Winkel erbaut wurde, lässt uns schon früh erkennen, wo uns die Reise heute hinführt.

Immerhin scheint die Sonne und wir haben eine tolle Aussicht hinunter in die Talstadt.

Mit jedem Kilometer ins Landesinnere erstrecken sich riesige, tiefgrüne Wiesen um uns herum, und es dauert nicht lange bis wir auf einer davon Pause machen. Die ersten Gebirgsmassive werden weit im Hintergrund sichtbar, und die Landschaft um uns herum wandelt sich immer mehr zu einem weiteren Österreich, zwar ohne Schnee - aber mindestens genau so schön. 

Da wir immer noch etwas von gestern geschlaucht sind, steht die Überlegung im Raum, heute ein Städtchen vorher Schluss zu machen, und die Überquerung des nächsten Berggipfels auf morgen zu verschieben. An und für sich eine gute Idee - wäre da nicht der Wetterbericht, der uns eindeutig mitteilt, dass es morgen durchaus zu starken Regenfällen kommen kann. Und steile Bergstrecken, die wir uns dann auch noch mit LKW´s und Autos im Regen teilen müssen, klingen weniger einladend... Wir rechnen wirklich lange hin und her, aber den sonnigen Tag dafür zu nutzen, ist und bleibt die beste Alternative. 

Unser Ziel ist der Nationalpark Niedere Tatra. Dieser erstreckt sich über 728 Km² und ist ca. 1000 Höhenmeter hoch. Wir verlassen die letzte Stadt vor dem Anstieg, und direkt geht's auch schon los. Gleich am Anfang der Bundesstraße gibt es 3 Baustellen, die die Fahrbahn halbieren und ampelgesteuert sind.

Das heißt für uns: So gut wie kein Platz an der Seite, und sobald die Ampel auf grün springt, müssen wir in die Pedale kloppen, bis die Kette brennt. Schließlich haben wir nur ein gewisses Zeitfenster, ehe der Gegenverkehr kommt, und die Autos hinter uns wollen ja auch weiter.

Der Puls steigt, wir geben alles und wir hängen uns voll rein, bis wir alle Baustellen geschafft haben und uns überwiegend um den Anstieg kümmern können.

Wir brauchen ca. 4 Stunden für 10 Kilometer, doch oben angekommen, werden wir mit einem unglaublichen Ausblick auf die Bergketten um uns herum belohnt. Die Sonne neigt sich gerade dem Untergang und hinterlässt auf den Baumgipfeln ein orange-gelbes Licht. Während sich Celine um den Check-In kümmert, nutze ich die letzten Minuten, um mit der Drohne ein paar Aufnahmen von diesem schönen Spektakel zu machen. Im Zimmer zaubert uns Celine noch ein paar leckere große Sandwiches und wir sind uns einig, dass sich dieser Anstieg trotz des riesigen Kraftaufwands allemale gelohnt hat.

Wir reden, essen, machen es uns gemütlich - und wiegen uns in trügerischer Sicherheit...

...denn zu diesem Zeitpunkt wissen wir leider noch nicht, dass die nächsten 2 Tage ein einziger Alptraum werden...

...einer, der alles, was wir bisher erlebt haben, aussehen lässt wie eine 10-minütige Fahrradtour ohne Gepäck bei 20 Grad in sanftem Wind über sommerliche Feldwege bis zum nächsten Biergarten.

Hätten wir gewusst, was uns erwartet, hätten wir garantiert mehr gegessen. Doch so sagen wir heute wie jeden Abend: 

Gute Nacht!

Galerie

Drohnenaufnahmen mit Blick auf den Nationalpark.

24 Stunden verflucht

Slowakei, Zwischen Malatina & Chlebnice
06.05.2023

Es ist ein perfekter Start in den Tag. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit sehr viel Auswahl gehen wir über die riesige Wiese vorm Gasthaus mit Lucy spazieren. Ihr geht es inzwischen schon besser und auch wir sind richtig gut drauf. Vom angepriesenen Regen keine Spur, und die ersten 8 Kilometer geht es nur bergab- wow, heute läufts richtig! Nach einiger Zeit wird die Strecke wieder zunehmend anspruchsvoller, doch der Plan, noch heute Polen zu erreichen, steht fest.

Es fängt leicht an zu nieseln, doch das trübt unsere Stimmung nicht im Geringsten. Weiter geht es durch kleine Waldstücke, mit mal guten und mal weniger guten Untergründen. Inzwischen fängt es schon wesentlich heftiger an zu regnen und es folgt ein Anstieg auf den anderen. Unsere Knie und Oberschenkel haben schon jetzt so gar keine Lust mehr, und hätten sie etwas zu melden, wären wir längst auf dem Weg nach Hause. Schließlich erreichen wir eine große Holzbrücke, die über einen Fluss geht und auf dem Boden mit Metallschienen verstärkt ist. 

Noch bevor ich darüber nachdenken kann, was es für eine selten dämliche Idee wäre, jetzt seitlich mit dem Vorderrad über diese rutschige Sch***e zu fahren, ist es auch schon passiert: Ich gleite mit einer Eleganz über mein Fahrrad, dass es ohne Probleme für eine 9,5 von 10 gereicht hätte. Und weil Celine es kaum abwarten kann, ihre eigene Punktzahl zu erfahren, tut sie es mir gleich und rauscht, etwas weniger elegant, dafür mit mehr Geschwindigkeit, in meinen Anhänger - und anschließend über mich drüber. 

Der Herr, der vor uns in seinem Wagen wartet, weiß zunächst nicht, ob er applaudieren oder helfen soll, entscheidet sich aber freundlicherweise für Letzteres. Doch wir helfen uns beiden bereits ganz gut alleine auf, nehmen unsere Räder in die Hand, und signalisieren, dass alles okay ist. Nun... UNS geht es soweit auch ganz gut - nur rollt mein Rad jetzt ohne mein Zutun dezent nach rechts. Ein findiger Blick nach hinten verrät, warum: Mein Hinterrad ist genau genommen nicht mehr in der Führung. Wir nehmen alle Taschen ab und entkoppeln den Anhänger, um uns einen besseren Gesamteindruck zu verschaffen. Glücklicherweise ist nur der Schnellspanner gelöst worden, und mit wenigen Handgriffen läuft das Rad wieder in der Spur. Unglücklickerweise entdecke ich einen 7 cm langen Riss auf der Oberseite meines Anhängers, der wohl entstand, als sich Celines Lenker in den Anhänger bohrte.

Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch irgendwann einen Punkt erreicht, an dem er am liebsten einfach mal kurz die ganze Welt sprengen möchte. Viel gefehlt hat in diesem Moment nicht.

Völlig nass und gleichzeitig verschwitzt, setzen wir unseren Weg fort. 

Als wir in den nächsten Waldabschnitt abbiegen, wird uns bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, heute noch Polen zu erreichen, bei ca. 0% liegt. Wir stehen vor einem völlig verschlammten Aufstieg - wir können nicht mal in Worte fassen, wie unsagbar steil dieser ist. Doch inzwischen sind wir schon so weit, dass Umkehren keine adäquate Alternative mehr ist. Wir haben 10%, 12% und sogar 16% Steigung auf diesem Trip bewältigt, aber das hier sind locker über 20% Gefälle. 

Wir stemmen uns mit den Körpern gegen unsere Räder, denn selbst das Betätigen beider Bremsen reicht auf diesem Untergrund bei Weitem nicht mehr aus. So kämpfen wir uns jeden einzelnen Schritt nach oben. Doch da wir für später auch noch Kraft brauchen, und dieser Anstieg knapp 150 Meter lang ist, müssen wir ein bisschen umdenken. So beschließen wir, unsere Anhänger abzukoppeln und die Seitentaschen zu lösen. Gemeinsam schieben wir unsere Fahrräder nach oben. Ich muss oft stehenbleiben, und auch Celine kämpft mit sich, wie ich unschwer erkenne - doch als uns ein großer Ast den Weg blockiert, zögert sie nicht oder bittet mich um Hilfe, sondern hebt ihren Anhänger einfach drüber. Ich bin schwer beeindruckt und unsagbar stolz auf meine Powerfrau.

Mit jedem Schritt drücken wir uns tiefer in den schlammigen Morast, doch nach und nach bringen wir alle Sachen nach oben. Beim Runtergehen bleibt uns nur die Möglichkeit des Seitwärtslaufens, da wir sonst umgehend nach vorne fallen würden. Endlich ist es geschafft. Oben angekommen lassen wir uns für einen Moment auf die Wiese fallen und atmen erstmal durch. Weshalb werden uns Routen wie diese überhaupt vorgeschlagen? Wir verstehens nicht... Nachdem wir uns ein bisschen gesammelt haben und wieder ausreichend Luft bekommen, ziehen wir weiter. Schon bald stehen wir vor einer Lichtung mit einem Pfad, der augenscheinlich nach unten führt - aber durch eine Schranke versperrt ist...

Was solls, wir müssen da lang! Wir schieben uns drunter durch und fahren den Abhang hinunter - selten haben wir uns so auf eine befestigte Straße gefreut wie in diesem Moment! Doch bis wir auch nur etwas Straßenähnliches erreichen, haben wir noch etliche Kilometer durch Wald und Wiese vor uns.

Als die Sonne langsam untergeht, stellen wir uns schon mal genau so langsam aufs Zelten ein. Doch noch ist Zeit da, die genutzt werden will. Wir kommen zu einem kleinen Dorf mit einer handvoll Häuser, das natürlich ebenfalls nur durch sehr starke Aufstiege erreichbar ist. Ich bleibe einen Moment auf der Schrägen stehen und stelle mein Fahrrad ab. Doch das sieht mein Fahrrad wohl etwas anders, denn obwohl ich es noch abfangen kann, höre ich ein lautes Knacken - und sehe meinen Fahrradständer vor meinen Augen davonfliegen.

Ich stehe vollkommen ruhig da und lehne mich gegen mein Bike, da es mich sonst mit nach hinten reißen würde. Dann schließe ich die Augen und denke an all die Strapazen, Schmerzen, meinen wegfliegenden Fahrradständer und den kaputten Anhänger. So, ich habe jetzt zwei Möglichkeiten; völlig verständlich ein bisschen ausrasten oder weiter machen. Ich entscheide mich für eine Mischung aus beidem und schiebe mies fluchend mein Rad die letzten Meter des Berges hoch.

Weiter gehts. Die Strecke führt uns durch einen Untergrund, den wir bis dato noch nicht gesehen haben: Tiefe Spuren von Traktorreifen und Motocrossmaschinen zieren den erdigen Boden.

Immerhin geht es runter, also was soll schon passieren...? Wir hätten es besser wissen müssen. Nach den ersten 100 Metern wird uns klar: Wir sind so richtig am Arsch! Die Konsistenz des sandigen Schlamms, der uns umgibt, lässt sich am besten wie Panade für Schnitzel beschreiben. Binnen Sekunden setzt sich das Zeug bis oben hin an unsere Räder, in die Ketten und an die Anhänger.

An ein Weiterfahren ist absolut nicht zu denken. Immer wieder müssen wir absteigen und mit unserem Campingbesteck die Reifen abschaben. Das Zeug setzt sich in jede Ritze und auch um unsere Schuhe herum, die dadurch unsagbar schwer werden. Abgesehen davon sollten wir jegliches Fahren tunlichst unterlassen, da wir sonst unsere Ketten und Ritzel komplett aus dem Leben schmirgeln. 

Also heißt es: Schieben. Und zwar für 2 Kilometer. Danach haben wir zwar immer noch keine Straße oder zumindest einen befahrbaren Untergrund gefunden, aber die Sonne geht unter... und sowohl Celine als auch mir fehlt inzwischen einfach die Kraft, um uns nachts mitten im Wald durch diesen Todesschlamm zu kämpfen. Da ich keinen Fahrradständer mehr habe, muss ich permanent mit einer Hand das Fahrrad festhalten und mit der anderen wirklich KILOWEISE Schlamm abkratzen. 

Celine, die genau so müde und fertig aussieht, wie ich mich fühle, findet eine Wiese am Wegesrand, die kurzerhand als Zeltplatz auserkoren wird. Wir ziehen gemeinsam unsere Räder und Anhänger aus dem Dreck und bauen das Zelt auf. Die Räder reinigen wir noch so gut wir können - aber so langsam wollen sowohl Kopf als auch Körper nur noch Ruhe. Wir kuscheln uns ins Zelt, wechseln noch ein paar Worte und schlafen danach fast augenblicklich ein.

Dieser Tag war wirklich verflucht...

Polen

Hallo Nachbarn

Polen, Jablonka-Bory
07.05.2023

Als wir aufwachen, bemerken wir, dass wir uns inmitten eines Naturschutzgebietes befinden. Es ist wunderschön hier, unser Zelt haben wir gestern wohl auf einer ziemlichen Hügellandschaft aufgebaut, welche von großen Tannen umgeben ist. Die Luft ist kühl und es riecht nach Wald und Natur. Vogelgezwitscher hallt schon früh am Morgen durch die Bäume, die letzten Regenwolken ziehen ab, und die ersten Sonnenstrahlen trocknen unser Zelt. Es könnte alles so schön sein.

Doch der Gedanke daran, dass wir gleich wieder knöcheltief im Matsch stehen und mit aller Kraft die Fahrräder vor uns herschieben, sorgt nicht gerade für einen freudigen Start in den Tag. Aber man soll ja positiv denken... Während Malte schonmal das Zelt abbaut und die Fahrräder vorbereitet, halte ich für einen Moment inne und denke, dass es uns auch hätte schlimmer treffen können. 

Außer dem Matsch, der sich mittlerweile wirklich überall befindet, und ein paar Blessuren, sind wir schließlich alle wohlauf - wenn auch noch etwas zerknautscht von der Nacht, da der Untergrund nicht eben war und wir im Zelt immer wieder herumrutschten.

Unser kleiner Rest an Proviant, welcher sich auf Schokolade und Bananen beschränkt, muss bis zum nächstgrößeren Dorf reichen. Es ist zwar Sonntag, aber wir finden schon eine Lösung. Auch wenn unsere Räder durch die gestrige Tour einiges abgekommen haben, ist Schonung keine Option

Da der Frust des gestrigen Tages bei Malte noch tief sitzt, beeile ich mich, alles zusammenzupacken, um seine Geduld nicht noch mehr zu strapazieren. Denn ich merke ihm an, dass er los möchte, um den Mist hinter sich zu bringen.

Also geht das kranke Panierspiel in die nächste Runde. Durch den nächtlichen Regen ist die Schwierigkeitsstufe auf Lev. 6 gestiegen und so heißt es:  Schieben, Anhalten, Matsch entfernen – Schieben, Anhalten, Matsch entfernen - und das durchgehend. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, geht es jetzt auch noch bergauf... NATÜRLICH. Ich bete, dass wir von einem Platten verschont bleiben, denn JETZT einen dieser Reifen zu wechseln ist was für Menschen, die Vater und Mutter erschlagen haben.

Als wir endlich, nach zermürbenden 3 Kilometern feinster Schlammparty, die normale Straße erreichen und die Räder zum letzten Mal grob vom Schlamm befreien, sieht Malte einen fetten Ast aus meinem Vorderrad ragen. Der vierte Platten für mich, zur Abwechslung aber mal vorne- yeah!

Die größte Herausforderung liegt jetzt aber gar nicht darin, den Reifen zu wechseln, sondern viel mehr Malte davon zu überzeugen, nicht vor Zorn ins Fahrrad zu beißen. Es gibt keine Schokolade mehr und nach so einem Start liegen die Nerven ohnehin schon etwas blank. 

Dennoch, so können wir unmöglich den Reifen reparieren. Wir folgen einem kleinen Bach, bis wir durch eine Treppe die Möglichkeit haben, direkt ans Wasser zu kommen.

Wir bauen das Rad aus, und während Malte bei angenehmen 1°C Bachtemperatur Felge und Reifen per Hand säubert, bereite ich Schlauch und Fahrrad vor. Da dies inzwischen nicht unsere erste Reifenpanne ist, sitzen die Handgriffe schon wirklich gut. Mit neuem Schlauch und sauberem Rad, zumindest bei mir, geht es weiter in Richtung Grenze.

Nach einigen weiteren Berg- und Talfahrten auf dem Weg, erreichen wir endlich den Übergang nach Polen. Es wird schlagartig kälter, und ein Blick aufs Thermometer bestätigt unser Empfinden. Wir überqueren die Grenze bei 5° und müssen uns tatsächlich nochmal so anziehen wie in Österreich - völlig verrückt. Nach den ersten 7 gefahrenen Kilometern in Polen, in denen wir an hübschen Häusern und sehr gepflegten Dörfern vorbeifahren, erreichen wir unsere Unterkunft. 

Aber auch nach solchen anstrengenden Tagen ist es nur mit dem Erreichen der Unterkunft nicht getan. Erstmal fallen noch viele verschiedene Sachen an, bevor wir uns schlafen legen können:

• Das Gepäck samt Anhänger in das jeweilige Stockwerk tragen
• Lucy versorgen, Füttern und Gassigehen
• Akkus aufladen
• Essen vorbereiten
• Räder sichern
• Duschen
• Wäsche waschen, wenn möglich
• Am Blog arbeiten und Videos bearbeiten

Wie ihr seht, dauert es erstmal eine Zeit, bis wir uns WIRKLICH ausruhen können...

Zum Glück ist dieser Zeitpunkt heute bereits da, und darum sagen wir nun: Gute Nacht und bis morgen!

Auf und ab

Polen, Myslenice
08.05.2023

Nach einem schnellen Frühstück, das Celine aus den Resten unseres Proviantes gezaubert hat, fahren wir weiter in Richtung Krakau.

Doch zuvor gehen wir noch eine große Runde mit Lucy, der es inzwischen wieder komplett gut geht. Zum Glück - sonst wäre die erste Station in Krakau nämlich der Tierarzt gewesen. Es ist nach wie vor ungewöhnlich kühl, und da sich dieser Zustand auch vorerst nicht ändern wird, ziehen wir unsere Winterjacken und Handschuhe an.

Auch Lucy bekommt ihren Doggy-Overall an damit sie im Anhänger nicht friert. Kuschelig eingepackt geht es los. Nach 20 Kilometern erreichen wir eine große Holzhütte für Wanderer mit Tischen und Bänken, in der wir unsere erste Pause machen.

Während der bisherigen Zeit in Polen haben wir überwiegend alleinstehende Häuser gesehen, Neubauten und alle in einem Topzustand. Interessehalber vergleichen wir mal die Preise für solche Schmuckstückchen, und sind sehr überrascht, was man hier für kleines Geld bekommt. Das sieht in Deutschland wirklich anders aus...

Das Wetter ist heute leider nicht auf unserer Seite, denn es zieht sich immer mehr zu. Als wir an einen Punkt kommen, an dem die Straße stark ansteigt, sind wir heute das erste Mal richtig gefordert, doch nach dem ganzen Schlamm in den letzten Tagen, macht uns das überhaupt nichts aus. 

 

Oben angekommen, erblicken wir sofort eine kleine, knallgelbe Gebetskapelle. Da wir hier oben sowieso erstmal verschnaufen müssen, nutzen wir die Zeit für einen kleinen Drohnenflug. Diese hat uns bereits in der Vergangengheit immer Mal wieder geholfen, den richtigen Weg zu nehmen. Ich starte die Drohne, die jedoch nur zeigt, dass hier nichts als Wiese ist, auf der man noch sehr alte, inzwischen längst zugewachsene Traktorspuren erkennt.

Wir orientieren uns grob daran, wo die Straße verläuft und schwingen uns den Abhang runter. Glück gehabt - wir finden die Straße wieder und zurück auf Kurs. Und nach weiteren 35 Kilometern erreichen wir unser Ziel. Unser Zimmer befindet sich glücklicherweise zur Abwechslung mal nur in der 1. Etage. Dafür gibt es nicht wirklich tolle Möglichkeiten, sich etwas zu Essen zu beschaffen, so dass für´s Abendessen die Tankstelle gegenüber herhalten muss...

...war immerhin ganz lecker...

...und so sagen wir für heute schon mal: Bis morgen!

Ankunft in Krakau

Polen, Krakau
09.05.2023

Der Vermieter hatte unsere Räder gestern Abend freundlicherweise in einem seperaten Raum eingeschlossen, so dass wir sie nicht am offenen Zaun anbringen mussten.

Als wir nach einem kleinen Frühstück dann unsere Tour nach Krakau starten, beginnt die Fahrt direkt mit dem ersten Anstieg. Was auch sonst.

Das Auf und Ab nimmt einfach kein Ende, und da ist auch der Start in diesen Morgen keine Ausnahme. Immerhin: Anders als die Tage zuvor ist es heute angenehm warm, so dass wir sogar im T-shirt fahren können.

Krakau ist das heutige Ziel, und wir sind nur noch 30 Kilometer davon entfernt. Der Weg verläuft recht ereignislos. Immer wieder kommen wir an kleinen Bachläufen vorbei, die an großen Wiesen und kleinen Wegen entlang führen. Als wir schließlich ankommen, haben wir vorm Einchecken noch genug Zeit, um uns die Stadt anzuschauen. Da Malte nach wie vor einen neuen Fahrradständer braucht, nachdem ihm sein alter um die Ohren geflogen ist, steuern wir nach und nach einige Zweiradmechaniker an. 

Doch nicht nur er, auch ich benötige einen - denn meine Gangschaltung wurde in den letzten Tagen mehr als nur hart beansprucht, was unter anderem dazu führte, dass das Ritzel im Motor bei Belastung Geräusche macht.

Da wir beim ersten Fahrradladen nur einen neuen Halter für Malte bekommen, machen wir uns auf zum Nächsten. Leider kann auch der dritte Fahrradladen uns nicht weiterhelfen; nicht weil er nicht will, sondern weil alles restlos ausgebucht ist. Doch dieser Herr ist der Inbegriff des freundlichen Services.

Er stellt zumindest alles soweit ein, dass die gröbsten Geräusche verschwinden, und erläutert uns, was man bei Gelegenheit austauschen müsste. Anschließend bemerkt er noch, dass ich neue Bremsbeläge brauche, da ich bereits mit Metall auf Metall bremse. 

Wenn man überlegt wieviel Abfahrten die Teile schon durchgemacht haben, ist es sinnvoll, sie direkt vor Ort tauschen zu lassen. Dem kam der nette Mann auch direkt nach. Wir bedanken uns und belassen es vorerst dabei Dann fahren wir in den Stadtkern, wo unsere heutige Unterkunft schon auf uns wartet.

Kate, die Empfangsdame, versteht sich mit Malte auf Anhieb richtig gut... wirklich sehr gut... für meinen Geschmack ein bisschen zu gut... aber ich will natürlich auch kein Fass aufmachen. 

Immerhin bietet sie uns an, Waschmaschine und Trockner zu nutzen, was wir uns nicht zweimal sagen lassen. Frischgewaschene Sachen sind doch am besten - und nicht immer selbstverständlich!

Unser Zimmer ist wirklich schön und sehr modern eingerichtet. Wir spulen unser abendliches Programm ab, freuen uns wirklich sehr auf unsere Betten und sagen an dieser Stelle schonmal: 

Gute Nacht!

Da steht ne' Kuh auf´m Flur

Polen, Wolica
10.05.2023

Bevor wir uns morgens wie so oft hastig auf den Weg machen, fahren wir nochmal zurück in die wunderschöne Altstadt Krakaus. 

Am großen Hauptmarkt angekommen, nutzen wir gleich die Gelegenheit, einen Happen in einem der vielen Restaurants zu essen, die sich drumherum befinden. Für mich gibt es ein ordentliches Schnitzel und Celine nimmt eine Pizza. 

Gut gestärkt fahren wir anschließend durch die kleinen Stadtparks in Richtung Warschau. 

Die Sonne begleitet uns den kompletten Tag und die Strecke verlangt uns viel ab. Es ist wie eine Schnitzeljagd, kein Abschnitt geht länger als 2 Kilometer, ohne dass eine Kurve, Übergang oder einer der schier unendlichen Hügel dazwischen kommen. 

Mit diesem krassen Auf und Ab haben wir in Polen überhaupt nicht gerechnet, weshalb unsere grobe Kilometer-Planung pro Tag allmählich einen harten Abgang macht.

Doch wir nehmen uns die Zeit und die Pausen, die wir brauchen, da wir auch nicht den Spaß an dieser Unternehmung verlieren wollen. So halten wir immer mal wieder an, um schöne Drohnenflüge während des Sonnenuntergangs zu machen. Da die Wettervorhersage zu unseren Gunsten verläuft, entscheiden wir uns dafür, mal wieder unterm Sternenhimmel zu nächtigen und bauen dafür auch gar nicht erst das Zelt auf. 

Der letzte Abschnitt für heute verläuft überwiegend durch Feldwege, und zeitweise sind wir in jeder Himmelsrichtung von goldgelbem Raps umgeben. Der intensive Duft sowie 360°C Gelbanblick sind unglaublich! 

Nachdem wir noch schnell einer Kuh am Wegesrand einen guten Abend gewünscht haben, suchen auch wir so langsam einen geeigneten Platz für heute Nacht. 

Nach wenigen 100 Metern werden wir in einem Waldstück fündig. Ich lasse die Drohne ein letztes Mal für heute steigen, um aus 120 Meter Höhe den Sonnenuntergang via Zeitraffer zu filmen. In der Zwischenzeit bereitet Celine alles für die Nacht vor, und als krönenden Abschluss erhalten wir eine der schönsten und sternenklarsten Nächte der ganzen Reise. Wir freuen uns!

Gute Nacht! 

Auf nach "Paris"

Polen, Kielce
11.05.2023

Die Nacht verlief absolut ruhig und wir konnten sogar mitten im Wald richtig durchschlafen. Einzig der Gesang der vielen Vogelarten um uns herum weckte uns, und so standen wir nach und nach auf und packten zusammen.

Da wir gestern über einen langen Feldweg hierher gefunden haben, nehmen wir diesen auch die ersten 4 Kilometer weiter durch den Morgen.

Auch wenn der Untergrund befahrbar ist, schieben wir unsere Räder gemütlich mit Lucy an unserer Seite durch die Felder. Die Sonne scheint gerade eben so über die riesigen Rapsfelder um uns herum, und verschafft uns einen wunderschönen Anblick.

Mit Erreichen der Straße hat es sich dann aber ausgeschoben und wir folgen der Landstraße etliche Kilometer in Richtung Warschau. Ein großer Teil dieser Tour verläuft parallel zur Autobahn, und so vertreiben wir uns die Zeit mit Podcasts und Musik hören.

Wir erreichen nach knapp 65 Kilometern die angepeilte Adresse, doch wie es ab hier weiter geht, ist nicht ersichtlich. Fragend schauen wir uns an und rufen erstmal die Vermieterin an, die leider schlecht bis gar kein Englisch spricht. Doch dann werden wir von einem Passanten angesprochen, der unsere fragenden Blicke bemerkt und sich als Übersetzer anbietet. 

Nach wenigen Minuten ist alles geklärt und wir sind, wie schon so oft auf dieser Reise, immer wieder aufs Neue erstaunt, wieviele nette und wirklich hilfbereite Menschen es da draußen gibt, und dass die Welt eben nicht nur von den wenigen A***löchern dominiert wird, die man ab und an im Leben trifft.

Der Mann schildert uns, dass wir die Wohnung Nr. 11 haben und wir auf den Eiffelturm achten sollen.

Wir bedanken uns sehr herzlich und unsere Blicke wandern weit nach oben... Nr. 11... oh Gott.

Doch zu unserer großen Überraschung ist Nr. 11 direkt im Erdgeschoss. Zum Glück, denn auf großes Treppensteigen können wir nach so einer Hügelpartie wirklich verzichten.

Auf der Eingangstüre prankt bereits ein riesiges Motiv vom Eiffelturm - Glück gehabt, hier sind wir richtig. Das Thema Frankreich zieht sich wie ein roter Faden durch die komplette Unterkunft. Von der Bettwäsche über große Fahnen bis hin zu Kissen und Bezügen ist alles mit einem französischen Touch versehen. In erster Linie aber ist die Unterkunft sehr geräumig, sodass wir Fahrräder und Anhänger kurzerhand mit rein nehmen. 

Gegenüber von uns ist ein Dönerladen und direkt neben uns eine Eisdiele. Jackpot, damit ist das Essen für heute Abend dann auch geklärt. Noch ein schneller Einkauf für morgen, ein kurzer Blogeintrag und dann geht es auch schon satt und happy in die Federn.

Bis morgen und gute Nacht!

94 Km bis zu den Sternen

Polen, Kaminsk
12.05.2023

Es ist schon ein Abenteuer für sich, alleine aus dieser Stadt herauszukommen. Viele verwinkelte Passagen sorgen dafür, dass google maps völlig an seine Grenzen kommt.

Durch viele neue Baugebiete und Straßenoptimierungen, die wohl noch nicht aktualisiert wurden, macht der Pfeil auf dem Display inzwischen eine Art Breakdance, und wir verlassen uns die nächsten 2 Kilometer mal lieber nur auf unsere Intuition.

Über schmale Brücken und Trampelpfade (in der Stadt!) fahren wir uns Stück für Stück heraus, bis wir letztendlich wieder korrekt beschilderte Wege vor uns haben.

 

Auf langen Strecken, die wenig Abwechslung bieten, hat man viel Zeit, sich mal ein Stück weit mit sich zu beschäftigen. Und da die nächsten 80 Kilometer überwiegend neben der Autobahn verlaufen, nutzen wir diese Zeit genau dafür. Meistens jeder für sich, aber manchmal auch in gemeinsamen Gesprächen, gehen wir in uns und fragen uns selbst, wo wir gerade im Leben stehen und was man vielleicht nach so einer Reise verändern möchte.

Als ich bemerke, dass mir so langsam die Kraft ausgeht, fangen wir aktiv an, nach einem passenden Platz Ausschau zu halten. Da wir allerdings nicht vorhaben, direkt nebend er Autobahn zu nächtigen, fahren wir, während neben uns die Sonne in ein starkes Orange übergeht, noch weitere 10 Km. 

Wir erreichen einen schönen abgelegenen Waldabschnitt mit einer Art Lichtung. Schnell wird dieser Platz zum heutigen Ziel auserkoren, und wir fangen an, unser Lager zu errichten. 

Vor uns schauen wir direkt in einen Tannenhalbkreis, der mit jeder Minute dunkler wird, was die Sterne im Hintergrund dazu zu bringen scheint, umso kräftiger zu leuchten. Das Gute am Zelten: Mit jedem Mal, wo wir im Freien campen, verliert Celine ein Stück weit die Angst davor.

Da es in dieser Nacht weder regnen noch besonders kalt werden soll, entscheiden wir uns abermals, das Zelt wegzulassen, und legen uns einfach nur auf die Plane. Dann essen wir unser Abendbrot und schlüpfen in die warmen Schlafsäcke. Mit der Welt als Bett im Rücken, bietet sich uns zum Einschlafen ein toller Panoramablick... besser als jedes Zeltdach! Doch bevor wir einschlafen, sagen wir euch noch leise... 

...Gute Nacht und bis morgen! 

Wie Bauern auf einem Festball

Polen, Falenty
13.05.2023

So schön die Vogelgesänge am Morgen auch sind, kann man diese leider nicht wie einen Wecker ausstellen (zumindest nicht, ohne gewisse Schwierigkeiten mit PETA zu bekommen), und so starten wir schon früh in den Tag. 

Der Weg geht weiterhin anspruchsvoll auf und ab, und wir durchfahren immer wieder Neubaugebiete und komplette Autobahnabschnitte, die noch gar nicht freigegeben sind. Letzteres ermöglicht es uns, als Fahrradfahrer bedenkenlos entlang der freien Bahn unsere Kilometer zu fahren.

Doch viele dieser Änderungen sind unseren Mapapps leider gänzlich unbekannt - und so kommt es nicht selten vor, dass wir immer mal wieder eine extra Runde drehen müssen, ehe wir in der gewünschten Richtung landen.

Doch auch, wenn mal wieder viel Straße und Asphalt dabei sind, bleiben uns Wege durch Wald und sumpfige Abschnitte nicht erspart. Das geht soweit, dass wir manchmal über Absperrungen und kleinere Brücken klettern müssen. Aufgrund des guten Wetters begegnen wir heute vielen anderen Radfahrern, mit denen wir öfter mal ins Gespräch kommen, und die sich unser Vorhaben sehr interessiert anhören.

Nach einigen Kilometern kommen wir an der heutigen Unterkunft an. Der kleine Ort VOR Warschau, Falenty, ist bedeutend günstiger und nach unserem Empfinden auch wesentlich hübscher als die polnische Hauptstadt.

Ähnlich wie unsere Räder haben auch wir inzwischen einen gewissen "Usedlook", und so ist es nicht verwunderlich, dass die Empfangsdame große Augen macht, als wir völlig verdreckt das Foyer betreten. Uns fällt auf, dass das Hotel wohl als Feierstätte für eine Hochzeit dient; im Minutentakt kommen uns Gäste in edlen Kleidern und maßgeschneiderten Anzügen entgegen. Und dann gibt es da uns; Fahrradhose, durchgeschwitztes Adidasshirt und Outdoorstiefel...

Wir warten insgeheim nur darauf, dass man uns bittet, ohne viel Aufsehen zu erregen, das Grundstück zu verlassen. Doch wir werden freudlich begrüßt, man zeigt uns einen Raum für die Fahrräder und auch unser Zimmer ist schön und geräumig. 

Aufgrund der anhaltenden Knieschmerzen von Celine, steht die Überlegung im Raum, ob sie in Warschau in den Zug steigt und schon Mal 300 Kilometer nach Sulwalken, die letzte größere Stadt vor Litauen, vorfährt, und dort für 4 Tage pausiert.

Ich befürworte die Idee - wir haben schließlich noch etliche Kilometer vor uns, und man muss auf so einer langen, speziellen Reise stets darauf achten, dass es allen gut geht. Wir gehen die verschiedenen Optionen durch, besprechen Details... und beschließen letztendlich, dass wir es so machen wollen. Mit gemischten Gefühlen, doch in dem Gewissen, das Richtige zu tun, legen wir uns schließlich schlafen...

Gute Nacht!

Getrennte Wege

Polen, Miastkowo & Suwalken 
14.05.2023

Celine

Noch bevor wir heute Warschau erreichen, entscheide ich mich dafür, ein Stück mit dem Zug zufahren. Es ist ein komisches Gefühl, denn auch ich hätte sehr gerne die komplette Tour mit dem Fahrrad gemacht. 

Aber die Gesundheit hat nun mal Priorität - und 4 Tage Auszeit werden mir sicherlich gut tun.

Wir erreichen schon nach kurzer Zeit den Hauptbahnhof von Warschau, und Malte organisiert meine Tickets, während ich auf Hund und Gepäck aufpasse. Denn Malte wird die weitere Strecke mit dem Fahrrad fahren.

Das ist zwar unsere gemeinsame Tour, doch hat auch jeder für sich bei dieser großen Unternehmung seine persönlichen Vorstellungen und Ziele. Und Malte hat von Vornherein klar gestellt, dass er JEDEN Meter mit dem Fahrrad fährt, und das ist auch völlig in Ordnung für uns.

Während wir dabei sind, unser Gepäck aufzuteilen, schreit plötzlich ein junger Mann nur wenige Meter hinter uns um Hilfe und trägt eine junge Frau in den Armen.

Während ich Malte unseren genauen Standort zurufe, wählt er bereits den Notruf. Die Frau ist von einem City E-Scooter gestürzt, und offenbar bewusstlos. Der Mann bringt sie in unsere Richtung, und nach einem kurzen Schockmoment kommt sie glücklicherweise wieder zu sich, hat jedoch leichte Schwierigkeiten mit der Atmung. Nach wenigen Minuten kommt zum Glück auch schon der Rettungswagen in Begleitung der Polizei.

Der junge Mann bleibt bei ihr und bedankt sich bei uns für die schnelle Hilfe. Selbstverständlich.

Da mein Zug erst in knapp 5 Stunden kommt, verabschieden wir uns von einander. Mit einem Lächeln sagt Malte "Bis Morgen" und ich denke noch "Nee, ist klar, 300 Kilometer bis morgen, eher unwahrscheinlich..."

Nachdem Malte winkend hinter der nächsten Kurve verschwindet, macht sich erstmal ein seltsames Gefühl in mir breit. Nun war ich allein, abgesehen von Lucy, die mit mir kommt. Ich sehe mich kurz um und lote meine Möglichkeiten aus. Kurz darauf stehe ich vor der Entscheidung, entweder die Stadt zu erkunden, oder mich in den Park zu setzen und die Zeit mit Lucy zu verbringen. Aufgrund des vielen Gepäcks, entscheide ich mich für den Park, denn ein gemütliches Bummeln durch die Stadt wäre so ohnehin nicht möglich gewesen.

Die Zeit im Park vergeht wie im Flug, und langsam aber sicher mache ich mich auf den Weg zu meinem Gleis. Und der hat es ganz schön in sich. Die pure Aufregung alleine sorgt schon für Schweißausbrüche, doch jetzt müssen auch noch Fahrrad, Taschen, Anhänger und Hund einige Meter die Treppen runter, da der Bahnhof unterirdisch verläuft.

Da ich mit all dem Gepäck und Zubehör ziemlich auffalle, werden andere Fahrgäste auf mich aufmerksam und bieten mir ihre Hilfe beim Einladen an, die ich natürlich dankend annehme. 

Der Einstieg in den Zug ist sehr steil und schmal, und stellt mich richtig auf die Probe. Hier alles, was ich mithabe, schnell durchzukriegen, ist wirkliche eine extreme Herausforderung und hebt mein Stresslevel auf ungeahnte Höhen an. Und selbst, als ich endlich alles drin habe, geht das Chaos weiter. Das Abteil ist voll mit Jugendlichen, die gar nicht daran denken, mir Platz zu machen, geschweige denn mir zu helfen. 

Und die Fahrräder müssen aufgehängt werden... wollen die mich verarschen?!

Mein Fahrrad alleine wiegt schon über 20 Kg. Unmöglich, von den weiteren 3 Fahrädern, die hinter mir reinmöchten mal ganz zu schweigen. Nach langem hin und her arrangieren wir uns schließlich. Leider muss ich mein Fahrrad für die nächsten zwei Stunden festhalten, ehe genug Fahrgäste austeigen, so dass auch ich mich endlich setzen kann. Und zwar zu Lucy - denn auch an ihr geht der ganze Trubel nicht spurlos vorbei.

Nach ca 5 Stunden erreichen wir spät abends den Bahnhof in Suwalki. Auch hier finde ich glücklicherweise freundliche Helfer, die mit beim Ausladen behilflich sind. Ich bin fix und fertig, doch ausruhen kann ich mich noch nicht, denn es sind noch 2 Kilometer bis zum Apartment. Dieses befindet sich heute mal im zweiten Stock, und als ich ankomme, schaffe ich alles nach und nach und nach die Treppe hoch und lasse mich anschließend nur noch ins Bett fallen. Endlich geschafft. Das Zimmer ist super eingerichtet, so dass man hier ohne Probleme mehrere Tage ausspannen kann. Ich frage mich was Malte wohl gerade macht... und beschließe, ihm zu schreiben.

 

Malte

Nachdem ich mich von Celine verabschiedet habe, mache ich mich zeitnah auf den Weg raus aus dieser Stadt. Mein Anhänger ist inzwischen etwas leichter und ich komme sehr gut voran. Es herrscht ein super Wetter und meine Gedanken schweifen mal hierhin, mal dorthin und oft zu Celine. Wird sie gut allein zurecht kommen? War das hier ein Fehler oder genau das Richtige? Meine scherzhaft gemeinten Abschiedsworte klingeln mir noch in den Ohren: "Bis morgen..." Nach ca. 100 Kilometern kommt mir zum ersten Mal der Gedanke, wie krass es wäre, morgen wirklich schon bei Celine zu sein, doch dafür müsste ich noch 200 Kilometer fahren, und das ist eine ganze Menge. Doch was würde sie für Augen machen... Die Idee nimmt langsam Gestalt an, und ich entscheide mich dafür, so weit zu fahren, wie es mir die Beine erlauben. Allerdings muss ich heute besonders auf den Boden achten - ich habe zwar Ersatzschläuche dabei, doch Celine hat die Pumpe... also durfte ich auf keinen Fall einen Platten bekommen!

Am Ende lande ich bei 156 Kilometern. Neuer persönlicher Rekord, aber anstrengend wie die Sau. Die Strecke hatte es wirklich in sich: Von kilometerweiten Sandstrecken über Anstiege bis hin zu abgelegenen Waldstücken und Dörfern war wirklich alles dabei. Und dazu natürlich das unaufhörliche auf und ab. Doch während der Fahrt ist mir etwas aufgefallen: Celine und ich haben offenbar ein sehr unterschiedliches Tempo, denn ohne sie war ich wirklich merklich schneller. Doch jetzt suche ich mir ein Waldstück, öffne die Plane und leg meinen Schlafsack aus. Der Wind pfeift durch die Äste, und man kann im Hintergrund leise die Autos auf der Fahrbahn hören. 

 

Nachdem ich endlich liege und alles um mich herum ruhiger wird, schaffe ich es, mich ein wenig zu entspannen. Jedenfalls so lange, bis ich ganz in der Nähe ein tiefes Hecheln höre... ich greife zu meinem Messer, welches sich direkt neben mir befindet, und verhalte mich ganz still. Es ist stockfinster, nur das Mondlicht scheint schwach durch die Lichtung, und in ca 15 Metern Entfernung erkenne ich etwas tiefschwarzes auf 4 Pfoten, das sich langsam in meine Richtung bewegt. Die Augen funkeln immer wieder auf, sobald sich das Mondlicht in ihnen spiegelt. Ich mache die Taschenlampe an und leuchte einem großen Hund, nur wenige Meter entfernt von mir, direkt ins Gesicht. Genau das, was man nach einer Tour wie dieser braucht, während einem der Hintern noch brennt... Ich rufe laut "Verp*ss dich, du Hund, du bist das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann!" und schlage dabei mit der Hand auf den Sattel. Es wird noch ein bisschen zurück gebellt, doch dann verzieht sich das Tier zurück ins Geäst.

Mein Adrenalinspiegel senkt sich so langsam wieder, während ich auf dem Rücken liege und horche, ob der Hund nicht vielleicht zurückkommt - man kann ja nie wissen. Doch er scheint sich endgültig verzogen zu haben, und ich entspanne mich etwas. Dann rechne ich mir die morgige Strecke durch: "Nur" noch 147 Kilometer, das sollte doch zu schaffen sein! Als mein Handy piept, weil Celine sich meldet, verschweige ich natürlich meinen wahren Aufenthaltsort, weil ich sie ja überaschen will. Und beim einschlafen begleitet mich der Gedanke an Celines freudiges Gesicht, wenn ich schon morgen bei ihr ankomme... und damit sag ich: Gute Nacht und bis morgen!

4 Tage Auszeit

Polen, Suwalken
15.05.2023 - 17.05.2023

Während Celine den Morgen verdienterweise komplett ausschläft und ansonsten den Tag über entspannt und sich mit Lucy beschäftigt, startet mein Tag hingegen ein bisschen anders. Ich bin noch immer etwas angeschlagen nach dem gestrigen Trip, doch was mich heute erwartet, verlangt mir wirklich ALLES ab. Mein Wecker klingelt um 6:30 Uhr - und ich stehe tatsächlich auch auf. Nachdem ich alles im Anhänger verstaut habe, schaue ich lange auf meinen Sattel. Mein Hintern kocht förmlich noch von der langen Tour gestern, und ein Teil in mir weigert sich standhaft, mit diesem Hintern auf den Sattel zu steigen. 

Doch ich hatte mir für heute vorgenommen, bei Celine anzukommen, und die 147 Kilometer fahren sich leider nicht durchs pure Sattelanglotzen. In dem Moment, in dem ich Platz nehme, ist der Morgen quasi vorbei. Ich führe die ersten 5 Kilometer einen persönlichen Kampf gegen meinen Körper, denn auch Knie und Schenkel finden die Idee ziemlich daneben. Als ich allerdings langsam in Fahrt komme, geht es einigermaßen. Meine Voräte beschränken sich auf ein kleines Crossaint und einen Schluck Wasser, und als ich an der ersten Möglichkeit, etwas einzukaufen, vorbeifahre, denke ich mir: "Ach komm, beim nächsten Laden kannste auch noch einkaufen".

Was für eine hervorragende Idee...

Die Kilometer verstreichen, und sowohl Hunger als auch Durst werden immer größer. Nach weiteren 6 Kilometern sehe ich ein riesengroßes Schild von Mc Donalds aus den Baumkronen hervorragen - perfekt, ich bin gerettet! Genüsslich male ich mir aus, wie viele Liter Schokoshake ich schaffe, und ob 17 Burger zu viel oder angemessen sind. Das Schild wird immer größer, genau wie meine Hoffnung auf ein unglaubliches Kalorienspektakel.

Als ich schließlich direkt davor stehe, kommen mir ein wenig die Tränen - unter dem protzigen Schild steht in winziger Schrift: "Nur noch 32 Km bis zum Genuss!"

Ich bleib stehen und schließe für einen Augenblick die Augen. Den pochenden Schmerz von meinem Hintern kann ich inzwischen im ganzen Körper spüren. Ein Blick auf Googlemaps verrät mir, dass in 16 Kilometern eine Tankstelle kommt - und somit auch die nächstbeste Gelegenheit, Vorräte zu kaufen. Na dann mal los... Die Strecke führt mich immer wieder durch Waldabschnitte mit meinem Lieblingsuntergrund: Dem Sand des Grauens. Doch dieser Sand ist noch ein bisschen anders, so fein und tief, als würde ich durch eine Düne fahren... keine Chance. Hier hilft nur noch absteigen und schieben. Die Hinterräder meines Anhänger rutschen immer wieder zur Seite und vergraben sich selbst in tieferen Abschnitten. In der Ferne allerdings kann ich bereits befestigten Untergrund erkennen, und mir entweicht ein lautes und überschwängliches "YES, auf gehts!" 

Der zuvor so freudig begrüßte Untergrund stellte sich als massives Kopfsteinpflaster raus... Toll.

Hüpfend, wackelnd und mit schmerzverzerrtem Gesicht schaukel ich mich durch kleine Dörfer am Rande des Waldstücks. In der Zwischenzeit schreibt mir Celine, dass sie sich nochmal umdreht, weil das Bett wirklich gemütlich ist. Wie schön... Es ist inzwischen 12:00 Uhr und ich habe sowohl die Tankstelle, als auch die ersten 80 Kilometer erreicht. Während ich die Tankstelle betrete und direkt am Eingang 3 Hotdogs bestelle, leere ich in aller Seelenruhe die Getränkeabteilung. Mit Proviant für die nächsten 3 Tage, welche ich binnen Minuten auf einen Tag reduziere, fahre ich weiter. Noch 67 Kilometer bis zu Celine.

Neben der Tatsache, dass es nach wie vor unsagbar hügelig ist, kann ich nur noch über Feldwege fahren. Zu allem Überfluss schlägt auch noch das Wetter um, und zu Regen gesellt sich ein richtig kräftiger Sturm. Vor mir bilden sich Windhosen, und in der Ferne sehe ich, wie der Wind den Sand über die Felder peitscht. Ich schließe die Augen, als mich eine kräftige Windböe erfasst und sowohl mein komplettes Gesicht als auch meinen Anhänger sandstrahlt. Es ist durchaus vergleichbar mit einer Ohrfeige, nur mit Schleifpapier... 40er Körnung. 

Um sicherzugehen, dass Celine auch da ist, wenn ich demnächst eintreffe, rufe ich sie an. Sie ist tiefenentspannt und beendet gerade ihre Yogaübung. "Super!", sage ich, "Mir gehts auch gut!". Ich lege auf und wische mir Tränen und ein Kilo Sand aus den Augen. Nur noch 10 Kilometer bis zur Ankunft... Die letzten Steigungen nehme ich nur noch wie in Trance wahr, und Knie und Schenkel funktionieren einfach nur noch.

Dann ist es soweit - ich bin da. Komplett erschöpft, durchnässt und unterkühlt, aber angekommen. Mein Körper fühlt sich an wie die Definition von "Blanker Schmerz". Das Apartment liegt in einem Mehrparteienhaus. Ich mache mich auf die Suche nach Celine, und finde sie schließlich. Ihre Augen werden groß wie Suppenteller, als sie mich sieht, und sie kann gar nicht wirklich glauben, dass ich schon da bin - doch natürlich freut sie sich riesig! Während ich über diesen Tag nachdenke, kann ich es selbst nicht glauben das ich schon da bin. Aber wir waren wieder zusammen, das war das wichtigste, und wir lassen den Abend sehr gemütlich ausklingen. 

In den kommenden 4 Tagen lassen wir es uns nur gut gehen: lange ausschlafen, gemeinsames Frühstück, schwimmen gehen, mit Lucy spielen... und wir merken, wie sehr wir diese Auszeit gebraucht haben und wie schön es ist, nicht jeden Tag irgendwelche Hügel oder Steigungen hochzufahren. Doch wir haben die Zeit auch sinnvoll genutzt. Malte hat neue Bremsblöcke, da diese wie bei mir auch, durch die extremen Belastungen nahezu komplett verbraucht waren. Dazu haben wir ein paar nicht mehr benötigte Kleidungsstücke zurück nach Hause geschickt, damit wir nicht unnötig Ballast mit uns rumschleppen.

Bald geht es weiter mit dem schönen Litauen - und was uns da für Abenteuer erwarten, könnt ihr schon bald hier nachlesen! 

 

Litauen

Herzlicher Empfang in Litauen

Litauen, Jakiskiai
18.05.2023

Die paar Tage Auszeit taten uns richtig gut, und trotz des überwiegend schlechten Wetters haben wir uns die Stimmung nicht vermiesen lassen. Es ging ohnehin überwiegend darum, die eigenen Akkus wieder aufzuladen und mal wieder ein bisschen Zeit miteinander zu verbrigen - abseits des Fahrrads. Am Tag der Abreise geht es bereits nach dem Frühstück schon sportlich zur Sache, da der Aufzug in Reparatur ist. Zum Glück sind wir nur in der 2. Etage, und können so trotzdem relativ entspannt starten. Es ist keine Wolke am Himmel zu sehen, und nach einer letzten Gassirunde mit Lucy geht es dann schließlich los in Richtung Litauen.

Erstmal fahren wir noch ca 40 Kilometer in Richtung Grenzübergang, natürlich in alltäglicher Hügelmanier. Die Stimmung ist gut, das Wetter klart immer mehr auf, und der Kampf durch Polen liegt hinter uns. Jetzt müssen wir erstmal unsere Vorräte wieder auffüllen, und dann... tja, dann haben wir noch keinen wirklichen Plan, wie es weitergeht. Gebucht haben wir noch nichts, da wir eigentlich wieder soweit fahren wollen, bis wir dann abends irgendwo in der Natur einen Ort zum campen finden... Doch natürlich kam alles wieder ganz anders als geplant.

Nachdem wir in einem kleinen Lädchen unseren Proviant soweit wieder aufgefüllt haben, fährt ein Auto mit einer älteren Frau am Steuer direkt auf uns zu und spricht uns an. (Später sollten wir erfahren, dass sie nicht mal einkaufen wollte, sondern explizit zu uns kam, weil sie uns gesehen hatte und ansprechen wollte). Aus dem Nichts fragt sie uns, wo wir herkommen, was wir so machen und wo wir heute Nacht schlafen wollen. Nachdem wir ihr von unseren vagen Campingplänen erzählen, bietet sie uns an, heute bei ihr zu übernachten; sie hätte viel Platz und hat wohl häufiger mal Reisende bei sich zu Gast. Wir sind etwas unschlüssig, da wir erst 50 Kilometer gefahren sind, doch obwohl Litauen wesentlich flacher ist als Polen, gab es den ein oder anderen Anstieg trotzdem zu bewältigen... Außerdem verspricht uns die liebe Dame sogar, mit dem Auto vorzufahren und immer wieder anzuhalten, bis wir sie erreicht haben. Na gut, gucken kostet ja nichts... und so fahren wir gemeinsam zu ihrem knapp 5 Kilometer entfernten Hof. 

Und dieser Hof ist riesengroß!

Nachdem Ramute, so heißt die nette Dame, uns eine leckere Mahlzeit gekocht hat, zeigt sie uns anschließend ihr gesamtes Gehöft. Die Regierung verschenkte in den 90ern Land, damit es bewirtschaftet werden kann, und so baute die Familie sich in all den Jahren ein Leben auf dem Hof auf. Sie selbst ist 60, arbeitet bei der Stadt und führt nebenbei, zusammen mit ihrem Mann - den wir wenig später kennen lernen - ihren Bauernhof. Auf diesem leben über 200 Kühe und auch Bienenstöcke gibt es. So können die beiden nicht nur ihren eigenen Käse machen, sondern auch leckeren Honig verkaufen. Dazu kommt, dass beide Vegetarier sind und über einen unglaublich liebevollen und gutherzigen Charakter verfügen. Man merkt, dass ihnen das Wohl der Tiere sehr am Herzen liegt - und dementsprechend gut ist auch deren Haltung.

Wir können im knapp 35 m² großen Wohnzimmer auf einem Klappsofa schlafen. Ramute hat oft Reisende bei sich untergebracht, über "Warmshowers". Diese App bringt Leute, die Platz zum übernachten haben, und Leute, die Platz zum übernachten brauchen, zusammen. Einer ihrer 3 Söhne, der ebenfalls viel reist, brachte sie vor 10 Jahren auf die Idee, und seitdem bietet Ramute Reisenden aus aller Welt einen Platz zum "Ankommen" an. Ihre einzige Bitte: Nach der Reise möchte sie, dass man ihr eine Postkarte schickt. Im Flur hängt schon eine komplette Wand aus Postkarten, weit über 60 Stück und aus aller Welt. Natürlich hängt dort auch bald eine von uns! Wir reden sehr lange und führen außerordentlich interessante Gespräche. Neben der Begegnung mit neuen Menschen nennt sie auch die Verbesserung ihrer Englischkenntnisse als Grund, weswegen sie das alles macht. Wir sind schwer beeindruckt. 

Nachdem Celine erzählt, wie schön sie den Hof findet, und es auch ein Stück weit ihr Traum ist ländlich zu leben, kommt der Hammer: Ramute bietet uns allen Ernstes an, nach unserer Reise zurückzukommen und hier zu leben und ggf. zu arbeiten. Wir sind geplättet. Wie unglaublich freundlich! Und es ist ein interessanter Gedanke...

Als der Tag sich dem Ende neigt, geht Celine mit Lucy nochmal eine Runde über das 5 Hektar große Areal. Riesige Wiesen, ein gigantischer Teich... Ein Paradies für Hunde! Dann, nach einem leckeren Abendessen, machen wir es uns auf der Couch gemütlich, und verarbeiten erstmal alles, was wir heute erlebt und erfahren haben. Ein Leben auf so einem Hof würde unser Leben komplett umkrempeln, aber vielleicht merken wir am Ende der Reise, dass wir genau das brauchen... Wir reden viel und lang. Es gibt soviele nette Menschen da draussen, und hier sind wir wirklich auf ein besonders liebenswürdiges Exemplar gestoßen... wir bereuen jedenfalls nicht eine Sekunde, dass wir mitgegangen sind!

Wir freuen uns aufs Schlafen und wünschen euch eine Gute Nacht, bis morgen!

Nur noch Schotter

Litauen, Naujasodziai
19.05.2023

Wir stehen heute besonders früh auf, da unsere Gastgeber wie jeden Tag frühmorgens mit der Arbeit anfangen. Ramute steht schon in der Küche und bereitet ein kleines Frühstück für uns und ihren Mann vor. Wir verabschieden uns mit einer langen Umarmung und machen zum Schluss noch ein gemeinsames Foto für unsere Erinnerung. Was für eine tolle Erfahrung! 

Gestärkt vom Frühstück fahren wir zurück auf den Hauptweg, welcher uns schon nach kurzer Zeit aus der Stadt führt. Wir haben strahlenden Sonnenschein und fahren wie gestern ohne wirkliches Ziel einfach drauf los. Alles läuft gut, doch nachdem wir eine Zeit lang unterwegs sind, bemerken wir langsam aber sicher eine Veränderung des Weges - der Asphalt unter unseren Rädern wird immer gröber. Auch die aufkommenden Schlaglöcher sind bloß provisorisch mit grobem Schutt aufgefüllt, und nach einer Weile verwandelt sich der ganze Weg in ein einziges Schotterchaos.

Spitze Steine, Sandpassagen und unglaublich welliger Untergrund setzen uns und den Rädern ordentlich zu. Immerhin zieht sich der Weg kilometerweit durch riesige Rapsfelder, die beidseitig neben uns heranwachsen, so dass wir wenigstens eine schöne Aussicht genießen können.

Doch sobald Autos an uns vorbei fahren, wirbeln sie eine meterhohe Staubwand hoch. 

Ca. 70% der knapp 90 Kilometer langen Strecke besteht aus diesem Schotter-Stein Gemisch, und wir sind über jeden befestigten Abschnitt dankbar. Wir kommen an einer Rasthütte vorbei, die mitten im Wald steht, und da Celine so langsam die Kraft ausgeht, spielen wir mit dem Gedanken, einfach hier zu bleiben. Sie bietet sogar eine Feuerstelle, und vorgefertigtes Brennholz steht auch schon bereit.

Aber wir machen hier nur eine Pause und finden später zum Glück noch einen nahegelegenen Campingplatz, den wir direkt ansteuern. Bis auf ein deutsches Ehepaar ist der wirklich kleine, aber super gemütliche Campingplatz leer.

Der Betreiber ist wirklich nett und schließt uns eine der Campingwagen- Stromboxen auf, so dass wir während unseres Aufenthaltes direkt neben unserem Zelt all unsere Akkus laden können. Super!

Unser Zelt bauen wir direkt am großen Teich auf, der sich in der Mitte des Platzes befindet - und von dem ein Quakkonzert erster Güte ausgeht. Begeistert entdecken wir weiter oben eine kleine, aber gut ausgestatte Küche, in der wir uns erst einmal was Leckeres zu Essen zubereiten. Anschließend verziehen wir uns, nach diesem staubigen Tag, in unsere Schlafsäcke. Wir reden noch etwas, sind jedoch ziemlich müde, und während wir einschlafen, begleiten uns die Frösche am Teich mit ihrem kleinen Konzert.

Bis morgen!

Mein neuer Rekord

Litauen. Siauliai
20.05.2023

Die Sonne gibt schon früh am Morgen alles, und die Temperatur im Zelt beträgt ca. 730°C. Bloß raus hier. Gut angedünstet schälen wir uns aus den Schlafsäcken nach draußen an die frische Luft. 

Die Aussicht ist wirklich schön, und wir schauen während des Frühstücks den Hügel hinab auf den Fluss Memel. 

Als wir gerade aufbrechen wollen, kommen wir mit dem deutschen Paar ins Gespräch, Dietmar und Sylvia. An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank für eure liebe Nachricht auf unserer Homepage! (Dies gilt natürlich stellvertretend für alle, die uns nach wie vor immer mal wieder schreiben. Wir freuen uns riesig darüber!)

Dietmar berichtet uns von einem Kreuzhügel, der sich direkt auf unserem Weg befindet und den sie selbst auch besuchen wollen. Hört sich in der Tat ziemlich interessant an... Wir verabschieden uns freundlich, und folgen bei strahlend blauem Himmel dem Ufer des Flusses, neben mir Lucy, die sich schonmal etwas auspowern kann.

Der Frühling sprießt aus jeder Pore der Natur, wo man hinsieht ist alles voller farbenfroher Blumen. Während Malte ein Stückchen vorfährt, genieße ich die komplette Ruhe um mich herum.

Meinen Knien geht es schon wesentlich besser, und die Tatsache, mich nicht alle 50 Meter einen Anstieg hoch kämpfen zu müssen, hilft dabei ungemein. Mir geht es sogar so gut, dass wir heute 120 Kilometer schaffen, und ich somit meinen eigenen neuen Rekord habe!

Sobald wir die Straße erreicht haben, die den größten Teil der heutigen Strecke ausmacht, kommt uns eine riesige Truppe an Mottorradfahren entgegen. Malte, der ein Stück vor mir ist, reißt die Faust in die Luft und immitiert einen Gashahn den man bis zum Anschlag anzieht. Die Reaktion folgt auf dem Fuße: Die Motoren ziehen hoch und wir schmeißen uns gegenseitig imaginäre Highfives und Peacezeichen entgegen. Ich fühle regelrecht, wie die Straße bebt, als ca. 50 Motorräder im Sekundentakt an uns vorbeiziehen - geile Aktion.

Nach ein paar wenigen Nebenstraßen kommen wir langsam wieder in bewohntes, ländliches Gebiet mit großen Vorgärten. Einer von ihnen fällt uns ganz besonders ins Auge - der komplette Garten ist voll mit Holzschnitzkunst, vom Bären bis zum Elch ist alles dabei. 

Am Abend, während die Sonne ihren Weg nach unten findet, kommen wir in unserer Unterkunft an. Wir sind zwar müde, aber nach wie vor gut drauf. Schön, mal einen Tag zu erleben, an dem nichts schief geht: Kein Platten, kein Hügel, kein Berg, kein Sturz, kein Sand, kein Schlamm, kein Schnee, kein Regen, kein Unwetter, keine Wildtiere, kein Umweg, kein wegfliegender Fahrradständer und kein 6. Stock. 

Auch Lucy war heute sehr aktiv und hat sich ziemlich ausgepowert. Sie braucht nur einen Augenblick, ehe sie ins Land der Träume verschwindet, und Malte und ich folgen ihr bald darauf nach. Es bleibt nur noch Zeit für ein leises...

...Gute Nacht!

Kreative Gartengestaltung

Lettland

Kreuzhügel und Lettland

Lettland, Jelgava
21.05.2023

Wir sind inzwischen schon fast 5000 Kilometer unterwegs, haben tolle Menschen getroffen und schöne Orte gesehen. Unsere Körper haben wir mehr als einmal an die Grenzen und darüber gebracht, und auch wenn es morgens mal etwas schwerfällig geht, weil Körper und Kopf noch nicht bereit sind, bereuen wir nicht eine Sekunde von allem, was wir seit dem Start zusammen erlebt haben. 

Der ein oder andere von euch kann sich nicht mal ansatzweise vorstellen, so ein Abenteuer selbst zu erleben - und das ist auch vollkommen in Ordnung. Für uns jedoch ist es genau das Richtige, denn diese Tour, dieses unglaubliche Erlebnis, gibt uns alles was wir grade brauchen, schweißt uns zusammen und bereichert unser Leben ungemein. Nach wie vor angetrieben von dieser unbändigen Energie, Lust und Freude darauf, jeden Tag etwas Neues zu sehen und zu erleben, und Begegnungen mit tollen, außergewöhnlichen Menschen zu haben, starten wir unseren Weg in Richtung Lettland.

Der Kreuzhügel, von dem Dietmar sprach, liegt direkt auf unserem Weg. Als wir dort ankommen, sind wir nicht die einzigen - dutzende Menschen laufen bereits auf den kleinen, angelegten Wegen durch eine endlos scheinende Masse an Kreuzen, die auf einem Hügel verteilt aufgestellt sind. Teilweise hängen an großen Kreuzen hunderte kleinere, und von formellen Kreuzen bis hin zu filigranst ausgearbeiteten Meisterwerken ist alles dabei. 

 

Die Fläche, auf dem dieses Gebilde erbaut wurde, ist so groß, dass man von unten gar nicht in der Lage ist, das ganze Ausmaß zu erkennen. Wir starten die Drohne, doch aus Respekt gegenüber den Besuchern und der Stätte an sich, fliegen wir selbstverständlich nicht über das Areal, sondern bekommen von etwas weiter weg schöne Aufnahmen vom Hügel und auch vom ganzen Panorama drum herum.

Nach einem kleinen Gespräch mit einem weiteren Deutschen, der wegen dem Rammstein-Konzert nach Litauen flog, ziehen wir weiter, und nach nur 45 Kilometern erreichen wir auch schon die Grenze zu Lettland. Unsere Zielstadt ist Jelgava, und so folgen wir der Bundesstraße bei über 25°C noch knapp 35 Kilometer. Das Hotel liegt mitten in einem Waldabschnitt und hat einen traumhaften Garten, der zum Entspannen einläd. Doch zuerst müssen wir noch etwas anderes erledigen, und so fahren wir nach dem Einchecken erstmal zurück in die Innenstadt - wo wir uns einen großen, leckeren Döner zum Abendessen gönnen. Zurück im Hotel passiert dann auch nicht mehr wirklich viel, bis auf das Übliche: Lucy versorgen, duschen, Akkus laden... und anschließend ziemlich müde ins Bett kippen! 

Gute Nacht und bis morgen! 

Ankommen in Riga

Lettland, Riga
22.05.2023

Unser nächst größeres Ziel ist Riga, die Hauptstadt Lettlands - hier wollen wir auch einen Pausentag einlegen. Bis dahin sind es nur übersichtliche 47 Kilometer, die wir ohne Schwierigkeiten bewältigen. Dadurch, dass wir so viel Zeit haben, vermeiden wir wann immer es geht die Straße und laufen zusammen mit Lucy einen Großteil der Strecke im Wald. Und jetzt, nach einem kurzen Abstecher beim "Hesburger (ähnlich wie McDonalds und Burger King, nur besser und günstiger), stehen wir auf der Zielgeraden.

Es sind fast 27°C als wir Riga erreichen. Besonders auffällig ist die überdemensionierte Nationalbibliothek, die alleine durch ihre imposante Bauform schon ein absoluter Hingucker ist. Über die Brücke geht es direkt in den Stadtkern - und das damit einhergehende Chaos. Überall Autos, Fahrräder, Cityroller und E-Scooter. Das Erreichen unseres Appartements gleicht einem reinen Ausweichmanöver, und die Anhänger hinten dran machen es nicht grade einfacher, im Gegenteil. Immerhin gibt es in Riga selbst viele schöne Parks, mit groß angelegten Wiesen für Hunde.

Wir beziehen erstmal unser Zimmer, welches sich im 7 Stock befindet. Doch zum Glück passt diesmal alles in den Aufzug. Besonders klasse: Eine Tür gewährt Zugang zur Feuerleiter im Außenbereich, so dass wir buchstäblich über den Dächern von Riga laufen können - ein wirklichgenialer Ausblick. 

Das Apartment bietet relativ viel Platz, so dass wir abermals alles mit reinbringen können. Wir nutzen die Gelegenheit, um endlich mal unsere Fahrräder und Anhänger zu säubern; die sind nämlich teilweise immer noch mit der betonartigen Substanz verschmutzt, durch die wir uns in der Slowakei gekämpft hatten. (Eintrag vom 6.05.2023).

Da auch an Celines E-Bike während so einer großen Tour an dem ein oder anderen Teil Verschleiß auftritt, haben wir uns in letzter Zeit immer mal wieder nach Fahrradläden umgesehen, wenn wir in Städten unterwegs waren. Doch leider ohne Erfolg: Wirklich ALLE hatten Wartzeiten bis weit in den Juni, und das ist für uns natürlich unmöglich. Noch dazu hatte keiner ein ganz bestimmtes und dringend benötigtes Ersatzteil auf Lager: Ein Ritzel, welches sich am Motor befindet. Problematisch dabei ist, dass sie nicht vernünftig in die Gänge schalten kann, ohne das es unangenehme Krach- und Knarzgeräusche gibt. Der niedrigste und höchste Gang funktionieren noch dazu überhaupt nicht mehr. Dazu kommt, dass direkt mehrere Teile ausgetauscht werden müssen, wie zB. die Kasette und Kette. Dies bestätigten uns die letzten 6! Zweiradmechaniker, bei denen wir angefragt hatten.

Doch wir geben die Hoffnung nicht auf, und so suchen wir uns vorab für Morgen schon mal einen Laden in der Nähe aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir jemanden finden, der 1. das richtige Ersatzteil da hat und 2. sofort anfangen könnte, am Fahrrad zu arbeiten, liegt nahezu bei null. Probieren müssen wir es dennoch, denn so kann Celine unmöglich weiterfahren - vor allem, wenn man bedenkt, dass es in den kommenden Tagen schon nach Finnland geht.

Die restliche Zeit des Tages nutzen wir, um uns einen kleinen Eindruck von der Stadt zu verschaffen, bevor wir in ein Restaurant einkehren und ein kleines, aber leckeres Abendessen genießen. Anschließend schlendern wir noch ein bisschen durch Riga, und während die untergehende Sonne noch unsere Haut wärmt, sagen wir schon mal: Bis morgen! 

 

Glück muss man haben

Lettland, Riga 
23.05.2023

Nach einem leckeren Frühstück mit Melone, Toast & Spiegelei machen wir uns direkt daran, Riga zu erkunden. Dabei steht der Besuch im Fahrradladen an erster Stelle, und so machen Malte und ich uns auf durch die schönen Parkanlagen und die Altstadt. 

Inmitten eines großen Platzes, der von Restaurants, Bars und einer großen Kirche umkreist ist, steht ein riesiger LED-Cube und überträgt die aktuelle Hockey WM live. Drum herum sind gepolsterte Sitzbänke aus Europaletten und Sitzsäcke verteilt. Wirklich schön und kostenfrei für jeden, der daran Interesse hat. 

Wenige Meter davon befindet sich der Fahrradladen. Er ist in etwa so groß wie ein Schuhkarton und bis oben hin vollgestopft mit Fahrrädern. Durch einen schmalen Gang erreicht man eine Werkstatt, in der man gerade so zu zweit stehen kann. 

Normalerweise werden hier nur Fahrräder verliehen und Segway-Touren durch Riga organisiert. Es ist extrem eng, und der komplette Flur steht voll mit Fahrrädern, die noch repariert werden müssen. 

Unsere Hoffnung, hier irgendetwas zu erreichen, ist - gelinde gesagt - sehr gering. Wir werden von einem schlaksigen jungen Mann bemerkt, der im Türrahmen steht. Nachdem er uns begrüßt hat, erklären wir ihm, welches Problem wir haben und was andere Mechaniker uns im Laufe der Zeit so gesagt haben.

Wir rechnen mit dem üblichen "Sorry Leute, aber das Teil haben wir leider nicht da, und selbst wenn wir es hätten, könnt ihr gerne im Juli nochmal anfragen..."

Doch zu unserer Überraschung nimmt er mein Fahrrad und schaut es sich zumindest mal an. Das benötigte Ritzel hat er zwar auch nicht auf Lager, aber er fotografiert das an meinem Rad. Wir sind fast 45 Minuten hier und erklären ihm, dass wir uns auf einer Europatour befinden und so leider nicht weiter kommen. 

Als er für einen kurzen Augenblick eine Denkerpose einnimmt, hören wir es förmlich in seinem Kopf rattern. Wir stehen etwas hilflos herum, während er Fotos von meinem Fahrrad an seine Whatsappkontakte schickt und lange und viel telefoniert.

Und dann sagt er zu uns die erlösenden Worte!

"Ich kenne da jemanden aus einem anderen Fahrradladen am Ende der Stadt, der dieses Teil vielleicht hat. Ich kann es heute Abend nach Feierabend abholen und dann schauen wir mal weiter."

Malte und ich schauen uns lange an und sind komplett sprachlos. Dieser herzensgute Mensch, der vor uns noch gefühlt 100 andere Fahrräder als Reparaturaufträge hier stehen hat, würde uns wirklich sofort helfen und vorziehen. Unglaublich.

Glücklich erklären wir ihm, das wir morgen eigentlich weiter wollen - aber selbstverständlich den Tag in Riga warten würden, bis er es geschafft hat, mein Fahrrad fit zu machen. Er stimmt zu und verspricht uns, sich zu melden, sobald alles fertig wäre.

Das wäre der absolute Jackpot! Noch immer etwas ungläubig verlassen wir den kleinen Laden und machen uns auf die Suche nach einem netten Lokal, wo wir zum Lunch was essen können. Und da wir sowieso schon mal in der Altstadt sind, können wir auch ruhig ein zweites mal frühstücken. Die Sonne scheint uns ins Gesicht, während wir es uns auf den Paletten gemütlich machen und uns das Hockeyspiel auf dem Cube ansehen.

Zurück im Apartment wird erstmal Wäsche gewaschen. Doch auch den Blog schreiben wir weiter - und entspannen natürlich auch einfach mal auf der Couch. Je mehr sich der Tag dem Ende neigt, desto gespannter werde ich, wie es morgen um mein Fahrrad steht. 

Nach all den Absagen ist es schwer daran zu glauben, endlich Glück zu haben... wir werden sehen. Doch bis es soweit ist, sagen wir...

...Gute Nacht ihr Lieben!

Hängematten bei Nacht

Lettland, Carnikava
24.05.2023

Für gewöhnlich starten wir spätestens um 12 Uhr morgens unsere Tour, doch heute... heute läuft alles anders.

Wir hatten mit dem Herrn von Fahrradladen gestern ausgemacht, dass wir im Verlauf des Morgens mal reinschauen. Gesagt, getan. Wir laufen den bekannten Weg entlang, wieder vorbei am großen Livehockey-Cube und durch die schönen Parks. Die Zeit nutzen wir direkt mal, um einen ausgiebigen Spaziergang mit Lucy zu machen. Am Laden angekommen, sehen wir mein Fahrrad, noch immer aufgebockt und zumindest schon mal ohne Räder, in der Werkstatt stehen. Aber weit und breit keine Spur vom Mechaniker unseres Vertrauens. 

Nicht schlimm, wir wollen ja jetzt auch nicht unnötig nerven. Und so wird der sonnige Morgen genutzt, um Riga weiter zu erkunden. An jeder Ecke gibts was zu sehen, und es ist wirklich schön. Nach einem leckeren Snack bei Hesburger legen wir uns schließlich auf die Wiese vor der Kirche.

Wenig später machen wir Bekanntschaft mit Sonja und Ed, liebe Grüße an euch :)! Sie sind sind auf unser Kennzeichen an Maltes Hänger aufmerksam geworden, und haben vom Cafe gegenüber schon mal ein bisschen recherchiert. 

Die beiden sind super sympathisch und machen selbst eine große Reise mit Ihrem Camper "Thaddel" und den beiden Klapprädern "James & Sophie".

Wir sind auf Anhieb auf einer Wellenlänge und erzählen uns gegenseitig von unseren Reisen. Eine wirklich schöne Begegnung!

Nach einem Abschiedsfoto machen wir uns wieder auf den Weg zum Fahrradladen. Dort angekommen können wir es kaum glauben: Der nette Mann hat es tatsächlich geschafft, alle Teile zu organisieren die wir zur Weiterfahrt benötigen. Er schildert uns, dass er heute Morgen nochmal unterwegs war um alle nötigen Sachen zu besorgen. Neben den benötigten Ersatzteilen zeigt er uns darüber hinaus noch Mängel an der Bremse sowie Luftdruck in der Feder. 

Doch auch darum will er sich kümmern, und wir sollen uns keine Sorgen machen. Allerdings kann die ganze Sache inklusive Einbau, Prüfung usw. noch etwas dauern... Doch ich bin einfach nur happy, und versicher ihm: "Kein Problem!"

Halten wir mal fest: Er fährt gestern nach Feierabend ans Ende der Stadt, um bei einem Kollegen, der bei der Konkurrenz arbeitet, unser Ersatzteil aufzutreiben, und heute morgen besorgt er die restlichen benötigten Teile. Dann stellt er bei einem Check-up weitere Mängel fest, die er dann AUCH noch beseitigt... wir sind dem Mann unendlich dankbar.

Wenn man bedenkt, dass die reguläre Wartezeit aktuel bis Juli geht - die ganzen kaputten oder halb reparierten Fahrräder im Laden sprechen wohl auch dafür - dann waren wir wohl wirklich zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Um 19:00, nach einer weiteren Tour durch Riga und einem Besuch bei McDonalds, kommt der finale Anruf: Alles ist fertig! Mein Fahrrad sieht durch die neuen Teile aus wie neu, und darüber hinaus hat er auch noch das komplette Rad einer gründlichen Reinigung unterzogen - und die fleißigen Leser wissen um die Art des Schmutzes, der noch am Fahrrad hing.

Wir bedanken uns mit einem ordentlichen Trinkgeld und starten in den Abend, denn ein paar Kilometer wollen wir heute trotzdem noch machen. Doch jetzt können wir unsere Reise wesentlich entspannter fortsetzen.

Mein Fahrrad fährt sich wie am ersten Tag und auch das Schalten klappt einwandfrei. So kann ich völlig beruhigt in die Skandinavischen Länder aufbrechen.

Wir fahren weiter, bis die Sonne untergeht. In wenigen Kilometern haben wir nur noch die Möglichkeit, die immer noch sehr stark befahrene Bundesstraße zu nehmen. Wir entscheiden uns dazu, nach einem geeigneten Schlafplatz Ausschau zu halten, und schon nach einem kurzen Augenblick erspähe ich in der Ferne einen kleinen Parkabschnitt, an dem irgendetwas seltsam anmutet. 

Als wir näher kommen, wissen wir auch was. Zwischen den Bäumen sind Hängematten gespannt.

Was für eine Einladung! Solche Chancen bieten sich nur selten, kein harter Boden und wir müssen kein Zelt aufbauen. Ohne lange zu überlegen machen wir es uns in den Hängematten gemütlich. Ab und an fährt mal ein Zug vorbei, doch ansonsten ist dieser Platz perfekt... wir hoffen, dass es heute Nacht nicht anfängt zu regnen, und verabschieden uns mit einem glücklichen...

Bis morgen!

Sonne, Strand & Meer

Lettland,  Ainaži
25.05.2023

Um 5:30 klingelt der Wecker und es ist bereits hell. Noch etwas müde kriechen wir aus Schlafsack und Hängematten. Dafür, dass wir direkt an einem Bahnübergang und 10 Meter neben der Straße genächtigt hatten, war die Nacht ganz okay. Wir packen unser Zeug zusammen, füttern Lucy und schwingen uns auf die Räder. Es geht noch ein Stück die Straße entlang, ehe wir uns plötzlich im Wald wieder finden.

Die Sonne steht noch sehr tief, während wir durch den Wald fahren, und das um die Bäume spielende Licht gibt ein wunderschönes Bild ab. Als wir an einem See vorbei kommen, dessen Oberfläche so glatt wie Glas scheint, nutzen wir die Gelegenheit für einen Drohnenflug.

Im Wald ist es bis auf ein paar Vögel absolut still. Nichts ist laut, keiner nervt & nichts stört diesen Moment... Perfekt.

Unsere Fahrt wird immer wieder durch sandige Abschnitte unterbrochen, aber in Anbetracht der schönen Umgebung stört uns das diesesmal nichtmal ansatzweise.

Wir verbringen fast 2 Stunden dieses Morgens in dem Waldabschnitt, bis wir wieder zurück auf die Bundesstraße kommen. Ein "Vorsicht Elche"- Schild signalisiert uns, das wir uns langsam aber sicher dem mächtigen Skandinavien nähern.

Und dann, nach knapp 20 weiteren Kilometern, erscheint zu unserer Linken das Meer. Durch eine kleine Abzweigung fahren wir genau in der Mitte: Links das Meer und rechts von uns der ruhige Wald. Wir beschließen, dass dies der perfekte Ort ist, um eine Pause einzulegen - und das machen wir natürlich direkt am Meer! 

Die Sonne strahlt und die Stimmung ist richtig gut. Zurück am Meer zu sein ist für Celine immer wie nach Hause kommen - in ihrer Kindheit hat sie mehrere Jahre in Spanien direkt am Meer gelebt.

Aufgrund der etwas zu kurz geratenen Nacht, bleiben wir noch etwas dort liegen und lassen Lucy währenddessen ein bisschen den Strand erkunden. Endlich wieder am Meer. Wir, vor allem Celine, sind grade richtig glücklich. Doch irgendwann müssen wir leider weiterfahren, und so verabschieden wir uns von dem tollen Anblick, und nehmen wieder Fahrt auf.

Nach ein paar kleinen Baustellen, die wir aber problemlos befahren können, erreichen wir auch schon unsere heutige Unterkunft, die sich knapp 2 Kilometer vor der Grenze Estlands befindet.

Wir laufen noch schnell eine kleine Gassirunde mit Lucy, bevor wir ein paar Telefonate mit Freunden und Famlie führen. Dort erfahren wir unter anderem, dass unser Paket mit nicht mehr benötigten Sachen sicher Zuhause angekommen ist und es allen gut geht. Super! Dann wird noch schnell eine Kleinigkeit gegessen, bevor es anschließend ins Bett geht. Gute Nacht! Wir freuen uns auf Morgen!

Estland

Tierarzt für Finnland

Estland, Pärnu 
26.05.2023

Als wir heute morgen aufstehen, erhalten Malte und ich fast zeitgleich die Nachricht, dass unser Interview mit der WAZ & NRZ veröffentlicht wurde. Hurra! Wir freuen uns. Es ist ein wirklich gelungener Beitrag geworden, der unsere Reise und unsere Sicht darüber sehr gut wiedergibt. 

An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an Jory und Julian!

Das Interview verteilt sich bei Familie und Freunden wie ein Lauffeuer, und binnen weniger Stunden sind auch die Auswirkungen auf unseren Blog schon deutlich zu spüren! 

Es freut uns sehr, dass wir nun noch mehr Menschen mit auf unsere Reise nehmen und an unseren Strapazen und Abenteuern teilhaben lassen können.

Wir erreichen nach 1,7 Kilometern Estland - wo wir für heute auch einen Tierarzttermin für Lucy haben. Diesen haben wir sicherheitshalber bereits in Riga gebucht. 

Um nach Finnland mit einem Hund einreisen zu dürfen, benötigt man eine Bescheinigung darüber, dass der Hund gesund ist. Dazu wird im Tierausweis bestätigt, das eine Wurmkur verabreicht wurde.

Der Termin ist um 17:00 Uhr, also haben wir während unserer Fahrt die Küste entlang immer mal wieder Zeit zu pausieren, um das, was wir auf der Reise sehen und erleben, auch genießen zu können

Aktuell habe ich zum Glück so gut wie keine Knieschmerzen mehr. Das liegt zum großen Teil daran, dass ich wieder vernünftig schalten kann und die Strecke hier überwiegend gerade verläuft. Keine Hügel, keine Berge - eine willkommene Abwechslung zu den vorherigen Ländern.

Die heutige Tour geht nur 66 Kilometer, und wie sind echt froh, vorgestern noch ein paar Kilometer geschafft zu haben, damit wir uns jetzt nicht wegen Terminen abhetzen müssen. Leider bleibt uns hier keine andere Möglichkeit, als sehr viel auf der Bundesstraße zu fahren, aber die Sonne scheint und alle nehmen viel Rücksicht auf uns. 

Als wir schließlich unsere Unterkunft erreichen, ist die Besitzerin erst mal völlig aus dem Häuschen als sie Lucy aus Ihrem Anhänger hüpfen sieht! Und während unser Hund fast kaputtgeknuddelt wird, stellen wir unsere Räder derweil in einem seperaten Raum ab. Der Tierarztbesuch verläuft absolut problemlos und wir erhalten die nötigen Unterlagen - es könnte kaum besser sein! Dann wird noch schnell was für heute Abend eingekauft, und da wir auch eine Küche zu Verfügung haben, gibt es mal wieder etwas Warmes zu essen. Lecker!

Um den Tag anschließend schön ausklingen zu lassen, gehen wir noch für eine lange Zeit an den Strand, der sich praktischerweise nur 400 Meter vor unserer Türe befindet.

Als Sonne sich dem Untergang nähert, schlendern wir noch etwas durch den warmen Sand, und spielen die letzten Minuten des Tages mit Lucy. Mal sehen was uns morgen erwartet... wir sind gespannt! Bis bald, ihr Lieben!

Viel zu kalt

Estland, Varbola
27.05.2023

Guten Morgen! Während die Vermieterin Lucy nochmal ordentlich durchknuddelt, packen wir unsere Sachen für die anstehende Tour. 

Morgen werden wir Finnland erreichen! Ein Gedanke, der uns über den ganzen Tag hinweg antreibt, denn auch wenn die Tour bis jetzt tolle Momente für uns bereit hielt, freuen wir uns doch am meisten auf den skandinavischen Teil.

Für uns steht bereits am morgen fest, dass wir nächste Nacht wieder campen werden, weswegen wir uns gar nicht erst um eine Unterkunft bemühen. Inzwischen geht die Sonne sowieso wesentlich später unter... und in wenigen Wochen werden wir auch nachts Sonnenschein erleben! Wir freuen uns!

Der heutige Weg führt größtenteils wieder über die Bundesstraße, aber immer wieder ergeben sich kleinere Abschnitte, in denen wir parallel zur Straße auf kleineren Wald- oder Feldwegen fahren können.

Besonders toll: Inzwischen ist unsere Tour auch in den Zeitungen gedruckt worden - und wir bekommen nochmal einen ordentlich Schub an Glückwünschen und lieben Worten zugesendet! Vielen lieben Dank an Euch!

Wir fahren bis spät in den Abend. Es ist bereits 22:30 Uhr, doch wir finden durchgehend bloß mittelmäßige Spots, die sich nicht wirklich gut zum Übernachten eignen. Doch nachdem wir uns nochmal aufraffen und ein Stück weiterfahren, erreichen wir nach ca. 5 Kilometern eine Wiese, die durch eine kleine Zufahrt erreichbar ist. Nach eingehender Prüfung stellen wir fest: Außer uns ist hier weit und breit niemand. Und so bereiten wir müde und abgekämpft unser Lager für die Nacht vor.

Plane ausgebreitet und Schlafsäcke raus, und dann... doch so ganz entspannen können wir uns noch nicht, denn mit jeder Minute wird es merklich kühler. Um kurz vor 12 entscheiden wir uns dann doch noch dazu, das Zelt aufzubauen. (Im Nachhinein eine wirklich gute Entscheidung, denn die Temperatur soll noch auf knapp 3°C in dieser Nacht fallen)...

Wir reden noch etwas, teilen die Vorfreude auf Finnland und unterhalten uns vor allem über - EUCH! Euch Leser, die diesen Blog teilweise seit Tag 1 verfolgen, die uns unterstützen, begleiten motivieren und ermutigen - und somit ein Teil unseres großen Abenteuers wurden. 

Auch wir lesen uns ab und an Beiträge von vorherigen Erlebnissen durch, und manchmal müssen selbst wir mit dem Kopf schütteln und begreifen, wie wahnsinning das eigentlich alles ist, was wir hier machen und erleben.

Mit viel Freude auf die skandinavischen Länder und Freude darüber, dass ihr weiterhin Teil dieser Reise seid, sagen wir euch ein liebes...

...Danke und gute Nacht! 

Finnland

So viel an einem Tag

Finnland, Vantaa
28.05.2023

Wir sind gestern Abend noch so weit gekommen, dass wir jetzt nur noch knapp 50 Km von Tallinn entfernt sind. Das Zelt ist kaum nass, und da wir noch etwas länger liegen bleiben, ist es sogar schon wieder trocken, als wir alles verstauen. Auf kaum einen anderen Abschnitt dieser Reise haben wir uns so sehr gefreut wie auf diesen - und so machen wir uns auf den Weg nach Tallin. Die 50 Kilomater sind wirklich schnell runtergebrochen, und dann erreichen wir die Hauptstadt Estlands! Unser erstes und wichtigstes Ziel ist natürlich der Hafen. Dort angekommen besorgen wir uns Tickets für die nächstmögliche Überfahrt. 

Die Fähren fahren die knapp 2 1/2 Stunden lange Strecke ca alle ca 2-3 Stunden ab, und so haben wir noch genügend Zeit, um eine Kleinigkeit zu essen, bevor es los geht. Als wir am Schalter erwähnen, dass wir einen Hund dabei haben, will man weder den Tierschutzausweis noch das Zertifikat vom Doktor sehen. Das will man übrigens zu keinem Zeitpunkt mehr - weder beim Check-in noch bei der Ankunft in Finnland. Vielleicht werden die benötigten Unterlagen nur stichprobenartig kontrolliert, jedenfalls wollte man von uns nichts dergleichen haben.

Dann ist es soweit. Die Abfahrt ist um 16.30, doch ab 15:00 ist bereits Boarding. Wir sind einer der ersten, und allmählich sind wir wirklich aufgeregt. Endlich! Wir werden der Fahrrad/Motorrad-Spur vor dem Schiff zugeteilt und nutzen die Zeit, um uns für die Überfahrt etwas gemütlicheres anzuziehen. Dann gehts los, und schon wenig später ruft uns ein Mitarbeiter zu sich. Fahrräder dürfen vor allen anderen fahren, und so gehts die Rampe hoch und durch noch eine völlig leere Fähre, wo wir unsere Räder und Anhänger sicher an einem der Fahrradständer festmachen.

Wir verbringen die meiste Zeit auf dem Sonnendeck, nicht zuletzt weil wir mit Lucy kaum irgendwo anders hindürfen. Celine macht an Deck ein kleines Nickerchen, während ich mich im Dutyfree dezent über die Toblerone-Pyramide hermache. Nachdem ich mich mit etwas mehr als einem Kilo Toblerone eingedeckt habe und zurück bei Celine bin, können wir am Horizont bereits die ersten Umrisse von Helsinki erkennen. Die Durchsage, dass sich die Passagiere allmählich zu ihren Autos begeben können, bringt auch uns in Bewegung. Wir packen unser Zeug und unseren Hund und schließen uns dem Strom der Leute an, die ebenfalls nach unten wollen. Als wir an den Rädern ankommen, steigt die Anspannung langsam, und die Vorfreude dringt uns aus jeder Pore. Dann öffnet sich die Luke, und zusammen mit 2 anderen Fahrradfahrern und einem Haufen Autos verlassen wir die Fähre - endlich angekommen. Wir sind überglücklich und brauchen einen Moment, um alle Sachen umzupacken, ehe wir unsere Tour zum heutigen Ziel fortsetzen.

Ursprünglich war der Plan, dass wir in Helsinki einen Pausentag einlegen. Doch die Preise für einfache Unterkünfte sind exorbitant hoch, und außerdem ist unser Interesse am Landesinneren viel höher. Deswegen verschieben wir den Pausentag erst einmal, und suchen uns eine Unterkunft abseits der Hauptstadt. Knapp 16 Kilometer außerhalb Helsinkis werden wir fündig. Auf dem Weg dorthin kommen wir schon an riesigen Felsen vorbei, groß wie LKW´s - ein typisches Erscheinungsbild im skandinavischen Raum. Wir werden auf unserer Tour durch die Stadt von einer riesen Truppe schwarzgekleideter Menschen begleitet, und denken noch "Schön, die leben ihren Opferkult auf offener Straße aus", bis wir bemerken, dass alle zum Olympiastadion unterwegs sind. Und kurz darauf wissen wir auch, warum.

Rammstein spielt heute Abend, und die Straßen sind voller Finnen, die lauthals versuchen deutsche Liedtexte mitzugrölen. Besagte Finnen sind in vielerlei Hinsicht sehr gut drauf. Auch wir überlegen einen kurzen Augenblick, uns das Konzert von außen anzuhören, vor allem auch, da wir direkt davorstehen und sogar einen Teil der Bühne sehen können. Doch letzten Endes wollen wir nach einem langen Tag wie diesem einfach nur ankommen, und ein Rammsteinkonzert holen wir sicherlich mal nach. Davon abgesehen sind wir uns sicher, dass egal, wo wir heute sind, ganz Finnland Rammstein hören wird - ob gewollt oder nicht.

Der Weg, den wir fahren, ist sehr hügelig, teils wie in Polen, nur mit wesentlich mehr Natur um uns herum. Die Straßen und Fahrradwege sind in einem guten Zustand und es ist außerordentlich sauber. Wir genehmigen uns noch 2 Menüs bei Mcdonalds zum Schnäppchenpreis von ca. 30€, bevor wir schließlich in unserer Unterkunft ankommen. Skandinavien ist zwar sehr schön, hat aber auch seinen Preis. Der Liter Benzin kostet hier überall ca. 2€ - gut, dass wir keins brauchen.

Nach einem längeren Telefonat mit zwei sehr lieben Menschen, machen wir uns dann ganz allmählich auf den Weg ins Bett. Es ist 23:30 Uhr und noch immer hell draußen, doch wir sind so müde, dass Einschlafen kein Problem sein wird. Und deswegen sagen wir jetzt schon mal... Gute Nacht und bis morgen!

Ruhe, Stille und ab und zu ein Auto

Finnland, Herrala
29.05.2023

Das Fahren durch Finnland macht einfach richtig Spaß. Auch wenn es teilweise wirklich anstrengend ist, kann man der Natur kaum näher kommen als hier. Und da wir es kaum erwarten können, loszulegen, machen wir uns nach einem kurzen Einkauf der nötigsten Dinge auch schon auf den Weg.

Heute steht wieder Campen auf dem Plan! Das ist hier nämlich dank des Jedermannsrechts wesentlich einfacher als in Deutschland. Dieses Recht besagt, dass die Natur allen gehört, und deswegen von jedem zum Campen, Übernachten oder zur Ernte genutzt werden darf. 

 

Wir fahren an großen Felsvorsprüngen vorbei und sehen in der Ferne die ersten typischen "Schwedenhäuschen". Traditionell in rot/weiß, seltener in gelb/weiß, sind diese überall in der Landschaft verteilt. Auch auf den höheren Passagen der  hügeligen Straße, hat man einen guten Überblick über die Landschaft, und sieht die kleinen Häuschen überall aufblitzen und hervorstechen.

Als Kind bin ich 13 Mal mit meinen Eltern und meiner Schwester in Schweden gewesen, jedesmal für mehrere Wochen. Und ich muss sagen, diese Tour bringt EINIGE sehr schöne Kindheitserinerungen wieder hoch. Auch Celine ist begeistert von der einzigartigen Natur, den kleinen Häusern und Seen, sowie den tiefen Wäldern, die zusammen das charmant-romantische Bild Skandinaviens ergeben.

Die Straßen sind lang, gut ausgebaut - und einsam. Es ist unglaublich ruhig. Ab und zu kommt uns ein Auto entgegen, und eine halbe Stunde später überholt uns eins. Das wars. Nach 92 Kilometern Fahrt erreichen wir dann schließlich einen See, auf dessen Wiese Lucy sich austoben kann, während wir ein kleines, aber nötiges Nickerchen machen.

Dann geht es weiter. Ab und zu probieren wir kleine Feldwege und Nebenstraßen aus, auch in der Hoffnung, bald einen geeigneten Platz zum Zelten zu finden. Doch dank ein paar Drohnenflügen finden wir relativ schnell einen schönen Spot, eine große Wiese hinter einem Bauernhof. Also: Plane raus, Zelt aufbauen, Hund versorgen... wir spulen unser Programm ab, und als wir schließlich liegen und über das reden, was wir gesehen und erlebt haben, könnten wir glücklicher nicht sein. 

Gute Nacht! Bis morgen!

Das Haus am See

Finnland, Salonsaaren
30.05.2023

Finnland und seine Fjorde sind der Inbegriff dessen, was man sich unter „Komplett Abschalten und an nichts denken müssen“ vorstellt. Entlang der Fahrradwege, stark ausgeprägten Naturwegen und Bundesstraßen findet man hauptsächlich Natur, und nur selten Anzeichen von Zivilisation. Heute wird das Zelt geschont, denn wir buchen während einer unserer Pausen eine Unterkunft am See. Der Weg dorthin beträgt gerade mal 40 Kilometer, die sich aber durch das ewige Auf und Ab viel länger anfühlen.

Die letzten Kilometer sind besonders hügelig, doch wir können schon von weitem den See und vereinzelte kleine Häuschen darum erkennen. Es gibt 2 Häuser, die direkt am See stehen, und vereinzelte weiter hinten zwischen großen Bäumen mit Waldblick. Und eines dieser 2 Seehäuser gehört für die nächsten 2 Nächte uns!

Es wirkt einfach wie ein Traum. Wie in einem dieser Szenen, wo ein Schriftsteller weit abgeschlagen von der Zivilisation in seiner Hütte sitzt, neben ihm das Kaminfeuer knistert und sein Blick durch ein großes Panoramafenster auf den ruhigen See mit Steg fällt. GENAU SO sieht es hier aus.

Unser Häuschen ist nur 10 Meter vom See entfernt und hat sogar eine eigene Sauna und eine Kaminstelle im Schlafraum. Die Sonne strahlt nach wie vor, und wir kommen erst mal ganz in Ruhe an.

Es gibt ein Gemeinschaftshaus, in dem zusammen gegessen werden kann. Wir haben eigentlich Vorräte, werfen aber mal einen neugierigen Blick rein - und bleiben direkt da, als wir sehen, dass es Buffet gibt. Nachdem wir pappsatt den Weg zum See zurückrollen, schauen wir uns die Sauna mal genauer an. Es ist eine holzbefeuerte Sauna und genügend Holzscheite liegen schon vorbereitet an der Seite. Na dann mal los, denken wir uns, und so schreiten wir zur Tat. 

Nach 30 Minuten Dauerschwitzen wagen wir dann auch noch einen Sprung ins eiskalte Seewasser. Während ich die ersten Bahnen schwimme, steht Celine noch etwas zögerlich am Ufer, zieht es dann aber auch gnadenlos durch. Es ist so bitterkalt, dass ein „man kann sich ja warm schwimmen“ hier nicht zur Geltung kommt. Wir sind schlagartig wach und nach kurzer Zeit im kühlen Nass sprinten wir zurück in die warme Hütte. Das tat unglaublich gut!

Wir machen den Kamin an und man hört es kurz darauf laut knistern. Genau so haben wir uns das alles vorgestellt, wenn wir vor der Reise über Skandinavien geredet haben. Es wird langsam dunkel, und hier heißt langsam wirklich langsam - denn um Mitternacht finnischer Zeit ist es noch ausreichend hell. Schon eine kleine Umgewöhnung, aber kein großes Problem. Lucy legt sich zu uns, das Kaminfeuer flackert im Schlafraum, wir sind satt, sauber und müde... Was für ein toller Tag. Gute Nacht ihr Lieben, wir freuen uns auf morgen mit euch!

Happy Birthday

Finnland, Salonsaaren 31.05.2023

Guten Morgen und Happy Birthday to me! Ich hätte mir für meinen 34. Geburtstag keinen schöneren Ort vorstellen können als diesen hier. Umso glücklicher bin ich, dass wir uns für unseren freien Tag gegen Helsinki entschieden haben, und ihn stattdessen hier verbringen.

Wir schlafen lange aus und nutzen auch alle weiteren Vorzüge, die so ein freier Tag mit sich bringt. Immer mehr Glückwünsche trudeln ein, mein Handy klingelt in einer Tour seit den frühen Morgenstunden. Obwohl das Wetter sich zuzieht und es merklich kühler wird, besteht Celine darauf, loszufahren, um einen Kuchen für mich zu organisieren. "Was ist denn ein Geburtstag ohne Kuchen?"

Generell teile ich ja ihre Ansicht darüber, dass ein Geburtstag ohne Kuchen eher nichts ist... doch das Wetter verschlechtert sich zunehmend! Aber alle Worte nützen nichts - Celine macht tatsächlich auf den Weg zum nächsten Supermarkt. Ich bleibe derweil hier und kümmere mich um den Kamin, um schon Mal wieder für etwas Wärme im Haus zu sorgen.

Als ich gerade neues Feuerholz organisiere, bekomme ich auch schon die ersten Regentropfen zu spüren. Arme Celine, denke ich mir noch, während ich es mir vor dem Kamin gemütlich mache und zuhöre, wie es draußen inzwischen richtig anfängt zu schütten. Ich nutze die Zeit, um mich für die Glückwünsche zu bedanken und mit dem ein oder anderen lieben Menschen zu telefonieren, und nach gut einer Stunde kommt Celine - etwas nasser als beim Aufbruch - zurück in die warme Stube.

Nicht nur Kuchen sonderen auch Melone hat sie organisiert, weil sie weiß, dass ich die liebe - mega!

Ich heize die Saune für die noch immer etwas durchgefrorene Celine an, und schreibe anschließend weiter am Blog. Wie wir bereits gestern feststellen konnten, kann man hier wirklich gut essen, und so führen wir nach dem Abendessen noch ein längeres Gespräch mit dem Koch. Er wohnt nur 5 Kilometer von hier an einem See und sagt, dass er sich auch nach all den Jahren nichts Schöneres vorstellen kann.

Zurück in unserer Hütte heizen wir nochmal ordentlich den Kamin an und planen unsere weitere Strecke. Da die Ortschaften hier teilweise weit über 100 Kilometer von einander entfernt sind, müssen wir zumindest eine grobe Planung vorbereiten. Dabei stellen wir fest, dass die nächstmögliche Unterkunft ca. 160 Kilometer entfernt von hier ist.

Wir sitzen zu dritt noch ein bisschen am Kamin, reden und lassen den Abend gemütlich ausklingen.

Was für ein schöner Geburtstag.

Bis morgen ihr Lieben!

Schneit es gerade?!

Finnland, Lylylahti
01.06.2023

Etwas widerwillig verlassen wir unser schönes Haus am See, doch die nächste Unterkunft ist schon gebucht - in 2 Tagen müssen wir da sein. Nach einem Drohnenflug und einem stärkenden Frühstück gehts zum Check-out. Sogar der Koch kommt nochmal zur Verabschiedung raus, und wir verstricken uns erneut in ein längeres und super freundliches Gespräch. Auch wenn es heute ziemlich kühl ist, scheint zum Glück die Sonne, und nachdem wir uns verabschiedet haben machen uns zur Abfahrt bereit. Gleich zum Anfang ist es gewohnt hügelig. Als wir noch kurz einkaufen gehen, wiegt unser Anhänger hinterher knapp 5 Kilo mehr, was überwiegend auf Getränke zurückzuführen ist.

Am Eingang treffen wir 2 junge Männer, die auch eine große Tour vor sich haben. Sie sind vor 3 Tagen in Helsinki gestartet, wollen in den nördlichsten Teil von Finnland und mit dem Zug anschließend zurück. Als wir ihnen von unserer Reise erzählen fallen sie fast vom Rad. Die beiden leben in Finnland und erzählen uns von guten Fahrradwegen, dem Leben in Finnland und wie die Menschen hier so drauf sind. Nur über das Wetter wundern die beiden sich genau so wie wir, denn für gewöhnlich ist es Anfang Juni bei Weitem nicht so kalt. Wir fahren noch ein Stück zusammen, ehe sie sich verabschieden und uns davon radeln. Eine kurze Pause in einem Cafe führt dem Körper wieder etwas Wärme zu - jedoch gefühlt viel zu wenig.

Wir fahren über unzählige Inseln. Finnland hat fast 180.000 Inseln und 188.000 Seen, und mit jeder weiteren Überquerung scheint es kälter zu werden. Dann gehts so richtig los: Es fängt aus dem Nichts an, wie aus Eimern zu schütten, und wir hasten schnell zu einer Bushaltestelle, um uns umzuziehen. Ca. 3 Kilometer später wird aus dem Regenschauer ein Sturm, und nicht nur das - es hagelt! WAS? Wir haben Anfang Juni, und es hagelt so extrem, dass wir tatsächlich an den Seitenstreifen fahren und anhalten müssen, da es in Kombination mit den kräftigen Windböen schnell anfängt, so richtig weh zu tun. Ein Gefühl von vielen 1000 Nadelstichen. In diesem Moment sind wir froh, dass Lucy wohlbehalten, überdacht und zugedeckt in ihrem Anhänger sitzt. Nach einiger Zeit wird der Wind schließlich sanfter und auch der Hagel nimmt ab. Wir atmen erleichtert durch - bevor wir uns mit offenem Mund anschauen und uns gegenseitig versichern, dass das hier wirklich passiert: Um uns herum hat es gerade angefangen zu schneien. Kleine, aber dennoch gut sichtbare Schneeflocken fallen auf uns herab, während wir mit ungläubigem Blick der Straße folgen. 

Was für ein verrücktes Wetter. Die weiteren Kilometer zeigen, was dieses kleine Stürmchen so angerichtet hat; auf der Straße liegen Bäume und überall sind Äste verteilt. Wir setzen unsere Reise fort und kommen immer wieder an malerischen Anblicken vorbei, die wirken wie aus dem Bilderbuch. Dann, nach einem größeren Anstieg, geht die Straße kilometerweit nur geradeaus. Man kann am Ende einen riesigen See erkennen, während neben uns tiefgrüne Wälder die Straße wie eine unendliche Allee aussehen lassen. Selbst wenn wir es noch so oft fotografieren würden, wäre es unmöglich, diesen Augenblick auch nur ansatzweise wiederzugeben. 

Wir schaffen trotz der Widrigkeiten heute 87 Km und finden einen wirklich tollen Spot zum nächtigen. Gerade als das Zelt steht, hören wir die ersten großen Tropfen aufschlagen. Was für ein Timing! Jetzt aber schnell rein. Unser Zelt bietet genug Platz, um neben den vielen Taschen sogar beide Anhänger im Vorraum unterzubringen. 

Das Thermometer fällt auf knapp 3°C, und während Celine sich in 2 Unterhemden, 1 Pullover und 2 Jacken + Mütze einkuschelt, ziehe ich mir ein Tshirt an. Und auch, wenn wir hier leider keinen Kamin haben, sind wir sehr happy, für diesen Tag endlich angekommen zu sein und im Schlafsack zu liegen. Darum sagen wir nun auch ganz schnell...

...gute Nacht und bis morgen!

Wo bleibt die Sonne?

Finnland, Käyräkatu
02.06.2023

Guten Morgen!

Anders als in Deutschland, wo man aktuell von Sonnenschein und warmen Winden geweckt wird, machen das hier große Regentropfen, die auf unser Zelt fallen. Immerhin ist es hier drin angenehm warm. Was vielleicht auch an den vielen Schichten von T-Shirts und Pullovern liegt, aus denen ich mich beginne rauszupellen, während Malte noch ein bisschen liegen bleibt.

Als auch er letztendlich wach ist, packen wir das noch leicht feuchte Zelt ein und machen uns auf den Weg zu unserer heutigen Unterkunft. Das Wetter verbessert sich nicht wirklich, und so fahren wir überwiegend unter dunkelgrauen Wolken her, die uns quasi stündlich einen Schauer bescheren.

Unsere erste Pause verbringen wir in einer Bushaltestelle, die im gleichen Hyggestyle gebaut ist wie die umstehenden Häuschen, und die sich deshalb perfekt in das charmante Gesamtbild einfügt. Es ist fast gemütlich hier drin!

Außerdem ist das Timing wirklich perfekt, wie sich zeigt - denn während Malte noch die letzten Taschen holt, zieht ein massiver Regenschauer über uns hinweg. Leider interessiert sich das Wetter eher wenig dafür, dass ich eine absolute Frostbeule bin, und bleibt den ganzen Tag über kühl.

Immerhin ein kleines Trostpflaster: Während der Fahrt haben wir fantastische Ausblicke auf die vielen Seen und kleinen Inseln. Außerdem kommen wir an großen Brücken und einer farbenfrohen Kirche aus Holz vorbei, die in den landestypischen Farben Rot/Weiß gestrichen ist.

Neben dem usseligen Wetter dürfen natürlich auch die ordentlichen Anstiege nicht fehlen - und wie so oft wird es gerade kurz vorm Ziel nochmal so richtig heftig. Doch dann haben wir es geschafft und sind froh, im Trockenen zu sein.

Wir packen all unser Zeug ins Appartment, welches diesmal etwas kleiner ist als die vorherigen. Aufgrund dessen muss Maltes Fahrrad vorerst leider in der Dusche parken... aber egal, Hauptsache drin! Wir hängen schnell das immer noch recht klamme Zelt zum trocknen auf, und machen es uns dann ein bisschen gemütlich.

Während Malte noch etwas am Blog schreibt, verschwinde ich in der leider sehr übersichtlichen Küche, und koche uns was Leckeres zu essen. Die langen Touren und dazu das nasskalte Wetter mit teils kräftigem Gegenwind kosten uns verdammt viel Kraft, weswegen wir heute relativ schnell im Bett verschwinden, nachdem wir euch noch schnell eine gute Nacht gewünscht haben!

Bis morgen, ihr Lieben!p

Zelt oder Hütte?

Finnland, Saarijärvi
03.06.2023

Heute zelten wir! Das war zumindest der Plan, aber wie so oft kommt es anders als man denkt. 

Doch davon wissen wir heute morgen noch nichts, und so machen wir uns nach dem Aufstehen erst mal auf den Weg raus aus der Stadt. Leider ist auch heute keine Besserung des Wetters zu erwarten, und so fahren wir immer mal wieder durch den ein oder anderen Schauer. Der Wind, der uns dabei unaufhörlich entgegen kommt, raubt uns unsagbar viel Kraft.

Die Route wechselt zwischen Landstraße, Schotterweg und Waldabschnitt hin und her, wobei uns Letzteres mit am Besten gefällt. Erstens kommen wir so in den Genuss, die unzähligen Seen von nahem zu betrachten, und zweitens ist es im Wald für Lucy natürlich viel spannender als auf einer normalen Straße...

Apropos: Lucy ist selbstverständlich nicht nur im Anhänger vor Regen, Wind und Hagel geschützt, sondern auch außerhalb davon! Mit ihrem gelben Regencape hat sie etwas Ähnlichkeit mit einem kleinen, amerikanischen Schulbus, der langsam neben uns herfährt.

Viele der Seen, an denen wir vorbeikommen, bieten eine Sitzgelegenheit, auf der man es sich während der Pausen gemütlich machen kann. Und von denen brauchen wir heute mehr denn je... 

Denn wenn es nach den vielen Anstiegen tatsächlich mal wieder ein Stück weit runtergeht, peitscht der Wind uns fast zum Stillstand. Doch auch wenn das Wetter teilweise echt auf die Stimmung schlägt, sind wir die meiste Zeit gut drauf.

Wir finden einen riesigen, aber traumhaft gelegenen Campingplatz, eher schon eine Camping Area, die voll ist mit kleinen Hütten - es müssen über 50 Stück sein.

Bei diesem Anblick entscheiden wir uns dann spontan doch dazu, uns eine der Hütten für die Nacht zu nehmen. Und obwohl Celine sehr gerne gezeltet hätte, reicht ein "Da ist eine Heizung in der Hütte" aus, um sie zu überzeugen.

Als wir näher kommen und uns umsehen, bemerken wir verwundert, dass wir die einzigen hier sind. Keine Autos, keine anderen Menschen. Wie... beruhigend. Übernachten auf einem verlassenen Campingplatz am See mitten im Wald, wer jemals einen Horrorfilm gesehen hat, würde jetzt wahrscheinlich machen dass er wegkommt... Aber der Betreiber ist zum Glück super nett, und führt uns auch direkt zu unserer Hütte.

Diese befindet sich zwischen einigen anderen auf einem kleinen Hügel inmitten der Bäume. Durch das immer noch überwiegend nasskalte Wetter riecht alles um uns herum unglaublich frisch.

Von unserer Miniveranda, wo auch unsere Fahrräder stehen, haben wir einen schönen Blick hinuter auf den See. Wir sind froh, uns für die Hütte entschieden zu haben. Sie ist zwar ziemlich spartanisch eingerichtet, hat aber 2 Betten, eine Heizung und einen Tisch - mehr brauchen wir heute Nacht nicht. Und außerdem müssen wir morgen früh nicht noch das nasse Zelt abbauen. Wir wollen nämlich früh los, da die nächstmögliche Unterkunft über 90 Kilometer entfernt ist, und wir zudem keine Ahnung haben, was für Wege uns erwarten...

Inzwischen wird es in der Nacht so gut wie gar nicht mehr dunkel, und selbst um 3 Uhr morgens sieht noch alles aus, als würde es grade dämmern. Doch auch das hält uns nicht vom schlafen ab, denn wir sind müde und ziemlich geschafft nach dem heutigen Tag. Und so sagen wir für heute: Gute Nacht!

Bis morgen!

Modenschau-Marathon

Finnland, Kinnula
04.06.2023

Als wir heute morgen losfahren, liegt noch ein dichter Wolkenteppich im Wald und über dem See.

Die Luftfeuchtigkeit ist so hoch, dass wir den Nebel förmlich schmecken können und es dauert genau 4:17 Minuten bis der Himmel aufreißt und uns mit einer ungewollten Dusche willkommen heißt- na, guten Morgen auch. Immerhin sind wir jetzt wach...

Schnell ziehen wir unsere Regensachen an, Jacke, Hose und Schuhüberzieher. Denn, was viele nicht wissen, es gibt einen Unterschied zwischen wasserabweisend und wasserdicht.

Bestens vorbereitet auf Regen und nahezu rundum wasserdicht fahren wir weiter. Wir kommen ganze 3 Kilometer weit, da scheint die Sonne so klar und stark als hätte sie den ganzen Morgen nichts anderes getan. 

SUPER.

Also heißt es rechts ranfahren und raus aus den Regenklamotten. Etwas genervt von dieser Aktion fahren wir weiter - nur um wenige Minuten später in den nächsten stürmischen Regenschauer zu fahren. Dieses Spielchen findet heute geschlagene 9! Mal statt und kostet neben viel Kraft mindestens genau soviele Nerven.

Nachdem wir die ersten Modenschauen bravourös gemeistert haben, erreichen wir die Bundesstraße, die mit Auf- und Abstiegen nicht geizt... Habe ich erwähnt, das es anfängt zu regnen ?

Wir erfahren, dass das hier der kälteste Mai und Juni seit über 60 Jahren ist, und selbst die Einwohner völlig überrascht darüber sind, wie kalt es immer noch in Finnland ist. Und ich muss sagen, wir sind auch ziemlich froh wenn wir nachher in der warmen Unterkunft angekommen sind...

Für Heute haben wir ein Zimmer in einem typischen Holzhaus, auf das wir uns besonders freuen. Grade bei Malte, der schon viele Male während seinen früheren Urlauben mit der Familie in solchen Häusern gewohnt hat, kommen beim Gedanken daran viele schöne Erinnerungen hoch, und auch ich mag den finnischen Baustil sehr.

Von der Bundesstraße abgehend macht die Route einen Schlenker nach rechts, und wir finden uns, wie so oft, mitten im Wald wieder. Die Straße, wohl eher der Abenteuerweg, der inzwischen nur noch aus Schotter  und Kieseln besteht, ist mit großen Pfützen und Schlaglöchern übersät.

Endlich, wir dachten schon, es könnte langweilig werden... und so begleitet uns dieser Abschnitt fast 25 Kilometer. Wir können unser Häuschen schon von weiter weg erkennen, und die Freude über eine heiße Dusche und etwas warmes zu essen steigt ins Unermessliche. Das Haus liegt unweit eines schönen Sees, und während Malte unser Zimmer einrichtet, schaue ich mir diesen mit Lucy etwas genauer an.

Später sitzen wir zusammen in unserem Häuschen und Malte erzählt mir ein paar der Abenteuer, die er als Kind in Schweden erlebt hat. Kein Wunder, dass er sich so auf Skandinavien gefreut hat, denke ich, während ich seinen Worten lausche. Und nachdem wir etwas gegessen haben, versinken wir auch schon in unseren Betten. Ganz allmählich merken wir, dass unsere Akkus langsam anfangen, sich zu leeren, doch für heute heisst es erstmal: Gute Nacht und bis Morgen!

Mittagsschlaf im Hundekorb

Finnland, Ylivieska
05.06.2023

Obwohl wir gestern schon 90 Kilometer gefahren sind, befindet sich unsere nächstmögliche Unterkunft schon wieder ganze 100 Kilometer entfernt. Mangels Alternative steht fest- Packen wir es an!

Die Strecke teilt sich 50/50 auf. Eine Hälfte über die Straße, die andere durch dichte und ruhige Wälder. Das Beste aber ist, dass es heute überwiegend trocken bleibt und es nur noch moderat hügelig ist. Das steigert die Freude am Fahren um ein Vielfaches, und nach einem kleinen Einkauf für die Tour starten wir mit Musik in den Ohren und Crossaints in der Hand in den Tag.

Die Straße entlang passiert nicht wirklich viel Spektakuläres - genau genommen fahren wir nur sehr stumpf gradeaus. Lediglich die Natur um uns herum durchbricht die Monotonie immer mal wieder. Als wir in den Waldabschnitt kommen, wird es an sich nicht wesentlich spannender... aber immerhin sind wir im Wald!

Wir merken, dass unsere Körper, gerade in den letzten Tagen durch Finnland, viel mitgemacht haben. Darum entscheiden wir uns für eine längere Frühstückspause im Wald, die in einem 1-stündigen Powernap endet. Malte, der wirklich ununterbrochen durchpumpt, zieht sich kurzerhand das weiche Hundekörbchen aus Lucys Anhänger und legt sich rein. Als wir wach werden, ist unser Körper etwas dankbarer als vorher, und es geht weiter.

Die Sonne scheint - und das tut vorallem nach den vielen Regentagen unsagbar gut. Die ca. 50 Kilometer lange Waldstrecke besteht größtenteils aus Schotter, was ein entspanntes ausrollen leider unmöglich macht.

Die tiefen Wälder um uns herum erstrecken sich kilometerweit in alle Richtungen, doch aufgrund der starken Vegetation können wir teilweise nur wenige Meter hineinschauen. Nach etlichen Kilometern mit Blick ins dichte Grün, macht die Fantasie sich irgendwann selbstständig und man fängt an, alle möglichen Dinge zu erkennen: 

Von einem Schwarzbär, der sich als umgefallene Baumwurzel erweist bis hin zur Elchparade bilden wir uns jede Menge ein. Es wird höchste Zeit das wir aus diesem Wald kommen...

Im letzten Abschnitt geht es durch eine kleine Stadtgemeinde, und uns fällt sofort ein chinesisches Restauraunt auf. Lecker! Da es sich nur wenige hundert Meter von unserer Unterkunft befindet, beschließen wir, den Abend bei einer leckeren Ente süß-sauer ausklingen zulassen. Doch zuvor müssen wir Anhänger und Räder in unser Appartement bringen, und zwar über eine WENDELTREPPE NACH OBEN...

Wie zum Ausgleich für die Strapazen beinhaltet das Badezimmer eine Sauna, die von Celine später noch ausgiebig getestet wird. Wir packen unser Zeug aus und können es kaum erwarten, ins Restaurant zu kommen. Und wirklich - das Essen schmeckt hervorragend. So lässt es sich aushalten.

Dennoch gehen wir danach relativ früh ins Bett, um unseren Körpern soviel Ruhe wie möglich zu gönnen. Und darum sagen wir: Tschüss, bis morgen, und gute Nacht euch allen!

 

Kein Hütten- zauber

Finnland, Vihanti 06.06.2023

Nach Tagen des Regens haben wir endlich mal wieder richtig viel Sonne. In der Nähe unserer Unterkunft befindet sich ein schöner Park, direkt an einem Fluss. Dort machen wir, bevor wir die heutige Tour starten, mit Lucy einen ausgiebigen Spaziergang.

Für die nächste Übernachtung haben wir über Google eine Schutzhütte an einem See aufindig gemacht, an dem wir campieren wollen.

Diese Schutzhütten stehen verteilt im ganzen skandinavischen Raum. Meist in der Nähe von Wander-und Fahrradwegen, die tief im Wald liegen, aber auch an ruhigen Orten wie an Seen. Die meisten dieser Hütten haben eine Feuerstelle vor dem Haus, wobei manche sogar so groß sind, dass sich diese im Inneren befinden. Brennholz gibt es auch ausreichend. 

Konzipiert für den Fall, dass man rasten muss, nicht mehr vor Einbruch der Nacht nach Hause kommt oder weshalb auch immer man dort Schutz sucht, können diese kleinen Häuschen komplett kostenlos genutzt werden.

Es wird lediglich drum gebeten, den Platz so zu verlassen, wie man ihn vorgefunden hat. Also Müll mitnehmen und auch etwas Feuerholz nachlegen, wenn man welches benutzt hat. Hierzu stehen häufig kleine Schuppen mit Brennholz direkt neben den Häuschen und werden von Bauern und Förstern regelmäßig befüllt. Ein wirklich tolles Konzept, und ein schönes "Für einander da sein" was die Finnen, Norweger und Schweden hier haben!

Ähnlich wie gestern, entscheiden wir uns in unserer Pause für ein kleines Nickerchen am Waldrand. Aus diesem Powernapping sind mehr als 2 Stunden geworden, was uns zeigt, dass es bald mal wieder Zeit für einen Pausentag ist... 

Doch nach ein paar Aufwärm- und Dehnübungen ist der Kreislauf wieder oben und wir fahren weiter. In der Luft liegt plötzlich der Geruch von Teer und Diesel, und nach der nächsten Kurve wissen wir auch, warum. Direkt vor uns wird neu asphaltiert, und über ein Ampelsystem der Verkehr gesteuert.

Glücklicherweise bietet der Seitenstreifen genügend Abstand zur Baustelle, sodass wir problemlos an allen Autos und Baumaschinen vorbeischleichen können.

Als wir uns dem See nähern, der wirklich einen schönen Anblick bietet, suchen wir etwas verdutzt nach unserer heute morgen rausgesuchten Hütte zum Übernachten. Doch, Überraschung: offenbar gibt es diese nicht mehr! Und wie so oft müsste dies in Google mal aktualisiert werden... 

Was solls. Da wir ein Zelt haben, nutzen wir halt das, und machen es uns während des unenedlichen Sonnenuntergangs gemütlich. Die Sonne geht inzwischen gar nicht mehr wirklich unter, was immer noch erstaunlich und faszinierend für uns ist, und so sehen und hören wir zu, wie die Natur um uns herum zur Ruhe kommt - bis auch wir zur Ruhe kommen und schlafen gehen...

...bis morgen ihr Lieben!

Frühstück auf dem Turm

Finnland, Kempele
07.06.2023

Schon früh am Morgen werden wir sehr unsanft von tösenden Motorengeräuschen geweckt. Haben wir etwa ohne es zu merken neben einer Rennstrecke gezeltet? Ein kurzer Blick nach draussen verschafft uns Klarheit: Natürlich müssen ausgerechnet jetzt zwei Typen auf Aufsitzmähern genau DIE Wiese schneiden, auf der wir unser Zelt stehen haben!

In Windeseile und nicht wirklich ausgeschlafen, packen wir unsere Sachen schnellstmöglich zusammen und verfrachten erstmal alles auf ein bereits gemähtes Stück Wiese. 

Zeit, um das Zelt ordentlich zu trocknen hatten wir so natürlich nicht, und so packen wir erstmal alles kletschnass vom Morgentau in eine Tüte, bevor wir aufbrechen. Die beiden Herren auf den Mähern (vielen Dank nochmal an dieser Stelle) winken uns zum Abschied noch freundlich zu und dann gehts los. Erstmal einkaufen! Achja, es ist 7:32 Uhr.

 

Die Idee des langen und gemütlichen Ausschlafens hat sich damit wohl erübrigt. Immerhin scheint die Sonne, und Celine erkennt am Horizont einen großen Ausichtsturm. Kurzerhand entschließen wir uns dazu, den Morgen hier doch noch etwas zu verlängern. Und so hängen wir das Zelt zum Trocknen auf, während wir es uns oben im Turm gemütlich machen und erstmal lecker frühstücken.

Die Aussicht ist super, und deshalb nutzen wir die Zeit für einen kleinen Drohnenflug übers Areal. Mit halbwegs vollen Bäuchen und jeder Menge tollem Bild- und Videomaterial im Gepäck, packen wir nach einer halben Stunde das inzwischen getrocknete Zelt und die Plane wieder ein, und machen uns auf den Weg zu unserer heutigen Unterkunft. 

Das Wetter klart immer mehr auf und inzwischen ist es so warm, dass wir mal wieder im Tshirt fahren können! Das Wetter wechselt gefühlt täglich von Sommer auf Winter und zurück.

Inzwischen sind wir ca. 700 Km in Finnland unterwegs und können euch auf jeden Fall versprechen, wenn es darum geht, mal abzuschalten und raus in die Natur zu kommen, ist man hier genau richtig. Viele unserer gefahrenen Strecken hier in Finnland verliefen z.B. durch tiefe Wälder, in denen wir stundenlang weder ein Auto noch andere Menschen zu sehen bekamen.

Nach rund 60 Kilometern erreichen wir heute eine Vorstadt von Oulu, der größten Stadt Nordfinnlands. Doch diese wollen wir uns erst morgen ganz in Ruhe anschauen. Jessica, unsere Vermieterin ist super lieb und zeigt uns alles, was wir brauchen. Auch sie ist sehr von unserer Reise angetan, und wir unterhalten uns noch eine ganze Weile, bevor wir uns ins gemütliche Appartement zurückziehen und uns etwas zu essen machen. Wir haben sogar wieder eine Sauna, die wir aber leider aus Zeitgründen nicht nutzen können, denn morgen gehts wieder früh los. Deswegen heisst es nun auch schon:

...Gute Nacht und bis morgen!

Seit 100 Tagen unterwegs

Finnland, Halttula
08.06.2023

Heute ist unser 100. Tag! 100 Tage sind vergangen, seit wir von unserem Zuhause aus losgefahren sind, nicht wissend, was uns erwartet, aber auf alles vorbereitet. Doch auch wenn das eigentlich ein kleiner Grund zum Feiern ist, merken wir davon nicht viel, denn obwohl wir schon früh wach werden, haben wir sowas von überhaupt keine Lust, auch nur einen einzigen Meter zu fahren. Die Beine sind schlapp und die Motivation kriecht vor uns davon, darum finden wir heute morgen auch mehr Gründe, nicht aufzustehen, als loszulegen.

Aber irgendwann müssen wir leider, und so checken wir so spät wie möglich aus und machen uns kurz nach 12:00 Uhr auf den Weg. Immerhin, die Sonne strahlt und als die ersten 5 Kilometer gestrampelt sind, kommen wir so langsam in die Gänge.

Da Lucy wieder Hundefutter braucht, besuchen wir den zuvor eruierten Tiershop und decken uns mit neuen Snacks für Lucy ein. Und siehe da, ein Mcdonalds! Wir sind immerhin schon 7 Kilometer unterwegs und so haben auch wir uns einen Snack verdient... 

2 Mc Menüs, ein paar Chicken Nuggets und ganze 40!€ später, nehmen wir die nächsten 4 Kilometer in Angriff, ehe wir an einen XXL Outdoorladen vorbei fahren. Da Maltes Matte sowieso defekt ist, können wir uns ja mal umschauen. Und wir können euch sagen, die nehmen Outdoor hier richtig ernst. 

Auf einer Fläche, die in etwa der eines kleinen Baumarkts entspricht, gibt es zwischen Survivalausrüstung, Schuss- und Jagdwaffen sowie Camping-equipment wirklich alles, was das Abenteurerherz höher schlagen lässt. Wir finden eine neue Matte für Malte und ein Fernglas für mich, weil ich schon immer mal eins haben wollte, und machen schon nach weiteren 3 Kilometern die nächste Pause.

Doch wir sind ja nicht auf der Flucht; darum nehmen wir uns heute Zeit für den Tag, und nutzen die Sonne, die endlich mal wieder ihr ganzes Potenzial zeigt, während wir es uns an einem See gemütlich machen. Da wir inzwischen schon 15:20 Uhr haben, aber erst 19 Kilometer gefahren sind, wird uns bewusst, dass das heute ein langer Abend wird - und wir sollten Recht behalten.

Aufgrund der Tatsache, dass es nicht mehr richtig dunkel wird und auch um 22:00 Uhr noch strahlender Sonnenschein herrscht, verliert man nach und nach komplett sein Zeitgefühl - die innere Uhr ist verwirrt und funktioniert nicht mehr richtig. Doch das macht uns nichts aus, und so finden wir uns nach weiteren 60 Kilometern gut gelaunt der Sonne entgegenfahrend auf der Schnellstraße wieder. Leider kommen wir von dieser allerdings nicht so ohne Weiteres runter, da seitlich hohe Schutzzäune den Weg versperren. Darum heisst es: Weiterfahren!

Allerdings müssen wir nicht allzu lang warten, bis die Zäune den Weg wieder freigeben. Nach wenigen Kilometern erreichen wir die 85 Kilometer-Marke für heute und beschließen, uns einen Spot zum Übernachten zu suchen. Auf einer nahe gelegenen Wiese, die hinter einem kleine Waldstück liegt, werden wir fündig. 

Das Zelt ist zügig aufgebaut, und nach einem kleinen Abendessen, welches überwiegend aus Brot, Käse und einer Tafel Schokolade besteht, geht es in den Schlafsack. Ich freue mich dank meiner neuen und funktionierenden Unterlage auf eine angenehme Nacht, während Celine ihr Fernglas noch etwas nutzt, um auf eine kleine Elchsichtung zu gehen. Na dann... viel Glück! 

Und bis morgen!

Zurück am Meer

Finnland, Kemi
09.06.2023

Die Sonne strahlt durch unser großes bordeauxrotes Zelt, und wenn wir keine Uhr hätten, wäre es unmöglich, auch nur halbwegs zu erahnen, wie spät es ist - denn es ist und bleibt auch nachts taghell.

Der Morgen beginnt damit, dass Lucy beherzt von meiner Unterlage springt, und dabei einen ca 10 Cm langen Riss auf der Matte hinterlässt, wodurch diese unverzüglich an Volumen verliert und ich abrupt absinke.

Na super, so habe ich mir den Morgen nun wirklich nicht vorgestellt... Aber es kommt wie es kommt, und so starte ich die ersten Reparaturversuche an meiner Matte, während Malte noch tief und fest schläft. Leider ohne nennenswerten Erfolg.

Nach ein paar weiteren fruchtlosen Versuchen schmeisse ich das Ding frustriert in die Ecke - davon will ich mir nun wirklich nicht den Morgen versauen lassen. Darum entscheide ich mich, die Zeit lieber mit einer entspannten Runde Yoga zu überbrücken, und Lucy über die riesige Wiese zu jagen. 

Als wir dann einige Zeit später losfahren, geht es mir schon besser und auch Malte ist richtig gut drauf.

Heute geht es wieder in eine Unterkunft, und diese liegt sogar nur 45 Kilometer entfernt. Der Weg verläuft diesmal recht unspektakulär, jedoch können wir ein paar wirklich schöne Landschaftsaufnahmen machen.

Die Unterkunft selbst ist sehr einfach gehalten, dafür befindet sie sich aber auch nur ca. 300 Meter vom Strand entfernt. Hurra! Keine Frage, wo wir den Abend heute verbringen werden.

Gesagt, getan: Zu dritt laufen wir Abends den Strand entlang und lassen Lucy sich nochmal richtig auspowern.

Auch Malte ist eine gewisse Erschöpfung an allen Fronten anzumerken, und so nutzen wir den Abend, um zu reden, planen, vorzuschlagen und entscheiden, bis wir uns einig sind: Ab Übermorgen machen wir eine 3-tägige Pause mitten im Wald in einer schönen Blockhütte.

Wir freuen uns sehr darauf mal wieder eine längere Auszeit zu nehmen, was ja auch durchaus ein wichtiger Teil dieser Reise ist.

3 Tage nicht strampeln. Schlafen so lange wir wollen. Nur ausruhen, reden, Zeit für sich haben, mit Lucy spielen, essen, schlafen und alles ohne sich anstrengen zu müssen. 

Bis morgen!

Die erste Schutzhütte

Finnland, Tervola 10.06.2023

Auch heute nutzen wir die Check-out-Grenze bis zur letzten Minute aus. Wir lassen uns Zeit beim Aufstehen, beim Fertigmachen und Zusammenpacken, und fahren pünktlich um 11 Uhr los.

Als wir die Stadt verlassen, sind wir sofort in bester Gesellschaft: Ein Fluss, der Kemijoki, begleitet uns nämlich - und zwar bis zu unserem heutigen Ziel! Dabei mündet er immer wieder in größere Seen, dessen Wasser so blau ist, dass es aussieht wie am PC digital nachbearbeitet. Wir sind begeistert und machen wahnsinnig tolle Bilder!

An einem der Seen machen wir eine kleine Pause. Das Wetter ist fantastisch. Ich führe einen längeren Videocall mit meiner wunderbaren Schwester, während Celine die Chance nutzt und sich einem kleinen Powernap am Strand hingibt.

Als wir weiterfahren, gibt es statt anstrengender Steigungen nur sanft ansteigende Hügel, die beim Runterfahren einen traumhaften Blick auf die Seen bieten, außerdem die ein oder andere große Villa direkt davor, samt eigenem Steg und Boot. 

Während unserer zweiten Pause halten wir schon mal Ausschau nach einem geeigneten Ort zum Schlafen. Mit Erfolg: Wir finden eine Schutzhütte über Komoot. Diese ist allerdings noch etwas weiter entfernt, und so machen wir uns nach einem kleinen Einkauf direkt auf den Weg. Ziemlich beeindruckend ist auf jeden Fall der große Staudamm, über den wir drüberfahren!

Als wir ankommen, sehen wir direkt: Diese Hütte ist ein Glücksgriff. Der Zustand ist optimal und der Blick auf den See vor uns ist einfach perfekt. Wir stellen unsere Fahrräder ab, packen unsere Sachen aus und lassen Lucy erstmal etwas herumtoben. 

Anschließend machen wir uns ein einfaches, aber leckeres Abendbrot, und beobachten den "Sonnenentlanggang", denn hier von einem Sonnenuntergang zu sprechen, wäre schlichtweg falsch. So gleitet die Sonne seitwärts am Horizont entlang, während wir den Ausblick geniessen, unseren Gedanken nachhängen... und uns auf morgen freuen...

Gute Nacht ihr Lieben. Schön, dass ihr da seid!

Schutzhütte am See

Weiter zur Traumhütte

Finnland, Rovaniemi
11.06.2023

Heute ist es soweit: Wir erreichen unsere kleine Hütte im Wald, wo wir 4 Tage bleiben werden. Hier am See hatten wir eine ruhige Nacht, und stehen sehr entspannt und gut durchgeschlafen auf. Zwar müssen wir ein Stück der gestrigen Strecke zurückfahren, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen, doch dieses ist schnell geradelt, und so machen wir uns nach langer Zeit mal wieder höchst motiviert auf den Weg. Eines steht für uns schon morgens fest - aufgrund der Tatsache, dass sich die heutige Unterkunft wirklich tief im Wald befindet, decken wir uns ausreichend mit Proviant ein, so dass wir diesen traumhaften Ort nicht für einen Einkauf verlassen müssen.

Die drei Grundregeln sind schnell geklärt: Essen, schlafen und entspannen.

Nach rund 60 Kilometern, entlang von Bundesstraßen und Fahrradwegen, erreichen wir Rovaniemi. Und da wir bis auf wenige Ausnahmen in jedem Land ein Eis gegessen haben, setzen wir diesen Brauch hier natürlich fort. So machen wir, während wir uns an Schoko-, Erdbeer- und Karameleis erfreuen, eine Einkaufsliste für die nächsten Tage. Da wir auf der Terasse wohl auch einen Grill haben, decken wir uns zusätzlich ordentlich mit Grillfleisch ein. Nun ist es so, dass wir beim Start der Reise darauf geachtet haben, so leicht und platzsparend wie möglich zu packen. Das ist ja eigentlich ganz praktisch, führt jetzt allerdings dazu, dass unsere Anhänger einen Einkauf dieser Größenordnung nicht verkraften. Doch schnell ist Abhilfe geschafft: Lucy muss raus, und Essen muss rein. Bis unters Dach beladen wir Celines Anhänger, und auch bei mir kommt noch irgendwie das ein oder andere Kilo zusammen.

Vollbeladen und mit Freude auf die kommenden Tage, fahren wir aus der Stadt in Richtung Waldabschnitt, von wo aus wir schließlich abbiegen und die Unterkunft ansteuern. Vorbei an großen Steinmassiven und Kiefern, die durch den starken Sonnenschein einen unvergleichbaren Duft in die Luft zaubern. Wir folgen kleinen Holzschildern, auf denen "Log Cabin" steht, und nach kurzer Zeit fahren wir auf einen See zu, auf dem wir ein großes Haupthaus und 2 Gästehäusschen daneben erkennen können. Der Anblick ist sehr idyllisch und genau wie auf den Bildern beschrieben. Ein kleiner Weg, der sich durch die großen Kieferbäume zieht, führt uns schließlich zur Hütte. Die kleinen Laternen entlang des Weges sorgen für ein charmantes Gesamtbild und lassen die ganze Szene fast schon märchenhaft wirken.

Wir sind da!

Super happy, angekommen zu sein, räumen wir erstmal den Einkauf in den Kühlschrank, bevor wir losziehen, um die Umgebung zu erkunden.

Da wir eine Weile hier sind, richten wir uns richtig ein und verstauen alles Nötige um uns herum. Die Hütte ist zwar rustikal, aber sehr modern eingerichtet und lässt keine Wünsche offen. Ein riesiges Panoramafenster ziert die komplette Wand, die in Richtung See ausgelegt ist, so dass man einen unsagbar schönen Blick in den Wald hat und die Natur beobachten kann. Hier werden wir es uns richtig gut gehen lassen, und damit fangen wir auch heute schon an: Während Malte sich um den Grill kümmert, sorge ich für Wein und Snacks. Es wird Abend, das sagt zumindest die Uhrzeit, und bei einem leckeren Essen am Panoramafenster lassen wir diesen schließlich ausklingen. Doch natürlich wird auch Lucy nicht vergessen und von Malte noch eine große Runde durch den Wald geführt. Derweil inspiziere ich noch für einen "kurzen" Augenblick die Sauna, aus der ich 3 Stunden später dampfend wieder herauskomme... 

Es ist ein wunderschöner Abend gewesen, und wir freuen uns riesig auf die Tage, die vor uns liegen!

Bis morgen!

Volle Entspannung

Finnland, Rovaniemi 12.06.2023 - 13.06.2023

In den kommenden Tagen können wir wirklich komplett abschalten und merken währenddessen, wie sehr wir diese Pausentage nötig hatten. Wir grillen jeden Abend und entspannen auf der Veranda mit freiem Blick in den Wald und auf den nahe gelegenen See.

Letzteren schauen wir uns heute mal genauer an - auf Fotos konnten wir nämlich Kajaks entdecken! Nach einem langen Frühstück und einem Spaziergang mit Lucy durch den Wald, rüsten wir uns mit Gopro und Handy aus und laufen zum Ufer.

Neben den beiden Kajaks, die wir schnell gefunden haben, stehen uns auch Stand-up Paddles zu Verfügung, die wir jedoch fürs Erste außer Acht lassen.

Wir schnappen uns jeder ein Kajak und machen eine große Tour auf dem See, auf der wir an vielen kleinen Inseln vorbeipaddeln und uns auch gerne einfach mal treiben lassen. 

Während unseres Aufenhalts in der Hütte haben wir durchgehend Sonnenschein und gutes Wetter. Auch die Sauna ist täglich in Gebrauch, womit wir nach der Abreise schon beinahe die Kosten wieder drin haben. Lediglich Ameisen verirren sich immer mal wieder in die Hütte, aber da wir uns mitten in der Natur befinden, schreckt uns das weder ab, noch sehen wir hier einen Minuspunt für die Unterkunft. Alles in allem ist es eine wunderschöne Zeit, die wir in jedem Moment genießen.

Am letzten Tag nutzen wir die Zeit nach dem Frühstück, um die weitere Strecke zu planen. Wir befinden uns ganz in der Nähe des Polarkreises, und in wenigen Tagen schon werden wir Norwegen erreichen.

Bis dahin müssen wir allerdings auf allerhand achten, denn die nächsten Tage haben es ganz schön in sich. Dabei sind Supermärkte, die teils über 100 Kilometer voneinander entfernt sind (was ebenfalls für Unterkünfte gilt), nur eine der vielen kommenden Herausforderungen.

Angesichts dessen, was auf uns zukommt, war es wirklich eine gute Entscheidung, in der Zeit hier erstmal unsere inneren Akkus wieder aufzuladen. Und als der letzte Tag sich dem Ende neigt, freuen wir uns schon wahnsinnig darauf, wieder zu starten, zu fahren, zu erkunden, und zu entdecken, was die nächsten Abenteuer mit sich bringen.

Bis morgen!

Hirsche im Stundentakt

Finnland, Alakylä
14.06.2023

Schweren Herzens verabschieden wir uns morgens von unserer liebgewonnen kleinen Waldhütte und ziehen weiter.

Die Pause tat uns unglaublich gut, und wir freuen uns auf die heutige Tour. Inzwischen ist dem Wetter auch aufgefallen, dass wir Mitte Juni haben, und so fahren wir in T-Shirt und kurzer Hose das Waldstück zurück zur Hauptstraße. Nur wenige Augenblicke später überqueren wir den Polarkreis und fahren nun tatsächlich im arktischen Teil.

Schon nach wenigen Kilometern tauchen die ersten Schilder auf, die uns signalisieren, dass wir eventuell auf Wildtiere stoßen. Die Hoffnung, wirklich welche zu sehen, ist nicht sonderlich groß, da wir bis jetzt noch nichts nennenswertes im Wald erspähen konnten. Doch schon nach weiteren 5 Kilometern haben wir die erste Wahnsinns-Begegnung!

Wir sehen links auf einer Wiese zwei Rentiere stehen - die sich kurz darauf entschließen, direkt auf uns zuzulaufen und die Straße überqueren. Völlig ruhig und mit langsamen Bewegungen schnappen wir uns Handys und Gopro. 

Die beiden verschwinden nur  wenige Meter vor uns im Unterholz. Auch wenn wir wissen, dass Rentiere nicht aggressiv sind und sich sogar streicheln lassen, steigt der Respekt schon sehr, wenn man sie mit ihrem großen Geweih direkt auf sich zulaufen sieht...

Auch wir machen, dass wir weiterkommen, denn die nächste Einkaufsmöglichkeit liegt ca 90 Kilometer entfernt - und schließt um 18:00 Uhr. Auf unserem Weg durch den Wald und über die Bundesstraße sehen wir immer wieder ganze Gruppen von Rentieren, die teilweise sogar mitten im Garten von Wohnhäusern stehen.

Sie haben keine Angst vor Lärm oder den Autos, und auch als wir weniger als 5 Metern an ihnen vorbeifahren bleiben sie völlig unbeeindruckt stehen. Bis zum Supermarkt sind es noch etliche Kilometer, und so müssen wir, um noch etwas zu bekommen, ordentlich in die Pedale terten. Und einen Plan, wie es ab da dann weitergeht, haben wir zwar auch nicht wirklich, aber das hat uns bisher auch von nichts abgehalten.

Um sicherzugehen, dass wir es noch rechtzeitig schaffen, fährt Celine schon mal vor. Und auch ich trudel 5 Minuten später am Supermarkt ein. Als Celine mit einem großen Einkaufswagen rauskommt, trifft mich fast der Schlag - nicht nur, dass ein Rentier direkt an mir auf dem Parkplatz vorbeiläuft, auch hat es Celine mit dem Einkauf sehr, sehr gut gemeint.

Von einer riesigen Wassermelone über kiloweise Schokolade und locker 6 Litern Getränken ist alles dabei. So beladen, sollten wir uns jetzt relativ zügig einen Spot zum Campen suchen.

Gesagt, getan. Aus der Ferne sehen wir einen Platz direkt am Fluss, wo wir mit einer Frau ins Gespräch kommen, die dort parkt und einen frischen Fisch aus dem Fluss geangelt hat. Sie ist sehr freundlich und bietet uns sogar an, in ihrem Haus zu übernachten. Leider jedoch befindet sich dieses knapp 15 Kilometer in der falschen Richtung. Darum beschränken wir uns darauf, von unserer Reise zu erzählen und ein sehr lustiges Gespräch mit ihr zu führen.

Auch wenn der Platz auf den ersten Blick gut aussah, entscheiden wir uns, weiter zu ziehen - nur um wenige Kilometer weiter einen grandiosen Spot direkt am Fluss zu finden. Die Freude ist groß, zumal man nach einer so langen Fahrt froh ist, irgendwo anzukommen. Und wenn es dann auch noch an einem so schönen Ort ist, freut man sich direkt doppelt.  

Obwohl es sogar wieder eine offene Schutzhütte gibt, entscheiden wir uns für das Zelt, da uns die Mücken in Grund und Boden stechen. Genug zu essen gibt es dank Celine nun auch, und so lassen wir den Abend bei vollem Sonnenschein gemütlich am leise rauschenden Fluss ausklingen.

Bis morgen!

Es wird wieder härter

Finnland, Sirkka
15.06.2023

Guten morgen!

Nach einer erholsamen Nacht packen wir unseren Kram zusammen, verlassen den tollen Platz am Fluss und machen uns auf den Weg. Über die Hauptstraße geht es erstmal wieder zurück in Richtung Norden.

Obwohl es inzwischen wieder wesentlich hügeliger und anstrengender ist, ist unsere Stimmung durch das grandiose Wetter auf einem Allzeithoch, wodurch wir auch wieder offener sind für all das Schöne und Interessante in unserer Umgebung.

Wie schon tags zuvor, kommen wir immer mal wieder an Rentieren vorbei, die direkt vor uns noch schnell über die Straße huschen oder neben uns im Geäst herumstehen. Jeder See glitzert durch die Sonne wie ein blauer Diamant, und wie so oft spiegeln die Bilder kaum wider, wie schön das Original doch ist.

Wir reden viel über das, was wir schon erlebt und geschafft haben, aber noch mehr - und das ist fast noch wichtiger - über das, was uns die nächsten Tage erwartet. Denn die Abstände von Unterkünften und Verpflegung werden noch einmal länger. So müssen wir jetzt schon ziemlich genau planen, wo wir uns in 3-4 Tagen befinden, demenstprechend buchen und Supermärkte raussuchen. Ansonsten stehen wir vielleicht irgendwann ohne Essen und Wasser da, 100 Kilometer entfernt vom nächsten Supermarkt... solche und ähnlich unschöne Szenarien wollen wir natürlich tunlichst vermeiden.

Während wir planen und reden stellen wir fest, dass wir in den nächsten Tagen im Durchschnitt täglich 90 Kilometer fahren müssen. Oder eben schieben... tragen... je nachdem was für Wege uns erwarten. Na, das kann ja was werden! Umso mehr freuen wir uns auf die heutige Unterkunft, auch, um nochmal alle Akkus aufzuladen, denn das nächste Ziel ist 180 Kilometer entfernt.

Als wir ankommen, sind wir sehr positiv überrascht: Neben der Sauna, die hier anscheinend jeder hat, und generell viel Platz im Wohnraum, gibt es auch wieder eine Küche, was bedeutet: Celine lässt am Abend ihre Kochkünste spielen. Ich freu mich jetzt schon!

Doch erstmal machen wir es uns bequem und checken die Lage. Nur noch wenige Tage, und wir haben Finnland komplett durchquert. Schon irgendwie ein bisschen verrückt, doch auch die Vorfreude auf Norwegen und das Nordkap steigt langsam aber sicher ins Unermessliche - und wir freuen uns, dass wir euch dorthin mitnehmen werden! Wir reden noch lange und viel, genießen den Abend und das leckere Essen... und genießen es, heute Nacht in richtigen Betten zu schlafen. Und damit verabschieden uns für heute von euch!

Gute Nacht und bis morgen!

Sind wir endlich da?!

Finnland, Repojoki 
16.06.2023

Hallo ihr Lieben!

Da wir uns für heute die Hälfte der angestrebten Strecke vorgenommen haben, also rund 90 Kilometer, versuchen wir so einzukaufen, dass es für 2 Tage reicht, ohne dass wir zu überladen losfahren. Schon nach kurzer Zeit sind wir aus der Stadt raus und folgen der Hauptstraße - die tatsächlich erst in 180 Km die nächste Stadt mit sich bringt.

Anfangs finden sich immer wieder kleine Häuschen mitten im Wald, doch das sind die letzten Anzeichen von Zivilisation, ehe wir nur noch freie Strecke vor uns haben. In einer kleinen Pause gibt es Videotelefonie mit der Familie, und das mitten in der Pampa, wo wirklich NICHTS ist! Scheinbar ist das Internet nur in Deutschland "Neuland", da es hier ausgezeichnet ausgebaut ist.

In einer Pause kommt uns tatsächlich ein andere Bikepacker entgegen, und sofort kombinieren wir: Der kommt vom Nordkap. Wie sich rausstellt ist er selbst Deutscher und wirklich vom Nordkap!

Er hat seine Tour mitte April gestartet und ist über Schweden hoch nach Norwegen. Wir tauschen uns noch einen Moment aus und geben uns gegenseitig Tips, was den jeweils anderen auf den nächsten Kilometern erwartet.

Ohne Probleme lassen sich größere Bilder und Videos mitten im absoluten Nichts in die Welt schicken. Möglich machen das riesige Sendemasten, die quer über die Landschaft verteilt sind. Hiermit hätten wir selbst in einem Notfall keine Schwierigkeiten, Hilfe anzufordern und uns auf den Meter genau orten zu lassen. Ein wirklich sehr beruhigendes Gefühl, denken wir, während wir die Straße weiter fahren, auf der wir stündlich gerade mal 1-2 Autos begegnen...

Nach einer kleinen Abfahrt endet der Asphalt und wechselt zu einem Schotter-Erde Gemisch, welches sich aber sehr gut befahren lässt und auch Lucy lassen wir ein ganzes Stück neben uns herlaufen.

Die Strecke ist überaus hügelig und teils wirklich steil, doch wir tasten uns immer näher an das gesteckte Ziel von 90 Kilometern ran. Wo uns vor Wochen noch die kommende Dunkelheit vorgegeben hat, wann wir aktiv nach einem Spot suchen müssen, ist es jetzt nur noch der Körper, der signalisiert, wann es reicht. Schon öfters sind wir noch um 23:00 Uhr bei strahlendem Sonnenschein unterwegs gewesen, da die innere Uhr mit der durchgängigen Helligkeit nichts anfangen kann.

Jetzt wäre der Moment gekommen, an dem wir uns wirklich allmählich einen Platz zum Übernachten suchen müssen, doch leider kommen wir an nichts Passendem vorbei. Außerdem wechseln die Seiten neben der Straße zunehmst von Wald in schlammige Moorablagerung.

Unmöglich, hier ein Zelt auszubauen, geschweige denn auch nur zu stehen. 94 Kilometer erreicht, und nach wie vor nichts Passables dabei, doch noch geht es uns gut, und so lange es hell ist (und somit auch relativ warm) machen wir uns keinen Stress. Irgendwann wird schon etwas kommen.

104 Km. Links von uns erscheint eine Einfahrt, die auf einen Platz führt, der ca. so groß ist wie zwei Fußballfelder. Darauf verteilt liegen große Schutt-, Kies- und Sandhaufen. Ein Drohnenflug bringt Klarheit: Trotz der gigantischen Fläche, besteht diese leider überwiegend aus Geröll und verdichtetem Boden.

Es nützt alles nichts, auch nach knapp 12 Stunden fahren und dem ein oder anderen Krampf suchen wir weiter. Es kommen noch einige Anstiege, ehe wir endlich einen passenden Spot zum Zelten finden.

Geschafft! 108 Kilometer, 18 mehr als geplant, aber immerhin bleiben uns die dafür morgen erspart.

Froh und entspannt kopppeln wir die Anhänger ab und zünden unsere Antimücken-spiralen an, da ein Aufbau ohne nahezu unmöglich ist, außer, man möchte sich permanent selbst schlagen.

Nachdem alles steht und verstaut ist, gibt es noch einen Abendsnack und eine Abschlussrunde für Lucy. Trotz des langen Tages sind wir gut drauf, denn dadurch, dass wir heute soviel geschafft haben, können wir für morgen wesentlich entspannter fahren und sogar länger schlafen. Wir freuen uns auf die nächsten Tage und verkriechen uns relativ zügig in den Schlafsäcken - anstrengend war es heute nämlich trotzdem.

Und deswegen sagen wir an dieser Stelle: Gute Nacht und bis morgen!

Zurück in der Zivilisation

Finnland, Inari
17.06.2023

Im Nachhinein betrachtet war es gestern zwar recht anstrengend, doch es hat sich gelohnt; denn dank der vielen Fahrerei bleiben somit heute nur noch knapp 70 Kilometer übrig. Doch auch die wollen nicht mit leerem Magen angegangen werden, und so essen wir erst mal einen Happen. Dank eines gut geplanten Einkaufs haben wir noch genug Proviant für ein Frühstück sowie spätere Pausen übrig.

Als wir schließlich losfahren, merken wir ziemlich schnell, was für ein Glück wir mit unserem Spot hatten - in den nächsten 10 Kilometern kommt nämlich nichts adäquates mehr zum Übernachten. Alles richtig gemacht! 

Bis auf ein paar Rentiere und die 1-2 Autos, die hier in der Stunde an uns vorbei fahren, hält sich der Pegel an Action relativ in Grenzen, was wir aber auch gar nicht schlimm finden. Dafür bietet jeder See, an dem wir vorbei fahren, die Möglichkeit, entspannt eine Pause einzulegen. Bei einem haben wir sogar einen richtigen Sandstrand - und natürlich ist DAS der Platz, an dem wir die absolute Ruhe für ein kurzes Powernapping nutzen.

Jedoch nicht, ohne uns vorher einzucremen, denn Sonnenbrand kann keiner von uns gebrauchen! Die Sonnencreme, die wir uns damals in Italien gekauft haben, kommt nach und nach immer öfter zum Einsatz, da es inzwischen auch hier wesentlich heißer wird.

Nach einer intensiven Spielrunde mit Lucy am Strand fahren wir die letzten Kilometer schließlich konsequent durch. 

Endlich, nach 180 Kilometern, erkennen wir allmählich Anzeichen von Zivilisataion: Die ersten größeren Häuser erscheinen am Horizont, und der Waldweg geht in asphaltierten Untergrund über. Eine gewisse Erleichterung macht sich breit - und geht in wahre Freude über, als wir sehen, dass sich zwei Einkaufsmöglichkeiten direkt neben unserer heutigen Unterkunft befinden. Und da wir verhältnismäßig schnell unterwegs waren, haben wir genug Zeit, um in aller Ruhe anzukommen.

Wir packen aus und entspannen uns langsam, und nach ein paar Telefonaten mit Freunden und Famlie gehen wir auch relativ zeitnah ins Bett, denn für morgen stehen wieder 100 Kilometer an. Darum an dieser Stelle...

...bis morgen ihr Lieben!

Auf nach Norden

Finnland, Karigasnimie
18.06.2023

Da der Weg bis zum Nordkap nicht mehr weit ist, und die Unterkünfte, für unsere Bedingungen, rar gesät sind, haben wir uns dazu entschieden, alles, was nur möglich ist, zu planen. Während ich am Blog schreibe, plant, organisiert und bucht Celine die komplette Route bis hoch zum Nordkap. Mit Erfolg: Wir haben die ganze Strecke entlang immer mal wieder eine richtige Unterkunft. Für heute ist allerdings wieder Wildcampen angesagt, und das Ziel ist die Grenze zu Norwegen.

Das sind ziemlich genau 100 Kilometer, und auch erst da gibt es für uns erst wieder die Möglichkeit, einzukaufen. Es ist schon etwas Anderes, wenn man Zuhause nur ein paar hundert Meter laufen muss, um zu einem Laden zu kommen. Hier trennen uns mehr als 100 Kilometer davon. Unglücklicherweise schließt der Supermarkt bereits um 18:00 Uhr, da wir Sonntag haben. Wir wissen eigentlich bereits am Morgen, dass wir das zeitlich nicht mehr schaffen, und decken uns noch ein bisschen hier vor Ort ein. Heißt aber auch: Wieder mehr Gewicht. Und das bei der heutigen Etappe...

Wir verlassen das kleine Städtchen Inari, und machen uns auf den Weg in Richtung Norden.

Auf den letzten 100 Kilometern bis zur Grenze nach Norwegen, zeigt Finnland nochmal alles, was es kann. Sowohl landschaftlich als auch streckentechnisch ist das hier der härteste Abschnitt, den wir in Finnland gefahren sind. 
Nochmal vorbei an den schönsten Seen und Flüssen, die sich wie tiefblaue Adern durch das Land ziehen, fahren wir in nördlicher Richtung dem Kap entgegen. Auch ein paar Rentiere stehen vereinzelt an der Straße, um sich zu verabschieden.

Inzwischen ballert die Mittagssonne so gnadenlos auf uns herab, das der Schweiß nur so fließt, und die Aufstiege, die sich wirklich kilometerweit durch die hügelige Landschaft ziehen, verlangen uns alles ab.

Viel reden tun wir nicht, denn wir brauchen die Puste, um diese unnachgiebigen Höhenmeter zu überbrücken. Die Beine stehen bei 110% Anspannung und drücken sich mit aller Kraft in die Pedale, um die jeweils 40 Kg Anhänger die Berge hochzutreiben. 3, 4, 6 Liter Getränke sind ohne Weiteres aufgebraucht, und nach einer kleinen Abfahrt, in der wir gnädigerweise kurz die Muskeln entspannen können, heißt es wieder reinpowern. Bei allzu steilen Anstiegen muss sogar Lucy aus dem Anhänger und das Stück mit hochlaufen. Die Uhr an Maltes Handgelenk gibt uns die Information, dass sein Puls bei 167 Herzschlägen liegt und dass wir bereits seit über 7 Stunden durch diesen Hügelparkour strampeln. 

Doch trotz diesen Anstrengungen haben wir immer noch Zeit, die Schönheit dieses Landes um uns herum zu bewundern. Es ist als würde es versuchen, die Strapazen des Fahrens durch seinen unglaublichen Anblick auszugleichen. Und auch von einer anderen Seite werden wir motiviert: Viele Campingwagen und Motorradfahrer fahren an uns vorbei, und nicht wenige von ihnen feuern uns mit Peacezeichen, Winkbewegungen oder Applausgesten an.

Dann gibts erstmal eine kleine Pause. Wir fahren an den Seitenstreifen und verschnaufen einen kurzen Augenblick. Ein Blick auf die Karte zeigt uns, dass direkt 50 Meter vor der Grenze zu Norwegen ein Campingplatz liegt. Wir beschließen, die letzte Nacht in Finnland zu verbringen und steuern den Platz an.

Der Campingplatz ist gemütlich und die Pächter sehr freudlich. Was will man mehr? Wir nehmen eine kleine Hütte in der Nähe vom Fluss, der die beiden Länder trennt. Am Abend lernen wir Kerstin und ihren Ehemann Cliff, der gebürtiger Amerikaner ist, kennen. Die beiden sind sehr herzlich und laden uns auf ein kühles Bier ein. Und wir können euch sagen, nach so einem Tag schmeckt das Bier besonders gut... Die beiden sind mit ihrem Camper hier, und haben uns bereits auf dem Weg hierhin auf den Hügeln fahren sehen. Wir haben ein langes und super sympathisches Gespräch bis spät in den Abend. Als uns dann allerdings nach und nach die Mücken auffressen, verabschieden wir uns in unsere Hütte, wo wir eigentlich nur noch merken, wie müde wir sind, und quasi direkt ins Bett fallen. Und darum:

Bis morgen! Norwegen, wir kommen!

 

Norwegen

Endlich!

Norwegen, Skonganvarre 19.06.2023

Heute ist es soweit: es geht nach Norwegen! Während ich mich zur Feier des Tages nochmal im Bett umdrehe, sagt Celine: "Ich geh noch kurz mit dem Hund raus", bevor sie, kaum dass sie einen Fuß vor die Tür setzt, von Kerstin und Cliff herzlich zu einem 'Guten Morgen Kaffee' eingeladen wird. In dem Moment weiß ich: Sie wird nirgendwo mit dem Hund hingehen.

Wie zur Bestätigung höre ich draussen, wie sie voller Freude auf den Kaffee einwilligt, und hau mich nochmal aufs Ohr.

Wenig später schaff auch ich es aus dem Bett, ziehe mich an und trete vor die Hütte - und sehe die 3 schon ausgiebig reden, lachen und frühstücken, weshalb ich mich kurzerhand dazu setze.

Wir haben einen sehr leckeren, lustigen und angenehmen Start in den Tag, und als wir uns schließlich verabschieden, tauschen wir unsere Handynummern aus. So wie es aussieht, werden wir die beiden nämlich nicht das letzte Mal getroffen haben: auch sie sind auf den Weg zum Nordkap!

Dann gehts für uns erstmal weiter. Wir decken uns im nahegelegenen Markt noch kurz mit Vorräten und Proviant ein, und dann, knapp 200 Meter später, ist der Moment gekommen, auf den ich mich bei dieser Reise am meisten gefreut habe: Wir erreichen über eine Brücke die Grenze nach Norwegen.

Landschaftlich bleibt es allerdings erstmal einige Zeit gleich, bis zu dem Punkt, an dem die ersten größeren, schneebedeckten Berge im Hintergrund auftauchen. Es bleibt zwar auch gewohnt hügelig, doch unsere Freude darüber, es schon soweit geschafft zu haben, tröstet über jede Anstrengung hinweg.

Mit jedem weiteren Kilometer, den wir in Norwegen zurücklegen, sind wir uns einig, dass wir uns in einem der schönsten Länder der ganzen Reise befinden - wenn nicht gar im Schönsten. Dankbarkeit, Glückseligkeit, Ehrfurcht - das sind wohl die Worte, die am ehesten beschreiben, was wir beim Anblick dieser gewaltigen Landschaft empfinden.

Auch hier haben wir durchgehend tolles Wetter. Die Strecke, die wir fahren, ist links und rechts quasi gesprenkelt mit hübschen Plätzen, die uns alle zu einer kleinen Pause einladen.

Unser heutiges Ziel, bzw. die heutige Unterkunft, befindet sich mal wieder unmittelbar am See. Als wir ankommen, sehen wir schon, dass sich unter den Gästen auffallend viele Deutsche befinden. Mit ein paar davon kommen wir ein bisschen ins Gespräch, und am Ende des Abends essen wir zusammen mit einem Busfahrer aus Berlin in dem kleinen Restaurant.

Es steht zur Auswahl: Fischsuppe, Pizza oder Rentier mit einem Klacks Kartoffelpüree.

Ich bleibe gewohnt bei Pizza, während Celine sich kulinarisch etwas weiter aus dem Fenster lehnt und das Rentierhack mit Püree bestellt. Ihre Portion ist wirklich überschaubar, und so teile ich noch knapp die Hälfte meiner Pizza mit ihr.

...Wir zahlen 73€.

Unsere Hütte ist sehr, sehr überschaubar, doch es stehen Betten darin, und mehr brauchen wir ja eigentlich auch nicht zum Übernachten.

Ich packe meinen Kram aus, und beobachte Celine, wie sie ihren auspackt. Dann muss ich lächeln.

Denn ich weiß etwas, das sie nicht weiß - aber bald erfahren wird.

Und während wir uns langsam fertig machen, sagen wir euch schonmal: 

...Bis morgen!

Die Welt versinkt

Norwegen, Olderfjord 20.06.2023

Guten Morgen!

Heute reisen wir die Ostküste Norwegens entlang, wobei wir an märchenhaften Fjorden vorbeikommen. Das sind genau die Bilder, die man aus Dokumentationen oder Kalendern kennt - und wir sind mittendrin! Allerdings ist heute nicht alles so bezaubernd...

Der Morgen startet voller Sonne - hurra! Deswegen ist das erste, was wir machen, uns ordentlich einzucremen. Dass es sich 45 Minuten später über uns drastisch zuzieht, muss ich wahrscheinlich gar nicht erst erwähnen...

Die ersten Tropfen finden ihren Weg zu uns, und aus dunkelgrauen Wolken werden tiefblauschwarze Wolkenberge. Inzwischen ist es dunkler als Nachts, und wir geraten in ein unglaubliches Gewitter. Der Donner dröhnt ohrenbetäubend über uns hinweg, während um uns herum alles durch grelle Blitze erleuchtet wird.

Ein völlig verrücktes Spektakel geht direkt über unseren Köpfen ab - und wir haben keinerlei Möglichkeit, uns unterzustellen. Uns bleibt nichts zu tun, als einfach weiterzufahren und zu hoffen, dass wir ohne größere Schäden, Verletzungen oder Blitzeinschläge davonkommen.

Völlig durchnässt erreichen wir nach 30 Kilometern durch das Unwetter schließlich einen Supermarkt. Eine Verkäuferin bemerkt uns, macht ein erschrockenes Gesicht, und bittet uns zum Trocknen und Unterstellen rein.

Danke!

Jetzt weiterzufahren wäre sowieso völlig sinnlos, und so nutzen wir die Zeit zum Einkaufen - und um Lucy zu beruhigen. Die leidet mit ihren empfindlichen Ohren nämlich ganz besonders unter dem Weltuntergang dort draussen. Aber wir streicheln und trösten sie, bis es ihr schließlich besser geht.

Der Parkplatz allerdings entwickelt sich mit jeder weiteren Minute selbst zu einem kleinen Fjord. Erst nach fast einer Stunde wird der Regen immer weniger, und der Himmel klart auf. 

Wir fahren weiter Richtung Norden und kommen immer wieder vorbei an großen Herden von Rentieren, die hier herumstehen wie bei uns die Kühe auf der Weide, und die zusammen mit der Kulisse um uns herum ein traumhaftes Bild abgeben.

Nach über 90 Kilometern Fahrt durch eines der - für uns - schönsten Länder der Welt, erreichen wir unsere Unterkunft.

In den wenigen trockenen Stunden, die sich uns heute bieten, nutzen wir die Zeit immer Mal wieder für einen Drohnenflug. Und es hat sich gelohnt, denn wir haben unglaubliche Aufnahmen bekommen (Video)!

Und obwohl wir fix und fertig ankommen, setzt sich Malte noch an den Laptop, um das Video fertigzustellen, eines unserer Besten bis jetzt, auf das wir richtig stolz sind.

Direkt neben unserer Unterkunft gibt es einen Souvenierladen, in dem wir auch einchecken müssen. Wir finden auf Anhieb sehr interessante Sachen, zum Beispiel diesen offenbar eher begrenzt lebensfrohen, manisch-depressiven Elch, der in seinem Leben schon mehr gesehen hat, als er jemals wollte... 

Wir beschließen, uns morgen mal genauer hier umzusehen, und ziehen uns für heute zurück. Der Tag war lang, anstrengend, kalt und nass - da kommt ein warmes Bett grade richtig. 

...hätte mir heute jemand gesagt, was in 2 Tagen passiert... ich hätte wahrscheinlich eine ganze WOCHE nicht schlafen können...

Gute Nacht ihr Lieben, und bis morgen!

Tolle Landschaft und liebe Menschen

Norwegen, Honningsvåg
21.06.2023

Guten Morgen!

Da sich leider das Fenster in unserer Unterkunft nicht öffnen lässt, und das Bad erst gar keins hat, glich unser Schlafraum gestern binnen Sekunden ungewollt einer Sauna. Darum können wir, als wir aufstehen, die Luft um uns herum förmlich schneiden. Also heißt es, erstmal raus hier und die Türe auf. Nach einem überschaubaren, aber wirklich leckeren Frühstück schauen wir uns, wie am Vorabend geplant, den Souveniershop mal genauer an. Es dauert nicht lang, bis wir fündig werden: Der depressive Elch muss zwar dableiben, aber wir kaufen "Nordkapp" T-shirts und Pullis, auch wenn das wieder mehr Volumen und Gewicht heißt. Das ist es wert!

Das Wetter ist phänomenal gut, und wir starten, beide mit neuen T-shirts ausgestattet, in den Tag. Abermals überwältigt uns der Anblick mit jedem Meter. In uns beiden wächst das Gefühl, ja sogar die Gewissheit, dass wir uns, genau hier und jetzt, im glücklichsten Moment unseres Lebens befinden. Celine ist von dem Anblick, der sie umgibt, sogar so gerührt, dass ab und zu eine Träne über ihre Wange kullert. Verständlich. Was man hier sieht, berührt die Seele. 

Nachdem wir einige Zeit gefahren sind, finden wir einen perfekten Spot, und beschließen, dass wir hier unsere Pause verbringen. Es ist ein komplett neu angelegter Rastplatz unmittelbar am Fjord, und als wir ihn betreten, kommen uns schon die ersten Rentiere entgegen, die uns neugierig anstarren. Nachdem wir uns etwas ausgeruht haben und mit Lucy eine große Runde gelaufen sind, brechen wir wieder auf und bereiten uns auf die großen Tunnel vor, durch die uns unsere Route bald führt - und denen ich, zugegebenermaßen, mit einer gewissen Neugier entgegen blicke.

Als wir den ersten von ihnen erreichen, kommt uns eine Wahnsinnskälte entgegen. Wir haben ca 22°C Außentemperatur, die im Tunnel rapide auf weniger als 5°C abfällt. Doch es hilft nichts, da müssen wir jetzt durch - buchstäblich. Wir ziehen uns um, und los gehts. Je weiter wir fahren, desto ungemütlicher wird es, und bald ist es ist so kalt, dass wir unseren Atem sehen können. Als wir erste Anzeichen des Ausgangs erkennen, quasi das Licht am Ende des Tunnels, freuen wir uns - jedenfalls solange, bis wir eine bessere Sicht auf den Himmel erhaschen können und merken, dass es sich, wie gestern auch schon, bedrohlich über uns zusammenzieht.

Na toll! Das hat uns gerade noch gefehlt. Wir blicken frustriert auf die gewaltigen Regenfälle, die schon aus der Ferne erkennbar sind, und wissen, dass wir keine andere Wahl haben, als mitten durch zu fahren. Diesmal fängt es allerdings nicht mit leichtem Nieselregen an - es geht direkt in die Vollen. Routiniert greifen wir nach unseren Regensachen und ziehen uns im strömenden Regen um. Ich muss sagen, es gibt wirklich nichts Schöneres, als sich über die bis zur Hutschnur vollgeschwitzten Klamotten noch zusätzlich NASSE Regenkleidung drüber zu ziehen, während dir der erste Regenschauer frontal durch die Visage peitscht und anschließend genüsslich deinen Nacken entlang den Rücken runterläuft.

Und als wäre das nicht schon genug, fällt Celine nach 25 Kilometern auf, dass sie die Leine von Lucy an dem Pausenspot vergessen hat… Unsere Stimmung steigt ins Unermessliche. Zumal es nicht IRGENDEINE Leine ist, sondern die erste Leine, die sie damals zusammen mit Lucy bekommen hat. Dementsprechend hängen einige Erinnerungen daran. Doch es ist wie es ist, und zurückfahren ist keine Option, obwohl ich es Celine angeboten habe - allerdings mit der stillen Hoffnung, dass sie verneint.

Wir fahren weiter durch das Gewitter, ohne Möglichkeit zum Unterstellen. Campingwagen, überwiegend aus Deutschland und Frankreich, ziehen an uns vorbei. Wir sehen in ihren Gesichtern das hohe Maß an Mitleid, während sich so mancher Beifahrer noch eine Decke über den Schoß schmeißt. Zu diesem Zeitpunkt sind wir bereits 8 Stunden unterwegs, wobei es die letzten beiden Stunden ununterbrochen schüttet. Mal mehr, mal weniger, aber niemals ganz ohne Regen. Es ist hügelig, nass, kalt, schwitzig, krampfend und kräftezehrend, wie wir es in so einer extremen Form nur in Österreich und Griechenland hatten.

Dann erreichen wir schließlich den Haupttunnel - und der hat es wirklich in sich. Er führt 7 Kilometer unter dem Meer entlang, was schon ein seltsames Gefühl ist. Die ersten 3 Kilometer haben 10% Gefälle, anschließend geht es 1 Kilometer geradeaus und weitere 3 mit 10% Steigung wieder hoch. Wir fahren, bis auf die Knochen klatschnass, in den Tunnel, in dem es Grade um den Gefrierpunkt hat. Es fühlt sich an, als würden wir in einen Schockfroster brettern. Vorbei an Eisklötzen und -zapfen, die sich entlang der Tunnelwand bilden, geht es hinab. Unsere Finger fangen in kürzester Zeit an zu frieren, und es dauert nicht lange, ehe wir komplett schlotternd den Abgrund hinab sausen.

Unten angekommen, nutzen wir eine Notfallbucht und ziehen uns zumindest trockene Jacken an. Weiter geht’s, anhalten ist keine Option, denn die Muskeln müssen warm und in Bewegung bleiben. Der erste Kilometer des Anstieges ist geschafft. Hinter uns donnern die riesigen Windmaschinen an der Decke, die das Abgas aus dem Tunnel schießen. Fahrzeuge hört man schon kilometerweit im voraus, und es donnert im ganzen Tunnel. Wir sind nass, es ist kalt, es ist laut, und wir sind fix und fertig.

Nur noch ein paar Meter - anhalten geht nur, wenn beide Bremsen bis zum Anschlag gezogen werden, da die Anhänger sonst ihr Übriges tun und uns zurück nach unten reißen. Heißt, immer wieder aus dem Stand auf einer Schräge anfahren und durchziehen, soweit es nur geht. Jeder Meter nach vorne ist kostbar, und so feuern wir uns gegenseitig die letzten Meter aus dieser Kühlkammer hoch, bis wir seitlich das Sonnenlicht im Ausgang sehen. Geschafft! Wir fahren an die Seite und nehmen uns lange in den Arm. Mann, was ist das alles für ein unglaubliches Abenteuer! Nur wenige Meter aus dem Tunnel heraus bemerken wir, das es aufgehört hat zu regnen, und werden mit einem gigantischen Regenbogen auf der anderen Seite willkommen geheißen.

Wir nutzen die willkommene Abwesenheit von Regen und schälen uns aus den nassen Klamotten. Dann trocknen wir uns so gut es geht ab und ziehen uns um. Endlich trocken!
Auch Lucy muss getrocknet werden: Sie saß zwar in ihrem Anhänger, aber durch die kräftigen Seitenwinde kam auch bei ihr ein ordentlicher Schwall Wasser rein. Nach einem weiteren, ca. 4,5 Kilometer langen Tunnel, erreichen wir endlich eine Einkaufsmöglichkeit, die auch sogleich ausgiebig genutzt wird, um Vorräte aufzufüllen und uns mit Snacks einzudecken. Wir sind jetzt bereits 10 1/2 Stunden unterwegs, und müssen noch ein Stückchen weiter.

Am Ende erreichen wir nach ca 12 Stunden Fahrt unser Ziel, und machen somit erneut die 100-Km-Marke voll. Unsere Unterkunft heute ist ein Campingplatz. Das Besondere daran: Kirsten und Cliff sind auch wieder da! Wir haben uns während der Fahrt ein bisschen ausgetauscht und festgestellt, dass wir alle auf dem selben Campingplatz übernachten werden. Als wir ankommen, werden wir von den beiden bereits herzlich begrüßt und mit kaltgestelltem Bier überrascht. Wir fallen uns in die Arme, als würden wir uns seit Jahren kennen, und freuen uns sehr, die beiden hier wieder zu treffen. Reisen, vor allem so weit weg von zuhause, schweisst eben zusammen. (Nochmals vielen lieben Dank für alles!)

Da es bereits wieder anfängt zu regnen, ist unsere erste Priorität das Aufbauen des Zeltes. Die beiden passen netterweise solange auf Lucy auf, damit wir in Ruhe alles fertig machen können. Wir haben einen wunderschönen Ausblick auf den Fjord und verbringen den Abend zusammen mit Kirsten und Cliff bei einem eiskalten Bier in einer Grillhütte. Es gibt so viel zu erzählen: Von der Reise, den Strapazen, den schönen Ländern (Zum Beispiel Norwegen), den weniger schönen Ländern (zum Beispiel Nordmazedonien), dem Abenteuer, den Tunneln, dem Wetter, der Familie... wir reden stundenlang.

Sogar das Vergessen der Leine wird erwähnt, und Celine fragt die beiden, ob sie, wenn sie zurück fahren, einen kleinen Umweg zu unserem Pausenspot machen und schauen könnten, ob sie noch da liegt... Wird gemacht, versprechen sie! Zwar können sie uns die Leine, sollte sie noch da sein, nicht wieder vorbeibringen (das wären ca. 100 Kilometer Fahrt extra), allerdings würden wir ihnen in diesem Fall unsere Adresse geben, so dass sie sie uns nach Hause schicken können.

Da die Sonne nicht untergeht, fühlt es sich an, als ginge der Abend ewig. Dazu der unglaubliche Anblick, der sich uns bietet, das kalte Bier und die freundschaftliche Atmosphäre... wir wollen eigentlich gar nicht ins Bett, müssen allerdings langsam, wenn wir uns morgen früh nicht fühlen wollen wie Zombies.
Darum verabschieden wir uns für heute und nehmen Kurs auf unser Zelt. In unserem Kopf wirbeln die Gedanken durcheinander. Was für ein Tag! Wir merken, wie unglaublich erschöpft wir sind, während wir uns fertigmachen, und als wir in die Schlafsäcke kriechen, dauert es nicht lang, bis sich der Körper den Schlaf holt, den er sich verdient. 

"Bald"... denke ich noch lächelnd, "...vielleicht schon morgen... wird nichts mehr so sein, wie es war".

Gute Nacht und... bis morgen!

Ja

Norwegen, Skarsvåg 
22.06.2023

Bereits um 7 Uhr morgens staut sich die Hitze im Zelt, und ich fühle, wie mich eine kleine feuchte Nase wiederholt anstupst. Kein Wunder, mit gefühlt jeder Minute hier drin steigt die Temperatur, also erlöse ich Lucy und mich erstmal von unseren Winterpyjamas und öffne das Zelt.

Da Malte noch schläft, nutze ich den frühen Morgen und die Stille des Campingplatzes, um mit Lucy entlang des Fjords bis zur Mündung des Meeres zu laufen. Dabei genieße ich es sehr, mal Zeit für mich zu haben und alleine zu sein, denn 24/7 aufeinander zu hocken kann manchmal auch ganz schön anstrengend sein, auch wenn wir so tolle und aufregende Dinge zusammen erleben. Und da meine Schuhe noch völlig durchnässt sind, entscheide ich mich, den Morgenspaziergang barfuß zu bewältigen und die klatschnassen Schuhe in der Sonne trocknen zu lassen. 

Das Meer ist kristallklar, türkis und so schön, dass ich mich am liebsten direkt reinstürzen würde. Das bleibt allerdings nur ein flüchtiger Gedanke - zwar schwimme ich für mein Leben gern, aber die Wassertemperatur schreckt mich dann doch ab. Also bleibt es dabei, dass Lucy und ich nur ein bisschen planschen und uns das kühle Nass um die Beine spielen lassen. 

Da Malte nach meiner Rückkehr scheinbar immer noch schläft, lege ich mich einfach nochmal dazu, denn das Zelt ist inzwischen wohltuend warm.

Um halb 11 werden wir herzlich von Cliff und Kerstin begrüßt. Cliff bringt mir meine Fahrrad Akkus, die er gestern freundlicherweise mitgenommen hat, um sie aufzuladen, und wir entscheiden uns spontan, zusammen zu Frühstücken. Was für ein Zufall, ein Tisch und eine Bank stehen direkt neben unserem Zelt... 

So tragen wir unsere Vorräte zusammen. Naja... unsere Vorräte bestehen aus Gouda, Nutella und Toastbrot; was Kerstin mitbringt, sieht um einiges einladender aus. Danke hierfür nochmal! So gut und abwechslungsreich sieht ein Reiseradler-Frühstück selten aus. Wir lachen und schlemmen das letzte Mal zusammen, denn gleich heißt es für uns Abschied nehmen: Kerstin und Cliff fahren heute Richtung Süden und verlassen die Insel. In diesem Sinne bedanken wir uns nochmal für die schöne gemeinsame Zeit! Passt auf euch auf!

Noch ziemlich abgekämpft von gestern und die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben, packen wir dann schließlich auch unser Zeug zusammen. Aber der Enthusiasmus, heute das Nordkap zu erreichen, überwiegt.

Zwar fordern uns die letzten 30 Kilometer nochmal körperlich heraus, aber mit der Zufriedenheit und dem Reichtum an Erlebtem im Gepäck ist uns an diesem Tag keine Strecke mehr zu schwer. Außerdem haben wir den Vorteil, dass Cliff und Kerstin diese Strecke schon gefahren sind und uns per Handy Tipps zu einzelnen Abschnitten geben können, z.B. wo man als Fahrradfahrer besonders leicht übersehen wird.

Als dann auch noch die Nachricht kommt, sie hätten Lucys Leine wiedergefunden und schicken sie uns nach Hause, bin ich so glücklich und erleichtert wie lange nicht! Danke, ihr seid wirklich meine Helden!

Malte fährt vor, doch ich lasse mich nicht stressen, nicht sein Tempo halten zu können. Es dauert nicht lang, da setzt eine Art Flow-Gefühl bei mir ein und macht sich in mir breit. Im Einklang mit dem Weg, jenseits von Angst und Anstrengung, kann ich meine Sorgen für einen Moment vergessen und fühle nichts als Leichtigkeit, Freiheit und Glück. Es fühlt sich an wie ein Geschenk, einfach nur diese schroffe, unberührte Natur genießen zu dürfen: Große, weitreichende Gebirgsketten, vereinzelte Gruppen von Rentieren am Wegesrand und tiefblaues Meer am Horizont. Hier und jetzt ist einfach alles gut.

Und dann... ist es soweit. Wir haben es geschafft und endlich erreicht. ( 71°10°21°) Das Nordkap.

Ein Gefühl von Erleichterung und völliger Glückseligkeit stellt sich bei uns ein. Voller Stolz fallen wir uns in die Arme - 6750 Kilometer sind wir gefahren, um jetzt hier zu sein. Die Nordkapkugel ist so schön, wie wir sie uns vorgestellt haben, und wir haben eine unfassbar tolle Aussicht. Wenn man bedenkt, dass viele Menschen tausende von Kilometern fahren, um sich die Kugel anzuschauen, und diese dann vielleicht im Nebel liegt, haben wir wirklich großes Glück.

Natürlich machen wir erstmal ein paar schöne Erinnerungsbilder, und unterhalten uns auch mit anderen Menschen, die auf uns aufmerksam werden. Ein älteres Ehepaar hilft uns, die Fahrräder und Anhänger auf das Podest zu heben. Viele der Campingfahrer, die irgendwann mal an uns vorbeifuhren, erkennen uns wieder, und Sätze wie "Seid ihr Bikeundbeagle? Wir haben euch in Finnland schon gesehen!" sind nicht selten. Wir führen viele tolle Gespräche rund um unser großes Abenteuer, und fühlen uns dabei fast wie Promis.

Auch Lucy kommt auf ihre Kosten. Sie lernt drei andere Beagle-Damen kennen, mit denen sie ausgelassen spielt, während wir ein bisschen die Umgebung erkunden. Dann, zum Abschluss des Tages, besorgt Malte uns noch leckere Waffeln. Schöner hätte ich mir den Tag nicht erträumen lassen! Aber zu diesem Zeitpunkt ahnte ich ja auch noch nicht, was gleich passieren würde...
 


"Komm, wir machen noch ein paar Bilder an der Kugel", höre ich Malte sagen. Okay, wir haben zwar schon viele, aber er hat recht: hiervon kann man eigentlich gar nicht genug Fotos machen. Wir laufen gemeinsam die Stufen hoch. Als wir auf der Plattform stehen und ich nichtsahnend anfangen will, Fotos zu schießen, nimmt mich Malte plötzlich zu Seite. Mein erster Gedanke ist, dass er mich drauf aufmerksam machen will, dass ich das Handy wieder falsch halte.

Doch stattdessen geht er vor mir auf die Knie, schaut mich an, und fragt, ob ich ihn heiraten möchte.

Ich denke, ich höre nicht richtig, und falle fast vom Podest. 4 oder 5 Sekunden stehe ich einfach nur da und schaue ihn an wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Mein Gehirn blendet alles um mich herum aus; Menschen, Tiere, Fahrzeuge, Meer, Kugel, Natur - das einzige, das ich wahrnehme, ist mein Freund, der am Nordkap mit einem Ring in der Hand vor mir kniet und den Rest seines Lebens mit mir verbringen möchte.

Dann, mit etwas Verzögerung, fange ich an, die Situation zu begreifen - und sage natürlich "Ja!", bevor ich ihm freudestrahlend in die Arme falle.

Es ist... perfekt. Auf diese Art und Weise, und zu diesem Zeitpunkt, ist dieser Antrag für mich perfekt.
Er ist alles, was ich mir noch hätte wünschen können auf dieser Reise. Mein Herz zerspringt fast vor Glück, und auch Malte sind seine Emotionen durchaus anzusehen.

Wir überlegen kurz, wann und wie wir es am besten bekanntgeben sollen, und entscheiden uns, es zumindest schon mal unseren Familien zu sagen. Ein einziges Bild von meiner Hand, an der jetzt ein Verlobungsring funkelt, reicht aus, um mit freudigen Glückwünschen überhäuft zu werden.

Als wir schließlich zu unseren Rädern zurückkehren, bin ich noch immer wie in Trance. Es fühlt sich an, als würde ich auf Wolken gehen. Die Rückfahrt verläuft um ein Vielfaches leichter, und ich muss auf der gesamten Fahrt bis zu unserer Unterkunft lächeln.

Apropos Unterkunft: Hier bleiben wir diesmal wieder etwas länger. 4 Tage können wir entspannen und es uns gut gehen lassen, bevor wir den "Rückweg" antreten. Alles an Strecke, das wir jetzt noch fahren, bringt uns nämlich wieder näher nach Hause. Doch bis dahin werden noch viele Wochen vergehen. Jetzt genießen wir erst mal die Zeit zu zweit, bzw. zu dritt, und gewöhnen uns an diese neue, schöne Situation.

Auch als ich Abends im Bett liege, wandern meine Gedanken selten woanders hin als zu Maltes Antrag. Ich frage mich, wie ich einschlafen soll, wenn ich ohne Pause lächeln muss, aber letztendlich fordert der Tag seinen Tribut, und ich merke, wie müde ich bin. Heute... das war so unglaublich, so schön, so perfekt und besonders, und trotzdem noch schwer zu realisieren. Darum halte ich es mir immer wieder vor Augen:

Ich bin verlobt!

Bis morgen, ihr Lieben!

Auszeit

Norwegen, Skarsvåg 23.06.2023 - 26.06.2023

Guten Morgen!

Die Nachricht unserer Verlobung hat eine Riesenwelle losgetreten: Bis spät in den Abend bekommen wir Unmengen an Glückwünschen und lieben Texten. Auch an dieser Stelle nochmal herzlichen Dank, wir haben uns sehr darüber gefreut! Auch am Morgen danach ebbt der Glückwunschsmarathon nicht ab, sondern geht fröhlich weiter, und wir schreiben & telefonieren quasi ununterbrochen.

Das Nordkap war eines der Hauptziele dieser Reise, und wir sind nach wie vor geflasht von allem, was wir bis hierhin erlebt und geschafft haben. Jetzt allerdings bleiben wir für 4 Tage hier und tanken etwas Kraft, bevor es zurück geht. Und außer entspannen, ein bisschen feiern und essen steht auch nichts auf dem Plan. 

Apropos Essen: Da der nächste Supermarkt ca. 20 Kilometer entfernt liegt und wie gewohnt nur durch eine (wenn auch sehr schöne) hügelige Landschaft zu erreichen ist, macht sich Celine auf eine insgesamt 40 Kilometer lange Fahrt, um uns neue Vorräte zu organisieren.

Wir haben eine gemütliche Hütte in der Nähe des Meeres gebucht, welches wir in den kommenden Tagen natürlich auch ausgiebigst bewandern. Außerdem bekommen wir unglaublich tolle Drohnenaufnahmen!

Nach dem Besuch eines kleinen Restaurants in einem Fischerdörfchen, wo es für Celine frische Königskrabben gibt, und für mich, da ich absolut kein"Frutti de Mare"-Typ bin, eine Portion leckere Waffeln, geht es vollgefressen zurück über die Berge, mit dabei natürlich Lucy und die Drohne.

Wir haben eine wirklich tolle Zeit, in der wir es uns sehr gut gehen lassen. Doch wie so oft, hat alles Schöne auch ein Ende - und so machen wir uns nach den 4 Tagen Pause wieder auf den Weg. Denn nur, weil wir uns jetzt auf dem Rückweg befinden, ist unsere Tour ja noch lange nicht vorbei!

Unser nächstes großes Ziel ist Schweden - doch zunächst müssen wir die knapp 100 Kilometer zurück nach Oldersfjord. 

Ihr wisst schon, durch den Eistunnel des Grauens... Aber auch diesen durchfahren wir ohne größere Schwierigkeiten. Erstens wissen wir ja, was uns erwartet, und zweitens regnet es diesmal nicht. Trockenen Fußes fahren wir für heute 63 Kilometer. Dadurch, dass wir diesmal Mittags fahren, treffen wir allerdings auf viel mehr Verkehr. Viele große Campingbusse und riesige LKWs rauschen an uns vorbei, doch wie bisher auch halten alle soweit Abstand und warten geduldig, wenn es in unübersichtlichen Aufstiegen mal länger dauert. Hier hat es keiner eilig.

Auch wenn wir die Strecke schon kennen, ist sie nach wie vor spektakulär schön - und vor allem diesmal schön trocken. Wir nehmen uns immer wieder Zeit, um tolle Aufnahmen zu machen, und schlagen unser Lager irgendwo in einem Feld unmittelbar vor dem Meer auf. 

Binnen Minuten zieht eine riesige Nebelfront auf und hüllt alles um uns herum ein. Ein unglaubliches Naturschauspiel, und wir mittendrin, während das Meer mit jeder Minute weiter verschwindet. Genau so haben wir uns das Campen in Norwegen seit der Planung dieser Reise vorgestellt. Wir werfen einen letzten Blick in den Nebel, bevor wir das Zelt schließen und uns für die Nacht fertig machen.

Bis Morgen!

Zurück in Richtung Heimat

Norwegen, Oldersfjord
27.06.2023

Guten Morgen!

Als wir heute morgen aufwachen, ist es absolut ruhig, und bis auf das Rauschen des Meeres dringt kein einziges Geräusch an unsere Ohren.

Auch der Nebel hat sich verzogen, und wir haben einen wunderschönen Panoramablick aufs Meer. Die schwierigsten Höhen und Tunnel haben wir bereits gestern geschafft, und so machen wir uns frohen Mutes auf den Weg nach Oldersfjord.  

Die Fahrt verläuft größtenteils ereignislos, und wenige Stunden und viele Drohnenflüge später erreichen wir unser Ziel - wo wir wie gewohnt vom psychotischen Elch begrüßt werden. Den armen Kerl hat immer noch niemand gekauft.

Wir fragen uns, warum.

Die nette Dame von vor 5 Tagen steht auch wieder hinter dem Tresen und erkennt uns direkt wieder. Fröhlich begrüßt sie uns, und wir erzählen, was in den letzten Tagen so passiert ist, während sie gespannt zuhört und uns natürlich auch gratuliert.

Als wir unser Zimmer beziehen, checken wir als erstes, ob hier das Fenster funktioniert - tut es! Wir packen unser Zeug aus, und machen es uns bis zum Abendessen gemütlich. Heute gibt es nach langer Zeit mal wieder einen richtig guten Burger, der auch direkt restlos verputzt wird, und wir merken, wie sehr wir es vermissen, abends einfach noch mal schnell in ein Fastfood Restaurant zu fahren.

Die nächsten Tage werden wieder sehr herausfordernd, und so langsam macht sich eine Art Grunderschöpfung in uns breit.

Seinen Körper 4 Monate lang konsequent an die Grenze zu treiben, darüber hinaus und seine Bedürfnisse größtenteils zu ignorieren, fordert eben seinen Tribut, und da ist es mit 4 Tagen ausruhen nicht getan. 

Darum beschließen wir, es für die nächste Zeit etwas ruhiger angehen zu lassen. Wir buchen für die nächsten Tage keine Unterkünfte oder setzen uns irgendwelche Kilometergrenzen, sondern hören mehr auf das, was unsere Körper wollen.

Das Zelt haben wir schließlich immer bereit, wir können schlafen, wann und wo wir möchten, und niemand drängt uns zur Eile.


Wir sind absolut frei, und wir genießen es unglaublich!
Darum lassen wir nun den Abend ausklingen, schreiben etwas am Blog und schneiden ein weiteres Drohnenvideo und freuen uns darauf, nachher im Bett zu liegen.

Gute Nacht, ihr Lieben! Bis morgen!

Gemeinsam weiter

Norwegen, k.A
28.06.2023

Unser nächstes Ziel, Alta, hat es wieder mal ganz schön in sich, denn es liegt 120 Kilometer entfernt. Wir greifen also nochmal ordentlich zu beim Frühstück und kaufen an der nahegelegenen Tankstelle, die auch einen kleinen Einkaufsladen hat, ein paar Vorräte für die Fahrt ein.

Das heutige Ziel: Soweit kommen, wie wir wollen, und anschließend neben der Strecke campen. Trotz der Sonne ist es durch den ständigen Wind recht kühl. Unser Morgengespräch verläuft heute etwas anders als gewöhnlich, denn es beginnt diesmal damit, auf was wir uns Zuhause alles freuen. Und je länger wir darüber nachdenken, desto länger wird auch die Liste. Heimweh ist seit ein paar Tagen schon ein Thema bei uns geworden.

Keine Frage: Diese Reise ist eine der besten Entscheidungen unseres Lebens gewesen, und wir wollen nicht auch nur einen anstrengenden Moment davon missen. Aber uns rückt auch immer öfter ins Bewusstsein, was wir alles an Anehmlichkeiten Zuhause haben.

Nach 25 Kilometern erreichen wir erneut eine Tankstelle, an der wir unsere Vorräte aufstocken, denn heute werden wir nicht durchfahren. Wir treffen vorort 2 Freunde, die ebenfalls die Tour zum Nordkapp machen. Die beiden sind 60 & 62 Jahre alt, und wir finden: starke Leistung!

Sie erzählen uns, auf was wir uns bis nach Alta gefasst machen können, denn die Tour hat es wohl wirklich ziemlich in sich. Neben der Tatsache, dass die nächsten 80 Kilometer ab dieser Tankstelle so gut wie nichts mehr kommt, geht es wohl auch wieder sehr hügelig weiter...

Doch das sind wir schon gewohnt - und so machen wir uns auf den Weg. An einer Baustelle, die durch ein Ampelsystem gesteuert wird, zieht von rechts plötzlich ein Rentier vorbei und läuft nur einen Meter neben uns gemütlich ein Stückchen mit. Mein erster Gedanke ist, "Dich nenn' ich Charlie und nehm' dich mit nach Hause"! 

An der Ampel aber trennen sich unsere Wege bereits, tschüss Charlie, es war schön mit dir. Dann erreichen wir einen Rastplatz, und während Celine sich einem ausgiebigen Powernap widmet, entspanne auch ich ein bisschen in der Sonne und spiel mit Lucy. 

Als wir gerade aufbrechen wollen, kommt uns ein junger Mann entgegen. Er heißt Chris, kommt aus Deutschland und ist bereits durch die halbe Welt mit dem Fahrrad gereist.

Wir verquatschen uns fast eine komplette Stunde, ehe wir uns wieder auf die Räder schwingen und losfahren, aber das ist okay. Wir haben keinen straffen Zeitplan, und spannende Begegnungen mit fremden Menschen gehören einfach dazu... und machen sogar einen schönen und großen Teil unserer Reise aus.

Nach wenigen Kilometern holt uns Chris auch schon ein; da er wesentlich leichter bepackt ist, ist er um einiges schneller. Wir fahren die nächsten 20 Kilometer zusammen, haben lustige, interessante Gespräche und machen tolle Drohnenaufnahmen unserer neuen Kolonne.

Die Sonne steht wie so oft gefühlt über Stunden angepinnt an der selben Stelle, und wir schmeißen lange, schwarze Schatten quer über die Straße, während wir durch das kilometerweite, absolute Nichts fahren.

Da Chris einen straffen Zeitplan hat und im Durchschnitt 150 Kilometer täglich fährt, verabschieden wir uns nach einiger Zeit. Alles Gute, es war eine lustige Fahrt mit dir!

Wir sind allerdings nun auch schon wieder über 10 Stunden unterwegs, und während wir nach einem Spot fürs Zelten Ausschau halten, werden wir Zeuge eines wahren Naturschauspiels: Ein Berg zu unserer Rechten wird von einer riesigen, aus mehreren hundert Rentieren bestehenden Herde überquert. Dieses Land ist der Wahnsinn!

Wir suchen weiter, und Celine findet tatsächlich einen Spot- nur muss dieser erstmal von Steinen und Gestrüpp befreit werden. Als das erledigt ist, haben wir grade noch genug Kraft um das Zelt aufzubauen und uns für die Nacht fertig zu machen, ehe wir nach 11 Stunden Fahrt endlich im Schlafsack liegen.

Gute Nacht ihr Lieben, und bis morgen!

Ein Gefühl von Zuhause

Norwegen, Alta
29.06.2023

Da wir gestern trotz des langen Tages noch eine ordentliche Strecke von 75 Kilometern geschafft haben, stehen heute nur noch die restlichen 44 Kilometer bis nach Alta auf dem Plan. Darum bleiben wir heute morgen lange liegen und schlafen erstmal aus. Außerdem ist es außerordentlich kühl und bewölkt, da bleibt man doch gerne noch ein bisschen länger liegen! 

Als wir dann aufstehen, werden wir von einer gewissen Vorfreude gepackt: Heute kommen wir endlich mal wieder in eine richtige größere Stadt - und zwar eine, die aus mehr besteht als 3 Häusern, 7 Schafen und einer Kirche...

Der Weg nach Alta ist genau so schön wie der gestrige, doch auch ebenso anstrengend. Zum Glück regnet es nicht, und auch von Gewittern bleiben wir verschont. Gut so - denn hier draussen wären wir den Naturgewalten schutzlos ausgeliefert gewesen. Nach kurzer Zeit klart es sogar auf, und die Sonne versorgt uns mit ordentlich Wärme, während wir gemütlich hintereinander her fahren und die Aussicht genießen - wobei wir ab und zu anhalten und mit Lucy durch die Landschaft jagen. 

Entlang des Weges, auf dem sich langsam die ersten Anzeichen von Zivilisation hervorheben, stehen am Hang des Berges wunderschöne Häuser, mit einem fulminanten Aussicht ins Tal. 

Als wir an einem Supermarkt vorbeikommen, beschließen wir, eine kleine Pause zu machen um unsere Vorräte aufzufüllen. Plötzlich kommt ein Fahrradfahrer auf uns zu, und fragt graderaus, ob wir Bikeandbeagle sind, was wir natürlich bejahen. Er erzählt uns freudig, dass er letztens mit jemand anderem ins Gespräch kam, der ihm von uns und unserer Reise berichtet hatte. Wie klein die Welt doch ist!

Schließlich erreichen wir nach einiger Zeit den Campingplatz, auf dem wir unser Zelt aufbauen wollen. Er ist glücklicherweise sehr sauber und auch ziemlich gut ausgestattet, und ich komme direkt mit den anderen Bewohnern ins Gespräch - während Celine das Zelt schon komplett alleine aufgebaut hat, wie ich bei meiner Rückkehr zu unserem Platz feststelle.

Nach einer erfrischenden Dusche geht es uns dann gleich doppelt so gut, und ich nutze einen TV-Raum, um in Ruhe am Blog zu schreiben, während auch Celine sich nun etwas mit unseren Zeltnachbarn unterhält und jede Menge spannende Gespräche führt. Wie offenbar auch überall sonst auf der Welt, tummeln sich hier bemerkenswert viele Deutsche, und es fühlt sich fast an, als wären wir auf einem Campingplatz irgendwo zuhause in Deutschland.

Dann merken wir langsam, dass wir wirklich was zu essen vertragen könnten. Und so ziehen wir uns in unser Zelt zurück, wo wir uns aus den vorher eingekauften Lebensmitteln ein kleines Abendessen zubereiten, bevor wir den Abend entspannt ausklingen lassen.

Bis morgen, ihr Lieben!

Off-road 

Norwegen, Maze
30.06.2023

Da es nicht unüblich ist, dass in den skandinavischen Ländern die Städte auch mal gut und gerne weit über 100 Kilometer entfernt sind, und diese 100 Kilometer dann überwiegend durch stark hügelige Landschaften führen, entscheiden wir uns dafür, mal wieder etwas früher loszufahren als in den vergangenen Tagen.

7:00 Uhr - der Wecker klingelt, und wir machen uns fertig. Nach einem kleinen Spaziergang mit Lucy und lieben Verabschiedungen unserer Zeltnachbarn geht es schließlich los. Es ist zwar erst 8:30 Uhr, aber wir haben schon 22°C.

Die Landschaft verlangt uns einiges ab - teilweise wird es so bodenlos steil, dass an fahren nicht zu denken ist, und schieben die einzige Möglichkeit bleibt, um voran zu kommen. Neben Knieschmerzen gesellen sich jetzt leider auch Magenschmerzen zu Celines Allgemeinzustand. Wir merken, wie sehr diese Anstiege an unseren Kräfte zehren, und kurzerhand legen wir mitten auf einem Feld unsere Plane aus und machen für eine Stunde ein Nickerchen in unseren Schlafsäcken.

Als wir weiterfahren, beschließen wir, die Umgebung mal etwas abseits der Straße zu erkunden, und fahren kilometerweit mitten durch die Natur Norwegens.

Einmal wird es so stark schotterig, dass wir uns ernsthafte Sorgen um unsere Reifen machen. Ich schaue mich immer mal wieder um und lasse meinen Blick umherschweifen, wo ein guter Platz zum Reifenwechseln wäre, wenn es soweit kommt, dass wir einen benötigen... doch alles geht gut.

Nach einiger Zeit treffen wir dann auf einen älteren Herrn, der erst auf uns zufährt, dann aussteigt und anschließend fragt, ob wir etwas benötigen: Wasser, Essen oder was man sonst so braucht. Wir verneinen freundlich, weil wir alles haben, und sind immer wieder erstaunt über die unglaubliche Gastfreundschaft, die uns in diesem Land entgegenschlägt!

An den Stellen, wo es ausnahmsweise mal runter geht, können wir uns keineswegs einfach runter rollen lassen; es ist so steil, dass wir uns behutsam runterbremsen müssen. Gar nicht so leicht mit einem 40Kg-Anhänger, der es eiliger hat als man selbst. Auch wenn dieser Weg nicht geplant war, und auch durchaus schwieriger zu meistern ist als die gerade Straße, bietet er uns dafür einfach so viel mehr!

Von gigantischen Wasserfällen bis hin zu glasklaren Flüssen und Seen ist alles dabei, und als wir den Höhepunkt des Areals erreichen, erkennen wir kilometerweite, mit Schnee bedeckte Bergketten am Horizont.

Ein unglaublicher Anblick, der sich um uns herum auftut, und uns wird klar, dass wir hier für jede Anstrengung doppelt entlohnt werden.

Jeden dieser Momente halten wir mit der Drohne fest, und bald gibt es ein "Durch Norwegen, Teil 2"!

Sichtlich abgekämpft und seit über 8 Stunden im Sattel, suchen wir die Gegend nach einem Spot zum Übernachten ab. Dann fahren wir an einer Dame in einem Transporter vorbei. Sie fährt beiseite, um uns Platz zu machen, kurbelt dann die Scheibe runter und bekundet uns ihren Respekt und ihre Anerkennung, dass wir diese ultimative Strecke fahren. Wir, besonders Celine, redet eine ganze Weile mit ihr, und dann gibt sie uns einen wertvollen Tip: Sie erzählt uns, dass es weiter unten ein Gasthaus gibt, wo man auch übernachten kann.

Wir hatten zwar erst 50 Kilometer geschafft, waren aber aufgrund dieser irren Strecke schon ziemlich kaputt. Darum beschließen wir das Naheliegende, bedanken uns bei der netten Frau und machen uns auf den Weg.

Als wir ankommen und uns ein Zimmer nehmen, sehen wir schon, es war die richtige Entscheidung. Alles ist sauber und macht einen super Eindruck, das Zimmer ist groß und gepflegt, und im Restaurant kann man sowohl richtig gute Burger essen als auch Snacks kaufen wie an einem Kiosk. Einziger Minuspunkt: Es gibt unglaublich viele Mücken. Egal - immerhin was Warmes im Magen und ein gemütliches Bett... auf das wir uns nach diesem Tag auch wirklich freuen. Darum heisst es jetzt: 

...Gute Nacht! Bis morgen, ihr Lieben!

4 Monate unterwegs

Norwegen, Kautokeino 01.07.2023

Die Nacht war geprägt von Mücken im Zimmer, und so kamen wir nur auf wenige Stunden Schlaf. Schade, denn gerade nach diesem Tag hätten wir eine ruhige Nacht echt gebrauchen können. So ist es nicht verwunderlich, dass wir beide gut zerstochen aufwachen und etwas träge in den Tag starten.

Dies wird der letzte Tag in Norwegen werden, und an weite Entfernungen ohne nennenswerte Infrastruktur werden wir uns in den nächsten Tagen gewöhnen müssen. Seit 4 Monaten sind wir nun schon unterwegs, und was vor über einem Jahr als Scherzidee seinen Ursprung fand, ist zum größten Abenteuer unseres Lebens geworden!

Mehr als 7000 Km haben wir bereits hinter uns, sind in dieser Zeit immer wieder an unsere Grenzen und darüber hinaus gestoßen, haben tolle Menschen kennen gelernt und traumhafte sowie weniger schöne Orte erkundet und erlebt

Da wir keine Einkaufsmöglichkeiten haben werden, bis wir den knapp 70 Kilometer entfernten Campingplatz erreichen, decken wir uns vorher noch mit ein paar Snacks und Getränken ein.

Wir sind uns bewusst, das wir hier die letzten Kilometer durch eines unserer absoluten Wunschländer fahren, und so genießen wir jeden aufkommenden Meter - auch wenn die Strecke, wie so oft, mit einem Anstieg beginnt.

Durch die Verlobung sind wir wohl dem ein oder anderen in Erinnerung geblieben, und so erhalten wir in den letzten Tagen immer wieder liebe Texte und aufmunternde Nachrichten über unserer Seite. Vielen Dank an euch, das motiviert uns auf so vielen Ebenen!

Wir folgen auf unserer heutigen Tour dem Fluss Kautokeino Elva der durchgehend an der Hauptstraße entlang fließt.

Dann kommen wir schließlich an unserem Ziel für heute an. Der Campingplatz ist zwar klein, aber gepflegt, und wir haben wieder eine kleine Hütte. Die angrenzende Sauna wird von Celine mal wieder ausgiebig genutzt, während ich nach und nach die Drohnenvideos bearbeite. Es ist schön sich nach der Fahrt etwas auszuruhen, und außerdem gibt es einen elektrischen Kamin, der für eine gemütliche Atmosphere in der kleinen Holzhütte sorgt. 

Hier werden wir sicherlich besser schlafen! Wir freuen uns auf Morgen, denn da führt uns die Route noch einmal zurück ins schöne Finnland. 

Gute Nacht und bis Morgen!

Noch einmal kurz Finnland

Finnland, Sotkajärven
02.06.2023

Den Schlaf, der uns in der vorherigen Nacht verwehrt blieb, konnten wir hier glücklicherweise ausgiebig nachholen, und so starten wir ausgeruht und nach einem netten Gespräch mit dem Pächter erst um 11:30 Uhr in die heutige Tour.

Wir halten es heute wie so oft in den skandinavischen Ländern: Ohne Plan, ohne Buchung, irgendetwas werden wir schon finden. Das Wetter hingegen ist am Anfang der Tour noch sehr regnerisch, und wir haben mir starkem Gegenwind zu kämpfen. Doch nach wenigen Stunden klart es auf, und die Sonne findet ihren Weg nach draußen. Neben den üblichen Bikern, Autos und Wohnmobilen, knattern plötzlich in aller Seelenruhe 4 knallrote Porsche Traktoren an uns vorbei. Da sie lediglich 40 km/h fahren, erkennen wir jede Menge bayrische Aufkleber und deutsche Nummernschilder. Die Herren treffen wir wenig später an einer Tankstelle wieder, und kommen ein bisschen mit ihnen ins Gespräch. Mit dabei haben sie 130 Liter Wein aus der eigenen Kelterei, Käse und jede Menge Schinken. 

Absolut cool! Sie sind bereits 5000 Kilometer gefahren und nun wieder auf dem Heimweg, genau wie wir.

Nach 42 Kilometern erreichen wir die Grenze zu Finnland. Wir drehen uns nochmal um, und verabschieden uns etwas bedrückt von dem Land, das unsere Seele berührt hat wie kein zweites.

Tschüss, liebes Norwegen. Wir werden dich vermissen! Danke für alles, was du uns gezeigt und gelehrt hast! Wir sind uns sicher, wir sehen uns irgendwann wieder...

Als wir uns wieder auf finnischem Boden befinden, bleibt es natürlich nach wie vor hügelig. Allerdings wird die Intensität schon bald spürbar weniger, und auch die Landschaft um uns herum wird allmählich ruhiger. Die großen Bergketten am Horizont werden abgelöst von dichtem Wald, soweit das Auge reicht. Da wir morgen bereits Schweden erreichen wollen, und die zu fahrende Strecke in Finnland noch immerhin 100 Kilometer beträgt, fahren wir recht zügig und haben ziemlich schnell 30 Kilometer geschafft, als Celine einen Wahnsinns Spot entdeckt. Der Aussichtsturm bietet einen super Blick auf den angrenzenden See - und davor befindet sich eine große Holzplatform mit Feuerstelle, Holzlager und großer Rast-Area. Perfekt!

Während Malte schon ordentlich die Axt schwingt, um Feuerholz zu spalten, baue ich das Zelt auf. Da die Mückenpopulation gerade in der Nähe von Seen und Gewässern exorbitant ansteigt, ist ein Campen im Freien diese Nacht leider ausgeschlossen. Von durchstochenen Nächten haben wir nämlich erst mal genug...

Da es wieder anfängt zu nieseln, nutzen wir den großen Unterstand, um dort unser Abendessen zu genießen. Hier lässt es sich auf jeden Fall aushalten. Die Sonne neigt sich inzwischen wieder dem Untergang, ist jedoch noch weit davon entfernt, wirklich unterzugehen - geschweige denn, überhaupt, da wir hier einfach keine richtige Nacht haben. Wir zünden noch ein paar Antimücken-Stäbchen an ehe wir uns ins Zelt begeben - sicher ist sicher - reden noch ein bisschen, freuen uns auf Schweden, und schlafen schon nach kurzer Zeit ein. 

Bis morgen ihr Lieben! Wir freuen uns auf euch!

Schweden

Wilkommen in Schweden

Schweden,  k.A
03.07.2023

Zum Glück sind wir in unserem Innenzelt gut vor Insekten und anderem Viehzeug geschützt, denn wir hören es bereits summen, brummen, fiepen und fliegen, als wir aufwachen... im Vorzelt ist schon richtig was los. Nachdem wir schnell alles zusammen gepackt haben, folgen wir der Straße weiter Richtung Schweden. Da Malte bereits in seiner Kindheit unzählige Male in Schweden war, ist es für ihn ein Stück weit wie nach Hause kommen. Ich, die noch nie in Schweden war, freue mich umso mehr darauf, was es so alles zu entdecken gibt.

Das Wetter ist super und wir kommen gut voran. Wären da nur nicht diese unglaublich nervigen Wadenstecher, bienengroße Fliegen, die tatsächlich stechen können und uns über den ganzen Weg hinweg begleiten. Ihnen davonzufahren oder sie gar abzuschütteln ist quasi unmöglich, da die Biester über 60 km/h fliegen können. Nach einer Stunde reißt Maltes Geduldsfaden, er fährt an die Seite und übt ein Massaker biblischen Ausmaßen an den Viechern aus. Nach insgesamt 53! vernichteten Stechfliegen geht die Reise weiter. Nur um nach 2 Kilometern erneut von den Mistviechern gepiesackt zu werden.

Kurz vor der Grenze nach Schweden stärken wir uns noch mit einem Burger in einem nagegelegenen Schnellimbiss, und nutzen die Gelegenheit, währenddessen den Akku meines E-Bikes zu laden. Nach einer Überfahrt über eine kleine Brücke erreichen wir es schließlich: Schweden, unser Land Nr 15.

Sowohl unsere Handys als auch die Powerbänke kommen so langsam an ihre Grenzen, und wir beschränken uns auf das Nötigste, um Akku zu sparen. Laut unserer Routenapp Komoot muss es in unserer Nähe eine Schutzhütte geben, und da wir schon 85 Kilometer für heute geschafft haben, beschließen wir uns auf die Suche zu machen. 

Nach weiteren 100 Metern entdecke ich eine kleine zugewucherte Einfahrt, die durch den Wald führt. Kein Schild oder öffentlicher Hinweis darauf, dass es hier irgendetwas gibt. Während Malte an der Straße bleibt und mit den Stechfliegen inzwischen einen persönlichen Krieg führt, fahre ich voraus und schau mich einfach mal um. Laut Karte soll die Hütte hier irgendwo sein - doch es ist nichts zu sehen. So schnell möchte ich allerdings nicht aufgeben, und fahre noch ein ganzes Stück weiter, bis ich schließlich direkt vor ihr stehe. Perfekt, eine kleine Holzhütte mitten im Wald. Ich ruf Malte an, dass er kommen kann. Nachdem wir uns vor diesen wirklich hartnäckigen Fliegen im Häuschen in Sicherheit gebracht haben, richten wir uns ein. 

Die Hütte bietet ausreichend Platz zum Schlafen und für unsere Sachen. Zum Glück steht sogar noch etwas Brennholz bereit, welches Malte direkt im Kamin in ein gemütliches Feuer verwandelt. Auch unser Kocher kommt zum Einsatz, und so haben wir mal wieder ein warmes Abendessen. Ein kleines Heft liegt auf dem Tisch mit den letzten Einträgen von Wanderern, Abenteurern und jeder der durch Zufall zu diesem Ort kommt. Sehr spannend! Auch wir tragen uns ein und stellen fest, dass der letzte Eintrag aus dem Jahr 2017 stammt. Unsere Akkus sind inzwischen so gut wie leer, und auch die Powerbanks haben alles gegeben. Zum Glück haben wir ja noch den Laptop dabei, der kurzerhand als Stromquelle für unsere Handys fungiert. 

Dann erkunden wir die Hütte mal etwas genauer. Wir laufen einmal rundherum und finden dabei eine Feuerstelle sowie ein Plumpsklo. Sogar eine kleine Scheune gibt es auf der anderen Seite. Wir stellen uns vor, was die anderen Menschen, die hier waren, so gemacht haben, wer sie waren, und verlieren uns recht schnell in allerhand abenteuerlichen Gedanken. Wieder drinnen, hängen wir unsere Stirnlampen an der wirklich niedrigen Decke auf und spielen Karten, bevor wir in unsere Schlafsäcke springen. Das einheitliche Summen und Brummen lässt uns schon erahnen, wie die Nacht wird... doch noch hoffen wir das Beste. Wir verkriechen uns in die Wärme der Schlafsäcke und wünschen euch eine gute Nacht!

Bis morgen!

 

 

Traumhütte am See

Schweden, Kalikälven
04.07.2023

Natürlich entpuppte die Nacht sich als das, was wir bei dem Insekten-Geräuschpegel gestern schon geahnt hatten - als ein großes Fressen für jegliches Viehzeug in 50 Metern Entfernung, bei dem wir das Hauptgericht waren. So wachen wir heute völlig zerstochen, mit juckender Haut und eher beschränkt ausgeruht auf.

Immerhin sind die Handys halb aufgeladenen worden über Nacht, und nach einem Kaffee für Celine geht es wieder auf die Straße. Es bleibt den ganzen Tag über bewölkt und zwischen durch fängt es auch an zu regnen, womit wir diesmal allerdings absolut kein Problem haben, da es uns die Insekten vom Leib hält.

Auch für heute steht wieder Camping an - nicht zuletzt, weil es in den nächsten 80 Kilometern keinen Campingplatz gibt. 

Der Norden Schwedens ist mindestens genauso leer und weitläufig wie Finnland, weshalb wir nun den dritten Tag in Folge mitten in der Natur campen werden. Anders als Norwegen mit seinen schönen Fjorden, besticht Schweden mit seinen riesigen Wäldern und wunderschönen Seen, die sich immer wieder entlang der Hauptstraße erstrecken.

Auch wenn es nicht ganz so hügelig und steil wie die Tage in Norwegen ist, sind wir weit entfernt von einer flachen Strecke, weshalb wir heute, nicht zuletzt auch wegen Celines widerkehrender Knieschmerzen, nur 55 Kilometer fahren. Wieder weist uns Komoot auf eine Schutzhütte hin, die wir auch direkt als Endziel ansteuern.

Auf dem großen, asphaltierten Platz vor der Hütte stehen Campingwagen aus Holland und Deutschland, und wir führen sehr interessante Gespräche mit einem Vater & Sohn Gespann (72 & 45), das hier mit ihrem Bulli zum Angeln durch Schweden reist. Auch diese Hütte hat wieder einen Kamin, und draußen liegt genügend Brennholz bereit. 

Perfekt - hier bleiben wir! Nach einem ausgiebigen Spaziergang mit Lucy durch den nassfeuchten Wald, in dem sie sich mal wieder richtig austoben kann, machen wir einen Proviantcheck. Dieser fällt nach 3 Tagen ohne größeren Einkauf zimlich dürftig aus, aber wir machen das Beste draus. Inzwischen sind alle unsere elektrischen Geräte leer, und auch Celine fuhr die letzten Kilometer ohne Unterstützung ihres Fahrradakkus.

Die Hütte befindet sich unmittelbar neben einem wunderschönen See, dessen Oberfläche so glatt aussieht, dass sich die grauen Wolken und umliegenden Bäume perfekt darin spiegeln.

Durch die feuchte Luft riecht alles unsagbar frisch nach Wald & Natur. Herrlich! Hier mache ich später auf jeden Fall ein paar Bilder mit der Drohne, und...

Die Drone! Da wir eine Ladestation für die Akkupacks der Drohne haben, kann diese auch Strom abgeben! Aufgeregt packe ich alles aus und probiere etwas herum, und... es fuktioniert! Zumindest die Handys bekommen wir wieder vollständig geladen, und buchen für morgen erst mal wieder eine richtige Unterkunft.

Dann genießen wir den Abend, der so anfängt, dass wir uns von den netten Niederländern erstmal Wasser schnorren müssen, da unseres fast leer ist. Zum Glück haben sie Verständnis für unsere Situation, und helfen uns gerne aus. Dann spazieren wir den See entlang, wobei uns auffällt, dass es, je weiter wir Richtung Süden fahren, mit jedem Tag abends wieder dunkler wird. Sieht so aus, als lägen die taghellen Nächte bald hinter uns!

Zurück in unserer Hütte reden wir noch ein bisschen, und spielen dabei Karten. Doch schon nach kurzer Zeit übermannt uns die Müdigkeit, so dass wir die Matratzen auf den Boden legen, in die Nähe des Kamins, und uns am wärmenden Feuer langsam dem Schlaf hingeben.

Bis morgen ihr Lieben!

Entspannung bei den Huskys

Schweden, Lappeasuando 05.07.2023 + 06.07.2023 

Nach einer wirklich tollen Nacht in der schönen Hütte machen wir uns nach einem kleinen Frühstück und einer netten Verabschiedung von den anderen Campern wieder auf den Weg durch den Norden Schwedens.

Wir entscheiden uns, nachdem wir nun die 3. Nacht in Folge quasi wildcampen waren, dass wir uns wieder eine richtige Unterkunft buchen und dort einen Pausentag verbringen. Nicht zuletzt, weil auch unsere Akkus mal wieder komplett durchgeladen werden müssen. Und die Unterkunft, die wir buchen, ist diesmal wirklich etwas Besonderes!

Nach einem etwas nieseligen Start in den Tag wird das Wetter wieder richtig angenehm, und während sich unsere Familien in Deutschland mit teilweise 32°C herumquälen, fahren wir bei wunderbaren 20°C die Hauptstraße entlang, die sich wie eine Schlagader durch Schweden zieht.

Nach rund 60 Kilometern kommen wir am Ziel an und werden schon sehr freundlich begrüßt. Hinter der Anlage, auf der kleine Häuschen in Reihe stehen, befindet sich ein Gehege mit 40 Huskys, die in den Wintermonaten als Schlittenhunde für Touristen genutzt werden.

Unser Zimmer ist gemütlich eingerichtet, und wir werden von einem lächelnden Elch über dem Bett begrüßt. Für heute heißt es nur noch ankommen, duschen und entspannen.

So ein Pausentag ist unsagbar wichtig - nicht nur um die elektronischen Akkus zu laden, sondern auch die eigenen! Beim Frühstück am nächsten Morgen, welches für uns im Haupthaus bereitsteht, kommen wir mit Natalie ins Gespräch. Sie kommt ursprünglich aus Deutschland, lebt nun aber schon über 11 Jahre hier. 

Natalie hat selbst einige Huskys und erzählt ein bisschen über ihre Arbeit. Schnell entwickelt sich ein freundliches Gespräch. Ob wir denn vielleicht bei der nächsten Fütterung mit in die Gehege kommen wollen? Was für eine Frage! Das Angebot nehmen wir natürlich an und verabreden uns zum Mittag.

In der Zwischenzeit schneide ich die letzten Videoteile von Norwegen#2 fertig, während Celine wieder ausgiebig ihrem Lieblingshobby auf der Reise nachgeht: Dem gründlichen Inspizieren der Sauna.

Dann wird es Mittag, und gemeinsam mit Natalie gehen wir zu den Huskys. Wir freuen uns auf das, was uns gleich erwartet!

Und es ist wirklich schön: 40 Huskys toben um uns herum und springen freudestrahlend auf ihre Holzhütten, als Natalie mit der Fütterung beginnt. Bei 2 besonders zutraulichen Vierbeinern geht Celine sogar mit rein. 

In der Zwischenzeit erzählt uns Natalie viel über das Leben in Schweden und auch tolle und interessante Geschichten über das Schlittenfahren mit Huskys während der Wintermonate.

Das heute war eine weitere Begegnung, die unsere Reise schmückt und die wir ansonsten niemals gehabt hätten. Wir sind so dankbar für Möglichkeiten wie diese während unseres Abenteuers.

Am Abend zaubert Celine dann in der öffentlichen Küche noch ein leckeres Abendessen, während ich Norwegen#2 vollendet bekomme. Endlich! 


Alles in allem hat uns der Pausentag wirklich gutgetan, und als wir abends ins Bett gehen, können wir es schon wieder kaum erwarten, morgen ins große Ungewisse zu starten.

Was werden wir erleben? Wen werden wir treffen? Wo werden wir schlafen?

Das alles wissen wir noch nicht - aber wir freuen uns drauf.

Bis morgen ihr Lieben!

Mücken, Regen und 96 Km

Schweden, Hapsasjavrre
07.07.2023 

Guten Morgen! Wir beginnen den Tag damit, uns nochmal umzudrehen und die letzten Minuten in einem richtigen Bett zu genießen, denn für heute steht wieder irgendwo im Zelt campen auf dem Plan. Aber genau das verleiht einem auch das tolle Gefühl von absoluter Freiheit.

Dadurch, dass wir in den letzten Tagen überwiegend irgendwo draußen inmitten der Natur Schwedens geschlafen haben, blieb der Blog ein bisschen auf der Strecke - bitte seht uns das nach ;)! Wir geben unser Bestes, alles so schnell es geht nachzuholen!

Bis zur nächsten Stadt sind es rund 150 Km, die wir in zwei Tagen erreichen wollen. Also heißt es sich aufraffen, Sachen packen und nach einem leckeren Frühstück geht es weiter.

Wir fahren bei perfektem Wetter stundenlang gemütlich durch die Landschaft, und als wir die 75 Km erreicht haben, und somit quasi die Hälfte der Strecke, fühlen wir uns dank des gestrigen Entspannungstages noch überhaupt nicht ausgepowert. Darum beschließen wir kurzerhand, einfach mal weiterzufahren und zu gucken, wie weit wir es schaffen. Denn jeden Kilometer, den wir jetzt fahren, kommen wir morgen früher an oder können länger schlafen; in jedem Fall eine Win-Win Situation!

Und während es unmittelbar vor uns traumhaft sonnig ist und es sich anfühlt, als würden wir gradewegs ins Paradies fahren, öffnet sich hinter uns allmählich das Tor zur Hölle, bereit uns zu verschlingen.

Tief schwarze Wolken starten eine Verfolgungsjagd auf uns, und wir treten ordentlich in die Pedale. Mit Grauen erinnern wir uns an die großen Regenfälle in freier Natur zurück, was uns gradewegs zu Hochleistungen anspornt.

Und so fahren wir ganze 97 Kilometer, bis aus dem anfänglichen Nieselregen ein ernstzunehmender Schauer wird. Und bevor es hier wettertechnisch wieder komplett eskaliert, einigen wir uns darauf, den nächstbesten Spot zum Übernachten zu nehmen - und werden direkt an einem See fündig, an dem bereits ein Camper steht.

Ein Stückchen weiter haben dann auch wir einen geeigneten Platz gefunden, und noch bevor wir absteigen, werden wir von Mücken förmlich attackiert. Schwüles Wetter direkt am See, damit war zu rechnen. Jetzt muss alles schnell gehen, wenn wir nicht als Insektenfutter enden wollen:
Wie die Irren bauen wir in Windeseile das Zelt auf, schmeißen unsere Klamotten rein, klemmen uns Lucy unter den Arm und flüchten in den sicheren Innenraum.

Puh, geschafft. Wir plätten die wenigen Viecher, die es mit rein geschafft haben, dann breiten unsere Schlafsäcke aus und machen uns fertig für die Nacht. Das Insektenkonzert vom See begleitet uns, während wir sicher und eingekuschelt in unsere Schlafsäcke einschlafen. Und darum heißt es jetzt... 

...bis morgen!

Camping- Trubel

Schweden, Jokkmokk 08.07.2023 

Während Malte noch im Land der Träume unterwegs ist, nutze ich die frühen Morgenstunden und springe in den See, der sich direkt vor unserem Zelt befindet. Auch Lucy ist schon gut drauf und begleitet mich.

Das Wasser ist so kristallklar, dass ich mehrere Meter weit den Untergrund sehen kann, während ich ein paar Runden im kühlen Nass schwimme. Als ich erfrischt wieder ins Zelt komme, schläft Malte noch immer tief und fest; ich denke, er hat einiges an Schlaf nachzuholen. Ich lasse ihn schlafen, während ich selber noch etwas döse, und als er aufwacht, machen wir uns auf den Weg.

Auf der Fahrt begegnen wir immer Mal wieder größeren Gruppen von Rentieren. Auch wenn wir es inzwischen gewohnt sind, ist es immer wieder toll mitanzusehen, wenn sie uns ein Stück begleiten.

Auch die Fahrt selber ist abwechslungsreicher als gestern. Wir überqueren unter anderem mehrere bemalte Staudämme. Und einen komplett trockenen Fluss von oben zu sehen, ist auch schon ziemlich beeindruckend!

Heute erreichen wir Jokkmokk, und da wir gestern schon weit mehr als die Hälfte geschafft haben, sind es nur noch knapp 60 Km.

In der Stadt habe ich dann auch recht schnell einen großen Campingplatz ausfindig gemacht, der sich mal wieder direkt an einem See befindet, und direkt einen Platz für heute Nacht gebucht.

Nachdem wir noch kurz einkaufen waren, um unsere Vorräte aufzufüllen, machen wir uns auch schon auf den Weg dorthin. 

Der Platz ist schnell gefunden, und das Zelt zügig aufgebaut. Dann wollen wir uns den Campingplatz mal etwas genauer anschauen. Neben einem Restaurant bietet der Platz auch eine Sauna(!), Minigolfplatz und eine Schwimmarea, die wir kostenlos mitnutzen können. Und das alles für 25 € - sehr fair. Auch eine kleine Küche steht uns zur Verfügung, wo ich uns nach der Fahrt erstmal ein warmes Mittagessen zubereite. Es gibt Hähnchen mit Salat und Sandwiches. Perfekt!

Da wir schon sehr früh am Tag angekommen sind, nutzen wir die Zeit für einen Spaziergang übers Gelände, das überwiegend aus Wald besteht. 

Unser Interesse an kreischenden und heulenden Kindern in der Poolarea ist allerdings ziemlich gering; deshalb steuern wir gezielt auf den angrenzenden See zu, an dem zwei 90m² große Häuser mit Terasse stehe, die man mieten kann.

Sie stehen direkt am See und haben eine wunderschöne Aussicht in die Natur. Sowas könnten wir uns auf jeden Fall auch vorstellen, und fangen ein bisschen an zu träumen...

Am See angekommen entscheidet sich Malte spontan zu einer kleinen Schwimmrunde, während ich mit Lucy am Steg entspanne und die Ruhe genieße.

Habe ich eigentlich erwähnt das die hier eine Sauna haben? 

So verbringen wir eine wirklich schöne Zeit, bis wir uns schließlich losreissen können und Kurs auf unser Zelt nehmen. Dort angekommen, schreibt Malte die ersten Texte für den Blog vor, während ich mir nochmal die Sauna genauer anschaue. Schnell jedoch ist klar: Mit Entspannung hat das hier leider nichts zu tun.

Alle paar Minuten kommt jemand rein oder geht raus, von plärrenden Kindern mal ganz zu schweigen... 

Was solls, dann nutzen wir den Abend um die die weitere Route zu planen. Unsere nächste Stadt ist erneut an die 160 Kilometer entfernt und führt, wie wir wenig erfreut feststellen, über viele starke Ansteigungen - wie haben wir sie vermisst...

Umso wichtiger ist es, diese Nacht ausreichend Schlaf zu bekommen. Und deswegen sagen wir an dieser Stelle:

Bis morgen und passt auf euch auf! 

Tschüss, hoher Norden!

Schweden, Piellojaure
09.07.2023 

Guten Morgen!

Heute nutzen wir selbst die letzten Minuten vor dem losfahren noch dazu, um unsere Akkus vollzuladen. Schließlich wissen wir nie, wann sich die nächste Gelegenheit dazu bietet, und sicher ist sicher. So fahren wir, vollgeladen und motiviert, schließlich los. 

Schon nach kurzer Distanz überqueren wir wieder den Polarkreis - und verlassen somit offiziell das "Nordische Land". Tschüss, Hoher Norden! Wir werden dich nie vergessen! Wir haben dich kennen und lieben gelernt, und wollen nicht eine Sekunde von dir missen.
Wir machen eine kleine Pause, in der wir uns ein Eis zur Erfrischung gönnen und nochmal über alles reden, was wir in diesen tollen Ländern erlebt haben. Und wir sind uns einig, dass sich die komplette Reise alleine deswegen schon gelohnt hat. Nach einer kleinen Runde mit Lucy geht es schließlich weiter Richtung Süden.

Nach wir vor wird die Landschaft um uns herum nicht langweilig, und ich weiß jetzt schon, dass ich die glitzernden blauen Seen, die riesigen Wälder, die Berge und die unglaubliche Vielfalt der Natur wirklich vermissen werde. Auch heute haben wir es uns zum Ziel gemacht, so weit zu fahren wie es nur irgendwie geht, und wir sind guter Dinge, viele Kilometer zu schaffen!

Nachdem wir schließlich stundenlang gefahren sind, steht uns der letzte Abschnitt bevor. Dieser geht direkt hinunter ins Tal, was bedeutet, dass es danach genau so anstrengend auch wieder hoch geht...
Doch was muss was muss. Im Tal angekommen springt uns relativ schnell ein wirklich schöner Spot zum Übernachten ins Auge - an dem wir kurzerhand entschlossen vorbei fahren, um noch ein paar Kilometer mehr zu schaffen. Doch es dauert nicht lang, und gewisse Zweifel beginnen, an uns zu nagen. Kilometer machen, schön und gut... aber für heute ankommen wäre auch ganz schön. Außerdem sind wir weder auf der Flucht, noch traue ich dem Wetter, da es sich inzwischen wieder etwas zugezogen hat, und wir wissen ja, wie sowas enden kann... Von dem unmittelbaren harten Anstieg, der uns erwartet, mal ganz abgesehen.

Also gut. Wir fahren die knapp 400 Meter zurück und schauen uns den Platz mal genauer an. Und DAS ist eine wirklich gute Idee, denn was wir finden, ist einfach perfekt: Eine Stelle direkt am See, mit eigener Feuerstelle und ebenem Boden. Wir bauen schnell das Zelt auf, bevor es sich das Wetter wieder anders überlegt. Perfektes timing - das Zelt steht, alles ist verräumt und aufgebaut, noch ehe die ersten Tropfen ihren Weg nach unten finden. Wir sind uns einig: Zurückzufahren war die absolut richtige Entscheidung, denn nur um ein paar wenige Meter mehr zu fahren und zu riskieren, mit einem weniger geeigneten Platz vorlieb nehmen zu müssen (und das bei dem ungewissen Wetter) hätte sich keineswegs gelohnt.

So sitzen wir noch etwas am See, essen eine Kleinigkeit, und lassen den Abend zusammen ausklingen. Wir sind gespannt auf den Anstieg morgen, und auch auf das, was die Reise danach für uns bereit hält. Darum sagen wir nun an dieser Stelle:

Gute Nacht und bis morgen!

Wir machen Pause

Schweden, Arvidsjaur
10.07.2023 - 12.07.2023

Ich höre Celine schon früh im See plantschen. Ein Blick aus dem Zelteingang zeigt traumhaftes Wetter, während der See im Hintergrund glitzert.

Dieser Anblick erinnert mich stark an die alten Jack Wolfskin Kataloge, die auf ihrem Cover meist 'nen Typen mit 3-Tage-Bart in seinem Zelt zeigen, der in die Tiefe der unberührten Natur schaut, während neben ihm der Kaffeekocher läuft.

Ich seh inzwischen zwar wesentlich "gebrauchter" aus, aber das Gefühl von "Hier bin ich richtig, hier ist alles gut" kommt mir bei solchen Situationen immer wieder auf.

Während sich Celine auf unserem Gaskocher Wasser für ihren Kaffee aufheizt und ich das Zelt und alles weitere abbaue, erscheint hinter uns plötzlich eine große Horde an Rentieren, die mitten durch den Wald läuft; wenn du sowas schon am Morgen erlebst, startest du wirklich gut gelaunt in den Tag!

Die Sonne scheint, und es wird sogar richtig heiß. Der Anstieg, vor dem wir uns gestern Abend etwas gedrückt haben, muss jetzt allerdings trotzdem in Angriff genommen werden.

Durch zahlreiche Serpentinen, die es erneut wirklich in sich haben, werden wir schon nach wenigen Kilometern von einer weiteren Horde Rentiere begrüßt die teilweise wieder mitten auf der Straße steht!

Obwohl der lezte Pausentag noch gar nicht so lange her ist, beschließen wir erneut, etwas länger am heutigen Ziel (wieder ein großer Campingplatz) zu bleiben und dort auch wieder ein eigenes Häuschen zu nehmen.

Doch bis es soweit ist, heißt es erstmal: Weiter geradeaus und durchhalten, denn unsere Wasservorräte neigen sich dem Ende zu. Und das ist, bei der Hitze und dem Kraftaufwand, wirklich ziemlich ungünstig. 

Unsere ultra luftdurchlässigen T-shirts sind bereits nach der ersten Stunde zum auswringen vollgeschwitzt, doch wir beißen uns durch. Zum Glück gibt es immer mal wieder längere Abschnitte, auf denen wir uns einfach ausrollen lassen können und uns damit etwas runterkühlen.

An einem Rastplatz, der sich unmittelbar am Fluss befindet, machen wir eine Pause und verputzen an einem schattigen Fleckchen unsere letzten Vorräte. So - das muss jetzt irgendwie bis zum Ziel reichen...

Als wir schließlich die Stadt Arvidsjaur erreichen, sind wir freudig überrascht ob der vielen Einkaufsmöglichkeiten, und vor allem auch dem sehr einladenden Burgerladen...

Da wir kurz vor der Dehydration stehen und wir ordentlich Kalorien in den Hügeln gelassen haben, langen wir ordentlich zu und es schmeckt auch wirklich gut.

Dann fahren wir weiter, und es dauert nicht lang, bis wir den Campingplatz erreichen. Wir werden direkt von einer freundlichen Dame begrüßt, und schnell stellt sich raus, dass auch sie aus Deutschland kommt und die letzten Jahre immer Mal wieder hier gearbeitet hat, bis sie sich komplett für Schweden entschieden hat. Verdenken kann man es ihr keineswegs!

Unsere Hütte hat eine kleine Küche und ist ansonsten einfach eingerichtet. Zum Ausspannen absolut ausreichend, und so beschließen wir noch am selben Abend, ein paar Pausentage zu bleiben - zumal wir hier auch eine Waschmaschine und Trockner haben!

Beim Abendessen läuft direkt an unserem Fenster, also quasi neben unserem Esstisch, eine kleine Gruppe von Rentieren vorbei für einen Abendspaziergang.

Die Pausentage hier nutzen wir unter anderem, um ein weiteres Paket mit Klamotten nach Hause zu schicken, ausgiebig im See schwimmen und es uns einfach nur gut gehen zu lassen.

So wie es sein sollte.

Bis morgen ihr Lieben!

Eine wichtige Erkenntnis

Schweden, Sorsele
13.07.2023 

Die Auszeit in Arvidsjaur haben wir sehr genossen und auch wenn unsere Tage hauptsächlich aus Schwimmen, Eis essen und Relaxen bestanden, hatten wir hier und da noch etwas Zeit, die weitere Strecke zu planen.

Denn anders als ursprünglich geplant, durchqueren wir Schweden genau in der Mitte - was zu wesentlich anspruchsvolleren Höhenmetern führt, als der Weg über die Ostküste. Doch genau das macht Schweden, obwohl es überwiegend aus Wäldern, Seen und niedlichen Hütten besteht, so einzigartig... Und wir vollen das volle Programm, wenn wir schon mal hier sind!

Die ersten Kilometer nach einer längeren Pause fallen uns meist ziemlich schwer, und so brauchen wir den ganzen Morgen, bis unsere Körper wieder voll am Start sind. Doch es dauert nicht lang, und wir sind wieder total drin. 

Obwohl unser derzeitiger Aufenthaltsort, Sorsele, eigentlich nicht unser Ziel für heute ist, entscheiden wir uns nach einem kleinen Einkauf, uns mal ganz unverbindlich den nahegelegenen Campingplatz anzuschauen.

Dort angekommen, ist das erste was uns ins Auge (und ins Ohr) fällt, ein Gespräch zwischen einer Frau, die einer Gruppe Franzosen versucht, etwas auf englisch zu erklären - offensichtlich erfolglos, aber trotzdem eine lustige Situation, da niemand den anderen versteht.
Später lernen wir die Frau kennen. Es handelt sich um die Platzbesitzerin, Sandra, die zusammen mit ihrem Mann Jens aus Deutschland kommt und den Campingplatz vor knapp 3 Jahren gekauft hat. Wir verstehen uns auf Anhieb gut und bekommen das nette Angebot, den Platz in 10 Jahren zu kaufen - also noch genug Zeit, drüber nach zudenken...!

Die Frage, ob wir weiterfahren oder bleiben, ist schnell geklärt, und so packen wir unsere Sachen aus. Als wir uns dran machen, das Zelt aufzubauen, haben wir beide ein kleines Déjà-vu: Zelt direkt am See aufbauen, alles voller Mücken... das hatten wir doch letztens erst... was solls, Hauptsache, das Teil steht!

Später kommen wir nochmal mit Sandra ins Gespräch - und das ist gut. Sie erinnert uns nämlich daran, mit Lucy zum Arzt zu gehen, bevor wir nach Norwegen kommen, da sonst Strafen bis zu 8000 Kronen (ca. 700€) drin sind. Genau diese Erfahrung hat wohl ein Gast von ihr leider mal machen müssen. Es geht dabei um die Wurmkur (Echinococcus) für Hunde bevor diese Norwegen betreten dürfen. Wir sagen: Danke für den Tipp! Celine hat sich direkt drangesetzt, und einen Termin bei einem Tierarzt vor der Grenze Norwegens organisiert. 

Wir lassen den Abend langsam ausklingen, freuen uns auf den morgigen Tag (hätten wir gewusst, wie der Tag wird, hätten wir uns nicht gefreut) und verschwinden im Zelt, ohne größere Verletzungen durch Mücken davonzutragen. Und nun heisst es für euch: 

Bis morgen!

Alle nassen Dinge sind 3

Schweden, Skarvsjöby 14.07.2023 

Da für heute Regen angesagt ist, der sich über den kompletten Tag hinzieht, liegt es heute doch sehr in unserem Interesse, relativ früh aufzubrechen.

Während Celine schon mal Richtung Dusche läuft, drehe ich mich nochmal um und höre kurz darauf genervt, wie die ersten Tropfen bereits aufs Zelt treffen. Doch irgendwas an diesem Regen ist komisch... er klingt anders als sonst. Als ich dann, auf der Suche nach einer Erklärung, meinen Kopf aus dem Vorzelt strecke, erkenne ich ca. 50 Insekten jeglicher Art und Größe, die zwischen Vor- und Hauptzelt "eingesperrt" sind und mit ihren Flügeln gegen das Außenzelt schlagen.

...Oh man, bloß raus hier!

Wir verabschieden uns von Sandra und Jens und witzeln noch etwas herum, bevor wir dann, quasi mit dem Beginnen des Nieselregens, losfahren.

Es gibt nichts wirklich nichts Nervigeres, als in Zeitlupe komplett nass zu werden. Nachdem wir letzten Endes trotz Regenkleidung bis auf die Knochen durchnässt sind, verziehen sich die Wolken natürlich, und die Sonne kommt für wenige Augenblicke zum Vorschein (wahrscheinlich um uns auszulachen).

Da wir jetzt einen Tierarzttermin haben, müsen wir ordentlich Kilometer machen - langsam treiben lassen und nach 30 Kilometern schon mal gemütlich im nächsten Campingplatz einmarschieren geht jetzt nicht mehr. 

Es regnet noch 3 Mal - und wir werden nass, trocken, nass, trocken, nass, trocken, bis wir dann ENDLICH im strömenden Regen eine öffentliche Hütte an einem See bemerken - und beide sofort drauf zusteuern.
Eigentlich wollen wir uns nur unterstellen und eine kleine Pause machen (zu diesem Zeitpunkt hatten wir 78 Kilometer geschafft).

Die Hütte entpuppt sich als Umkleidekabine, und ist in einen Raum für Männer und einen für Frauen unterteilt. Spontan entscheiden wir uns, nach diesem wirklich nassen und anstrengeden Tag dazu, hierzubleiben - auch wenn das bedeutet, morgen ganze 110 Kilometer zu fahren, ohne zu wissen, was alles so kommt.

In die Umkleideseite der Frauen hieven wir unsere Räder und Anhänger rein, und bei den Männern machen wir es uns dann mit Plane, Matratze und Schlafsack gemütlich.

Jeder Haken, den wir finden, wird gefeiert und sofort mit nassen Klamotten behängt, improvisierte Aufhängmöglichkeit werden geschaffen und genutzt, bis schließlich so gut wie alles vollhängt. Wir hoffen inständig, dass die Umkleidekabine heute nicht mehr benötigt wird - aber wer bei dem Wetter schwimmen geht, dem ist eh nicht mehr zu helfen.

Nichts ist schöner, als im Trockenen zu sitzen, während man draussen dem Regen zuhört, und wir hätten es mit unserer kleinen Unterkunft wirklich schlimmer treffen können. Selbst das Essen am Abend ist heute super lecker: Es gibt Kartoffelsalat mit Köttbullar!

Als wir uns in unsere Schlafsäcke zurückziehen, denken wir daran, wie hart der Tag morgen wird - aber wir freuen uns auch. Hauptsächlich auf Zuhause. Wir reden noch ein bisschen, bis es schließlich heisst:

Gute Nacht und bis Morgen!

Die ersten 100 in Schweden!

Schweden, Dorotea
15.07.2023 

Der Tag startet glücklicherweise mit gutem Wetter, sodass unsere Schuhe endlich die Möglichkeit haben, wieder trocken zu werden. Es gibt wenig Unangenehmeres, als morgens in kaltfeuchte Schuhe zu schlüpfen... und darin auch noch die nächsten 100 Kilometer zu verbringen.

Denn diese Marke müssen wir heute knacken, ob wir Lust haben oder nicht. Da wir gestern nicht die angestrebten 90 Kilometer erreicht haben, bleibt uns heute nichts anderes übrig, als die Strecke nachzuholen. Es wäre das erste Mal, dass wir in Schweden 100 Km an einem Tag schaffen!

Wir kommen gut voran, machen schöne Bilder von der Landschaft und reden über Zuhause. Mir ist aufgefallen, dass sich unsere Gespräche immer öfter darum drehen. Die Freude auf Familie und Freunde ist inzwischen mindestens genauso groß, wie die Freude auf das Abenteuer selbst.

Auch auf der heutigen Strecke achten wir wie immer darauf, ab und zu ausgiebige Pausen einzulegen, damit Lucy sich austoben kann. Wir spielen viel mit ihr, wenn sich die Gelegenheit bietet, da sie ansonsten viel im Anhänger sitzt.

Als wir heute Pause machen, um im Laden kurz einkaufen zu gehen und unsere Vorräte für den langen Tag aufzufrischen, springt Malte was ins Auge, das ihn zu einer spontanen Planänderung bewegt.

Das Ende vom Lied: ICH gehe einkaufen, während Malte sich ein leckeres Eis von der Eisdiele gönnt, die sich neben dem Laden befindet...

Unsere heutige Unterkunft ist ein Campingplatz mit angeschlossenem Restaurant. Wir können uns wirklich nicht beschweren - super nettes Personal, unglaublich leckere Burger für beide, und alles ist sauber und gepflegt.

Da wir wieder unsere Akkus laden müssen, buchen wir uns einen Platz mit Strom.

Eine vor Wasser geschützte Steckdose, die an eine Parkuhr erinnert, führt neben unserem Zelt aus dem Rasen. Da ich weiß, dass es in der Nacht wieder regnen soll, packen wir erstmal Lucys Anhänger voll. Akkus, Handys, Powerbank - solange es noch trocken ist, lautet unsere Mission: Alles aufladen, was geht! Dabei haben die Fahrradakkus natürlich Priorität.

Wir machen den Hänger so gut es geht wasserfest, damit er vor Kurzschlüssen verschont bleibt. Es dauert nicht lang, und es fängt massiv an, zu regnen - so sehr, dass sich um unser Zelt bereits erste Pfützen gebildet haben, als wir alles fertig haben und bereit sind für die Nacht.
Apropos Nacht: Es wird wieder richtig dunkel! Auch eine Sache, die wir begrüßen, weil es das Einschlafen einfach sehr erleichtert. Und nun heisst es, wie schon so oft davor: 

...Gute Nacht! Bis morgen!

7 Stunden Regen

Schweden, Strömsund
16.07.2023 

Schon früh am Morgen meint es das Wetter nicht gut mit uns: Es regnet so stark, dass sich um uns herum kleine Teiche bilden. Zum Glück ist unser Zelt so groß, dass wir ohne Probleme alles Nötige darin vorbereiten und sogar das Innenzelt abbauen können, ohne überhaupt das Hauptzelt zu öffnen.

So stiefeln wir bereits in voller Regenmontur aus dem Zelt heraus und bauen es anschließend während einer kurzen Schauerpause ab. Dann wird es seperart in einer Tüte verpackt, damit nicht alles im Hänger nass wird.

Die Fahrt selber ist immer wieder von leichten bis starken Steigungen übersäht. Da es durchgehend regnet und der Gegenwind uns permanent schwallartig ins Gesicht peitscht, ist unser Blickfeld auf ein Minimum begrenzt, so dass wir fast wie im Tunnel stur geradeaus fahren - und dabei leider die schönen Landschaft um uns herum komplett verpassen.

Die Momente, in denen der Regen mal leicht nachlässt, nutzen wir sofort, um mit Lucy ein bisschen zu laufen und eine Kleinigkeit zu essen.

Auch wenn es einen zermürbt - wir lassen uns vom Wetter nicht aufhalten, und ziehen durchnässt die kompletten 78 Kilometer durch. Wieder mal sind wir dankbar, dass unsere Räder so gut durchhalten und wir nicht etwa auch noch einen Reifen wechseln müssen. Auch Maltes Anhängerschutz hat zwar schon so einiges mitgemacht, weshalb er an manchen Stellen eingerissen und durchlöchert ist, doch zum Glück bleibt im Inneren soweit alles trocken. 

Es ist schon verrückt; nicht nur, dass es inzwischen seit über 7 Stunden durchregnet - es regnet damit gleichzeitig auch seit knapp 80 Kilometern, und wir fragen uns: Wie groß ist bitte diese Regenwolke!?

Für die Nacht haben wir eine von 8 baugleichen Hütten gebucht, die in einem Waldstück rund um einen See stehen. Sie entpuppt sich als die bisher kleinste auf der gesamten Reise. Ich stand schon in größeren Abstellkammern...
Doch immerhin hat sie eine kleine Standheizung, auf der wir notdürftig unsere Nassen Klamotten trocknen. Mit der Folge, dass binnen Sekunden die Luftfeuchtigkeit so ansteigt, dass man meinen könnte, es entstehen Wolken in der Hütte.

Doch es ist wie es ist, immerhin haben wir ein einigermaßen insektenfreies Dach über dem Kopf, und zum Abendessen gibts leckeres Hähnchen. Was will man mehr? Außer natürlich euch eine gute Nacht zu wünschen...

Wir lesen uns morgen!

15 Km/h Gegenwind

Schweden, Lit
17.07.2023 

Die Nacht war kurz, und aufgrund der Tatsache, dass wir mit dem Trocknen unserer Klamotten auf 1,7 m² Fläche in kürzester Zeit unser eigenes Saunabiotop erzeugt hatten, ließen wir die Nacht über die Türe zur Zirkulation auf. Man muss nun mal damit arbeiten, was man hat - und dies war in unserem Fall recht wenig.

Nichtsdestotrotz starten wir nach einem guten Frühstück in den Tag, der diesmal glücklicherweise nicht mit massiven Wassereinbrüchen beginnt, dafür aber mit ordentlich Wind.

Gegenwind natürlich.

Malte bringt den Schlüssel zurück zum Campingplatz, und schon geht die Fahrt für uns weiter. Wir machen uns auf den Weg und erfreuen uns daran, mit halbwegs trockenen Klamotten am Leib in den Tag zu starten.

Auch wenn der Wind teilweise so stark weht, dass wir selbst bei Abfahrten noch in die Pedale treten müssen, heben der warme Sonnenschein und die wunderschöne Landschaft, die man sich nun nicht mehr durch einen Monsun anschauen muss, die Laune enorm!

Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem aus Blau erst wieder Grau und dann anschließend Schwarz wird, und wir schon erahnen, dass es hier gleich wieder richtig abgeht. Doch da wir nun endlich nach langer Zeit mal wieder trocken sind, wollen wir das auch bleiben, und suchen uns deshalb schon im Vorfeld einen Unterstand. 

Fündig werden wir dann vor einem Supermarkt, wo überdacht ein paar leere Paletten stehen, auf denen wir es uns erstmal gemütlich machen. Wir sind grade damit fertig, uns und unsere Fahrräder und Anhänger unterzustellen, da geht es auch schon los: Der Himmel bricht auf, und nach wenigen Minuten schießen aus den Fallrohren neben uns bereits die ersten Wasserfontänen - und fluteten den gesamten Parkplatz.

Da wir nun sowieso schon Mal hier sind, nutzen wir die gezwungene Pause für einen kleinen Einkauf. Im Supermarkt erwerben wir ein paar Snacks und leckere Vorräte für den Abend, und nach 30 Minuten lässt die Wasserparty immerhin soweit nach, dass wir wieder Kurs auf das heutige Ziel nehmen können.

Leider ist dieses noch weitere 7 Kilometer entfernt, so dass uns der zweite Schauer, in Verbindung mit 15 km/h Gegenwind, nochmal ordentlich zusetzt und uns von Kopf bis Fuß nassmacht... Schade, hätte ja auch mal klappen können.

Doch der Wettergott hat eigene Vorstellungen, und so kommen wir wieder mal nass an unserer Unterkunft an. Diese ist immerhin sehr gemütlich, der Campingplatz ist super sauber und unsere Hütte ist diesmal groß genug, um unsere nassen Klamotten auf der Standheizung zu verkraften. Auch das Internet ist richtig gut, so dass ich problemlos ein paar Tage im Blog nachschreiben kann - was nicht immer selbstverständlich ist!

Als wir ins Bett gehen, hoffen wir inständig, morgen einmal komplett trocken zu bleiben - dass so ein kleiner, einfacher Wunsch so schwer zu erfüllen ist, hätten wir vor dieser Reise wahrscheinlich auch nicht gedacht...

...ob es klappt, lest ihr morgen! Gute Nacht!

Wieso schimmern deine Reifen blau?

Schweden, Järpen
18.07.2023 

Diese Nacht war um ein Vielfaches besser als die letzte, und nach einer ausgiebigen Runde mit Lucy beginnen wir die heutige Tour, wie könnte es auch anders sein, im Nieselregen. Das ist nun der 6. Tag in Folge, an dem es regnet, und so langsam macht sich eine passiv-aggressive Stimmung zwischen uns breit.

Während einer Pause, in der wir, wie sonst auch, einen kleinen Check an unseren Rädern und dem Equipment durchführen, fällt mir das erste Mal auf, wie massiv meine Hinterreifen abgefahren sind. Und ich meine richtig abgefahren, denn alle paar Zentimeter scheint bereits der blaue Reifenschutz durch.

Ich denke, spätestens in Trondheim sollte ich neben ein paar neuen Schuhen, die inzwischen sprechen können, unbedingt mal mein Fahrrad wieder herrichten lassen...

Kurz vorm Ziel geht es abermals einige hundert Höhenmeter hoch, und während wir einen Supermarkt ansteuern, fahren wir an einem Veterinäramt vorbei - und Celine und mir kommt zeitgleich derselbe Gedanke!

Vielleicht haben die Damen und Herren zufällig Zeit für unser Anliegen, so müssten wir nämlich morgen nicht um 6:00 Uhr losfahren, um unseren eigentlichen Termin wahrzunehmen.

Kurzerhand springt Celine vom Fahrrad und fragt nach. Wir haben wirklich Glück. Die Ärzte vor Ort nehmen Lucy tatsächlich sofort dran. Perfekt! Wir gehen noch schnell einkaufen und fahren dann überaus gut gelaunt weiter, da wir uns jetzt keinerlei Gedanken mehr über Termine oder frühes Aufstehen machen müssen.

Wie so oft auf den letzten Touren, schwenkt das Wetter, kurz bevor wir das Ziel erreichen, komplett um. Natürlich auch heute. Es dauert nicht lang, und es schüttet schon wieder wie aus Eimern, und langsam, ganz langsam, beginnt unsere Laune wieder zu sinken. Vor allem, da wir gewisse Probleme mit der Orientierung haben und grade nicht wissen, wo wir lang müssen... Doch wir haben Glück!

Ein netter Schwede sieht uns im strömenden Regen, wie wir versuchen, mit Hilfe des Navis den Weg zu unserer Unterkunft zu finden. Er ist selbst mit dem Rad unterwegs, und bleibt bei uns im Regen stehen, um uns zu zeigen wo wir hinmüssen. Super freundlich! Dankeschön!

Als wir mit dem richtigen Weg im Hinterkopf den letzten Aufstieg des Tages hochfahren, überholen wir einen Wanderer mit einem riesigen Rucksack, der, wie wir später feststellen werden, die gleiche Unterkunft gebucht hat wie wir. 

Dann kommen wir endlich an. Wir haben ein riesiges Zimmer - mit eigenem Bad! (Ja, das sehen wir inzwischen als Luxus an). Das Haus war früher so etwas wie ein Kinderheim mit reichlich Platz und großen Zimmern, weshalb wir neben 2 Betten auch eine Couch und einen Tisch im Zimmer haben.

Als der Besitzer des Hauses sieht, wie durchnässt wir sind, erwähnt er nebenbei, dass er unten im Keller eine super Sauna stehen hat, und noch während ich die letzten Gepäckstücke hochtrage, sehe ich Celine schon mit Handtüchern in Richtung Keller verschwinden. Es sei ihr gegönnt!

Der Wanderer, den wir unterwegs trafen, kommt wenig später tatsächlich auch in unserer Unterkunft an, und Malte kommt mit ihm ins Gespräch. Er kommt aus der Schweiz und reist mit dem Zug und zu Fuß durch Norwegen und Schweden.

Wirklich interessant, wie viele unterschiedliche Geschichten man von all den Reisenden hört, die man unterwegs trifft. Und es ist schön zu wissen, dass sie alle ihr eigenes Abenteuer erleben, welches vielleicht genauso schön, anstrengend und voller Überaschungen ist wie unseres.

Bis morgen ihr Lieben! Passt auf euch auf!

Durch Åre

Auf unserer Tour nach Storlien kommen wir durch die schöne Stadt Åre, die durch ihre Hanglage im Sommer ein Paradies für Downhill / Mountainbiker ist und im Winter für Ski & Snowboarder.

Der letzte Tag in Schweden

Schweden, Storlien
19.07.2023 

Heute beginnt unser letzter Tag in Schweden - und diesmal ganz ohne Regen! Schon morgen werden wir zurück in Norwegen sein, und auch wenn Schweden ein absolutes Traumland ist und wesentlich mehr zu bieten hat als Regen und nervige Insekten, ist die Freude auf Norwegen riesig. 

Denn mit diesem Land verbinden wir inzwischen so viele tolle Erfahrungen und Momente, das es sich fast anfühlt wie nach Hause zu kommen. Da wir glücklicherweise bereits gestern mit Lucy beim Arzt waren, und alles für die Reise nach Norwegen klären konnten, ruft Celine noch schnell beim vorherigen Arzt an, um den Termin zu canceln, denn wir wollen ja niemandem die Zeit stehlen.

Auch heute stehen wieder einige Kilometer an. In den letzten 100 Kilometern kann man bereits wieder wunderschöne Bergketten im Westen erkennen, und die "ruhige" Schwedenlandschaft wird mit jedem Meter in Richtung Norwegen immer rauer und spannender.

Wir durchqueren den schönen Ort Åre, der uns immer wieder stark an Ischgl und andere bereits besuchten Städte in Österreich erinnert. Vermehrt kommen uns ziemlich rasante Downhillfahrer mit ihren krassen Mountainbikes entgegen, während wir uns mit unseren Reiserädern langsam und Stück für Stück den Weg nach oben bahnen.

Uns fallen zwei ausrangierte Lifts am Straßenrand auf, die zu einer Bushaltestelle umfunktioniert wurden, und somit wirklich perfekt in das Gesamtbild dieses Ortes passen!

Nach ausgiebiger Bewunderung fahren wir weiter zu unserer heutigen Unterkunft in Storlien, wo wir direkt unsere Vermieterin kennenlernen und spontan noch ein Frühstück für morgen dazubuchen.

In der Buchungsbeschreibung hieß es: 1 Zimmer mit 2 Betten. Tatsächlich aber bekommen wir die Schlüssel zu einem eigenen kleinen Schwedenhaus in die Hand gedrückt! Eigenes Haus, mit dem Hund ist alles geklärt und wir können morgen sogar ausschlafen, da mit dem Tierarzt bereits alles geklärt ist - wir sind happy!

Das Häuschen ist sehr liebevoll eingerichtet und richtig urig, schwedisch & alt. Hier können wir bestimmt super schlafen. Wir bereiten schon mal alles für die morgige Abfahrt vor, so dass wir noch ein bisschen länger im Bett bleiben können (Ich hab das Gefühl, dass wir das mal wieder brauchen)...

Leider gibt es hier kein Internet, so dass ich demnächst fast 10 Tage Blog nachschreiben muss, aber irgendwas ist ja immer. Jetzt freuen wir uns erstmal, dass wir ein ganzes Häuschen für uns haben, und essen gleich noch was leckeres zum Abendbrot. Und euch sagen wir schonmal:

Bis morgen!

Norwegen 2

Ein Stück Zuhause

Norwegen, Stjordal
20.07.2023 

Nach einem leckeren Frühstück und einem super langen, aber wirklich schönen Gespräch mit der Besitzerin, machen wir uns endlich auf den Weg nach Norwegen. 

Die letzten Tage, die es in Schweden überwiegend hoch ging, zahlen sich nun endlich aus. Bis zur Grenze und weit darüber hinaus geht es viele Kilometer bergab, und das bei wirklich schönem Wetter. Aber nach über einer Woche fast durchgängigem Regen wurde es auch mal wieder Zeit für eine kleine Abwechslung am Himmel!

Tatsächlich fahren wir einfach so über die Grenze, ohne dass irgendwas oder irgendwer kontrolliert wird. Auch Lucy und ihre Unterlagen werden nicht verlangt, dennoch ist es ein gutes Gefühl, alles geklärt zu haben, und im Fall der Fälle bereit gewesen zu sein. Besser als mit leeren Händen dazustehen und dann vielleicht nochmal umdrehen zu müssen..!

Vorbei an bereits bekannten, aber immer wieder schönen Eindrücken, durchfahren wir kleine Dörfer und sehen weit in den Hügeln überall kleine rote Häuser verteilt. Wir sind wieder hier, und wir freuen uns sehr darüber! Entlang dem Fluss, Stjørdalselva, fahren wir an großen Bergmassiven vorbei, an denen immer mal wieder kleine Wasserfälle und Rinnsale herunter fließen.

Nur wenig später läuft ein Rentier mit dem größten Geweih, das ich jemals gesehen habe, direkt vor uns über die Straße. Und wieder einmal beweist Norwegen, weshalb es, zumindest für uns, eines der eindrucksstärksten Länder auf dieser Reise ist.

Nach einem deftigem Mittagessen, gefolgt von einem kleinen Powernap, ziehen wir weiter. Und auch wenn es die letzten 70 Kilometer überwiegend bergab geht, entscheiden wir uns, Trondheim heute erstmal links liegen zu lassen, und stattdessen Kurs auf den nächsten Campingplatz zu nehmen. Wir sind grade erst wieder zurück in unserem Lieblingsland und der schönsten Natur überhaupt - das wollen wir noch ein bisschen ausnutzen, bevor wir uns wieder in die Zivilisation stürzen.

Auf dem von uns gewählten Campingplatz treffen wir auf Paula und Nuri. Das Paar stammt aus dem Westerwald und wir verstehen uns auf Anhieb sehr gut. Aus einem kleinen abendlichen Smalltalk wird, wie so oft mit fremden Menschen auf dieser Reise, ein ziemlich intensives Gespräch über Gott und die Welt, das bis tief in die Nacht geht. 

So eine Reise ist super, um alle möglichen Menschen kennen zu lernen, wie z.B heute Paula und Nuri - aber auch an Ramute, Sonja und Ed, Chris, Natalie, Kirsten und Cliff werden wir uns wahrscheinlich noch lange erinnern. Sich auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und einfach eine coole Zeit zusammen zu haben, ist ein sehr geschätzter Bestandteil unserer Reise. Die beiden sind mit ihrem Auto unterwegs und durchqueren auch Teile Norwegens und Schwedens. Und noch was verbindet uns: Auch sie fahren in tierischer Gesellschaft, denn sie haben 2 kleine Hunde dabei.

Um 1 Uhr morgens gehen wir dann schließlich alle ins Bett. Nach so einem ereignisreichen Tag dauert es auch nicht lange, und wir fallen gradezu in die weichen Laken. Doch davor macht Celine für morgen, wenn wir Trondheim erreichen, schon mal eine Unterkunft klar - in der wir wieder 2 sehr benötigte Pausentage einlegen. Bis dahin...

...lesen uns morgen!

Pause in Trondheim

Norwegen, Trondheim 21.07.2023 - 23.07.2023

Die Hoffnung, dass nur weil man in einem anderen Land ist, das das Wetter nun völlig anders agiert, wird uns an diesem frühen Morgen schnell genommen. Doch das macht nichts, denn heute erreichen wir nicht nur Trondheim, sondern werden dort auch wieder einige Zeit Pause machen um alles, was in letzter Zeit so angefallen ist, zu erledigen.

Da wir gestern bereits schon 70 Kilometer geschafft haben, sind es für heute nur 40 Km. Mit diesem Wissen im Hinterkopf bleiben wir erstmal lange gemütlich liegen, da auch der Regen nicht zu einem freudigen "Jawoll, endlich Regen, auf gehts!" animiert.

Doch irgendwann müssen wir weiter. Wir verabschieden uns von Paula und Nuri und tauschen unsere Nummern aus, wer weiß was noch so kommt! An dieser Stelle liebe Grüße an euch beide :)

Wir starten in den Regen, und nur wenig später fahren die beiden winkend in ihrem Auto an uns vorbei. Gute Reise!

Wir hingegen müssen weiterhin alles geben, und Anstiege um die 20% sind hier keine Seltenheit. Auf dem Weg nach Trondheim erstellen wir uns eine kleine Todo-Liste, denn es muss einiges erledigt werden. Neben Wäsche waschen, neuen Schuhen sowie neuen Fahrradreifen für mich, müssen wir unsere Vorräte wieder auffüllen und natürlich auch den Blog nachschreiben. 

Dieser befindet sich zeitweise fast 7 Tage im Rückstand, was den Strecken, der Zeit und den internetlosen Unterkünften geschuldet ist. Und manchmal ist es auch wirklich schwierig, sich in Erinnerung zu bringen, was vor 5-7 Tagen alles so passiert ist. 

Daher sind wir meiner Schwester Annika unsagbar dankbar, die Zuhause in Deutschland nochmal jeden Beitrag gegenkorrigiert, umschreibt und anpasst! Ohne sie wäre der Blog nicht halb so schön zu lesen, und ihre grenzenlose Kreativität, ihr erstaunlicher Wortschatz, ihr grandioser Schreibstil sowie ihre enorme Bescheidenheit verleihen dem ganzen Drumherum eine starke Geschichte! (Danke für die lieben Worte, gern geschehen ♥).

Trondheim ist eine wirklich lohnenswerte Stadt mit einer unglaublich schönen Altstadt, die wir im Laufe unserer Zeit hier ausgiebig bestaunen können.

Zwischen kulinarischem Allerlei gibt es auch im Stadtleben einiges zu entdecken. Am Nidarosdom findet zum Beispiel grade ein kleines Ritterfestspiel statt, als wir den Vorplatz erreichen!

Zwischen Steinmetzerei und Schmiedekunst wird hier alles ausgiebig vorgeführt, und sowohl Touristen als auch Einheimischen auf interessante Art und Weise nähergebracht.

Auch für ein paar neue Schuhe findet sich Zeit, während wir durch den Stadtkern von Trondheim laufen!

Ansonsten machen wir das, wofür diese Tage eigentlich gedacht sind: Viel ausspannen und es uns einfach nur gut gehen lassen. Und das bedeutet auch, dass man nach dem Burger und einem riesigen Eis, zum Nachtisch ruhig dasselbe nochmal nehmen darf. 

Wir genießen diese Pausen ausgiebig und machen das Beste aus der uns zu verfügbaren Zeit. Celine kümmert sich weiter um die Tour, recherchiert nach Unterkünften und Fahrmöglichkeiten, während ich den Blog soweit es geht aktuell halte.

Wir hoffen ihr habt viel Spaß beim Lesen desselbigen, und sagen für heute: Tschüss, machts gut!

Bis morgen!

Glück im Unglück

Norwegen, Støren
24.07.2023

Die (regenfreien!) Pausentage in Trondheim waren wirklich erholsam, und wurden von uns voll und ganz zur Entspannung genutzt.

Auch als es für uns weiter in Richtung Süden des Landes geht, begleitet uns die Sonne schon morgens, so dass wir, noch bevor wir so richtig in den Tag starten, einige Zeit mit Lucy auf einer riesigen Wiese vor dem Stadtzentrum spielen können.

Da alle Akkus geladen sind und wir keine Termine oder ähnliches haben, setzen wir uns für heute kein wirkliches Ziel - außer, so weit zu kommen wie wir können. Und da Trondheim wirklich groß ist, dauert es schon mal einige Zeit, bis wir aus dem Stadtgeschehen voll und ganz raus sind. 

Eigentlich wollten wir uns noch die Umbrellastreet anschauen: Eine Fußgängerpassage, die mit vielen bunten Regenschirmen überspannt ist. Doch dies wäre ein Umweg von 16 Kilometern gewesen - und das auch noch überwiegend bergauf. Und da wir die Kraft für die bevorstehenden Anstiege brauchen, wird die Passage bis zu unserem nächsten Besuch in Norwegen warten müssen.

Unser Weg führt uns weiter über die E6, eine der Hauptstraßen, die sich durch Norwegen zieht, und uns immer wieder durch wunderschöne, wenn auch wirklich bergige und somit anstrengende, Täler und Gebirgsketten führt.

Die Aussicht jedoch, die wir für unsere Mühen erhalten, entschädigt jeden Krampf in den Beinen, und so genießen wir die Landschaft bei angenehmen 20°C. Beim Durchfahren der letzten größeren Stadt, Støren, machen wir noch kurz Halt, um den Einkauf für den Abend organisieren.

Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir noch nichts Böses.

Nach weiteren 8 Kilometern spüre ich plötzlich wie aus dem Nichts einen heftigen Schlag vom Hinterrad ausgehen. Ich blicke mich um und sehe meinen Anhänger nur noch am Notfallseil hängend, während sich die Einzelteile meines Schnellspanners genüsslich auf der Straße verteilen.

Alamiert steig ich auf die Bremse.

Celine, die direkt hinter mir fährt, erfasst glücklicherweise sofort die Situation und bremst ebenfalls ab. Nun stehen wir auf einem ca. 40 Cm breiten Seitenstreifen direkt an der Straße und koppeln den Hänger ab, während der Verkehr an uns vorbeirast.

Dadurch, dass wir unsere Warnwesten während der Fahrt auf Schnellstraßen tragen, erkennen auch andere Pkw & LKW- Fahrer schnell die Situation und lassen uns genügend Platz zum rangieren. Es dauert nicht lang, und wir erreichen eine ca. 150 Meter entfernte Notfallbucht. Glück gehabt! Dort wird der gesamte Schaden dann sichtbar: Der Schnellspanner ist gebrochen, worauf hin der schwerbeladene und gekoppelte Anhänger abfiel und das Hinterrad sich quer stellte.

Nun ist guter Rat teuer. Doch ich rege mich weder auf, noch ärgere ich mich sonderlich darüber. Während meine Augen über den abgerissenen Anhänger wandern, denke ich nur an eine Sache: Wäre mir dieses kleine Missgeschick bergab und mit 40-50 km/h passiert, hätte das hier sicherlich anders ausgesehen. Umso dankbarer bin ich, dass das Material, welches nun seit über 8500 Km bei permanenter Belastung beansprucht wird, hier auf der flachen Straße bei 16 Km/h in der Nähe einer Notfallbucht nachgegeben hat.

Nichts desto trotz ist weiterfahren nicht möglich. Ratlos und ungläubig schauen wir uns erst in die Augen, dann schließlich auf das Rad und den Anhänger. Was sollen wir machen?

Nun, wir machen das, was wir die letzten 5 Monate gemacht haben, wenn wir uns mit einem Problem konfrontiert sahen: Wir finden eine Lösung und machen weiter. Und die Lösung für heute sieht so aus, dass ich in Støren einen Sportladen anrufe, der glücklicherweise noch auf hat, und ihm meine Situation schildere. 

Ida, eine überaus freundliche Verkäuferin aus dem Sportshop, versteht mein Anliegen allerdings nur halb, weswegen ich mich dazu entschließe, mit Celines Fahrrad die 8 Kilometer zurück nach Støren zu fahren, um Klarheit zu schaffen. 

Während Celine sich nach einen geeigneten Spot zum Campen umschaut erreiche ich wenig später den Fahrradshop und zeige Ida den Schnellspanner. Meine Hoffnung auf eine schnelle Lösung schwindet jedoch, als sie mir erklärt, dass sie das passende Teil leider nicht da hätten, und außer ihr auch grade niemand im Laden ist, der mir weiterhelfen kann.

Sowohl ihr Chef als auch der Mechaniker kommen erst morgen wieder, wobei das beim Mechaniker noch nichtmal feststeht, da sie aktuell weder genau wisse, wo er ist, noch ob er Lust hat, morgen zu kommen. Das nenne ich mal gechilltes Arbeitsverhältnis! Der Mechaniker ist 75 und kommt ab und zu vorbei, um bei speziellen Fällen zu helfen. Zum Glück ist Ida der Meinung, ich, bzw. mein Fahrrad wäre so ein spezieller Fall - und erklärt dem Mechaniker und ihrem Chef schonmal, unterstützt durch Bilder des Unglücks, die Situation.

Ich bin froh, mit dem Problem nicht mehr allein dazustehen. Auch wenn man mir nicht sofort helfen konnte, bin ich einfach super dankbar, dass hier alles versucht wird, um eine Lösung für mich zu finden! Leider erreicht Ida keinen der beiden, verspricht aber, dass sie es weiter versuchen wird. 

Auf dem Weg zurück zu Celine wird der Himmel über mir wieder dunkler. Na, das passt ja ganz hervorragend zu der Situation... Zum Glück hat sie ganz in der Nähe der Unfallstelle einen coolen Spot gefunden. Dieser ist zwar mit dem eindringlichen Hinweis "NO CAMPING" bedacht, doch da wir uns in einer Notfallsituation befinden, wird man hier sicherlich nichts sagen, und darüber hinaus stehen wir auch niemandem im Weg.

Das Zelt steht, die Matratzen sind drin und auch die Anhänger sind verstaut, als zwei Sachen gleichzeitig passieren: Zum Einen fängt es an zu regnen, und zum Anderen klingelt Celines Handy. Es ist Ida! Sie möchte uns nur kurz mitteilen, dass sie ihren Chef erreicht hat und guter Dinge ist, morgen ein Ersatzteil für uns zu haben. 

Was für eine Glücksnachricht! Wenn das stimmt, wäre das der absolute Wahnsinn, denn die nächstgrößere Stadt ist über 60 Kilometer entfernt. Ich bedanke mich gefühlt tausend Mal, ehe wir, nach diesem durchaus turbolenten Tag und meinen zusätzlichen 16 Kilometern, dankbar ins Bett fallen. Hoffentlich... hoffentlich haben wir Glück!

Gute Nacht ihr Lieben, und bis morgen!

Norweger sind einfach anders

Norwegen, Oppdal 25.07.2023

Da ich mit Ida gestern ausgemacht habe, dass ich um 9 Uhr bei ihr am Laden sein werde, mache ich mich schon früh auf den Weg, während Celine sich nochmal umdreht und noch eine Runde schläft.

Kaum am Laden angekommen, werde ich schon vom Inhaber freundlich begrüßt, und er weiß auch direkt, worum es geht. Ida suche ich vergebens, bis ich erfahre, dass sie heute Spätschicht hat. Ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben, und nachdem ich dem Inhaber alles gezeigt und erklärt habe, hat er, oh Wunder, tatsächlich einen Schnellspanner für mich parat!

Ich kann mein Glück kaum fassen: Mitten in Norwegen, weit und breit nichts, zaubert der Typ 'nen Schnellspanner hervor! Dieser ist allerdings etwas kürzer als der, den ich benutze, er würde aber trotzdem funktionieren. Doch ich habe die Rechnung ohne den Mechaniker gemacht - der kommt nämlich tatsächlich wenig später und meint, er hätte noch exakt die gesuchte Größe bei sich in der Scheune. Ich soll einen Moment warten, er fährt kurz nach Hause und schaut nach. Während der 30 Minuten, die wir anschließend auf ihn warten, unterhalte ich mich mit dem Besitzer. Ich erzähle ihm, wer wir sind, was wir machen und wie überglücklich wir sind, dass er uns helfen kann. Er erzählt mir von Norwegen und ist erfreut, dass wir seinem Land soviel Liebe entgegenbringen.

Dann kommt der Mechaniker wieder - und hat genau das Teil, das wir brauchen. Er drückt mir den Spanner in die Hand und wünscht uns eine gute Weiterfahrt. Ich müsse nichts dafür zahlen - die beiden sind ganz einfach happy, dass sie uns helfen konnten!

Die Dankbarkeit den beiden gegenüber ist grenzenlos, und sie können wohl nicht mal erahnen, wie wichtig dieses Teil für unsere weitere Reise ist. Da ich kein Bargeld habe, frage ich ob sie Schokolade mögen. Sie antworten, dass sie Schokoladen lieben, aber leider nicht dürften - und hauen sich dabei lachend auf ihre Plautze. Von wegen! Unter dem Shop befindet sich eine Einkaufspassage, und ich mache einen Korb voll mit Keksen, Schokolade und alles an Süßigkeiten, was ich nur finden kann.

Laut lachend stehen die beiden in ihrem Laden, als sie mich vollgepackt auf ihren Thresen zulaufen sehen. "Thank you so very much, guys you are awesome!" Diese wunderbaren Menschen haben unsere Reise heute gerettet, darum ist es keine Frage, dass ihre Hilfsbereitschaft angemessen entlohnt wird! Zufrieden mache ich mich wieder auf den Weg.

8 Kilometer später bin ich mit einem brandneuen Schnellspanner zurück bei Celine, die während meiner Abwesenheit schonmal alles zusammen gepackt hat. Dadurch, dass ich vor der Reise einen Crashkurs in Fahrradreparatur absolviert hab, hab ich keine Probleme, den Spanner einzubauen. Schnell ist alles fertig und funktioniert wieder tadellos. Endlich kann es weitergehen!

Der weitere Weg führt uns diesmal überwiegend durch den Regen (was auch sonst) und bergauf (natürlich), und wir rufen einen Campingplatz an, der allerdings nur noch Zeltplätze hat. Egal, denken wir noch, Hauptsache wir können da die Akkus laden. 

Da ich bereits am Morgen schon 16 zusätzliche Kilometer gefahren bin, bin ich inzwischen ziemlich am Ende meiner Kräfte. Auch Celine fuhr die letzten Kilometer ohne Unterstützung, und das mit einem 23-Kilo-Fahrrad bergauf mit Gepäck. Was für eine Powerfrau!

Wenig später sieht uns der Platzbesitzer völlig durchnässt und abgekämpft auf seinen Platz fahren, und kommt auf uns zu. Er erkennt uns sofort und erinnert sich lebhaft an unser Gespräch. Er ist leider wirklich komplett ausgebucht und keine Hütte ist mehr frei. ABER: Es gibt eine Hütte die noch nicht ganz fertig eingerichtet ist - was uns an sich ja völlig egal ist, solange es Strom gibt. Den gibt es, und eigentlich auch sonst alles. Es fehlen ein Kissen, eine Lampe und ein paar andere kleinere Sachen - doch dafür gibts eine Heizung! Und statt 800 Kronen (71€) überlässt er uns sie für 350 Kronen (31€). Wir können unser Glück kaum fassen! 

Zum Duschen braucht man allerdings Kronen-Kleingeld, ähnlich wie bei einem Münzautomat (Geld rein = warmes Wasser). Leider haben wir keinerlei Bargeld dabei, doch offenbar weckt unser Anblick so großes Mitleid beim Platzbesitzer, dass er uns netterweise noch 40 Kronen schenkt, wofür wir uns herzlich bedanken. Wir tun ihm wahrscheinlich einfach nur unglaublich leid. 

So oder so war der Tag ein Erfolg. Wir haben einen neuen Schnellspanner, eine Hütte, eine heiße Dusche und richtige Betten. Was kann man sich mehr wünschen? Mal sehen, was der morgige Tag für uns bereithält...

Gute Nacht ihr Lieben!

Endlich wieder fliegen

Norwegen, Hjerkinns fjellstue 
26.07.2023

Am Morgen treffen wir nochmal auf den Pächter und bedanken uns für alles, bevor es uns zurück auf die Straße und in den nahenden Regen verschlägt. Wir sehen in den Himmel, und ahnen schon: Heute wird ein nasser Tag.

Doch was Norwegen uns in den kommenden Kilometern bietet, ist wieder einmal atemberaubend, und zwischen die dunkelgrauen Wolken verirrt sich immer mal wieder die Sonne, um uns süffisant ins Gesicht zu strahlen, während sie uns in Kombination mit dem Regen, der auf uns niederprasselt, ein wahres Tropengefühl beschert.

Auch wenn man es kaum glaubt: Es verlangt neben der körperlichen Anstrengung auch der Psyche einiges ab, wenn man fast 2 Wochen durchgehend im Regen fährt. Und das dann 8-10 Stunden täglich. Es bringt es uns jedesmal an unsere Grenzen und wir merken, dass der Schlaf bei weitem nicht mehr das kompensiert, was wir an Energie verbrauchen, geschweige denn für den nächsten Tag aufbringen müssen. Daher machen wir heute nach 52 Kilometern Schluss.

Die Luftfeuchtigkeit steigt mit der Zeit immer mehr, und der Schweiß und Regen tun ihr übriges, um uns die Anstiege noch schwerer zu machen. Würden wir nicht ab und zu einem Auto begegnen, könnte man meinen, wir sind im Regenwald gelandet.

Neben ein paar Schafen, auf die wir während dieser Tour regelmäßig am Straßenrand treffen, sehen wir immer wieder kleine und große Wasserfälle die massiven Steilwände herunterschiessen, und in einer kleinen Regenpause überkommt es uns einfach; der Anblick, der sich uns bietet, ist wunderschön, und so lassen wir, nach fast einem Monat, die Drohne steigen.

An einem dieser Wasserfälle machen wir eine kleine Pause und treffen prompt auf eine deutsche Familie, mit der wir uns nett unterhalten. Auch sie wollen mal in den Blog reinschauen - liebe Grüße!

Ein anderer Wasserfall auf unserem Weg ist so imposant, dass ich ihn mir einfach von nahem anschauen muss. (Hier auf dem ersten Bild zu sehen). Kurzerhand klettere ich auf einen riesigen Felsen, wo ich mich erstmal meiner Ausrüstung entledige. Ohne Helm und Jacke klettert es sich einfach besser.

Ich winke Celine zu, die unten am Wasser steht und Fotos macht, und nehme aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr - bitte kein wildes Tier, dass sich hier in seiner Ruhe gestört fühlt! Aber nein, Glück gehabt - es ist lediglich mein Helm, der vom Felsen rutscht und anschließend fröhlich im Wasserfall unter mir verschwindet. Etwas verdutzt schaue ich ihm nach. Glücklicherweise treibt die Ströumung ihn Celine genau vor die Füße! Puh, grade nochmal gut gegangen. 

Als wir uns wieder auf die Räder schwingen, beschließen wir, die Augen schon mal aktiv nach einem passenden Übernachtungsspot aufzuhalten.

Unsere Navigationsapp Komoot zeigt uns eine Schutzhütte an einem See an, auf den wir geradewegs zufahren. Es wird Zeit, anzukommen, und so nehmen wir Kurs auf den See. Auch das Wetter hat Erbarmen mit uns: Der Regen lässt nach und hört nach einiger Zeit schließlich komplett auf. Wir haben einen super Ausblick auf den See, und ich hoffe sehr, morgen wieder eine Runde mit der Drohne drehen zu können, um Videos davon zu bekommen, was sich uns hier bietet!

Als wir an der Hütte ankommen, ist das erste, das uns auffällt: Wir sind nicht allein! Der Campingwagen, der neben der Hütte steht, beherbergt eine offenbar recht laute Familie. Schon als wir uns nähern, hören wir mehrstimmiges Kindergeschrei und laute Stimmen. Mit gemischten Gefühlen sehen wir uns an. Wir hatten uns eigentlich auf Ruhe gefreut, die wir nach diesem Tag dringend nötig haben.

Doch Pech gehabt: Die Kinder schreien bis Mitternacht rum und springen immer wieder in den See. Malte scheint das nicht zu stören, er schläft wie ein Stein und bekommt von dem Zirkus kaum was mit. Ich allerdings bekomme kein Auge zu... und so bleibt mir nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass wenigstens ihr eine gute Nacht habt - wir sehen uns morgen!

Passt auf euch auf!

Ein ganz normaler Tag

Norwegen,
27.07.2023

Für Celine war es wirklich eine harte Nacht. Während ich geschlafen habe wie ein Stein, bekam sie, dank der nächtlichen Aktivitäten unserer Nachbarskinder, kein Auge zu. Immerhin kam die Mutter am Morgen auf Sie zu und entschuldigte sich für den Lärm. Das half ihr zwar nicht weiter, aber immerhin war es eine nette Geste. 

Als wir unsere Sachen packen, scheint sogar die Sonne, so dass wir tatsächlich bei strahlend blauem Himmel noch einen Drohnenflug starten können. Ich denke, sobald wir Dänemark erreicht haben, haben wir genug Material für ein Norwegen#3 zusammen!

Grade, als wir starten wollen zieht eine kleine Wolke über uns hinweg und regnet uns für knapp 10 Minuten voll. Offenbar ist ein Start in den Tag ohne Regen einfach nicht möglich...

So fahren wir, nass, aber nicht durchnässt, die Hauptstraße entlang, wo uns vermehrt gestapelte Steinhaufen entlang der Strecke in Richtung Jotunheim auffallen. Es gibt zwar auch eine alternative Route, doch diese ist, was die Bodenbeschaffenheit angeht, weit von mittelmäßig entfernt - von gut befahrbar ganz zu schweigen.

Nach der Sache mit dem gebrochenen Schnellspanner bilde ich mir ein, alles knacken, kratzen oder quietschen zu hören, obwohl die Wahrscheinlichkeit natürlich groß ist, dass all die Geräusche vorher auch schon da waren, und nur nicht so klar von mir wahrgenommen wurden wie jetzt.

Immerhin das Wetter scheint jetzt auf unserer Seite zu sein. Nach dem kleinen Wölkchen von heute morgen geht es den ganzen Tag über sonnig und fast warm weiter!

Der Tag heute verläuft recht ruhig, man kann sogar sagen, regelrecht ereignislos. Buchstäblich die einzige Action heute: Auf einem Rastplatz kommen wir mit einer Gruppe von älteren Urlaubern ins Gespräch und unterhalten uns ein bisschen.

Zum Glück hatte Celine sich im Vorfeld um eine Unterkunft gekümmert, da wir das letzte freie Zimmer bekommen haben. Die Unterkunft liegt direkt an einer Raststätte mit Blick auf die umliegenden Berge, und die Aussicht ist wirklich umwerfend.

Auf unserem Zimmer schreiben wir ein bisschen am Blog, laden unsere Geräte auf, und werden dann von einem recht anhaltenden Hunger geplagt. Aus diesem Grund machen wir uns über unsere restlichen Vorräte her, und planen nebenbei die nächsten Touren über die kommenden Anstiege durch den Jotunheim Nationalpark. Auf diesen sind wir schon sehr gespannt!
Für heute jedoch heisst es, gute Nacht und...

...wir sehen uns morgen!

8,6 Millionen Meter

Norwegen, Fossbergom
28.07.2023

Nach einem wirklich leckeren Frühstück, bei dem Malte auf beinahe elegante Weise knapp 7 Spiegeleier und 1 Kilo Bacon vernichtet, geht es für uns weiter in Richtung Berge.

Norwegen ist so eindruckvoll, so unglaublich facettenreich. In einem Moment durchfährst du noch tiefgrüne Felder, vorbei an 100m hohen Felsformationen, an denen gigantische Wasserfälle herunterfließen, und dann erscheinen nach der nächsten Kurve riesige Seen, dessen Farbe von smaragdgrün über hell- bis ins tiefste Blau schimmern.

Schade, dass kein Foto der Welt auch nur ansatzweise wiedergeben könnte, was wir hier zu sehen bekommen!

Es gibt in jedem Moment etwas Neues zu bestaunen, und auf dem Fahrrad nehmen wir dieses Geschehen um uns herum auch wesntlich intensiver wahr. Die Spiegelungen von Himmel und Bergketten auf dem Wasser lassen die heutige Tour wie eine Fahrt durch den "Die schönsten Plätze Norwegens" - Kalender wirken. 

Für heute haben wir uns einen Campingplatz rausgesucht, doch bis wir da sind, sind wieder mal einige Höhenmeter zu bewältigen. Doch anders als die Tage zuvor, geht es heute auch mal rasant runter, und wir genießen jeden einzelnen Meter durch dieses Traumland. Appropos Meter: Wir sind bereits seit über 8,6 Millionen Meter unterwegs! Und auch, wenn uns diese manchmal bis an den Rand des Wahnsinns getrieben haben, möchten wir keinen einzigen davon missen.

Planung ist für die kommenden Tage wirklich alles, denn entweder hast du auf einem Fleck sehr, sehr viele Campingplätze - oder gar keinen. Was bei den noch zu fahrenen Touren wirklich zu einem Problem werden kann.

Wir erreichen nach einem kleinen Einkauf den Platz und bauen unser Zelt auf. Der Platz liegt direkt an einem Fluss, der aufgrund der starken Strömung relativ laut ist. Eine schöne und stabile Holzbrücke führt hinüber auf die andere Seite, und als wir sie abends beim Spaziergang mit Lucy überqueren, stehen wir lange Minuten über dem Fluss und beobachten die fließenden, wirbelnden und rauschenden Wassermassen.

Unser Campingplatz bietet, neben schönen Brücken und lauten Flüssen, auch einen "Chillraum", eine Art Gemeinschaftsraum, wo sich alle Gäste treffen können um abzuhängen, Karten zu spielen oder etwas zu essen. Als wir den Raum betreten, um uns gemütlich eine Kleinigkeit zu essen zu gönnen, die Akkus zu laden und am Blog zu schreiben, füllt sich der Raum innerhalb von 5 Minuten mit mindestes 20 Menschen, darunter 4 Kleinkinder, die sofort und lautschreiend anfangen,"Uno Extrem" spielen.

Ich versuche noch ein paar Minuten, am Blog zu schreiben, gebe es aber kurz darauf auf. Konzentration ist hier ein Luxusgut, und so begnügen wir uns mit sitzen, essen und reden, bis wir schließlich satt relativ zufrieden unter der Dusche verschwinden.

Als hätten wir geahnt, wie anstrengend der folgende Tag wird, geht es heute relativ schnell ins Zelt - und somit ins Bett. Gute Nacht, ihr Lieben!

Bis morgen!

Bilder über Worten

Norwegen, Fortun
29.07.2023

Wie der Titel bereits andeutet, gibt es heute einen Rekord an Fotos, Videos und Drohnenflügen. Über 100 Fotos sowie 2 Stunden Videomaterial sind dabei zusammen gekommen!

Wir treffen morgens am Campingplatz noch einen Herrn, der uns seinen größten Respekt zollt und von seinen Touren mit dem Fahrrad erzählt, als er noch jung war. Wenig später fährt er winkend und hupend in seinem Wohnmobil an uns den Berg hoch, liebe Grüße an dich!

Heute jagt ein Motiv das nächste, und auch die Drohne wird gefühlt im Minutentakt rausgeholt um alles einzufangen was geht. Diese schönen Pausen nutzen wir aber auch immer wieder, um zu verschnaufen, denn schon in den ersten Kilometern der heutigen Tour zeigen die Anstiege, was sie in sich haben - und wir müssen 1400m hoch..! 

Auf einem Plateau lernen wir Michael und Johanna aus Deutschland kennen, die mit ihren beiden Kindern in einem gigantischen Wohnmobil unterwegs sind. Die beiden sind super freundlich und laden uns kurzerhand auf ein Bier ein. Viel besser hätte der Abend nicht laufen können. Wir stoßen gemeinsam an und haben eine wirklich schöne Unterhaltung. Vielen lieben Dank für das Bier, es war der perfekte Abschluss für diesen ultimativ schönen Tag. Liebe Grüße :)

Wir verabschieden uns, und während Michael noch mit den Kids im Schnee spielt (ja, wir haben Schnee!), ziehen wir noch ein paar Kilometer weiter und nutzen jeden Sonnenstrahl aus. Entweder für Drohnenflüge oder für Videocalls mit Familie und Freunden, einfach um ihnen zu zeigen, was wir hier gerade erleben. Denn für uns ist es definitiv das Schönste, das wir jemals gesehen haben!

Hier kann man sich ungefähr mal ein Bild davon machen, wir steil diese Anstiege wirklich sind, da vieles auf Bildern nie so richtig rüber kommt... und wir können euch versichern: Es ist mindestens genauso anstrengend wie es aussieht!

Nach zahlreichen Serpentinen, in denen wir in jeder Kurve mindestens 5 Minuten verschnaufen müssen, ehe wir die nächsten 30 Meter! in Angriff nehmen, erreichen wir den Gipfel auf über 1400 Höhenmetern. Und wir erhalten einen Rundumblick, der uns erneut die Sprache verschlägt. 

Dieser Tag war in vielerlei Hinsicht extrem, und so sind wir froh, einen schönen Spot direkt neben einem See zu finden, an dem noch niemand steht - denn entlang der Straße stehen überall in der Landschaft kleine Zelte verteilt. So haben wir diesen schönen und auch etwas versteckten Platz, nur für uns. Zum Glück haben wir unsere Winterjacken bis hierhin behalten und noch nicht nach Hause geschickt, denn neben uns liegt teilweise meterhoch der Schnee. Es ist unglaublich kalt, und ohne die passende Kleidung wären wir hier jetzt wirklich ganz schön aufgeschmissen.

Als das Zelt aufgebaut ist, macht Celine uns heiße Suppe am Gaskocher, und ich war noch nie so froh, eine leckere heiße Suppe essen zu können! Mit dem Kopf voller Eindrücke, dem Herz voller Hoffnung, dass die Nacht nicht allzu kalt wird und dem Bauch voller Suppe, machen wir uns schließlich auf den Weg Richtung Zelt.

Gute Nacht, ihr Lieben. Passt auf euch auf!

Mission completed

Norwegen, Øvre Årdal 30.07.2023

Es gibt wohl kaum etwas cooleres, als morgens aufzustehen, aus dem Zelt zu schauen und festzustellen, dass man sich an einem der schönsten Orte der Welt befindet. Während Celine sich ihren Kaffee zubereitet und für Frühstück sorgt, baue ich unser Lager ab. 

Dieses befindet sich heute direkt an einem See, um den herum noch riesige Eismassen liegen.

Ein paar meiner Arbeitskollegen waren vor einigen Monaten auch in dieser Gegend und haben auf den umliegenden Steinhaufen Steine mit ihrem Namen gestapelt - jedoch nicht alle. Und so kommt es, dass ich seit Beginn meiner Reise einen kleinen Stein mit mir trage, da ich versprochen habe, dass wenn ich es bis hier hin schaffe, den Stein zu den anderen zurückbringe. Wo er hingehört.

Gesagt, getan. Schon nach wenigen Kilometern erkenne ich anhand von Beschreibung, Koordinaten und Bildern die Stelle - und löse mein Versprechen ein: Mission completed! Liebe Grüße an Sandra, Mario und Damon!

Nicht selten wechselt das Wetter, gerade in diesen Höhen, schlagartig von schön auf ungemütlich und anderum, und so gesellt sich nach einem unsagbar heftigen Anstieg auch noch dichter Nebel dazu. 

Wie bedrohliche Riesen erheben sich dunkle Strommasten aus dem weißen Nichts und verschwinden in der Tiefe, während wir uns von Nebelbank zu Nebelbank vorantasten.

Es ist wirklich erstaunlich, wozu der menschliche Körper in der Lage, ist wenn es darauf ankommt. Wie weit man nach einem "Ich kann nicht mehr" und "Jetzt kann ich aber  wirklich nicht mehr" trotzdem noch kommt.

Und wo es mühsam und steil bergauf geht, geht es auch irgendwann wieder runter - in unserem Fall ebenfalls sehr steil. Und das mitten durch den dichten Nebel, der einen nur ein paar Meter weit gucken lässt...

Wir machen alles an, das leuchtet, und fahren langsam und vorsichtig durch die dichte Wolkendecke, bis die Sicht wieder klarer wird.

Unten angekommen, haben wir eine unglaubliche Sicht auf den Fjord von Øvre Årdal, unserer heutigen Zielstadt. Da es wieder anfängt so regnen und wir an sich noch keine wirkliche Planung haben, entscheiden wir uns dazu, in einem kleinen Self-Check In-Hotel zu übernachten. Auf dem Weg dorthin erfassen unsere Nasen den Geruch von frischer, warmer Pizza, so dass wir quasi beide gleichzeitig wissen, was wir nach dem Check In als erstes tun werden.

Die Pizza schmeckt wirklich gut, und nachdem wir noch ein paar Snacks bei der nahegelegenen Tanke besorgt haben, gehts ins Zimmer zurück. Celine schläft relativ schnell ein, ich jedoch versuchs gar nicht erst, weil ich merke, dass ich eh noch nicht schlafen kann. So setze ich mich an den Laptop, wo ich bis 2 Uhr am Blog arbeite, und mich dann mit zufallenden Augen Richtung Bett aufmache... 

...Bis morgen ihr Lieben! 

9 Tunnel und 1 Problem

Norwegen, Kvignadal
31.07.2023

Guten Morgen!

So ein richtiges Bett statt eines Zelts ist wirklich nicht zu unterschätzen, und so fahren wir heute motiviert und ziemlich gut ausgeschlafen weiter in Richtung der Fjorde.

Von denen gibt es auf unserem Weg wirklich viele, und die fantastische Farbenvielfalt sorgt immer wieder dafür, dass wir anhalten und eine kleine zwischenzeitliche Fotosession abhalten.

Wie so oft kann sich auch heute Morgen das Wetter noch nicht genau für eine Richtung entscheiden, weshalb wir uns während der Regenschauer stets über einen der vielen Tunnel vor uns freuen.

Neun Stück sind es für heute, und manche von ihnen sind wirklich so sparsam beleuchtet, dass als einzige Lichtquelle die Lampen an unseren Rädern herhalten müssen. 

Am 10. stoßen wir allerdings auf ein Problem: Wir dürfen dort als Fahrradfahrer nicht durch, und auch ein Alternativtunnel bleibt uns verwehrt. Die nächstbeste Alternative führt über einen Berg, dessen Zugang allerdings durch ein stabil aussehendes Tor sowie eine Schranke verschlossen ist.

Jetzt sind wir wirklich am Ende unserer Möglichkeiten angelangt, doch da es trifftige Gründe für die Entscheidung geben wird, Fahrradfahrer den Zutritt zu den Tunneln zu verbieten, fahren wir stattdessen vorerst zu einer Busstation, die unmittelbar vor einem Fährenübergang steht. 

Allerdings suchen wir einen Plan oder Aushang, der uns sagt wann oder ob ein Bus kommt, vergeblich. Und ob er auch unser ganzes Zeug mitnehmen würde, ist auch so eine Frage... Doch wir sind nicht auf den Kopf gefallen, und nach ein wenig Recherche finden wir heraus, dass der nächste Bus in ca. 1 Std kommt - und uns ggf. auch durch den Tunnel fahren kann. 

Da uns nichts weiter übrig bleibt, als zu warten und auf das Beste zu hoffen, schauen wir uns derweil den weiteren Wegverlauf an. Nach einer Stunde taucht auch tatsächlich der Busfahrer samt Bus auf, und da wir sind einzigen Passagiere sind, ist genug Platz um alles im Bus unterzukriegen.

Während der 7 Kilometer langen Tour durch den Tunnel wird uns auch recht schnell bewusst, weshalb hier keine Fahrräder durch dürfen: So gut wie keine Ausweichmöglichkeit und keinerlei Seitenstreifen, der auch nur ansatzweise breit genug für unsere Anhänger wäre.

Während dieser Reise haben wir uns des Öfteren über Schranken, Verbots- oder Hinweisschilder hinweggesetzt; hier allerdings sind wir froh, dass wir nichts dergleichen unternommen haben.

Auf der anderen Seite angekommen, decken wir uns noch mit Vorräten für den Abend ein. Als wir an einer riesigen Wiese vorbeikommen, lassen wir Lucy laufen, und es dauert nicht lang, da spielt sie noch mit einem anderen Hund und powert sich richtig aus. Natürlich spielen auch wir auch mit ihr, aber mit einem Artgenossen ist es nochmal was völlig anderes, und wir sind froh, als wir sehen, wieviel Spaß sie hat!

Es ist inzwischen 18:30 und wir fahren den Fjord entlang, der allerdings schon mit Campingbussen und Zelten überfüllt ist. Daher entscheiden wir uns dafür, schonmal mit dem Berg anzufangen (1300m), damit wir morgen nicht bei 0 beginnen müssen. Wir fahren noch bis 22:00 Uhr, ehe wir einen passenden Spot mitten in einem Waldstück und nur 15 Meter von einem reißenden und ziemlich lauten Fluss finden.

Absolute Dunkelheit umgibt uns, als wir das Zelt aufbauen, nur durchbrochen vom einsamen Strahl unserer Taschenlampe. Es dauert  auch nicht lange, bis wir schließlich schlafen, denn der Tag hat uns wirklich einiges abverlangt. Darum heißt es nun: Gute Nacht!

Bis morgen!

Gestrandet

Norwegen, Flåm
01.08.2023

Umgeben von hoher Luftfeuchtigkeit, packen wir erneut das noch etwas klamme Zelt zusammen und machen uns an die nächsten 700 Meter bergauf. Zum Glück sind wir gestern noch einiges an Srecke gefahren, sodass es zum Gipfel nicht mehr allzu weit ist!

Krämpfe und Verspannungen werden heute konsequent weggestrampelt, und gleichzeitig wird jede noch so kleine Möglichkeit des Verschnaufens genutzt.

Der Fluss, der weiter unten in den Fjord mündet, begleitet uns bis zum Gipfel und wird von zahlreichen Wasserfällen und Zuflüssen bestärkt. Das führt dazu, dass wir von einer permaneten, natürlichen Klangkulissen umgeben sind.

Immer wieder stoßen wir auf aufmunternde Sprüche, die Straßenarbeiter neben Gefahrenmakierungen auf die Straße gesprüht haben. Oben angekommen, haben wir erneut 1300 Höhenmeter erreicht und nutzen das einladend aussehende Plateu für einen Drohnenflug. Nach einigen weiteren Auf und Abs geht es nur noch runter; das Ziel für heute ist das Erreichen der Fähre, die uns auf die andere Seite bringt.

Hier wäre es sicherlich hilfreich gewesen, sich nach den Abfahrtszeiten zu erkundigen. Wir kommen an einigen Spots vorbei, die teilweise in den Fjord reinragen und an denen sich jede Menge Menschen tummeln. Die Massen rennen sich auf den 4 m² fast über den Haufen, um das schönste Selfie und das atemberaubendste Bild vom Fjord zu bekommen, während wir einfach unsere Drohne hoch auf 150 Meter steigen lassen und dafür immer mal wieder einen neidischen Blick ernten.

Weiter gehts, und zwar nur noch - runter! Rasant und nach knapp 8 Stunden Fahrt erreichen wir Aurlandsvangen, wo wir leider feststellen müssen, das wir die Fähre nur knapp verpasst haben.

Knapp bedeutet in unserem Fall um mehr als 2 Stunden, aber da es sowieso bereits so spät ist, versuchen wir unser Glück in der nächsten Stadt und fahren weiter nach Flåm. Dort gibt es zwar einen Campingplatz, der sich jedoch nicht wirklich lohnt, da dort kein Strom für uns zu Verfügung steht.

Allerdings haben wir entlang des Weges genug Stellen ausgemacht, an denen man super das Zelt aufbauen könnte - also fahren wir, nachdem wir schon mal die Ticktes für uns und die Bikes für die Überfahrt reserviert haben, wieder ein Stück aus Flåm raus und campen auf einer der zahlreichen Grünflächen entlang der sparsam befahrenen Straße. Hier gibt es zwar auch keinen Strom, dafür allerdings einen unglaublichen Blick auf den Fjord, der direkt vor uns liegt!

Den Abend verbringen wir damit, uns auf die morgige Tour zu freuen, etwas leckeres zu essen und mit Lucy zu spielen - und natürlich damit, den Fjord mit seinen schroffen Felsen und dem tiefblauen Wasser in all seiner Schönheit zu bewundern. 

Bis morgen ihr Lieben!

Fjordfahrt in die Erholung

Norwegen, Gudvangen
02.08.2023 - 03.08.2023

Guten Morgen!

Da unsere Fähre um 9:30 ablegt, heißt es heute leider nicht nur wach werden, sondern tatsächlich auch aufstehen. Die Fahrradtour ist wirklich sehr überschaubar - nach bereits 900 Metern treffen wir am Kai ein und erwarten gespannt, was auf uns zu kommt.

Da wir gestern Abend genug Zeit hatten, um uns hier mal etwas genauer umzuschauen, wissen wir genau wo wir hinmüssen. Deswegen haben wir auch noch genügend Zeit, um ganz in Ruhe ein paar Snacks für die Reise einzukaufen, bevor es losgeht. Man will ja vorbereitet sein!

Beim Warten auf das Boarding taucht von links plötzlich ein riesiges Etwas auf. Doch es dauert nicht lang, und unser geschultes Auge erkennt, dass es sich bei dem Giganten um ein Kreuzfahrtschiff handelt. Aufgrund der typischen Bemalung ist schnell klar, dass es sich um kein anderes Schiff als die AIDA handelt. Genauer gesagt, die Aidaprima - die binnen Sekunden eine ganze Horde Schaulustiger anlockt. Der Moment, in dem dieses riesige Schiff nur wenige Meter vor uns in den Fjord einfährt, ist aber auch wirklich beeindruckend!

Dann geht alles ganz schnell: Die Luken unserer Fähre öffnen sich und die Passagiere stürmen das Boot. Wir hingegen warten mit den Bikes geduldig am Seiteneingang. Man muss an dieser Stelle erwähnen, dass wir das Schiff hauptsächlich aufgrund der Tatsache nehmen, dass die Tunnel mal wieder sehr eng und deswegen nicht komplett für Fahrradfahrer zugänglich sind.

Doch so lässt es sich auch wesentlich angenehmer reisen, und zudem erhalten wir eine 2 1/2 stündige spektakuläre Fjordtour bei super Wetter!
Noch auf der Fähre kontaktieren wir einen nahegelegenen Campingplatz, der sich zwischen den riesigen Gesteinsklippen mit unzähligen kleinen Wasserfällen befindet. Da man hier, wie wir erfahren, leider nicht reservieren kann, müssen wir, sobald wir wieder an Land sind, nur schnell genug sein...

In Gudvangen angekommen, machen wir uns relativ zügig auf den Weg, damit uns niemand unseren Platz wegschnappt, und schon nach ganzen 1.1 Kilometern erreichen wir den Campingplatz. Somit haben wir heute unglaubliche 2 Kilometer mit dem Bike geschafft, und obendrein erhalten wir sogar noch eine kleine, aber ordentliche, saubere und warme Hütte als Schlafplatz! Wir entscheiden uns dazu, nach dieser extremen Anstrengung erstmal einen Pausentag einzulegen ;)

Auch das Abendessen ist heute spannender als sonst, und hat noch dazu den besten Ausblick: Wir essen leckere Pizza, während wir durch das Panoramafenster des Restaurants auf den Fjord blicken und die ankommenden Fähren beim Einlaufen beobachten.

Der Campingplatz verfügt sowohl über eine Waschmaschine als auch über einen Trockner, die wir an dieser Stelle wirklich gut brauchen können und auch sofort in Beschlag nehmen. Die Landschaft um uns herum ist wunderschön, perfekt um zu entspannen und Kraft zu tanken für die kommenden Tage: Da führt uns unser Weg nämlich zur Trolltunga!

Passt auf euch auf, ihr Lieben! Wir sehen uns morgen!

Its over 9000!

Norwegen, Aga
04.08.2023

Guten Morgen!

Nach dem Aufstehen machen wir uns als Erstes dran, die Hütte aufzuräumen, um sie ordentlich für den Nächsten zu hinterlassen, der hier übernachtet. Das ist hier in den skanidnavischen Länder völlig normal - was wir auch gut finden. Dann machen wir uns auf den Weg und werden schon früh am Morgen von 2 Tunneln begrüßt, die eine wirklich abartige Steigung an den Tag legen.

Es ist immer ein beklemmendes Gefühl, durch kilometerlange Tunnel zu fahren, während LKW´s mit nur wenig Abstand an dir vorbei fahren. Trotz Warnweste und ausreichender Beleuchtung sind wir immer sehr froh, wenn man es geschafft hat und den Ausgang sieht.

Dazu kommt: Mitten im Tunnel anzuhalten ist wirklich gefährlich, also heißt es durchbeißen um jeden Preis. Bei diesen durchgehenden Anstiegen ist ein gemessener Puls von 190 wie bei Malte dabei keine Seltenheit.

Dann sehen wir den Ausgang, was uns nochmal einen Ticken mehr motiviert, alles zu geben. Nachdem wir es rausgeschafft haben, halten wir in der nächstmöglichen Bucht an und schnappen erstmal ausgiebig nach Luft.

Doch so hart wie der Start des Tages auch war, desto besser wird er mit jedem Meter den wir zurücklegen. Wir kommen richtig gut voran, und nach 52 Kilometern ist es soweit: Wir haben die 9000 Kilometer geknackt!

An einem riesigen Wasserfall lernen wir noch ein junges Paar aus Belgien kennen, das seinen Geburtstag mit Sekt nachfeiert und uns kurzerhand zu einem Glas einlädt. Da sage ich natürlich nicht Nein, und auch Malte nimmt sich zur Feier des Tages ein Schlückchen zur Brust.

Wir verbringen einige Zeit zusammen und führen schöne und lustige Gespräche, ehe wir uns schließlich aufmachen, denn wir haben ein Ziel vor Augen: Mit viel Glück erreichen wir noch eine Fähre, die uns auf die andere Seite bringt.

Wir fahren schnell und konzentriert, und tatsächlich - schon von Weitem erkennen wir das Schiff, das sich gerade zum Anlegen bereit macht. Jetzt zählt jede Sekunde, denn wenn wir es nicht schaffen, die Fähre zu erreichen, müssten wir über eine Stunde auf die nächste warten.

Doch das Glück ist auf unserer Seite! Wir kommen gerade rechtzeitig zum Boarding an, und da wir nur Fahrräder haben, müssen wir für die 20-minütige Überfahrt, die wir alle 3 sehr genießen, noch nicht einmal was zahlen. Auch beim Verlassen des Schiffes klappt alles, so dass wir unseren Weg unbeschadet fortsetzen können.

Die Fähre bringt uns in ein wirklich schönes und ruhiges Städtchen. Als wir eine Weile unterwegs sind, merken wir langsam, wie die Sonne sich dem Horizont nähert und der Himmel immer schattiger wird. Es wird merklich kühler und der Abend bricht an, und so suchen wir entlang der kaum befahrenen Straße einen guten Spot zum Zelten. 

Allerdings dauert es noch eine Weile, bis wir fündig werden, und nach weiteren 17 Kilometern machen wir heute sogar die 100 Kilometer voll. Daran war heute morgen, nach den anstrengenden Tunneln, nicht ansatzweise zu denken.

An einem Weg, der neben einem Tunnel verläuft, springt uns schließlich ein passendes Plätzchen ins Auge. Neben anderen, dort bereits stehenden Campern und Bussen, finden wir erneut einen wunderschönen Spot direkt am Fjord!

Wir bauen unser Zelt auf, das neben all den Fahrzeugen durch seine Größe schon was her macht. Als wir unsere Sachen auspacken und uns zum Schlafen hinlegen, wird uns plötzlich bewusst, dass es nicht mehr lange bis nach Hause ist, und obwohl wir uns quasi am schönsten Ort der Welt befinden, erfüllt uns der Gedanke mit heißer Vorfreude. Unser Zuhause.

Bis morgen, ihr Lieben! 

PS: Die nächsten 3 Tage werden wieder zusammengefasst und beinhalten den Weg zur Trolltunga. Dies kann noch etwas dauern. Sehts uns nach! :)

Trolltunga, Regen und tolle Begegnungen

Norwegen, Odda 
05.08.2023 - 07.08.2023

05.08.2023

Als wir heute morgen so langsam wach werden und die erste Runde mit Lucy laufen, fällt uns auf, dass alle anderen Camper bereits das Feld geräumt haben und wir damit tatsächlich als letztes geblieben sind. Da wir für heute bis nach Odda aber sowieso nur 30 Kilometer vor uns haben, nehmen wir uns alle Zeit der Welt. Wir laufen eine große Runde mit Lucy, frühstücken gemütlich, packen unseren Kram zusammen und machen uns schließlich langsam aber sicher auf den Weg.

Die Fahrt verläuft ruhig und problemlos, und in Odda angekommen, suchen wir als erstes einen Campingplatz auf. Da wir morgen auf die berühmte Trolltunga wollen und der Tag ziemlich lang werden wird, ist es wichtig, dass wir uns im Vorfeld um einen gesicherten Platz zum Übernachten kümmern, damit dieses Problem schon mal aus der Welt geschafft ist.

Funfact: Die Stadt Odda, sowie auch die Trolltunga sind beides Orte an denen die Netflix Serie "Ragnarök" gedreht wurde!
"Fast alle Drehorte der Serie, vom Hafen bis zur Schule, befinden sich in der Stadt Odda am Sørfjord, einem Seitenarm des Hardangerfjords, und wurden, bis auf das Anwesen der Familie Jutul, kaum für den Bildschirm verändert. Netflix hat der Stadt sogar einen Gedenkstein zur Serie vermacht, der in der Nähe des Torget am Wasser aufgestellt wurde."

Wir erreichen den Campingplatz und werden, wie so oft, auch schon direkt freundlich willkommen geheißen. Eine Hütte ist zwar leider nicht mehr frei, aber damit haben wir auch nicht wirklich gerechnet. Hauptsache wir haben fließendes Wasser und einen sicheren Platz,wo wir das Zelt aufbauen können. Der junge Mann, der uns zum Zeltplatz begleitet, wird auf unsere Drohne im Gebäck aufmerksam, und ist direkt Feuer und Flamme - dadurch, dass er selber gerne Drohne fliegt, haben wir schnell ein gemeinsames Gesprächsthema, und so fachsimpeln wir über verschiedene Techniken und die schönsten Erlebnisse, während er uns mit dem Platz vertraut macht.

Hier wollen wir für 2 Nächte bleiben. So ist sichergestellt, dass wir uns nicht abhetzen müssen, und uns ausgiebig Zeit für den Marsch zur Trolltunga bleibt, von der wir schon soviel gelesen, gesehen und gehört haben.

Wir freuen uns riesig darauf!

Bis morgen!

06.08.2023

Es ist soweit - der Wecker klingelt um 6:00 Uhr, und trotz einer relativ kurzen Nacht machen wir uns bereit für die große Tour. Um 7:00 Uhr gehts los! Celine hatte gestern in Odda noch einen Rucksack für die Tour aufgetrieben, sodass wir die Drohne und unseren Proviant bequem tansportieren können. Wir packen alles nötige ein und machen uns kurz darauf voller Vorfreude auf den Weg.

Die ersten 17 Kilometer fahren wir mit dem Fahrrad bis zum Parkplatz 2. Wir sind ziemlich aufgeregt, denn so eine Tour macht man nicht alle Tage. Der Weg geht überwiegend bergauf, und als wir ankommen, ist es bereits 9:00 Uhr.

Wir sind natürlich nicht allein; die Trolltunga ist ein sehr beliebtes Ausflugs- Reise- und Touristenziel, und so machen wir uns schließlich, zusammen mit vielen anderen auch, auf den Weg. Vorbei an Familien, Ausflugsgruppen, einzelnen Wanderern und Touristenpärchen, bahnen wir uns zusammen den Weg an die Spitze. Immer wieder kommt dabei die Drohne zum Einsatz und nimmt spektakuläre Bilder und Videos auf - 120 Metern über unseren Köpfen. So entstehen selten gesehene Eindrücke und tolle Aufnahmen, die mit dem Handy alleine unmöglich gewesen wären! 

Nach und nach merken wir aber, dass es sicherer ist, sich erstmal auf den Weg zu konzentrieren - denn der hat es ziemlich in sich. Der Anstieg an sich beginnt sehr steil, lässt sich aber zum Glück relativ gut laufen. Nach 8 Kilometern ändert sich das allerdings: Der Weg ist nun zwar wesentlich flacher, dafür umso anspruchsvoller. Um nicht zu sagen: Richtig, richtig hart. Während wir also mühselig unsere Muskeln bewegen, und dabei ständig ein Auge auf Lucy haben, kommen uns nach und nach die ersten Menschen entgegen, die bereits auf dem Rückweg sind.

Es ist 13:30 Uhr, als wir endlich den Peak der Trolltunga erreichen. Und der sich uns bietende Anblick ist wirklich überwältigend. 

Doch auch wenn wir angekommen sind, heisst das nicht, dass wir einfach zur Spitze laufen und die Aussicht genießen können. Unsere Euphorie wird zunächst von der knapp 80 Meter langen Schlange gedämpft, an der wir uns auch brav anstellen. Es dauert auch nicht lange, und wir kommen mit einem spanischen Pärchen ins Gespräch, mit dem wir uns eine zeitlang nett unterhalten.

Die Minuten vergehen. Langsam. Sehr langsam. So langsam, dass es sich anfühlt, als würden wir überhaupt nicht voran kommen. Als wir nach einer halben Stunde nur gefühlt 5 Meter weiter stehen als bei unserer Ankunft, weicht unsere Begeisterung langsam aber sicher einer Mischung aus Frustration und Langeweile. So haben wir uns das aber nicht vorgestellt... Wir sehen uns an, und treffen quasi gleichzeitig eine Entscheidung. Kurz darauf machen wir uns auf den Weg - allerdings nicht zurück, sondern weiter nach oben! Wir wollen unsere wertvolle Zeit hier oben nicht mit Anstehen und warten verbringen. Und außerdem, da sind wir uns einig, hat dieser Ort hier wesentlich mehr zu bietet als nur diesen einen berühmten Steinvorsprung. 

Davon mal ganz abgesehen, dass man von weiter oben eine viel schönere Sicht auf den Fjord hat, sind auch die Selfies mindestens genau so beeindruckend. So haben wir eine wirklich imponierende Sicht auf das klare Wasser und die mächtigen Felsen, die tief im Erdreich verankert sind. Nach 1 1/2 Stunden gucken und staunen, sowie der ausgiebigen Aufnahme von Fotos, Videos und Drohnenmaterial, treten wir anschließend die Heimkehr an. Als wir an der Schlange vorbei laufen, stehen die Spanier immer noch da... alles richtig gemacht!

Man muss wissen, dass das Hochlaufen bei Weitem nicht so anstrengend ist, wie das Herabsteigen; das haben wir schon damals bemerkt, als wir auf dem Jakobsweg gelaufen sind. Sowohl Knie als auch Füße fangen an zu schmerzen, und man überlegt sich jeden Schritt ganz genau. 

Unserer Meinung nach ist das eigentliche Highlight dieser Tour gar nichtmal die Trolltunga selbst, obwohl sie natürlich eine absolute Schönheit ist und es atemberaubend ist, dort oben zu stehen und in den Fjord zublicken. Aber der Weg dorthin ist das eigentlich faszinierende daran. So oder so war es ein fantastischer, wenn auch wirklich harter Tag. Auch Lucy hat den Ausflug bravourös gemeistert. Immerhin ist sie 26 Kilometer gelaufen - selbst für einen Jagdhund ist das beachtlich!

Auf dem Rückweg fängt es leicht an zu nieseln und uns wird klar, was für ein Glück wir mit dem Wetter hatten. Wenig später fängt es sogar richtig an zu regnen. Dass das der Beginn eines absolut langen und grauenvollen Unwetters wird, welches über Norwegen zieht, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen...

Wir treffen tolle und vor allem viele Gesprächspartner entlang des Rückwegs: Schweden, Spanier, Deutsche und natürlich Norweger, alles ist dabei und jeder hat etwas zu berichten. Während wir auf dem Rückweg sind, kommen uns immer noch Menschen entgegen, und wir rechnen grob durch, dass, wenn sie heute noch zurück wollen, dies zweifelsohne in der Dunkelheit machen müssen. Zwar haben manche von ihnen Zelte dabei und haben wahrscheinlich gar nicht vor, heute noch zurückzukehren... doch der Großteil ist ohne unterwegs.

Nach knapp 12 Stunden erreichen wir dann unsere Fahrräder. Wirklich laufen kann man das, was wir machen, nicht nennen, es ist eher eine Art schlurfen, während wir uns auf die Fahrräder wuchten. Auch Lucy springt voller Freude mit letzter Kraft in ihren Anhänger.

Zum Glück geht es ab jetzt bergab, und in Windeseile erreichen wir wieder Odda. Alleine Malte hat heute über 5500 Kalorien verbrannt, weshalb natürlich ein Burger ran muss - den wir, zusammen mit Pommes und Cola, in einem nahegelegenen Restaurant auch finden. 

Als wir am Campingplatz ankommen, entscheiden wir uns spontan dafür, eine weitere Nacht hier zu verbringen. Wir waren heute über 14 Stunden unterwegs, und werden morgen garantiert nicht in der Lage sein, uns auch nur ansatzweise bewegen zu können...! Auf dem Weg zur Rezeption merken wir, dass der Himmel schon ganz schön dunkel ist. Als wir der netten Dame erklären, dass wir unseren Aufenthalt verlängern möchten, informiert sie uns, dass wir uns aktuell vor einem Sturm befinden - und der Platz letztes jahr bei einem ähnlichen Sturm evakuiert werden musste. In der Tat, der Himmel über uns zieht sich immer schneller zu. Die Leute hier erwartet wohl das Schlimmste. 

In den Nachrichten ist die Rede von gelber und roter Warnstufe für unseren Bereich, und wir wappnen uns im Geiste gegen das, was hier bald wohl auf uns zukommt. Als wir am Zelt ankommen, werden wir von unseren Nachbarn, die wir auf dem Weg zur Trolltunga kennengelernt haben, noch auf ein kühles Bier eingeladen. Liebe Grüße!

Danach fallen wir völlig tot in die Schlafsäcke. Wir schaffen es grade noch, Lucy zu füttern und uns umzuziehen. Während wir langsam wegdösen, hören wir, wie es zu nieseln beginnt.

Es geht los. 

07.08.2023

Ich kann kann mich nicht daran erinnern, wann ich mich das letzte Mal so wenig bewegen konnte. Meine Augen öffnen sich, aber der Rest ist keineswegs in der Lage sich zu rühren. Erst nach ein paar Stunden kommen wir beide wieder halbwegs klar und "stehen" auf - wobei stehen hier nicht wirklich stimmt. Inzwischen ist aus dem gestrigen Nieselregen ein ordentlicher Guss geworden, und so wie es aussieht, wird dieser auch erstmal anhalten.

Nach einem kleinen Frühstück kümmere ich mich um das Aufladen unserer Akkus. Der Campingplatz verfügt über einen Unterstand, wo normalerweise ca. 8 Personen Platz finden, um dort in Ruhe was zu essen. Dort hat sich eine französische Mittelstufe zusammengefunden, bestehend aus mindestens 25 Kindern. Wie durch ein Wunder finde ich noch einen kleinen Fleck und richte mich ein, um am Blog zu schreiben und die Akkus zu laden. Guter Plan, schwache Ausführung; die Kinder schreien, lachen, schubsen und beleidigen um die Wette - dementsprechend stark leidet meine Konzentration. Trotzdem mühe ich mich ab, was auf die Beine zu stellen. Celine ist derweil nochmal eingeschlafen, kommt aber nach einigen Stunden auch nach und kümmert sich um die Wäsche.

Ich komme mit 2 Typen meines Alters ins Gespräch, sie kommen aus Prag und sind selbst mit dem Fahrrad unterwegs. Kurzerhand laden sie mich auf einen selbstgemachten Apfelbrandy ein - genau das, was ich nach so einem harten Morgen brauche! Wir stoßen an, und WOW! - mit dem Zeug kannst du wahrscheinlich einen Panzer betanken! Da ich sicher bin, nach dem 4. Brandy tote Menschen sehen zu können, passe ich freundlich beim 5. und versuche, noch ein bisschen zu schreiben.

Als Celine sich zu uns setzt, wird auch sie auf ein Pinneken eingeladen. Wir bleiben dort fast bis zum Abend sitzen, da man sowieso nichts anderes machen kann. Es regnet nun seit letzter Nacht ununterbrochen, was dazu führt, dasss sich auf dem Platz überall kleine Pfützen bilden, die sich mit jeder Stunde vergrößern.

Nach einem letzten Brandy proste ich den Jungs zu und wir gehen zurück in unser Zelt, welches von innen aufgrund der Luftfeuchtigkeit durch den Hund und unserer nassen Sachen inzwischen genau so nass ist wie außen. Na klasse, dieser Tag ist mal so ziemlich ins Wasser gefallen... Na dann mal gute Nacht!

Wir hören uns bald!

Trolltunga und der Weg dorthin

Wir schwimmen nach Hause

Norwegen, Roldal
08.08.2023

Es regnet inzwischen so stark, dass das Kondenswasser, welches sich im Vorzelt gebildet hat, in Form winziger Tröpfchen hinab auf unser Equimpment und unser restliches Zeug fällt. Also heißt es jetzt erstmal, Sachen packen und raus hier! Denn auch aus den Pfützen von gestern sind inzwischen kleine Teiche geworden.

Noch im Zelt verstauen wir alles, so gut und trocken es eben geht, in Maltes Anhänger, bevor wir uns nach draussen wagen. Das Außenzelt wird beim Abbau natürlich kletschnass, und binnen Sekunden sammeln sich mehrere Liter Regenwasser auf der Oberfläche. 

Dem Wetterbericht nach, wird es wohl eher schlimmer als besser, weshalb wir unsere Idee, das Wetter auszusitzen und auf Besserung zu warten, auch recht schnell verwerfen.

Leider hat sich Malte beim Zelt abbauen den Rücken verknackst, während er auf 1,2m² versucht hat, auf Knien alles in den Anhänger zu packen. Beim Aufsteigen aufs Fahrrad muss er sich eingestehen, dass er so unmöglich auch nur einen Meter fahren kann - und fällt mit schmerzverzogener Mine und bereits jetzt schon völlig durchnässt fast vom Rad. 

Es strömt ununterbrochen, wir sind noch keinen einzigen Meter gefahren doch schon jetzt komplett durchgenässt, und nun auch noch das. Doch Aufgeben ist auch keine adäquate Lösung, und ausserdem hat Malte hat während dieser Tour schon schwierigere Hindernisse überwunden. Nach einem kleinen Medi-cocktail von mir ist er immerhin in der Lage, sich langsam und vorsichtig zurück aufs Fahrrad zu kämpfen.

Na dann mal los! Wir setzen unseren Weg fort (oder eher gesagt: fangen ihn an), und glücklicherweise geht es zur Abwechslung mal relativ leicht los. Gut - so haben die Medis genug Zeit, um zu wirken, bis wir härtere Gefilde erreichen.

Nachdem wir einem Berg mit 1300 Höhenmetern erklimmen, nutzt Malte am Peak schließlich den Moment um sich einzurenken. Da er inzwischen bis unter die Hutschnur zugedröhnt ist und nicht mehr viel spürt, lässt er es 5 mal ordentlich im Rücken knacken, ehe wir unseren Weg fortsetzen. Vorbei an Schafen, die immer mal wieder an der Fahrbahn auftauchen, geht es hinab ins Tal. 

Der Wind peitscht uns bei inzwischen 3°C Außentemperatur den eiskalten Regen ins Gesicht. Wir sind völlig durchnässt, ob nun vom Regen oder der Anstrengung lässt sich schon gar nicht mehr sagen; wahrscheinlich einer stabilen Mischung aus beidem. Deswegen dauert es auch nicht lange, ehe wir anfangen zu frieren, und als sich unsere Lippen blau verfärben, sehen wir es schließlich ein: Höchste Zeit aus den nassen Klamotten zukommen!

An einem Unterstand ziehen wir uns um und warten, bis es zumindest nicht mehr so stark regnet. Nach 40 Stunden ununterbrochenem Regen und fast 9 Stunden auf dem Fahrrad, steuern wir erschöpft auf einen Campingplatz zu. Glück gehabt, es gibt noch freie Plätze.

Schnell bauen wir noch zusammen das Zelt auf, während wir über den Tag, den Hund und... Zuhause reden. Wir freuen uns wirklich total auf unsere Freunde, Familie und Kollegen! Das Zelt steht knapp 1 Sekunde, ehe Malte sich schonmal mit schmerzgeplagtem Gesicht in den Schlafsack fallen lässt. Ich hingegen versuche noch ein bisschen, unsere Kleidung zu trocknen (was mir eher schlecht als recht gelingt), und beschließe dann, mich im Gemeinschaftsraum noch etwas aufzuwärmen. Was für ein Tag! 

Bis morgen ihr Lieben!

7 Nächte im Zelt

Norwegen, Flothyl 09.08.2023

Der Morgen geht weiter, wie der Abend endete: Im Starkregen. Und so spielt es keine Rolle, ob wir versuchen, trocken zu bleiben oder nicht - es ist eh nur eine Frage der Zeit, bis man uns auswringen kann. Also stellen wir uns darauf ein, auch heute die meiste Zeit durchnässt zu fahren.

Nach dem Abbau des Zeltes machen wir uns auf den Weg, weiter Richtung Süden. Aus den Nachrichten erfahren wir, was das Unwetter in Teilen Norwegens und Schwedens bereits alles angerichtet hat, und wir können uns glücklich schätzen, den letzten Tag an der Trolltunga trocken genossen zu haben.

Nach einem kurzen Einkauf, um die Vorräte für den Abend aufzustocken, kommen wir an einem gigantischen Wasserfall vorbei - vor dem ein kleiner, aber gut besuchter Souvenier-Shop steht. Neben kleinen Trollfiguren, Elch-T-Shirts und Rentierfellen verkaufen sie zum Glück auch etwas, das wir in unserer Situation wirklich gut gebrauchen können: Kaffee und Kakao. Genau das Richtige an diesem kalten und durchnässten Morgen. Ich wische mir einen Liter Wasser aus dem Bart und stelle mich unter.

Während wir unser heißes Getränk genießen, beobachten wir, dass immer wieder LKW´s und Autos mitten auf der Straße stehenbleiben, um ein Foto vom Wasserfall zu machen. Verständlich, der Wasserfall ist überwältigend, doch leider verursachen sie damit permanent Stau, und das mitten auf einer Brücke... 

Gut aufgewärmt und frisch gestärkt setzen wir unsere Reise durch den strömenden Regen schließlich fort. Es regnet inzwischen mehr als 60 Stunden durch, und wir wollen nur noch ankommen... zum Glück wird unser Wunsch bald erfüllt.

Als wir endlich den Campingplatz für heute ansteuern, ist natürlich keine Hütte mehr frei. Damit haben wir zwar auch nicht gerechnet, da hier erstens nach wie vor Urlaubssaison ist und zweitens, wir leider aufgrund des schlechten Wetters und den vielen Anstiegen nicht tagelang im Voraus buchen oder planen können. Doch trotzdem sind wir ein kleines bisschen enttäuscht. Eine richtige Hütte, mit Heizung, Bett und Wänden wäre wirklich sehr, sehr schön gewesen. Doch so verbringen wir nun unsere 7. Nacht in Folge im Zelt. 

Aber nicht nur das keine Hütte frei ist, auch der Besitzer ist nicht auffindbar. Daher entscheiden wir uns dazu, das Zelt schon mal aufzubauen und dann einfach bei der Abfahrt zu bezahlen. Das ist allerdings wenig später gar nicht mehr nötig, denn der überaus sympathische Besitzer kommt vorbei, um die Standgebühr entgegen zu nehmen.

Da wir durch den Regen quasi permanent nass sind, ist es inzwischen fast unmöglich, mal richtig durchzutrocknen. Selbst, als wir uns in die Schlafsäcke kuscheln, fühlt sich alles klamm an. Der Stoff, unsere Haut, die Luft im Zelt. 

Und mit der Hoffnung auf trockenere Zeiten, sagen wir an dieser Stelle...

...Gute Nacht! Bis morgen!

Eine richtige Wohnung!

Norwegen, Hovden
10.08.2023

Als wir heute morgen aufstehen, ist irgendwas anders. Wir horchen vorsichtig nach draussen und können es kaum glauben: Kein gedämpftes Trommeln, kein leichtes prasseln... Kein Regen! Und nicht nur das, auch das Zelt ist inzwischen nahezu getrocknet. Welch seltenes Gefühl der Freude! Nachdem wir nun fast 72 Stunden am Stück nass waren, kehren Trockenheit und Wärme zurück in unsere Körper und machen es sich dort bequem.

Gut gelaunt nutzen wir die letzten Momente, um die Akkus zu laden, bevor wir motiviert wie seit Tagen nicht aufbrechen. Und heute haben wir sogar ein Ziel vor Augen: Celine hat uns eine richtige Wohnung organisiert! Es tut unglaublich gut und steigert die allgemeine Grundstimmung enorm, wenn es NICHT regnet, und so kommen wir wirklich gut voran.

Wir nutzen die Zeit in den Pausen ausgiebig, um unser feuchtes Equiment auszubreiten und zu trocknen, und wieder mehr mit Lucy zu spielen. Die hat inzwischen auch die Schnauze vom Regen voll. Wo sie anfangs noch in jede Pfütze gerannt ist und versucht hat, die Regentropfen mit ihrem Maul zu fangen, war sie am Ende über jeden Meter glücklich, den sie in ihrem geschützten Wagen verbringen konnte.

Die Straße ist wieder gut belebt, und so bahnen wir uns den Weg durch Tunnel, über Hügel und an Schafen und Ziegen vorbei. Letztere haben einen Campingwagen in Beschlag genommen; circa 30 furchtlose Tiere bilden einen Kreis um das unglückliche Gefährt. Der fährt heute nirgendwo mehr hin...

Nicht nur, das es nicht regnet, es wird sogar nahezu angenehm warm, und nach einiger Zeit erreichen wir das Städtchen Hovde. Da wir allerdings sowieso erst um 16:00 Uhr in unsere Unterkunft kommen, statten wir solange einem kleinen Cafe am Stadtrand einen Besuch ab.

Neben leckeren Waffeln gitb es Kaffee und Kakao. Da wir wissen, dass es in unserer heutigen Wohnung auch eine Küche gibt, entscheiden wir uns nach tagelangem essen von Toast mit Käse und Snacks, mal wieder was richtiges zu kochen. 

Als wir dann schließlich unsere Unterkunft betreten, fühlen wir uns direkt gut aufgehoben. Genau das haben wir gebraucht. Wir haben ein wirklich schönes Apartment. Endlich. Betten. Eigenes Badezimmer. Heizung. Küche. Und sogar ausreichend Platz, um Wäsche zu waschen und aufzuhängen. Nach all den Nächten im Zelt fühlen wir uns wie im Paradies.

Dann, nach einem super leckeren Abendessen, gehen wir abends noch eine kleine Runde mit Lucy spazieren. Am nahegelegenen Fluss halten wir an, da er im Sonnenuntergang einfach unsagbar schön aussieht und wir den Anblick mit jeder Menge Fotos festhalten möchten. 

Wieder zurück, dauert es nicht lange, und wir liegen fix und fertig in unseren warmen, weichen und trockenen Betten. Was für ein schönes Gefühl.

Bis morgen, ihr Lieben. Passt auf euch auf!

Endlich wieder Sonne

Norwegen, Ose
11.08.2023

Guten Morgen!

Wir haben schon halb vergessen wie wunderbar es sich anfühlt, in einem warmen Bett aufzuwachen. Unser Körper sehnt sich nach mehr davon, doch als wir nach dem Aufstehen den Vorhang im Wohzimmer beiseite schieben, können wir es kaum glauben: Strahlend blauer Himmel und Sonne!  

Auch wenn der Gedanke, hier einen weiteren Pausentag zu verbringen, wirklich verlockend erscheint, entschließen wir uns schweren Herzens dazu, weiterzuziehen - dieses super Wetter muss einfach zum Fahren genutzt werden!

Darum packen wir unsere nun trockenen Sachen zusammen, räumen auf und spülen ab, und stehen wenig später wieder draussen vor der Tür, wo wir uns erstmal von der warmen Sonne die Haut wärmen lassen.

Ohne festes Ziel, aber dafür super ausgeschlafen, gut gelaunt und wieder in frischen Klamotten, geht es los, und zwar in Richtung Kristiansand.

Ähnlich wie bei unseren Besuch im Norden Norwegens, gibt auch dieser Teil des Landes geländetechnisch sowie landschaftlich nochmal alles; es ist, als würde das Land versuchen, uns auf den letzten Kilometern mithilfe seiner Schönheit zum Bleiben zu bewegen. Leider passt das grade nicht so in unseren Zeitplan, dennoch genießen wir den Ausblick sehr. Und zusammen mit dem strahlenden Sonnenschein gönnen wir uns in den ausgiebigen Pausen, die wir zwischendurch einlegen, immer mal wieder ein kleines Powernapping. 

In einer Pause kommen wir mit anderen Touristen und Einheimischen ein bisschen ins Gespräch. Die sind von unserer Reise offenbar ziemlich angetan, und nach ein paar Fotos von unseren Bikes und Lucy geht es für uns weiter - der Sonne entgegen.

Da wir uns als Ziel gesetzt haben, bis morgen Kristiansand erreicht zu haben, machen wir für heute wieder knapp 100 Kilometer. Diese lassen sich aufgrund des guten Wetters und der eher flachen als bergigen Strecke auch gut erreichen. Nichts desto trotz bleiben für morgen noch immer 117 weitere Kilometer, die von uns gefahren werden wollen. Doch die Freude auf Zuhause wächst mit jedem Tag, dem wir uns der fast schon erlösenden Situation nähern. 

An einem kleinen Wasserfall finden wir einen Campingplatz, wo Maltes erste Handlung darin besteht, die Besitzerin von 650 auf 400 Kronen die Nacht für ein Zimmer runterzuhandeln - durch und durch Verkäufer! 

Doch seine Beharrlichkeit hat einen Grund: Da wir morgen ziemlich früh loswollen - wir hoffen, es vielleicht sogar schon bis nach Dänemark zu schaffen - wäre es überaus praktisch, auf das lästige Zeltabbauen verzichten zu können.

Wir werden sehen, was auf uns zukommt! Auch eines der schönen Teile der Reise: Man weiß nie, was morgen passiert!

Gute Nacht ihr Lieben! Wir lesen uns bald wieder!

Wenn 100% nicht reichen

Norwegen, Kristiansand 
12.08.2023

Morgens kein Zelt abbauen zu müssen, spart wirklich ordentlich Zeit, und so starten wir heute schon um 8:30 Uhr fix und fertig in den Tag. Von Kristiansand trennen uns "nur" noch 117 Kilometer - und wir sind fest entschlossen, diese heute zu schaffen.

Uns wird bewusst, dass wir heute wahrscheinlich das letzte Mal durch dieses wunderschöne Land fahren, welches uns immer wieder zum Staunen, Träumen und ins Schwärmen gebracht hat - und unser Herz dank seiner unglaublichen Landschaft so oft hat höherschlagen lassen.

Bis auf vereinzelte Regenschauer bleiben wir heute glücklicherweise von schlechtem Wetter verschont, und an manchen Stellen scheint sogar ordentlich die Sonne.

Wir legen uns echt ins Zeug. Nach den vergangenen Tagen und Wochen wird uns mit jedem Meter, der uns näher nach Hause bringt, nochmal richtig klar, wie sehr wir Freunde, Famlie und nicht zuletzt auch unsere eigenen vier Wände vermissen. Wir haben so unglaublich viel erlebt und gesehen, seit wir vor knapp einem halben Jahr aufgebrochen sind, und diese Reise ist mit Abstand das größte Abenteuer unseres Lebens - aber inzwischen überwiegt der Wunsch, nach Hause zu kommen.

Seit Wochen schon schlängelte sich der Gedanke mal hier, mal da in unser Bewusstsein, wurde aber schnell ersetzt durch all das Neue, das wir jeden Tag gesehen und erlebt haben... inzwischen jedoch ist er nahezu allgegenwärtig.

Vor einem Tunnel entdecken wir einen Knopf für Radfahrer, der nach dem Betätigen auf Schildern anzeigt, dass sich Fahrradfahrer darin befinden. Wirklich eine tolle Sache! So einen Knopf hätten wir uns in vielen anderen Tunneln auch gewünscht, zumal es bei diesem nichtmal wirklich notwendig ist, da dies hier der bestbeleuchteste Tunnel ist, den wir auf der gesamten Fahrt durchquert haben - und dazu kommt, dass er nur 450 Meter lang ist und man komplett durchgucken kann. 

Ein Blick auf die Uhr macht uns klar, dass wir uns allmählich beeilen müssen, wenn wir die Fähre erwischen wollen -  die startet nämlich um 17 Uhr. Wir geben nochmal alles und bringen unsere Körper ans absolute Maximum, doch... leider zu spät: Als wir ankommen, ist die Fähre bereits seit 30 Minuten weg. Doch das ist kein Weltuntergang, und ausserdem haben wir Hunger - wie praktisch, dass uns schon auf der Fahrt hierhin ein Burgerladen aufgefallen ist, der sehr vielversprechend aussah...

Gesagt, getan. Nach den ersten Bissen in unseren großartig aussehenden Burger geht uns nur ein Gedanke durch den Kopf: Wie unglaublich lecker! Kurz entschlossen sehen wir es als Schicksal an, die Fähre verpasst zu haben, und schlemmen uns in aller Ruhe durch die halbe Karte. Das haben wir uns verdient.

 

Wir beschließen, noch eine Nacht hierzubleiben, und finden auch schnell einen nahegelegenen Campingplatz, wo wir uns direkt mal eine Hütte buchen. Als wir davor stehen, schauen wir uns etwas ungläubig an; sowas hatten wir auch noch nicht... Es ist eigentlich eher eine Mischung aus Zelt und Hütte, und wirklich seeehr klein. Zu zweit darin zu stehen sorgt schon für erhebliche logistische Probleme, darum halten wir uns gar nicht erst lange damit auf, sondern sehen zu, dass wir ins Bett kommen.

Mit viel Mühe hieven wir beide unsere völlig desolaten Körper ins obere Bett - um eine Stunde später festzustellen, dass es viel zu eng ist und ein erholsamer Schlaf auf diese Art und Weise so gut wie unmöglich ist.

Doch eine Lösung ist schnell gefunden: Ich lasse Celine oben weiter schlafen und lasse mich mehr oder weniger herunterfallen, weil mir für alles andere einfach die Kraft fehlt. Unten werde ich voller Freude von Lucy begrüßt, die wenig später, nachdem ich noch etwas am Blog gearbeitet habe, in meinem Arm einschläft.

Und auch ich sage an dieser Stelle gute Nacht! Wir lesen uns morgen!

Dänemark

Das letzte Land auf unserer Liste

Dänemark, Lønstrup
13.08.2023

Als wir es am nächsten Tag mit viel Mühe und mit noch mehr Kraft endlich aus dieser Hobbithöhle geschafft haben, machen wir uns direkt auf den Weg zum Hafen. Wir sagen nicht "Tschüss", sondern "Bis bald, Norwegen", da für uns völlig klar ist, nicht das letzte Mal hiergewesen zu sein. Und dann treten wir tatsächlich die Fährenfahrt zum letzten Land auf dieser Reise an: Dänemark.

Das Boarding verläuft zum Glück ziemlich unkompliziert. Zusammen mit einer Horde Bikern aus Deutschland fahren wir entspannt auf die Fähre. Lediglich Lucys Anhänger bereitet uns hier und da ein paar Probleme, da er relativ breit und die Treppe ins Schiff ziemlich schmal ist.

Als wir schließlich alle unbeschadet an Bord sind, suchen wir uns erstmal was zu Essen. Celine entscheidet sich für einen Burger, nach dessen Genuss sie nahezu umgehend einpennt, für mich hingegen gibt es ein Crossaint und einen Kakao, während ich den Strom nutze und noch schnell Ihre Fahrradakkus lade und ein bisschen am Blog schreibe.

Die Überfahrt selbst dauert nur knapp 2 1/2 Stunden. Wahrscheinlich hätten wir noch weniger Zeit gebraucht, doch da wir zwischenzeitlich ordentlich Seegang haben und es extrem nebelig ist, kann man wenns hochkommt, nur ca. 20 Meter weit gucken. Deshalb lässt der Kapitän alle 5 Minuten die Fährenhupe erklingen.

Dann ist es soweit: Die Durchsage, dass wir Dänemark in Kürze erreichen werden, ertönt durch die Lautsprecher und sorgt unter den Passagieren für allgemeine Aufbruchstimmung. Auch wir machen uns bereit, verstauen die Akkus im Gepäck und den Hund im Anhänger und warten, bis die Fähre anlegt.

Als wir schließlich von Bord gehen, begrüßt Dänemark uns mit blauem Himmel und Sonnenschein, und wir fallen uns spontan und überglücklich in die Arme. Norwegen ist für uns das schönste Land gewesen, hatte es aber auch ganz schön in sich. Ab jetzt wird die Strecke wesentlich flacher - und die Reise wesentlich einfacher. Vor allem unsere Knie sind heilfroh, mal eine Pause von den ewigen Anstiegen zu bekommen.

Wir nutzen das gute Wetter und nehmen direkt Kurs auf den Sandstrand, vorbei an riesigen Windrädern, die entlang der Küste stehen. Lucy kann sich nochmal richtig austoben, während wir gemütlich das zweite Mal frühstücken, ehe wir uns auf den Weg machen. Ohne besonderes Ziel fahren wir erstmal ins Landesinnere, stellen jedoch ziemlich schnell fest, dass sich die Küste mehr lohnt. Darum schwenken wir wieder nach rechts und fahren dann ein ganzes Stück entlang der Westküste Dämemarks, vorbei an Leuchttürmen, Sandstränden und allerlei interessantem zu Entdecken. Schnell fällt uns auf, dass es wesentlich ruhiger ist als in Norwegen - aber auch wunderschön, zum Beispiel wenn es entlang der riesigen Dünen geht.

Wir finden auf dem Weg einen großen Holzunterstand mit Feuerstelle und fließendem Wasser. Die Sonne hat das Holz schön aufgewärmt - eine Situation, die gradezu nach einem Powernapping schreit, zumal wir sowieso noch keinen Plan für den weiteren Verlauf des Tages haben.

Doch ein bisschen wollen wir dann doch noch erleben, weshalb wir anschließend weiterfahren bis nach Lønstrup. Großartige Idee - Was für eine wunderschöne kleine Stadt direkt am Meer! Gemütliche helle Häuser reihen sich aneinander, überall gibt es einladende Restaurants und kleine Läden, und über einen kleinen Hügel hinweg haben wir einen super Ausblick auf das Meer - und auch auf den Campingplatz, der ganz in der Nähe liegt.

Das ist ein Zeichen! Voller Hoffnung besuchen wir den Platz, fragen nach einer Übernachtung... und bekommen tatsächlich die letzte freie Hütte. Der Besitzer ist super freundlich und spricht abgesehen davon auch noch sehr gut deutsch. Nach einem stärkendem Softeis beziehen wir unsere niedliche kleine Hütte und statten danach dem Strand einen Besuch ab. Inzwischen ist auch die Sonne dabei, unterzugehen, weshalb es schon angenehm abgekühlt ist.

Wir laufen an den Dünen vorbei und sehen dem Sonnenuntergang zu, während die vielen neuen Eindrücke, die wir in dieser kurzen Zeit hier gesammelt haben, in unserem Kopf umherschwirren und erst einmal verarbeitet werden wollen. Was für ein unglaublicher Tag... oder eher 2 1/2! Wir sind 250 Kilometer in 2 1/2 Tagen gefahren, und sitzen nun völlig erschöpft, aber überglücklich, in einer kleinen Küstenstadt in Dänemark.

Überaus froh, heute nicht noch das Zelt aufbauen zu müssen, begeben wir uns kurze Zeit später in unsere kleine, aber gemütliche Hütte. 

Gute Nacht ihr Lieben. Wir lesen uns morgen!

"Wo schlaft ihr denn heute?"

Dänemark, Aalborg 14.08.2023

Wir nutzen das Fahrradequimpent vom Campbesitzer, um unsere Räder nochmal auf Vordermann zu bringen, ehe wir weiter entlang der Küste fahren. Nach 5 Kilometern fällt Celine allerdings auf, dass sie Lucys Leine auf der Veranda vergessen hat... eine Situation, die mir seltsam bekannt vorkommt.

Doch auch das auf diesen Satz folgende Déjà-vu hält mich nicht davon ab, mich kurzerhand auf ihr E-Bike zu schwingen und das Objekt der Begierde zu besorgen - und mir so aufgrund der kleinen Extratour schon mal 10 Kilometer mehr für den Tag zu gönnen.

Nach erfolgreich abgeschlossener Leinenmission finden wir schließlich einen schönen Platz am Strand, wo auch Lucy direkt neue Spielgefährten findet, mit denen sie durchs Meer rennt, den Sand entlang rast und den Strand unsicher macht.

Auch heute haben wir uns, genau wie gestern, keinen Plan gemacht geschweige denn eine Unterkunft für die Nacht ausgesucht, und so lassen wir erneut das Glück entscheiden, wohin es uns verschlägt. Und das Glück meint es heute wirklich gut mit uns!

Auf einem Anstieg wollen wir ein Pärchen, das wesentlich schneller als wir unterwegs ist, überholen lassen. Jedoch macht das Kennzeichen an meinem Anhänger sie neugierig, und so kommen wir ins Gespräch. Und so lernen wir Christian und Elke kennen, mit denen wir uns so gut verstehen, dass sie uns noch am Anstieg fragen, wo wir denn heute Nacht schlafen wollen. 

Als wir antworten, wir haben noch keine Ahnung, laden uns die beiden spontan zu sich nach Hause ein! Ihr Haus, erzählen sie, wäre nur 500 Meter entfernt und ist nicht zuletzt aufgrund des großen Gartens perfekt zum Zelten geeignet. Das klingt wirklich super, und so sind wir uns ziemlich schnell einig, der freundlichen Einladung der beiden zu folgen.

An der Einfahrt angekommen, stehen wir auch schon direkt vor einem großen, weißen Haus mit wirklich riesigem Garten. In diesem tummeln sich, neben Hühnern und Gänsen auch ein paar Schildkröten und Frösche; man merkt, hier wurde liebevoll darauf geachtet nzw. dafür gesorgt, der heimischen Fauna ein Zuhause zu bieten.

Der jüngste der 3 Söhne zeigt uns den Garten mit all seinen Facetten, und während wir damit beschäftigt sind, unser Zelt aufzubauen, spielt er ausgiebig mit Lucy. Währenddessen ist Christian dabei, ein lecker duftendes Abendessen zuzubereiten, zu dem er uns freundlicherweise auch noch einlädt.

Es gibt Grillhähnchen und Salate, und nach all dem Fast Food ist es eine wahre Freude, mal wieder etwas selbstgekochtes essen zu können! Während wir das super leckere Essen genießen, zeigen wir Christian und seinen drei Söhnen die Drohnenvideos, die wir im Laufe der Reise gemacht haben, und sie staunen wirklich nicht schlecht.

Elke muss leider nochmal los, wir unterhalten uns derweil mit Christian. Im Laufe des Gesprächs stellt sich raus, dass er ebenfalls Schlagzeug spielt und sich sogar ein eigenes Studio gebaut - inklusive Bass, mehrerer Gitarren und Schlagzeug. Wir sind sofort auf einer Wellenlänge und reden über Musik, Instrumente und alles, was damit zusammenhängt. Schlagzeuger unter sich...

Dann erleben wir eine Überraschung: Als Elke wieder da ist und sich zu uns gesellt, stellt sich raus, dass sie fließend spanisch spricht! Das ist super für Celine, die, da sie eher schlecht englisch spricht aber alles versteht, hier jemanden gefunden hat, mit dem sie sich nach Herzenslust austauschen kann. So entwickelt sich auch bei ihnen schnell eine leidenschaftliche Unterhaltung.

Da aber weder Christian noch ich auch nur ein Wort spanisch sprechen, geschweige denn verstehen, setzen wir uns rüber aufs andere Sofa und setzen unser musikgeprägtes Gespräch von grade fort, immer wieder unterbrochen vom Gelächter der beiden Frauen, die zu uns rübersehen. Über was die wohl reden? Und wollen wir das überhaupt wissen?

Auch, als die Kids so langsam ins Bett gehen, sitzen wir noch immer im Wohnzimmer und reden über Gott und die Welt. Es macht soviel Spaß, auch wenn wir deutsch, spanisch, dänisch und englisch durcheinander reden und jeder nur die Hälfte versteht. Wir tauschen lachend die lustigsten Geschichten aus, und haben einen super Abend zusammen. 

Dann erfahren wir erstaunt, dass sie am kommenden Samstag eine Feier organisieren, auf der verschiedene Musiker auf einer Bühne performen und zeigen können, was sie drauf haben. Und das gratis! Letztes Jahr kamen über 170 Leute und dieses Jahr rechnen sie schon mit 250. Leider haben wir dafür keine Zeit, werden jedoch umgehen zur Party im nächsten Jahr eingeladen, auf die wir uns schon jetzt wahnsinnig freuen.

Dann wird es auch für uns allmählich Zeit, ins Bett zu gehen. Wir machen noch ein gemeinsames Foto und ziehen uns dann ins Zelt zurück, wo wir erstmal noch lange über diesen wunderbaren Abend sprechen. Was für ein unglaublich schöner Tag mit so einer lieben und herzensguten Familie.

Wir sind uns einig, dass wir uns nächstes Jahr auf jeden Fall wieder hier einfinden werden.

Bis morgen, ihr Lieben!

Auf der Zielgeraden

Dänemark, Hald Sø, Tørring & Genner
15.08.2023 - 17.08.2023 

Da Christian schon um 5:30 Uhr das Haus verlassen muss, haben wir uns bereits gestern voneinander verabschiedet. Aber auch wir sind schon früh auf den Beinen. Nachdem wir all unser Zeug verstaut haben, verabschieden wir uns mit einer langen Umarmung von Elke und bedanken uns für den schönen Abend, das leckere Essen und das Quartier. Wir werden uns sicher auf der nächsten Party wiedersehen, eingeladen sind wir ja schon mal!

In den darauffolgenden 3 Tagen ist tatsächlich nicht sonderlich viel passiert, weshalb sie in einem Beitrag zusammengefasst sind. Wir haben durchgehend gezeltet und ansonsten versucht, Strecke zu machen. Dänemark hat, im Gegensatz zu den anderen skandinavischen Ländern, zwar nicht das Jedermansrecht (welches dir erlaubt, so gut wie überall zu zelten), dafür aber genügend ausgeschilderte Zeltplätze, die nichts kosten.

Diese liegen teilweise versteckt und richtig tief im Wald, was oft dazu führt, dass man sich so allerhand unheimliche Geräusche einbildet, wenn man nachts in totaler Dunkelheit wach liegt...

Doch zum Glück finden wir auch nette, gut ausgeleuchtete Campingplätze inmitten der Zivilisation zum Übernachten. Immer wieder wichtig, um die Akkus zu laden und am Blog zu arbeiten... und um sich die leckeren Rippchen aus der Küche schmecken zu lassen!

Auch wenn Dänemark im Allgemeinen wesentlich flacher ist als Norwegen, bleiben wir auch hier nicht ganz vor Anstiegen verschont. Die Strecke führt uns weg von der Küstenregion und wieder weiter ins Landesinnere, durch große Städte und ansonsten vorbei an riesigen Getreidefeldern. Es sieht Deutschland im Großen und Ganzen sehr ähnlich, bis auf den Unterschied, dass hier deutlich mehr auf Sauberkeit geachtet wird.

EINE spannende Sache ist innerhalb dieser drei Tage allerdings doch passiert!
Als wir an einem Tag einkaufen müssen, und eigentlich nur einen Supermarkt aufsuchen wollen, finden wir uns plötzlich mitten auf einer Radrennstrecke wieder - mit allem drum und dran: Absperrungen, Kameras, LED- Leinwändern usw. Die Profifahrer kommen hier zwar erst in ca. 3 Stunden vorbei, aber etwas mulmig war uns dann schon... Immerhin wurden wir freudig von den umstehenden Passanten und Fans, die sich bereits einen Platz gesichert hatten, angefeuert, beklatscht und begrüßt. 

Morgen erreichen wir Deutschland - der Kreis schließt sich. Und die Freude darüber ist einfach riesengroß. So langsam fangen die ersten "Letzten Male" an: Die letzte Meerüberquerung (hatten wir bereits), die letzte Grenzüberquerung (haben wir morgen) und damit werden wir auch das letzte Land dieser Reise verlassen. Ein seltsam wehmütiges Gefühl. Dieses Abenteuer hat Spuren in und an uns hinterlassen! 

Wir fühlen uns wie unser Equipment: Starke Gebrauchspuren, an manchen Stellen kaputt aber, und das ist das wichtigste, noch einigermaßen funktionstüchtig!

Da wir wieder, wie schon gesagt, einige Zeit nur im Zelt unterwegs waren, wollen wir morgen die Zeit in Flensburg nutzen, um Wäsche zu waschen, zu duschen und vielleicht mal dem Frisör bzw Barbier einen kleinen Besuch abzustatten, da Malte mit offenen Haaren aussieht wie Tarzans verwahrloster Vater. Mal schauen wie es morgen läuft, wenn wir Deutschland erreichen. Eins können wir jedenfalls sagen: Wir freuen uns aufs große Finale! 

Deutschland

Die letzte Grenze

Deutschland, Flensburg
18.8.2023

Wow. Kaum zu glauben aber heute ist es soweit: Wir werden die letzte Grenze auf dieser Reise überqueren - und Deutschland erreichen !

Eine wilde Mischung von Gefühlen macht sich in uns breit, während wir andächtig die letzten Kilometer durch das schöne Dänemark fahren. Doch ein bestimmtes Gefühl überwiegt so haushoch, dass die anderen daneben verblassen: Freude! Wir freuen uns, denn der Kreis ist fast geschlossen; und wir sind so nah am Ziel, und wir haben es fast geschafft.

Als wir die Grenze passieren, die sich, jedenfalls wenn man sie auf dem Fahrrad überquert, als eine recht unscheinbare Straße herausstellt, können wir es kaum glauben: 

Wir sind zurück!

Regelrecht ungläubig gucken wir uns um und uns an. Deutschland. Zuhause. Wir waren in ganz Europa, und jetzt sind wir wieder da...

Auch wenn es bis nach Hause noch knapp 570 Kilometer sind, ist die Freude zurück zu sein riesengroß.

Als wir dann Flensburg erreichen, wird unsere überschwängliche Freude erstmal kurz gebremst, denn der erste Eindruck ist - gelinde gesagt - eher negativ: Laut, schmutzig, stinkig, hektisch... all das, wovon wir uns die letzten Monate durch die skandinavischen Länder entwöhnt haben, prasselt nun gleichzeitig auf uns ein. Wir freuen uns zwar, zurück zu sein, doch ist unser erster Gedanke, den wir laut aussprechen: "Lass mal lieber wieder zurückfahren..."

Durch den ungefilterten, lauten und lebendigen Alltag, der hier vor unseren Augen stattfindet, wird uns der Unterschied zwischen der Zeit in Norwegen und hier nochmal soviel bewusster. Doch nach einigen Stunden inmitten dieses Trubels haben wir uns einigermaßen an den Lärm, die Menschen und den Verkehr gewöhnt und sind in der Lage, unsere derzeitige Situation zu akzeptieren und den weiteren Tag zu planen.

Während wir auf der Suche nach unserer Unterkunft sind, erledigen wir unsere Wäsche im Waschsalon, Versicherungszeug muss geklärt werden und Malte stattet endlich einem ortsansässigen Barbier einen Besuch ab und lässt sich den Bart stutzen.

Unser Hotel liegt direkt gegenüber eines Restaurants, in dem wir den ereignisreichen Abend ausklingen lassen und uns ein bisschen dafür feiern, dass wir es heil zurückgeschafft haben. Anschließend schlendern wir zusammen mit Lucy noch durch die Gassen Flensburgs, wobei wir auch an dem eindrucksvollen Yachthafen vorbeikommen, der unmittelbar in unsere Nähe liegt.

Der Hafen erinnert uns auch sogleich an unser nächstgrößeres Ziel: Hamburg!

Auch wenn Hamburg nicht wirklich auf unserem Heimweg liegt, werden wir dort für 2 Nächte bleiben. Und das hat zwei Gründe!

Erstens zieht es uns zurück dorthin, weil es uns bei unserem letzten Besuch einfach sehr gefallen hat, und zweitens, reden wir seit dem Nordkap von den leckeren Waffeln, die wir damals, vor Monaten, in der Speicherstadt Hamburgs gegessen haben - und die wir unbedingt nochmal essen möchten. Manch einer mag uns für verrückt halten, für Waffeln so einen Umweg zu fahren, doch ihr könnt uns glauben - das ist es wert!

Nach dem Spaziergang kommen wir wohlbehalten am Hotel an, und so bleibt uns für heute nichts anderes mehr zu sagen, als:

Bis morgen ihr Lieben!

Bis in die Nacht

Deutschland, Fuhlendorf 19.8.2023

Nach einem überschwänglich eingenommenen Frühstück machen wir uns am nächsten Morgen auf den Weg. Heute steht Hamburg auf dem Plan - wir können die Waffeln schon fast unsere Namen rufen hören. Ähnlich wie die letzten Tage, planen wir nicht wirklich viel, sondern fahren einfach soweit wie es geht und gucken dann, was passiert. 

Wenn wir morgen in Hamburg ankommen, werden wir ein weiteres "Letztes Mal" erleben. Dort nehmen wir nämlich den letzten Pausentag dieser Tour. Doch da wir für heute noch was vom Tag haben wollen, heißt es jetzt erstmal in die Pedale treten, denn jeder Meter, den wir jetzt fahren, bleibt uns morgen erspart.

Wir kommen durch mehrere Städte, halten uns aber nie lange irgendwo auf, weil wir uns wirklich kaum erwarten können, Hamburg zu erreichen. Durch die Tunnel am Nordostsee Kanal in Rendsburg geht es weiter an Feldern und Bauernhöfen vorbei. Alles ganz nett, aber innerlich vermissen wir die schroffe Landschaft Skandinaviens jetzt schon...

Wir fahren heute wirklich lange, ohne dass etwas außergewöhnliches passiert. Mit der Zeit wird es jedoch dunkler und dunkler, ohne dass wir uns groß um eine Unterkunft gekümmert haben, und als es schließlich stockfinster ist, wird es Zeit für meine bewährte Stirnlampe.

Einen geeigneten Schlafplatz zu finden bzw. zu beurteilen, ist ohne Licht nämlich gar nicht so leicht. Und um zu verhindern, dass wir morgen neben einem Bienenstock, einer tiefen Grube oder sonstigen Unannehmlichkeiten aufwachen, setze ich mir kurzerhand die Lampe auf, und halte nach geeigneten Plätzen Ausschau. Nach 120 Kilometern werden wir dann endlich fündig - und zwar mitten auf einem Feld.

Wir sind beide gut geschlaucht und erschöpft, und nicht grade motiviert, in völliger Dunkelheit das Zelt aufzubauen. Doch was muss, das muss - schließlich können wir uns nicht einfach so hier ins Feld legen...

Ein Problem bereitet uns allerdings der Untergrund. Die letzten Stunden über hat es immer wieder etwas geregnet, weshalb der Boden teils nass ist und nachgibt. Zum Zeltaufbauen denkbar ungeeignet. Wir brauchen extra Kraft, um alles gut zu verankern, und sind am Ende so fix und fertig, dass wir nur noch schlafen wollen. Darum heisst es nun:

Bis morgen ihr lieben!

Hamburg!

Deutschland, Hamburg
20.8.2023 - 21.8.2023

Da wir gestern ordentlich Kilometer geschafft haben, erreichen wir Hamburg schon nach knapp 40 Kilometern bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel. Unser erstes Ziel ist unser Hotel, wo wir leider erst um 15:00 einchecken können. Nicht schlimm - Hamburg bietet mehr als genug Möglichkeiten, die Zeit rumzukriegen, und so machen wir uns auf den Weg, um die Stadt zu erkunden. 

Nachdem wir ein paar Stündchen Sightseeing betrieben haben, können wir schließlich Einchecken. Als wir die Tür aufmachen, sind wir begeistert: Wir haben ein super Zimmer! Mit Balkon und riesigem Bett. Das ist nach dem Zelt gestern auch mal wieder nötig... Hier entspannen wir uns also für die nächsten 2 Tage.

Jetzt gibt es jetzt nur noch ein Ziel: Waffeln mit Eis! Darauf haben wir uns gefreut, seit wir das Lokal das letzte Mal verlassen haben, also vor vielen, vielen Monaten...

Gesagt getan. Als wir am Waffelhaus vorfahren, bekommen wir ein Zeichen vom Waffelgott höchstpersönlich: GENAU VOR DER TÜRE erreichen wir die 10.000 Kilometer! Diese tolle Neuigkeit muss natürlich gebührend gefeiert werden! Wir schließen unsere Räder ab und stürmen den Laden, um kurz darauf unsere Kauleisten in der süßen Köstlichkeit zu versenken. Und am Ende sind wir beide einer Meinung: Es hat sich wirklich jeder Meter hierher gelohnt.

Auch dem imposanten Miniatur Wunderland statten wir einen Besuch ab. Meistens jedoch besteht unser Zeitvertreib aus a) Ausruhen, und b) Essen. Wir schlemmen uns ausgiebigst und wirklich bei jeder Gelegenheit durch die ganze Stadt, und auch über das super leckere, großzügige Frühstück fallen wir am nächsten Morgen her, als hätten wir tagelang nichts gegessen. 

Ab jetzt sind es nur noch knapp 400 Kilometer bis nach Hause. Celine plant soweit alles durch, und als ein paar ihrer Freunde sich spontan dazu entscheiden, am letzten Tag (Samstag) die restlichen 40 Kilometer mit uns zurückfahren zu wollen, sagen wir freudig zu. Sie würden dann mit dem Zug zum Treffpunkt reisen und uns dort treffen. Wir sind gespannt!

Kaum zu glauben dass unsere Reise nur noch ein paar Tage geht... doch noch ist sie schließlich nicht vorbei und wir freuen uns auf das, was noch vor uns liegt! 

Passt auf euch auf, ihr Lieben, und bis morgen!

The Final Countdown...

Deutschland, Bremen, Osnabrück, Münster & Dorsten

22.8.2023 - 25.08.2023

...und dieser hat es in sich.

Tschüss Hamburg, es war toll mit dir -doch jetzt müssen wir weiterziehen! Und zuerst führt uns die Reise nach...

Bremen

Direkt zu Beginn des restlichen Weges starten wir gleich zwei Tage hintereinander mit 110 gefahrenen Kilometern. Den Anfang hierbei macht Bremen - vorbei an wunderschönen Skulpturen der berühmten Stadtmusikanten und durch die geschichtsträchtige Altstadt, nehmen wir Kurs auf den Camping platz, den wir uns heute zum Übernachten rausgesucht haben. Leider hat es erkältungstechnisch nun Malte erwischt. Nachdem ich die letzten Tage mit Fieber und Schmerzen in den Seilen hing und es mir richtig mies ging, ist jetzt offenbar er am Zug.

Dementsprechend unausgeruht ist er leider auch am nächsten morgen, und so schwingt er sich, mehr schlecht als recht, mit dicken Augen und angeschwollenen Nebenhöhlen aufs Fahrrad.

Doch getrieben von Ehrgeiz und dem Wunsch, nach Hause zu kommen, schaffen wir irgendwie die nächsten 110 Kilometer - und finden uns wieder in...

Osnabrück 

Dort haben wir glücklicherweise ein kleines Häuschen für die Nacht, das wir nutzen, um in Ruhe unsere Akkus zu laden und uns mal richtig auszuschlafen. Als wir abends nach exakt 111 Kilometern erschöpft ankommen, ist der Besitzer schon nicht mehr da. Allerdings war er so freudlich und hat uns alles offen gelassen. Und nach einer relativ entspannten sowie stärkenden Nacht geht es schließlich weiter nach...

Münster 

Die Städte folgen jetzt Schlag auf Schlag, und wir merken, dass wir viel seltener anhalten oder eine Extratour fahren, nur um eine besonders schöne Kirche oder sonstige Sehenwürdigkeiten zu bestaunen. Wir haben das letzte halbe Jahr wie ein Schwamm in uns aufgesaugt, und sind bis oben hin voll mit Impressionen der Reise. Und jetzt, wo wir quasi bekannten Boden unter den Füßen haben, fangen wir langsam und Stück für Stück an, alles, was wir erlebt haben, zu verarbeiten.

In Münster schlafen wir wieder auf dem Campingplatz, wo wir andere Camper treffen, mit denen wir erzählen und gemeinsam bei eiem kalten Bier im Restaurant den Abend ausklingen lassen. Zugegeben, Deutsche in Deutschland zu treffen fühlt sich nicht ganz so exotisch an wie zum Beispiel im tiefsten Skandinavien, aber die Geschichten, die man sich erzählt, sind stets interessant.

Am nächsten Morgen beginnt der Tag damit, dass wir das durchnässte Zelt trocknen. Anschließend verlassen wir den wirklich schönen Campingplatz, und sind nun auf den Weg nach...

Dorsten

Tja, was gibts über Dorsten zu sagen? Es ist Dorsten. So fahren wir 70 Kilometer überwiegend durch Starkregen, bis wir schließlich nass bis auf die Knochen an der Unterkunft ankommen. Dem Wetter zum Trotz lässt Malte Erkältung glücklicherweise langsam nach, anstatt, wie wir erwartet hätten, schlimmer zu werden.

Morgen ist es dann schließlich soweit. Wir fahren unsere letzte Tour - und wir freuen uns so unendlich! Wir sind sowas von bereit, nach Hause zu kommen, ihr macht euch keine Vorstellung.

Freut euch auf den letzten Blogeintrag!

Home sweet home

Deutschland, Zuhause

26.08.2023

Es ist soweit. Ein letztes Mal schwingen wir uns heute aufs Fahrrad und nehmen Kurs auf Zuhause. Doch diesmal fahren wir nicht alleine zurück, denn die beste Freundin von Celine begleitet uns die letzten 40 Kilometer nach Hause. 

Als es schließlich soweit ist, und die beiden sich in die Arme schließen können, ist die Freude des Wiedersehens unglaublich! Nach einer Menge Umarmungen steigen wir aufs Rad und starten unsere letzte Tour. Allerdings nicht sehr lange, denn nur etwas später kommt eine weitere Freundin von Celine dazu und wird ebenso überschwänglich begrüßt, bevor wir uns gemeinsam weiter auf den Weg machen.

Ein komisches Gefühl erfüllt mich, während wir uns immer mehr unserem finalen Ziel nähern. Wir waren nun fast 6 Monate unterwegs und haben in dieser Zeit soviel Unglaubliches erlebt und gesehen, dass es für ein ganzes Leben reicht. Wir haben wahnsinnig viel gelernt und sind nicht nur einmal über uns hinausgewachsen, und während wir die letzten Meter fahren, wissen wir nicht so recht, wo wir unsere Gefühle einsortieren sollen. Es ist ein Auf und Ab, zwischen Freude auf Familie & Freunde und dem Vermissen der nun hinter uns liegenden, großartigen Zeit.

Je näher wir unserem Zuhause kommen, desto angespannter werden wir. Wir erkennen unsere Stadt und unsere Wohngegend wieder, doch alles wirkt noch ziemlich surreal. Schließlich biegen wir in die letzte Kurve vor unserer Wohnung ein.

Schon von Weitem sehen wir den Pulk aus Menschen, der sich vor unserer Wohnung versammelt hat und auf uns wartet. Familie, Freunde und Nachbarn tummeln sich auf Balkonen, in der Einfahrt und auf dem Gehweg, und unter lautem Beifall, Rufen und Pfiffen kommen wir schließlich nach insgesamt 10.404 Kilometern vor unserer Haustür zum Stehen.

Es ist ein unfassbares Gefühl, seine Liebsten nach einem halben Jahr wieder in den Armen zu halten. Keiner kann so recht glauben, dass wir wieder in Lebensgröße vor ihnen stehen. Wir reden, posieren für Fotos, lachen, weinen, umarmen, trinken, feiern, demonstrieren die runtergekommenen Räder... und realisieren ganz allmählich, dass wir wieder Zuhause sind.

Als der Trubel sich gelegt hat und wir hoch zu unserer Wohnung gehen, stellen wir fest, dass auch unsere direkten Nachbarn an uns gedacht haben: Die Wohnungstür ist liebevoll dekoriert und darüber hinaus steht eine Willkommen-zurück-Schale daneben, die allerlei Snacks und andere Geschenke für uns bereithält. Vielen lieben Dank!

Dann stehen Malte und ich das erste Mal seit fast 6 Monaten wieder zusammen in unserem Wohnzimmer - und wissen gar nicht so recht, was wir sagen oder denken sollen. Das alles hier ist einfach viel mehr, als unser Hirn zu dem Zeitpunkt verarbeiten kann. Deshalb nehmen wir uns einfach nur in den Arm.

Auch meine lieben Schwiegereltern haben alles gegeben, um uns die Rückkehr so schön wie möglich zu gestalten. Nicht nur, dass sie die Wohnung einen Tag vor unserer Rückkehr nochmal entstaubt und den Kühlschrank aufgefüllt haben, sie haben auch Fotos, Zeitungsartikel und Geschenke als Willkommensgeschenk im Wohnzimmer verteilt.

Auch wenn unser Kopf grade voll ist und wir nicht wissen, wo uns derselbige steht, eines wissen wir auf jeden Fall: 

Wir werden diese Reise niemals vergessen und sind gleichermaßen stolz und dankbar, dieses Abenteuer gestartet zu haben - auch mit dem Wissen, dass wir niemals alleine waren.

Ihr wart stets an unserer Seite, habt uns beigestanden, ermutigt und immer wieder angespornt. Uns haben so unglaublich viele Menschen gelesen und geschrieben, das hätten wir am Anfang wirklich nicht für möglich gehalten. Egal, ob ihr bei jedem großen und kleinen Problem mitgefiebert habt, weinen musstet, als Charlie endgültig mit ihrer barschen Besitzerin um die Ecke bog oder euch für uns gefreut habt, als Malte am Nordkap vor mir auf die Knie ging - und dafür wollen wir uns ganz herzlich bedanken! 

Es war so schön, euch bei diesem Abenteuer dabei gehabt zu haben, und wir können uns glücklich schätzen von so tollen Menschen begleitet worden zu sein.

Die kommenden Tage werden wir nutzen, um zu akklimatisieren, anzukommen (unsere Seele wandert noch durch Norwegen und braucht noch etwas Zeit, bis sie hier ist...) und all das Erlebte zu verarbeiten. 

Und darum heißt es nun ein letztes Mal: Bis morgen bald mal wieder! Dies war sicherlich nicht das letzte Abenteuer, denn dafür war es einfach viel zu schön! Passt auf euch auf! Danke an euch alle, und möge das Glück mit euch sein ♥

Celine, Malte & Lucy

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